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Autor Thema: Der Leopardenmann - Szenisches aus Afrika  (Gelesen 973 mal)

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KingKobra

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Der Leopardenmann - Szenisches aus Afrika
« am: 15. August 2012 - 09:01:45 »

Gerade gefunden - interessanter Aufhänger für Darkest-Afrika-Spiele etc:

Kassel (KNA) Eine grausam zugerichtete, zerkratzte Leiche, auf dem
Boden frische Pfoten-Abdrücke, in den Sträuchern Büschel von
Leopardenfell. Für die Ermittler im Afrika der Kolonialzeit ein
klarer Fall: Der «Leopardenmann» hat wieder zugeschlagen.
Hauptsächlich zwischen 1890 und 1960 sorgte eine mysteriöse
Mordserie in verschiedenen Regionen Afrikas für Unruhe. Insgesamt
etwa 1.000 Morde werden ihr zugeordnet - eines hatten sie alle
gemeinsam: Die Opfer waren stets so zugerichtet, als hätte ein Tier
sie getötet. Am Tatort fanden sich Pfotenspuren und Fell, die Toten
wiesen tiefe Kratzspuren auf, häufig fehlten ihnen Körperteile oder
Organe. Die Mordserie sorgte für Panik unter der lokalen Bevölkerung
- schreckte aber auch die Kolonialbehörden auf, die dem Phänomen
häufig hilflos gegenüberstanden.

Mit ihren Reaktionen auf die Morde, mit Motiven und Zusammenhängen
befasst sich die Geschichtswissenschaftlerin Stephanie Zehnle. Im
Rahmen eines Forschungsprojekts will die Doktorandin an der
Universität Kassel Licht ins Dunkel bringen - auch, wenn es ihr
dabei nicht um die späte Überführung der Täter geht. Stattdessen
geht sie der Frage nach, welche Folgen das Aufeinandertreffen von
kolonialen Herrschern und Afrikanern hatte, welche Beziehungen sich
entwickelten. Der Umgang mit dem Phänomen «Leopardenmänner» könne
darüber eine Menge aussagen, erläutert Zehnle. «Zum Beispiel zeigt
sich die Hilflosigkeit der Kolonialbeamten, die eigentlich so gar
nicht zu ihrer Rolle als Herrscher passte», sagt Zehnle. «Sie
wähnten hinter den Taten Geheimgesellschaften oder antikolonialen
Terrorismus.»

Die Kolonialherrscher fürchteten um die eigene Macht - und griffen
entsprechend hart durch. Aufwändige Untersuchungs- und
Gerichtsverfahren wurden eingeleitet. Um herauszufinden, ob
tatsächlich Leoparden die Täter waren, sperrte man einige Exemplare
gemeinsam mit anderen Tieren in ein Gehege und beobachtete, wie sie
ihre Opfer töteten. «Nämlich durch einen Biss ins Genick und nicht
durch tiefe Kratzer», sagt Zehnle. Auch Versuche mit Menschenaffen,
denen man die Taten kurzerhand zuschrieb, brachten nicht das
gewünschte Ergebnis. Aus der Unsicherheit erwuchs die Vorstellung
vom «Leopardenmann», einem Menschen, der sich für die Tat
vorübergehend in ein Tier verwandelt. Gerüchte und Mythen rund um
die Leopardenmörder breiteten sich aus und fanden schließlich auch
ihren Weg nach Europa.

Im belgischen Afrikamuseum in Tervuren bei Brüssel, 1910 eröffnet,
wird noch heute die lebensgroße Figur eines «Leopardenmannes»
mitsamt Opfer ausgestellt. Comics, am prominentesten «Tintin au
Congo» (1930/31) vom belgischen Zeichner Herge, aber auch Romane und
Filme trugen zur Verbreitung des Mythos bei. «Die Vorstellung vom
Leopardenmörder hat das Afrikabild hier in Europa lange Zeit stark
beeinflusst», sagt Zehnle. Umso erstaunlicher, dass das Phänomen in
der wissenschaftlichen Forschung bislang nur wenig Beachtung
gefunden hat. Zwar gebe es ethnologisch und anthropologisch
ausgerichtete Forschung - aus historischer Perspektive seien jedoch
viele Fragen offen.

Der koloniale Einfluss auf afrikanische Traditionen, Missionare, die
ihre Botschaft verbreiteten, die Sklavenbefreiung - all dies habe zu
neuen Handlungsspielräumen in Afrika geführt, sagt Zehnle. So
verwundert es nicht, dass Zeugen hinter zahlreichen Morden Motive
wie Ehebruch, Scheidung oder Geldstreitigkeiten vermuteten.
Aussagen, die die These Zehnles stützen: Sie nimmt an, dass hinter
den Taten der Versuch steckte, eine eigene von den kolonialen
Herrschern abgekoppelte Gerichtsbarkeit durchzusetzen. «Weil das
geheim gehalten wurde, entstand der Leopardenmythos», sagt sie. Dass
es sich tatsächlich nur um einen Mythos handelt, darauf deuten nicht
zuletzt die Beweisstücke hin, die am Tatort deponiert wurden, um die
Ermittler auf die Leopardenspur zu führen. «Oft waren das nicht nur
Tierhaare, sondern gleich ganze Fellbüschel inklusive Leder - oder
einzelne Krallen», sagt Zehnle. Und die hätte schließlich kein
Leopard freiwillig hinterlassen.
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die Zahnfee

  • Leinwandweber
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Der Leopardenmann - Szenisches aus Afrika
« Antwort #1 am: 15. August 2012 - 21:33:53 »

Danke für die Bekanntgabe des Artikels - sowohl der Inhalt, als auch meine kurze Recherche, wofür das Kürzel KNA steht, haben mich heute wieder ein wenig schlauer gemacht. :thumbup:

(KNA = Katholische Nachrichten-Agentur / falls es nicht noch ein anderes Internet-Medium mit diesem Kürzel gibt)
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