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Autor Thema: Hilfe beim Bau einer Bombarde benötigt  (Gelesen 1753 mal)

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Donner

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Hilfe beim Bau einer Bombarde benötigt
« am: 23. Oktober 2013 - 12:39:31 »

Ich möchte gerne eine grosse Steinbüchse von 1415 nachbauen. Es handelt sich dabei um die grosse Hauptbüchse der Berner- genannt \"Metze\". Leider ist das Stück nicht mehr erhalten. Es gibt aber einige Infos dazu. Die Infos sind aus verschiedenen Quellen (Pulver und Kugelgewicht) zusammengesucht und ich hoffe die Angaben stimmen.

Es wurde 1415 in Nürnberg hergestellt.
Ein Schuss benötigte 18 Pfund Pulver
Eine Steinkugel wog 83 Pfund
Für den Transport waren 19 Pferde nötig
Ob es geschmiedet oder gegossen war, ist seltsamerweise nicht bekannt
Auch das Gewicht ist unbekannt

Zusätzlich hab ich gelesen, dass die Berner die Steinbüchse oft an andere Orte ausgeliehen haben. Offenbar war es nicht die grösste Hauptbüchse der Schweizer, aber die Leistung und die Qualität werden besonders hervorgehoben. Die Berner behaupteten, dass man damit alle Mauern niederschiessen könne.

Eine offenbar ähnliche Steinbüchse der Basler benötigte 19 Pfund Pulver und verschoss 110 Kg schwere Steine. Das Geschütz wog 4700 Pfund.

Falls Jemand eine Steinbüchse mit ähnlichen Spezifikationen kennt, währe ich an einer Beschreibung und Bildern sehr interessiert! Auch Angaben zu Steinkugeln von ähnlicher Grösse wie oben beschrieben währen sehr hilfreich. :)
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Neidhart

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Hilfe beim Bau einer Bombarde benötigt
« Antwort #1 am: 23. Oktober 2013 - 15:10:48 »

Ich würde von einem geschmiedeten Stück ausgehen. Eisenringe und Stäbe gehören für mich zum Bild einer Steinbüchse, wahrscheinlich weil die gegoßenen Stücke alle recycelt wurden. Wenn du es den Nürnberger Meistern zutraust könntest du aber auch eine gegoßene Kanone darstellen, wo es keine Angaben gibt, würde ich da ruhig frei interpretieren.
Von der Anzahl der Pferde (PS) könnte man auf das Gewicht der Kanone schließen, die Tiere werden wohl Steigungen bis 10-15% geschafft haben, bei steileren Stücken wird dann geschoben. Ich kann es leider nicht ausrechnen :(
Bei Wikipedia habe ich diese Kanone entdeckt
Ungefähr deine Zeit, ungefähr das Kaliber. Leider habe ich auf die Schnelle keine besser Aufnahme vom Rohr gefunden, die Lafette ist natürlich zu ignorieren.
Als Einsatzbeispiel könnte man die Abbildung der Belagerung von Orléans nehmen. Aber auch im Osprey \"Henry V and the Conquest of France 1416-53\" gibt es eine schöne Farbtafel.
Eine tolle und sehr schöne Interpretation eines größeren Geschützes gibt es hier im Forum, inkl. Diskussion: Frankfurter Geschütz
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Donner

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Hilfe beim Bau einer Bombarde benötigt
« Antwort #2 am: 23. Oktober 2013 - 15:43:20 »

Hallo Neidhart

Herzlichen Dank, du hast mich da sehr viel weitergebracht! Die Masse dürften sehr passend sein für die Angaben zum Basler- und Bernerstück. Auch das Herstellungsdatum ist sehr passend. Was auch sehr interessant ist: Die Tragringe an Kammer und Flug sind in den Chroniken ebenfalls oft zu sehen, wenn die grosse Berner Büchse abgebildet ist. Das Problem bei den bildlichen Darstellungen ist halt, das die grossen Legestücke oft sehr schematisch dargestellt sind. Mal ist die Kammer eckig, dann wird das Geschütz wieder \"glatt\" dargestellt etc.

Ich denke, mal dass man eher auf der sicheren Seite mit einem geschmiedeten Stück ist. 1415 Ist schon sehr früh für eine gegossene Steinbüchse dieser Grössenordnung. (Falls ich da richtig liege?)

Danke auch für die vielen Tipps und den Link. Ich werde das alles durchgehen, um das Bild abzurunden. :thumbsup_1:
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Razgor

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Hilfe beim Bau einer Bombarde benötigt
« Antwort #3 am: 23. Oktober 2013 - 15:56:31 »

Hallo,
ich hatte vor einiger Zeit auch ein paar historische Infos über mittelalterliche Kanonen gesucht
und bin auf diese beiden Links gekommen. Vielleicht helfen sie weiter.
Vor allem die Infos im Buch fand ich interessant.


http://books.google.de/books/about/Die_Entwicklung_der_Feuerwaffen_und_ande.html?id=kKU6AAAAcAAJ&redir_esc=y

http://www.feuerwaffen.ch/index_htm_files/Typ%2006%20Geschuetz.pdf
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T. Dürrschmidt

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Hilfe beim Bau einer Bombarde benötigt
« Antwort #4 am: 23. Oktober 2013 - 17:15:38 »

Eine Frage: Was sind Deine Beweggründe, die selber zu bauen? Denn wenn Du Deine eigene Bombarde nur bauen willst, weil es noch keine passende gibt.....für wenig Geld gibt es ein schön gemachtes Legestück für 28mm , die eigentlich für 1/72 gedachte Bombarde \"Medieval Bombard\" von Zvezda. Eigentlich für 1/72 gedacht, die Kanone ist aber ein wahres Monster. Und für ca. 10 Euro gibt´s noch jede Menge Zubehör dazu. Passt m. E. noch super für 28mm Figuren. Ich habe dieses Teil als Diorama \"Faule Grethe\" gebaut. Siehe Fotos.

Zum Thema Eigenbau würde ich empfehlen, mal bei Google nach \"Pumhart von Steyr\" zu suchen. (Den gibt es auch im Maßstab 30mm vollplastisch bei Berliner Zinnfiguren). Allerdings ist er vom Hersteller Diez aus Österreich. Und der gute Mann ist leider die Unzuverlässigkeit in Person. Habe zwei Jahre lang vergeblich versucht, bei ihm was zu bestellen. Diez hat sich allerdings sehr intensiv mit mittelalterlicher Artillerie befasst. Seine Modelle wären wirklich ein Traum, wenn man nur rankäme.

 Auf jeden Fall würde ich bei dem Geschossgewicht ein aus Eisenringen geschmiedetes Legestück darstellen. Keinesfalls eine Lafette. Zu dieser Zeit waren eher die kleinen Kaliber lafettiert. Richtig in Mode kam ja die Feldartillerie (in Form der Houfnice) erst mit den Hussitenkriegen. Die schweren Teile kamen gegen feste Ziele zum Einsatz. Den gewaltigen Rückstoß musste ja ein Balkenlager auffangen, eine Räderlafette hätte das vermutlich nicht ausgehalten.

Also wenns nicht unbedingt der Eigenbau sein soll.....

 
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DonVoss

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Hilfe beim Bau einer Bombarde benötigt
« Antwort #5 am: 23. Oktober 2013 - 17:26:13 »

Schönes Teil. Könntest du eine 28mm-Mini daneben stellen?

Zhanx,
Don
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Donner

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« Antwort #6 am: 24. Oktober 2013 - 11:22:59 »

@Dürrschmidt

Danke für die Inputs und das tolle Bild. Ein Prachtsstück! :good3: Selber bauen will ich es aber so der so gerne. Das macht sicher sehr viel Spass!

Das die \"Metze\" ein Legestück war, dürfte von der behandelten Zeit, den bildlichen Darstellungen der Chroniken und den reichhaltigen Infos aus den jeweiligen Rechnungsablagen von Rheinfelden und Waldshut (Löhne von Zimmerleuten, Grabern und Holz für Balkenlagern) als gesichert gelten . Ich hab gestern noch eine Anfrage bezüglich Rechnungsablagen für den Geschützkauf von 1415 an das historische Museum Bern gerichtet. Villeicht gibts doch noch weitere Details über die Beschaffenheit der Büchse.

Das Balkenlager auf deinem Foto kommt mir sehr bekannt vor. Das ist mir schon in den Schilling- Chroniken begegnet. Auch der Schirm wird in Letzteren an mehreren Stellen exakt so dargestellt. Für die Metze bei Waldshut wurde übrigens auch so ein Schirm aufgebaut und interessanterweise nach der Belagerung wieder per Schiff die Aare aufwärts nach Brugg geführt.

Noch eine doofe Frage: Ist das Geschütz auf deinem Bild nicht falsch herum aufgestellt? Das lange (dickere) Teilstück müsste ja der Flug sein? Edit: Der Stossboden ist zu erkennen. Sorry, mein Fehler. :blush2:
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Tankred

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Hilfe beim Bau einer Bombarde benötigt
« Antwort #7 am: 24. Oktober 2013 - 17:13:27 »

Falls es Dich interessiert, das Frankfurter Geschütz, das ich gebastelt habe, kann ich nachgießen, da ich eine Form gebaut habe. Nichts professionelles, aber dafür ziemlich individuell.
Ich habe beim Bauen gemerkt, dass die Angaben in Quellen so eine Sache sind. Im Museum http://www.spieltrieb-frankfurt.de/berichte/burg-tannenberg/ gab es eine Konstruktionszeichung unbekannter Herkunft. Die Dimensionen waren recht extrem, so dass ich die Proportionen abgeändert habe. Das hätte im Modell einfach nicht gut ausgesehen. So habe ich z.B. das Rohr nicht so stark nach hinten verjüngt wie in der Zeichung und ich habe das ganze Ding länger konstruiert.

Mein Tipp wäre also Dich nicht allzusehr auf die historischen Daten zu versteifen.

Die Bombarde, die in Dresden steht, habe ich in Natura gesehen und die ist wirklich ein gutes Beispiel. Wenn ich mich recht erinnere war die geschmiedet. Hierzu hätte ich auch noch drei gute Fotos von der aktuellen Ausstellung beizusteuern, wenn das interessiert.

Donner

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Hilfe beim Bau einer Bombarde benötigt
« Antwort #8 am: 24. Oktober 2013 - 23:07:39 »

@Tankred

Oh ja, unbedingt! Die Fotos würden mich sehr interessieren, das währe echt Klasse! Ich habe neben Neidharts Foto zwar noch eines mit einer Ansicht von Hinten gefunden, aber optimal ist das auch nicht, wenns ans basteln geht. Ich denke mal, dass ich bei der faulen Magd als Vorlage bleibe, falls die Berner Archive nichts mehr hergeben. Die Daten stimmen imho ziemlich gut überein. Besonders die Angaben über das Kugelgewicht.


Das Modell der grossen Frankfurter Büchse ist ja übrigens der Hammer. Das ist genau die richtige Inspiration.


Wegen den Proportionen: Also mich kann gar nichts schockieren, was spätmittelalterliches Geschütz angeht! Es gibt ja auch noch etliche erhaltene Böller, wo man sich echt fragen muss, wie man eine 300 Kg schwere Steinkugel mit einem derart kurzen Flug, welcher alles andere als gasdicht war, über mehrere hundert Meter Distanz und auch noch im Steilfeuer von oben auf Befestigungen schleudern konnte. :D

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