Ich habe mir auf der TACTICA 2014 das neue Regelwerk
Donnybrook der League of Augsburg (LoA) gekauft.
Die LoA ist (zumindest auf der Insel) für ihre hübschen Spielpräsentationen und klasse bemalten 28mm Miniaturen und außerdem als Vertreiber der Warfare-Miniaturen bekannt.
Weitere Informationen zur LoA siehe hier:
http://www.leagueofaugsburg.com/Donnybrook ist ein Regelwerk für Skirmishes im 17. und 18. Jahrhundert.
Beim Studium der Regeln kamen mir einige andere moderne Regelwerke in den Sinn: so wird z.B. die Qualität der einzelnen Trupps durch verschiedene Würfelarten repräsentiert (Elite würfeln W10, Gedrillte W8 und Rekruten W6). Dieser Mechanismus ist mir von Force on Force bekannt und scheint unter amerikanischen Regelschreibern recht beliebt zu sein.
Die Einheitengrößen kennt man von SAGA: Rekruten sind 12 Mann, Gedrillte 8 Mann und Elite 4 Mann.
Die Standardaufstellung sind 4 Punkte, was üblicherweise 4 Trupps entspricht plus einem Hero, den jeder umsonst bekommt. Man braucht also auch eine SAGA-ähnliche Figurenanzahl von etwa 17 bis 50 Modellen.
Das Regelbuch wurde bereits in einer der letzten Wargames Illustrated vorgestellt und kommt als DINA4 Softcover im Hochglanzformat.
Der Text ist in leicht verständlichem Englisch, auch wenn ich einige ausgefallenere Begriffe nicht auf Anhieb verstanden habe (wer weis, ohne nachzuschauen, was eine
Doxy ist ?)
Das Regelbuch ist voll von grandiosen Miniaturenfotografien, die von der LoA und Konsorten kommen. Naturgemäß liegt deshalb der Schwerpunkt der Figurenbilder auf den Jahren 1680 - 1710, obwohl das System natürlich auch für frühere (z.B. TYW, ECW) und spätere (z.B. AWI, FIW, SYW) Konflikte passt.
Überhaupt ist das System sehr generisch und könnte bestimmt auch für napoleonische Scharmützel oder, wenn man die Schwarzpulverwaffen weglässt, für das Mittelalter verwendet werden.
Das Regelbuch konzentriert sich aber auf den o.g. Zeitraum und bietet die Grundregeln, Waffenbeschreibungen, einen geschichtlichen Überblick über die Kriege des abgebildeten Zeitraumes, einige Szenarien, die unvermeidlichen Bemalanleitungen und die Fraktionen (\"Armeelisten\") wie z.B. Tribal (alles von Mauren und Türken, bis Indianer und Azteken), Army (generische formelle Armeen nach europäischem Muster), Bevölkerungsmobs, Irreguläre (z.B. diverse Rebellen, auch Piraten und Banditen) aber auch Exoten wie Highlander, Covenanter oder Kultisten (das Zeitalter der Hexenprozesse lässt grüßen).
Man hat also alles irgendwie abgedeckt um in einem breiten Spektrum spielen zu können. Fast jeder Hollywood-Film der einem zu dieser Epoche in den Sinn kommt, ist nachspielbar: Piraten, Mantel & Degen, Conquistadores, 3 Musketiere, Apocalypto, der Patriot, Sleepy Hollow, Pakt der Wölfe u.v.m.
Die Aktivierung der Einheiten erfolgt zufällig durch Spielkarten. Außerdem fügt man in jedes Kartendeck eine Event-Karte, eine Nachladen-Karte und eine Spielzugende-Karte. Das heißt wenn eine Einheit mit Schwarzpulverwaffen geschossen hat, muss sie warten, bis die Nachladen-Karte aufgedeckt wird, was schlimmstenfalls einige Spielrunden dauern kann. Beim Aufdecken der Spielzugende-Karte wird das komplette Kartendeck neu gemischt und von oben neu gezogen. Das heißt, dass eine Einheit vielleicht über mehrere Runden nicht dran kommt, während eine andere jede Runde aktiviert werden kann.
Beim Ziehen der Event-Karte würfelt man auf einer Tabelle das Event aus. Diese haben oft keine besondere Auswirkung, können aber auch sehr drastisch ausfallen (in meinen Testspielen sind mir einmal zwei frische Einheiten komplett vom Feld gelaufen, weil sie ihren Moraltest verpatzt haben, als der Hero dachte, er müsse sich schonen und sich einfach so aus dem Gefecht zurückziehen).
Das alles macht das Spiel extrem unvorhersehbar, schwer planbar, vielleicht manchmal frustrierend aber auch spannend und abwechslungsreich.
Da ich schon seit einiger Zeit auf der Suche nach einem Skirmish-Regelwerk für diese Epoche bin, habe ich das Gefühl, hier richtig zu sein. Donnybrook bietet fast unbegrenzte Möglichkeiten für alle Arten von Szenarien, Einheiten, großen Helden und niederträchtigen Schurken. Vom einfachen zufälligen Aufeinandertreffen, über eine Geleitschutzmission bis hin zum Sturmangriff der Grenadiere auf eine Bresche in der Festung oder eine zäh verteidigte Artilleriestellung, ist alles machbar.
Dabei ist das Regelwerk intuitiv, einfach und sehr generisch gestrickt.
Hierin liegt aber auch ein Schwachpunkt, da die Regeln nicht viel hergeben um sich planerisch-taktisch auszutoben (anders wie z.B. bei den Battleboards von SAGA). Die Würze wird durch ordentliche Szenarien kommen müssen, da es ansonsten in ein großes Über-den-Tisch-aufeinander-zulaufen-und-draufkloppen ausartet. Es gibt bestimmt Leute die das mögen, mir wäre es auf Dauer aber zu ein-dimensional.
Der Vorteil der simplen Regeln ist natürlich, dass es ziemlich einfach sein dürfte, ein Szenario zu entwerfen, ohne dabei Kopfschmerzen zu bekommen, wie man am besten Truppenqualität, -anzahl, Ausrüstung und Sonderregeln ausbalanciert.
Ein weiterer Nachteil ist, dass das Regelwerk relativ lax geschrieben ist und einiges nicht genau definiert oder geklärt ist. Ich habe schon seit langem nicht mehr so ein Regelbuch gelesen, bei dem mir schon beim ersten Durchlesen der Bedarf von Hausregeln ins Auge gesprungen ist.
Der letzte Nachteil ist sehr subjektiv. Donnybrook ist sehr \"blutig\". Es gibt keine Rettungswürfe und nur schlechte Rüstungs- und Deckungswürfe. Das heißt: im wesentlichen bedeutet jeder Treffer ein Modell das aus dem Spiel entfernt wird (Ausnahme sind Charaktermodelle, die eine Verwundungstabelle nutzen). In meinen Testspielen überlebte eine Einheit selten mehr wie 3 oder 4 Nahkämpfe oder Beschussattacken. Das trägt natürlich dazu bei, dass das Spiel auch recht zügig zu Ende geht. Aber ich überlege, als Hausregel nicht die gleichen Saves wie bei SAGA (4+ auf W6 im Beschuss, 5+ im Nahkampf) auszuprobieren um einfach die Modelle länger im Spiel zu behalten.
Alles in allem finde ich aber das System sehr vielversprechend und Grenzen für nette Szenarien setzt nur die eigene Fantasie.
