So, still und heimlich ist wieder Sonntag geworden und jetzt muss ich das Entwicklertagebuch wieder übersetzen... hier ist das original in englisch:
Klick Entwicklertagebuch - Eintrag 3: Command & Control
Wie der Titel schon sagt gehts heute um Command & Control, also Befehlsstrukturen, Organisation von Einheiten und ihre Führung im Felde. Warum das Ganze? Wie schon im EIngangspost erwähnt gibt es ein paar Punkte die ich gern repräsentiert sehen würde. Das Negativbeispiel unten war mein Ausgangspunkt:
Offiziere sind nur ein zusätzlicher Schütze. Was?
Offiziere sind wichtig und sie erfüllen eine Funktion in der Schlacht?
Niemals, bei FoF laufen sie schließlich auch nur als zusätzlicher
Schütze herum. Offizier verloren? Ist doch egal, ein anderer übernimmt
sofort mit gleicher Effizienz seine Position. Koordinierung von Truppen
nötig? Leute entlang der Befehlskette beisammen halten? Ich kann doch
meine Fireteams munter über das Feld schicken, vollkommen wurst ob sie
nun 1st Squad oder 2nd Squad sind. Kurzum: Offiziere und
Kommandostruktur sind völlig unterrepräsentiert.
Und die Folge daraus:
Offiziere erfüllen nun eine Funktion, nämlich Truppen zu koordinieren.
(Unter-)Offiziere geben Befehle, sind also die Steuerzentrale, die den
Vormarsch koordinieren und Einheiten anpeitschen. Ohne jemanden der sagt
wer wohin gehen soll (und unter wessen Deckung) geht es meist nicht
voran. Daher sollten Verbände immer entsprechend ihrer Kommandostruktur
agieren (Squads nah beim jeweiligen Squadleader, nicht wild über die
gesamte Map) und Offiziere nicht nur als zusätzliches Kanonenfutter
behandelt werden. Seine Offiziere zu verlieren ist immer schlecht,
sowohl als Irregulärer Spieler wie auch als Regulärer
Heute gehen wir etwas mehr ins Detail und schauen uns an, wie sich das ganze gestaltet. Dazu zuerst meine Vision:
- Die Anzahl aktivierbarer Einheiten sollte begrenzt sein um einen spielerischen Anreiz für eine Entscheidung zu liefern. Welche Einheiten sollen priorisiert werden, wenn man nicht alle aktivieren kann? Dies ist nicht nur aus spielerischer Sicht interessant, sondern repräsentiert auch den begrenzten Überblick und die Probleme in der Kommunikation wenn man in der Unübersichtlichkeit eines Gefechts mehrere Elemente koordinieren muss. Als Offizier ist das trotz bester Ausbildung teilweise sehr schwierig.
- Squadleader / Gruppenführer und Platoonleader / Zugführer sollten zu wichtigen Spielelementen werden, da sie den Vormarsch aller Truppen koordinieren und die Schaltzentrale für alle Aktivitäten bilden.
- Einheiten die in der Realität gemeinsam operieren (z.B. 2 Fireteams in einem Squad) sollten dies auch im Spiel tun - d.h. es sollte einen Anreiz geben seine Truppen ein Stück weit zusammenzuhalten und in gegenseitiger Unterstützung operieren zu lassen
- Moraleffekte sollten die Optionen einer Einheit einschränken und eine zusätzliche Belastung für die Kommandostruktur darstellen.
Von Force on Force ausgehend habe ich anfangs nur an den Initiativregeln herumgeschraubt, um die Initiative öfter wechseln zu lassen und dadurch die Situation aufzubrechen, dass eine Seite die gesamte Zeit über die Initiative behielt (damals noch ohne die oben gesteckten Ziele, das kam später) - das gelang durch eine relativ einfache Änderung, die Initiative wechselte öfter die Seiten. Problematisch war, dass die Moraleffekte immernoch lediglich bis zum Ende der Runde anhielten und man die Erfolge der Vorrunde in der nächsten Runde nicht wirklich ausnutzen konnte.
Zu diesem Zeitpunkt offenbarte sich außerdem das oben genannte Problem, dass Einheiten lustig über das Spielfeld wuselten und sich komplett vermischten, ohne Rücksicht auf ihre eigentliche Organisationsstruktur - man spielte 6 Fireteams, nicht 3 Squads.
Ungefähr zu dieser Zeit, während ich überlegte wie man das Problem beheben könnte, kam Chain of Command auf den Markt und ich war begeistert über das Command & Control-System, das genau den gewünschten Effekt hatte. Allerdings schien das System relativ unflexibel zu sein was die Größe des Spiels anging, d.h. die Anzahl von Einheiten. Die Mechanik war darauf ausgelegt einen Platoon plus Support darzustellen - kleinere Gefechte oder größere Gefechte waren in meinen Augen nicht ganz einfach einzubauen. Abgesehen von der Skalierbarkeit bin ich keine Copy-Cat, sondern auf der Suche nach eigenen Lösungen. Und einen Ansatz dafür fand ich relativ bald.
Anstatt jede Einheit jede Runde zu aktivieren sollten die Einheiten nun von ihrem Anführer aktiviert werden (wie bei Chain of Command). Ein einzelner Anführer/Offizier sollte allerdings nicht immer automatisch in der Lage sein, alle Einheiten unter seinem Kommando aktivieren zu können. Also musste er testen, wie viele Einheiten er aktivieren durfte - für jede Aktivierung einen Würfel auf sein Ausbildungslevel (damals noch Troop Quality (TQ)), für jeden Erfolg eine Aktivierung. Je nachdem wie verwirrend die Situation auf dem Feld, wie gut seine Ausbildung und wie stark die Kommunikationsschwierigkeiten konnte er also alle oder gar keine Einheit unter seinem Kommando aktivieren.
Systematisiert und vereinfacht wurde das ganze dann als 2 Aktivierungswürfel pro Leader, die alle in einem großen Pool gesammelt werden. Aus den Erfolgen dieses Würfelpools konnte dann jede Einheit aktiviert werden (nach Wunsch), allerdings maximal 2 pro Leader.
Plötzlich hatte man also mit einem normalen Rifle Squad (2 Fireteams, 1 Offizier) nicht mehr 2 sichere Aktivierungen (1 pro Fireteam) sondern 2 unsichere die über den Offizier laufen. Mit einer normalen Truppenqualität sind das im Erwartungswert 1,2 Aktivierungen pro Runde, also üblicherweise nur eins von zwei Teams.
Wie erwähnt werden die Würfel aber gepoolt, sodass 2 Squads im Durchschnitt 2,4 Aktivierungen haben die beliebig verteilbar sind - man muss lediglich priorisieren welche Einheiten dies sein sollen. Priorisiert man die linke Flanke? Das Zentrum?
Außerdem wurde schnell deutlich, dass man gar nicht alle Einheiten mit Würfeln aktivieren musste - wird eine Einheit beschossen erwidert sie natürlich selbstständig das Feuer. Selbst mit einem schlechten Kommandowurf nehmen also mehr Einheiten am Kampf teil als man Würfel hat, sofern der Gegner die eigenen Truppen angreift.
Ein guter Kommandowurf erlaubt jedoch den Spielfluss ein Stück weit zu diktieren - wer mehr Aktivierungen hat, hat die Initiative im Gefecht, bestimmt wo der Kampf aufflammen soll und welche Ecken eher ruhiger bleiben. Der Gegner wird damit lediglich gezwungen den Kampf dort zu führen wo man es selbst wünscht. Aber selbstverständlich ist er nicht dazu verdammt nur zuzuschauen und zu warten - er kann seine eigenen Aktivierungen jederzeit nutzen, um Reaktionen durchzuführen, also Aktionen zu unterbrechen und das Kampfgeschehen zu seinen Gunsten zu beinflussen.
Damit war das Grundgerüst geschaffen und das System ist bis heute quasi unverändert. Die einzige Evolution die folgte war die Integration von Moraleffekten ins Kommandosystem. Neben der Befehlsvergabe sind Offiziere auch essentiell um die Truppen im Kampf zu halten, sie zu sammeln und ihre Effektivität sicherzustellen. Wie oben angedeutet waren die Moraleffekte ursprünglich in ihrer WIrkung zu kurz um das Spielgeschehen so zu beeinflussten wie ich es gewünscht hatte. Daher wurde folglich die Dauer von Moraleffekten erhöht. Je nach Schwere des Effekts können Einheiten mehrere Runden neutralisiert werden - wird das Feuer lange und effektiv genug aufrecht erhalten ist es theoretisch möglich Einheiten das komplette Spiel über festzunageln und zu unterdrücken, also komplett ineffektiv zu schießen ohne große Verluste zu erzeugen.
Die Integration ins Kommandosystem wurde erreicht, indem Anführer nun Moraleffekte in begrenztem Maße von Einheiten entfernen können - allerdings opfern sie dafür Kommandowürfel bevor sie geworfen werden. Der Trade-off ist also: Entferne ich Moralmarken indem ich einen Würfel ausgebe (nicht wissend ob es ein Erfolg wird oder nicht) und verpulvere potentielle Aktivierungen, die ich gebrauchen kann um die Initiative zu behalten und andere Einheiten zu aktivieren? Oder behalte ich den Würfel in meinem Pool, würfle ihn und riskiere, dass kein Erfolg draus wird und ich gar nichts davon habe während meine Einheit weiter gepinnt ist? Die Wahl klingt hier vielleicht nicht so spannend, ist aber im Spiel selbst situationsabhängig sehr schwierig, wie sich gezeigt hat
Was fehlt noch? Wer aufgepasst hat weiß: Einheiten zusammenhalten.
Es ist nicht verboten Einheiten weit auseinanderzuziehen. Ab und an ist das nötig und evtl. sogar sinnvoll, daher sollte die Lösung hier flexibel sein, allerdings einige Nachteile einbringen. Die Lösung ist relativ trivial und sicherlich nicht die eleganteste, aber sie funktioniert: Anführer haben eine (großzügige) Kommandoreichweite, in der sie Einheiten ohne Malus aktivieren können. Verlässt eine Einheit diese Reichweite kostet eine Aktivierung doppelt so viel (d.h. 2 Würfel).
Die Kommunikation über Funk dauert etwas länger und ist etwas umständlicher als wenn man einfach dem Teamleader in naher Distanz direkt etwas zuruft.
Mit diesem System habe ich alle oben genannten Ziele erreicht und bin relativ zufrieden mit der Lösung. Es ist ausgiebig getestet, funktioniert und ist dabei noch simpel genug um relativ gut erlernbar zu sein. Das erste Feedback dazu war sehr gut und von mehreren Testern die mein Hausregelwerk probiert haben, habe ich sehr positive Stimmen gehört. Eine davon möchte ich zum Abschluss zitieren:
The iniative and activation rules are a blast. They force you to care for the chain of command and the lives of your officers and their position on the board. In the original rules, officers were just another guy with a rifle who would go down to save that RPG-7 toting soldier.
Und ganz zum Schluss nur für die deutsche Community ein Beispiel, wie das ganze im Spiel aussieht:
Beispiel: Zwei Squads US Infantry
werden in Bohndorf von Sowjetischen Truppen umzingelt. Ein Fireteam
ist bereits durch Feindfeuer festgenagelt (pinned). Zu Beginn der
Runde generieren die beiden Squad-Leader jeweils zwei Kommandowürfel,
der US-Spieler verfügt damit über vier Würfel.
Er entscheidet sich dafür, einen
Würfel auszugeben, um sein Fireteam zu entpinnen und würfelt die
restlichen 3 Würfel. Er erhält eine 2, eine 5 und eine 3 und
verfügt damit lediglich über einen Erfolg. Der Sowjet-Spieler
erzielt drei Erfolge und erhält damit die Initiative.
Der Spieler der Sowjets
beginnt nun damit, seine Einheiten zu aktivieren. Er bewegt zwei
Einheiten außerhalb der Sichtlinie des US Spielers, indem er für
jede Einheit einen seiner erfolgreich gewürfelten Kommandowürfel
ausgibt. Als letzten Befehl aktiviert er einen Infanterietrupp in
Sichtlinie der Amerikaner und feuert auf ein US Fireteam auf der linken Flanke. Das Feuergefecht wird abgewickelt, beide Seiten schießen.
Nachdem der Sowjetspieler alle Befehle ausgegeben hat, darf der US-Spieler seine verbleibende Aktivierung durchführen (alternativ dazu hätte er sie als Reaktion im Verlauf der Runde ausgeben können, um eine Aktivierung zu unterbrechen). Er wählt das zweite Fireteam des Squads auf der linken Flanke und positioniert es in der Nähe seines eben beschossenen Trupps, von wo sie das Feuer auf den russischen Infanterietrupp eröffnen. Erneut findet ein Feuergefecht statt, das russische Team wird in der Häuserruine auf der anderen Straßenseite festgenagelt.
Danach folgt die nächste Runde.
Weiter gehts nächste Woche, dann mit mehr Details zum Thema Feuergefecht (Infanteriekampf).