Ich denke wir sehen die Verhältnisse von damals trotz allem durch eine gefärbte Brille, natürlich keine rosarote, aber dennoch. Was wussten denn die Soldaten davon, um was es wirklich ging? Wer kämpfte denn genau wann wofür? Die einen fürs Geld, die anderen aus Angst, ums Überleben, aus Pflichtgefühl, sozialem oder staatlichen Druck, von der Propaganda verführt, usw. Für die Freiheit? Gute Frage. Gerade beim 2. Weltkrieg ist die Wahrnehmung durch die Verbrechen und den Holocaust verschoben. Dabei muss man aber sehen dass die Alliierten faktisch garnicht um das Massenmorden zu beenden gegen Deutschland antraten, denn sie \"wussten\" offiziell garnicht davon, tatsächlich freilich schon, was aber erst nach Kriegsende eine wesentliche Rolle zu spielen begann. Einige Länder führten aus systemischen Gründen Krieg, nicht aus moralischen oder humanitären (was ohnehin kaum möglich ist) genau wie bereits im 1. Weltkrieg.
Veteranen neigen immer dazu ihr Leiden, ihre Opfer und ihren Einsatz im Sinne einer positiven Sache darzustellen. Allerdings ist das völlig unabhängig vom Ergebnis und den eigentlichen Hintergründen, weil diese Haltung psychologisch eine wichtige Vorraussetzung dafür ist negative Erlebnisse mit einem positiven Sinn aufzuladen. Nur so kann der Krieg auch mental \"überlebt\" werden. Wahrscheinlich macht das der Mensch auch unabhängig vom Kriegserleben so, wenn er sich erinnert. Dann wird manches legitim, wenn es nur einem positiven Ziel dient. Tatsächlich gab es aber auch unter den \"Befreiern\" genau wie bei ihren Gegner etliche Mörder, deren Taten durch nichts zu rechtfertigen sind. Vieles davon sind sicher individuelle Tatbestände gewesen, bei anderen lag aber auch System dahinter, z.B. bei Bomber Harris. Heiligt der Zweck immer die Mittel, zumal wenn das Konzept eigentlich garnicht funktioniert hat? Letztlich muss jeder für sich die Verantwortung für sein Tun tragen.
Mir fällt dazu ein Beispiel anlässlich einer Reise nach Prag ein. Wir besuchten die heutige Kirche St. Cyrill und Method, in der sich die Attentäter auf Reinhard Heydrich verschanzt hatten. Nun ist es nicht abwegig zu behaupten, dass ein Mensch wie Heydrich es verdient hatte, nur war es wirklich richtig? Wer trug die Verantwortung für die brutalen Racheaktionen? Bezeichnenderweise wurde das Attentat von aus Großbritannien eingeflogenden Leuten durchgeführt und nicht von vor Ort befindlichen Kräften des Widerstandes. Die deutsche Seite kam in diesem Spiel nur mehr die Rolle eines automatisierten Gegenspielers zu mit dessen Reaktionen unzweifelhaft gerechnet wurde. Die tschechische Exilregierung verfolgte nämlich eine ganz eigene Agenda, die mit dem Attentat ihre Aktionsfähigkeit unter Beweis stellen wollte und das auf Kosten ihrer Landsleute in der Heimat, wo der dortige Widerstand wohl wissend gegen ein solches Attentat war. Gerade diese Konstellation gab mir zu denken. Menschliches Handeln ist nun mal nicht einfach nur gut oder böse, allzu oft gibt es garkein Gut oder alles zu gleicher Zeit.
Grüße
Gunter