Sweetwater Forum

Sweetwater Forum

  • 20. April 2024 - 18:37:53
  • Willkommen Gast
Erweiterte Suche  

Neuigkeiten:

Autor Thema: Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?  (Gelesen 3681 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Draconarius

  • Fischersmann
  • ***
  • Beiträge: 674
    • 0
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #30 am: 01. September 2011 - 17:41:10 »

Zitat von: \'Decebalus\',index.php?page=Thread&postID=93265#post93265
Tja, die populäre Meinung ist doch eher: die armen Jungs konnten nicht anders, die sind ja gezwungen worden.
Ist die Meinung in dieser Hinsicht nicht doch ambivalenter? Einerseits der angenommene Zwang (da man seine direkten Vorfahren nie Kriegsverbrechen zutraut), andererseits der bereitwillige Beitrag der Soldaten zu Massenmord und Kriegsverbrechen (ähnlich wie bei der Goldhagen-Debatte) ?
Das von dir genannte Werk ist ja durchaus nicht die erste Auseinandersetzung mit diesem Thema. Beide Verfasser beschäftigen sich doch schon seit längerem mit dieser Quellengruppe der Verhörprotokolle deutscher Kriegsgefangener in England ( Neizel mit Abgehört - Deutsche Generäle in britischer Kriegsgefangenschaft) bzw. dem Gegensatz der Generationen hinsichtlich der Rolle der Soldaten im Krieg  (Welzer mit Opa war kein Nazi) und traten damit an die Öffentlichkeit; es gab zu diesem Themenfeld z.B. bereits in vergangenen Jahren und in diesem Jahr einige Dokumentationen im Fernsehen, sogar beim histerischen Guido (wo ein anderer Historiker aber durchaus den Aussagewert der Quellengruppe hinterfragte).


Zitat
daß die Leute, die Geschichte auf Lehramt machten, überwiegend die lustloseren Studenten waren, ohne Freude an der Geschichte, und hab mich dann öfters nach deren gelangweilt abgespulten Referaten (auch fachlich nicht besonders gut) gefragt, wie viele Schüler dann vergrätzt werden, wenn sie diese Leute als Geschichtsvermittler vor sich haben.
Das ist sicherlich die eine Seite. Andererseits wird aber aber auch durch das universitäre Angebot nicht immer auf den Stoff vorbereitet, den sie den Schülern nahebringen müssen - unabhängig vom Fach. Da werden Spezialseminare gehalten über Textdekonstruktion im Sinne der Psychoanalyse, über die griechische Kolonisation im Gebiet des schwarzen Meeres etc., was ihnen dann im Staatsexamen vielleicht noch begegnet (wie vor kurzem im Bayern einmal: römische Königszeit yeah, das Thema in ein bis zwei Unterrichtsstunden der 6. Klasse!), andererseits später wenn es um den Lehrplan geht mit einigem Zufall in den höheren Jahrgangsstufen noch einmal begegnet. Das könnte man jetzt noch weiter Ausbauen im Sinn der Abschlussinflation, aber das lasse ich hier mal.
Gespeichert

Poliorketes

  • Bürger
  • ****
  • Beiträge: 1.966
    • 0
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #31 am: 01. September 2011 - 17:44:48 »

Zitat von: \'J.S.\',index.php?page=Thread&postID=93229#post93229
Ja,ich kenne das Buch, hats ja sogar in die Abendnachrichten geschafft. Damit weis man jetzt endlich, dass Soldaten im Krieg verrohen und die Deutschen Soldaten schlimme Finger waren, eine wahnsinnig neue Erkenntnis.. endlich hat das mal wer in Buchform rausgebracht. Also wer noch nicht genug vom Zweiten Weltkrieg und Opas Mörderbande hat, kann ja auch hier zuschlagen.  :sleeping:
:thumbsup:
Gespeichert
Beim Aussteigen stolpert man schon mal über das Dach des nebenan geparkten Autos. Von Parkhäusern reden wir hier lieber nicht. Sagen wir, der Wendekreis ist groß. (Aus einem Test des Ford Ranger)

opa wuttke

  • Bürger
  • ****
  • Beiträge: 1.237
    • 0
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #32 am: 01. September 2011 - 19:09:25 »

Zitat
Etwas überspitzt dargestellt wurde mir in der Schule beigebracht, dass
alle Deutschen der NS-Zeit (insbesondere natürlich die Soldaten, egal ab
SS, Heer, Marine oder Luftwaffe) unmenschlich und sadistisch waren und
man sich als Nachkomme dieser sein Leben lang dem Rest der Menschheit
gegenüber schämen muss
Für die Masse gilt dass nicht, bei manchen Zeitgenossen bin ich mir da aber nicht sicher ;)

Zitat
Ja,ich kenne das Buch, hats ja sogar in die Abendnachrichten geschafft.
Damit weis man jetzt endlich, dass Soldaten im Krieg verrohen und die
Deutschen Soldaten schlimme Finger waren, eine wahnsinnig neue
Erkenntnis.. endlich hat das mal wer in Buchform rausgebracht. Also wer
noch nicht genug vom Zweiten Weltkrieg und Opas Mörderbande hat, kann ja
auch hier zuschlagen.
Vielleicht solltest DU mal bei diesem Buch zuschlagen, wenn ich den Tenor Deiner Posts zum Thema 2.Weltkrieg/Rolle der Deutschen in diesem richtig deute (ich mag natürlich falsch liegen ;) ), ist das Buch wie für Dich gemacht. Ich bin ja als Zyniker hier nicht unbekannt, aber Deine Haltung ist für mich schlichtweg nicht mehr nachvollziehbar.

Zitat
Ich frage mich allerdings (ohne etwas relativieren zu wollen), ob man
inhaltlich weit abweichenden Protokolle bekommen hätte, wenn man bspw.
römische Legionäre, Soldaten des 30-jährigen Krieges, Soldaten Custers,
etc. abgehört hätte
Inhaltlich sehr wohl, aber das ist nicht das was Du meinst, vermute ich...
Gespeichert

Poliorketes

  • Bürger
  • ****
  • Beiträge: 1.966
    • 0
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #33 am: 01. September 2011 - 19:47:10 »

Was mir am heutigen populärwisenschaftlichen Geschichtsgeschreibsel tierisch auf die Nerven geht ist die Tendenz, alles an heutigen (deutschen) Moralvorstellungen zu messen - bevorzugt das Verhalten deutscher Streitkräfte bis zu den Kreuzzügen zurück. Natürlich erscheint aus heutiger Sicht das Vorgehen einer beliebigen Streitmacht um Achtzehnhundertdosenknopf als inhuman, aber wenn man sich die Mühe macht und die Sache im Kontext der damaligen Zeit ansieht kommt man vielleicht sogar zu der Feststellung, daß Zeitgenossen die Angelegenheit als besonders zivilisiert gelöst angesehen haben, weil sie ganz andere Sachen gewohnt waren. Mein Lieblingsbeispiel sind da die Befreiungskriege, in denen böse Nationalisten das Deutsche Volk zum Haß auf die Franzosen aufgestachelt haben. Nur wird dabei vergessen, daß die Franzosen sich von Melac bis Davout 150 Jahre lang durch Deutschland gebrandschatzt hatten. Oder wenn der zu Recht als Völkermord verurteilte Herrero-Feldzug dazu benutzt wird um zu beweisen, daß wir eigentlich schon zu Kaisers Zeiten alle Nazis waren, dabei aber geflissentlich übersehen, das Amerikaner, Briten, Franzosen und Belgier keinen Deut besser waren - als Demokratien!
Gespeichert
Beim Aussteigen stolpert man schon mal über das Dach des nebenan geparkten Autos. Von Parkhäusern reden wir hier lieber nicht. Sagen wir, der Wendekreis ist groß. (Aus einem Test des Ford Ranger)

Mansfeld

  • Bauer
  • ****
  • Beiträge: 864
    • 0
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #34 am: 01. September 2011 - 20:04:27 »

Ich kann da \"Auftakt zum Vernichtungskrieg. Die Wehrmacht in Polen\" von Jochen Böhler zu diesem Thema bestens empfehlen. Böhler zeigt an Quellentexten (Wehrmachtsberichte, Einheitschroniken, etc.) schön nach, wie eine junge, kriegsunerfahrene und nach sechs Jahren NS-Indoktrinierung rassistisch geprägte Generation Tendenzen zu Übergriffen hatte, die dann von der zynischen Führung gedeckt und ermutigt wurden. Wohlgemerkt, das ist jetzt nicht eine irgendwie \"genetische\" Eigenschaften des Teutschen an und für sich, im gleichen Kontext hätten das auch Samoaner, Feuerländer oder Nepalesen so gemacht.

Wenn man als junger Achtzehnjähriger seit der Pubertät um die Ohren gehauen bekommt, daß der Arier überlegen und der gemeine slawische Polacke schmutzig, viehisch und grausam ist, und dann jedes Friendly Fire der genauso grünen Nachbareinheit für Heckenschützenangriffe der Polen hält, und die Führung dann auch andauernd davon spricht, wie notwendig doch jetzt extreme Härte sei, und alle Autoritätspersonen in der Heimat das die ganze Zeit zumindest unwidersprochen gelassen haben...okay, ein sehr charakterfester anständiger Mensch (sagen wir mal 15%) hält sich trotzdem zurück, die miesen Schlägertypen (auch 15%?) lassen die Sau raus, der Rest Normalos macht halt mit, weil sie ihrer eigenen Meinung nicht vertrauen, sondern dem was ihnen gesagt wird, dann wird es natürlich hässlich.

Simplifizierungen wie \"Unsere Großväter waren doch alle anständig\" oder \"Alle Deutschen waren begeisterte Genozidler\" schonen natürlich angenehm das Hirn des Vertreters solcher Meinungen, aber mit einer rosa bzw. schwarzen Brille auf der Nase sieht man die echten Farben halt nicht. Sytematik ud Maßstab der NS-Mordmaschinerie machen sie zu einem so nie dagewesenen Ereignis, und es ist historisch nun mal in Deutschland passiert. Kann aber auch woanders geschehen, da mache ich mir keine Illusionen.
Gespeichert
\"Sir field marshal Blücher, how do you like London?\"

\"HIMMELHERRGOTT, was für eine Stadt zum Plündern!\"

(soll er angeblich tatsächlich gesagt haben)

\"... it\'s duty for beer, brezel and world domination!\" (Riothamus)

\"Die geilen Sachen passieren eh während dem Spiel und nicht bei der Ermittlung des Siegers. \" (Wraith)

Thomas Kluchert

  • Bürger
  • ****
  • Beiträge: 1.684
    • Dice Knights Berlin
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #35 am: 01. September 2011 - 20:43:38 »

@ Mansfeld
Diese Erklärungsansätze klingen natürlich erstmal ganz nachvollziehbar und logisch, wenn man sie so liest. Aber irgendwie greifen sie doch zu kurz. Da ich ja auch Historiker bin (:D) suche ich immer nach Kontinuität - und die findet man ja im Krieg und in Kriegsverbrechen zu Hauf. Immerhin haben schon die (wohlgemerkt demokratischen) Athener in der Antike ganz gemütlich Völkermord begangen, als das Wort noch gar nicht erfunden war. Und da ging es nur um einen Bündnisbruch. Oder man geht in den 30jährigen Krieg, wo die Soldaten ja auch nicht gerade kleinlich waren (ich sag nur Magdeburg), ohne eine ideologische Grundausbildung mitgemacht zu haben. Es gibt sicherlich noch unzählige Beispiele

@ J.S.
Ich kann deine Einstellung total verstehen. Nach dem Abitur hatte ich erstmal 5 Jahre genug vom zweiten Weltkrieg - das Thema kommt einem einfach zu den Ohren raus. Da kann man irgendwann nur noch die Augen verdrehen. Ich hab mich zum Trotz erstmal der Antike zugewendet :D Die Briten kommen auch besser mit der Epoche klar. Hab letztens die BBC-Doku \"War of the Century\" auf Youtube geschaut und war mehr als positiv überrascht. Gut gemacht und sehr ausgeglichen, da hat man wirklich mal den Eindruck gewonnen, wie brutal dieser Krieg von beiden Seiten geführt wurde. Kann ich also nur empfehlen, auch wenn den Briten irgendwie das Jahr 1943 abhanden gekommen ist. Aber dennoch zu empfehlende Populärwissenschaft.
Gespeichert

J.S.

  • Schuster
  • ***
  • Beiträge: 430
    • 0
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #36 am: 01. September 2011 - 20:56:53 »

Zitat
Tja, die populäre Meinung ist doch eher: die armen Jungs konnten nicht anders, die sind ja gezwungen worden.

quod est demonstrandum..


Zitat
Böhler zeigt an Quellentexten (Wehrmachtsberichte, Einheitschroniken, etc.) schön nach, wie eine junge, kriegsunerfahrene und nach sechs Jahren NS-Indoktrinierung rassistisch geprägte Generation Tendenzen zu Übergriffen hatte

Naja, die Frage ist, ob Deutsche Historiker überhaupt etwas anderes aus den Unterlagen rausforschen wollen/ können. Ich habe oftmals das Gefühl, dass das Ergebnis eh schon feststeht, bevor überhaupt mit der Arbeit überhaupt begonnen wurde.

Gehen wir doch mal von 2 Annahmen aus:
1. auch ein Historiker muss am Ende des Monats seine Miete bezahlen.
2. es gibt in Deutschland aus politischen Gründen erwünschte und unerwünschte Forschungsergebnisse, unabhängig von ihren Wahrheitsgehalt.

So. Nun könnte man natürlich hergehen und einen Vergleich anstellen zwischen den verschiedenen beteiligten Armeen unter der Fragestellung der Motivation für Kriegsverbechen. Rassismus? Mordlust? Rache? ec. Material gäbs in Hülle und Fülle. Vielleicht kommt dann dabei raus, dass die Deutschen Soldaten wirklich aussergewöhnlich grausam waren, vielleicht aber auch nicht. Und dann? Es könnte ja auch sein, dass sich blöderweise ergibt, dass demokratisch erzogene California- Boys aus Spaß an der Freud wehrlose Menschen getötet haben. Sowas will niemand lesen, dieses Buch wird nicht in den RTL Abendnews vorgestellt und wird auch nicht bei Pustet, Hugendubel und Weltbild in der Auslage zu finden sein. Und die eigene Reputation als Historiker ist natürlich sowieso hinüber.
Wie gesagt - vielleicht. Aber soweit kommt es ja gar nicht erst; wieso aberhunderte Stunden in eine Arbeit investieren, die einem am Ende noch die Karriere kosten könnte. Also liegt dieses Forschungsfeld (in Deutschland) erst mal brach.

Alternative: die restlichen 1000 Jahre Deutscher Geschichte bearbeiten; Problem: der Markt für den Zweiten Weltkrieg ist halt einfach da und wohl auch zu verlockend. Ergibt zusammen mit den genannten Annahmen dann die nie endende Flut aus immer die gleichen Themen beackernden Monographien.
Gespeichert

Decebalus

  • Bürger
  • ****
  • Beiträge: 2.413
    • 0
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #37 am: 01. September 2011 - 21:10:38 »

Zitat von: \'Murphy\',index.php?page=Thread&postID=93268#post93268
Ich frage mich allerdings (ohne etwas relativieren zu wollen), ob man inhaltlich weit abweichenden Protokolle bekommen hätte, wenn man bspw. römische Legionäre, Soldaten des 30-jährigen Krieges, Soldaten Custers, etc. abgehört hätte. ?(

Vor kurzem habe ich gelesen, dass in dem großen Sturm nach der Schlacht bei Trafalgar, als reihenweise erbeutete Schiffe mit französischen oder spanischen Kriegsgefangenen untergegangen sind, es keinen Fall gab, wo entweder die britischen Bewacher nicht mituntergegangen sind oder wo keine Briten beim Versuch die Gefangenen überzusetzen ertrunken wären. Hört sich für mich nicht so an, als ob dieses Verständnis von Kriegsführung gegenüber den russischen Gefangenen 1941/42 vorgeherrscht hat. Und dann gab es ja auch noch (die wenigen und einflusslosen) deutschen Offiziere, die darauf hingewiesen haben, dass auch wenn Stalin die Haager Kriegsordnung nicht unterschrieben habe, trotzdem das allgemeine Kriegsvölkerrecht gelte.

Ja, tatsächlich finde ich dieses \"In der Nacht sind alle Katzen grau\", bzw. \"Im Krieg sind alle Soldaten grausam\" ziemlich releativierend.

Aber vielleicht liegt es wirklich am Schulunterricht. In Erdkunde durfte ich die verlorenen Ostgebiete auswendig lernen.
Gespeichert

Decebalus

  • Bürger
  • ****
  • Beiträge: 2.413
    • 0
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #38 am: 01. September 2011 - 21:24:12 »

Zitat von: \'J.S.\',index.php?page=Thread&postID=93298#post93298
... Vielleicht kommt dann dabei raus, dass die Deutschen Soldaten wirklich aussergewöhnlich grausam waren, vielleicht aber auch nicht. Und dann? Es könnte ja auch sein, dass sich blöderweise ergibt, dass demokratisch erzogene California- Boys aus Spaß an der Freud wehrlose Menschen getötet haben. Sowas will niemand lesen, ...

Sorry, ich sage es jetzt so, wie ich es denke:

1. Das Geschwätz vom bösen amerikanisch-westdeutschen System, das uns das Gehirn gewaschen hat, und deswegen können wir nicht mehr denken, was wir wollen, und schön normal national sein, ist tatsächlich ein typischer Topos aus dem rechtsaußen Lager.
2. Ist Dir eigentlich aufgefallen, wie sehr zumindest in den historischen Unterhaltungsmedien eine Relativierung stattfindet. Mal den \"Untergang\" kritisch angeschaut, wo die unschuldig ins System verwickelte Sekretärin am Ende in den goldenen Morgen der Bundesrepublik radelt, oder \"Dresden\", wo eigentlich alle Opfer sind und Briten und Deutsche sich symbolisch in der Liebesbeziehung verzeihen.
2. Du hast keine Ahnung vom populären Bild der USA in Deutschland. Ich habe an der Uni schon einen (pseudo-wissenschaftlichen) Vortrag angehört, dass durch John Wayne und amerikanischen Macho-Kult die US-Soldaten in Vietnam zu Killern abgerichtet waren. Anti-Amerikanismus findest Du (trotz Siegermacht USA) in Deutschland massenweise und er verkauft sich auch gut.
Gespeichert

J.S.

  • Schuster
  • ***
  • Beiträge: 430
    • 0
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #39 am: 01. September 2011 - 21:58:13 »

Zitat
1. Das Geschwätz vom bösen amerikanisch-westdeutschen System, das uns das Gehirn gewaschen hat, und deswegen können wir nicht mehr denken, was wir wollen, und schön normal national sein, ist tatsächlich ein typischer Topos aus dem rechtsaußen Lager.

Ob nationaler Pathos gut oder schlecht ist sei mal dahingestellt. Interessant ist, dass du mich sofort in die rechte Ecke stellst und damit meine Theorie im Grunde nur bestätigst.

Zitat
2. Ist Dir eigentlich aufgefallen, wie sehr zumindest in den historischen Unterhaltungsmedien eine Relativierung stattfindet. Mal den \"Untergang\" kritisch angeschaut, wo die unschuldig ins System verwickelte Sekretärin am Ende in den goldenen Morgen der Bundesrepublik radelt, oder \"Dresden\", wo eigentlich alle Opfer sind und Briten und Deutsche sich symbolisch in der Liebesbeziehung verzeihen.

Muss zwischen den letzten 10 000 Guido Knopp Produktionen wohl leider irgendwie untergegangen sein. \"Dresden\" habe ich nicht gesehen, da ich zu diesem Zeitpunkt vom 2.WK wirklich nichts mehr hören konnte.

Zitat
2. Du hast keine Ahnung vom populären Bild der USA in Deutschland. Ich habe an der Uni schon einen (pseudo-wissenschaftlichen) Vortrag angehört, dass durch John Wayne und amerikanischen Macho-Kult die US-Soldaten in Vietnam zu Killern abgerichtet waren. Anti-Amerikanismus findest Du (trotz Siegermacht USA) in Deutschland massenweise und er verkauft sich auch gut.

Aktueller Antiamerikanismus und das Bild der G.I.s im Zweiten Weltkrieg sind ja wohl 2 paar Stiefel. Ausserdem spielte sich der Zweite Weltkrieg ja auch nur zwischen Amis und Deutschen ab, klar. Dieses Beispiel habe ich nur genommen, weil ich zufällig ein (extrem populärwissenschaftliches) Buch zum Thema daheim hab. Hätte ich mir so nie im Leben gekauft, aber meine (für einen knallharten Nationalisten wie mich urtypische polnische) Freundin konnte das ja nicht wissen und hats mir geschenkt. So kam es also, dass ich mir Stephen Ambrose - Cititzen Soldiers angetan habe, mit einigen erstaunlichen Erkenntnissen. Dass Amerikanische Veteranen vom munteren Morden erzählen als wär das sonst nichts, ist eine davon. Aber das mal in nen Gesammtkontext zu setzen würde ja unvermeidbar ins rechte Lager führen, also lassen wirs.

edit: Stephen Ambrose heisst der Mann, Bierce war der mit dem Bürgerkrieg  :whistling:
« Letzte Änderung: 01. Januar 1970 - 01:00:00 von 1314907546 »
Gespeichert

Poliorketes

  • Bürger
  • ****
  • Beiträge: 1.966
    • 0
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #40 am: 02. September 2011 - 07:01:56 »

Zitat von: \'Decebalus\',index.php?page=Thread&postID=93299#post93299
Vor kurzem habe ich gelesen, dass in dem großen Sturm nach der Schlacht bei Trafalgar, als reihenweise erbeutete Schiffe mit französischen oder spanischen Kriegsgefangenen untergegangen sind, es keinen Fall gab, wo entweder die britischen Bewacher nicht mituntergegangen sind oder wo keine Briten beim Versuch die Gefangenen überzusetzen ertrunken wären. Hört sich für mich nicht so an, als ob dieses Verständnis von Kriegsführung gegenüber den russischen Gefangenen 1941/42 vorgeherrscht hat. Und dann gab es ja auch noch (die wenigen und einflusslosen) deutschen Offiziere, die darauf hingewiesen haben, dass auch wenn Stalin die Haager Kriegsordnung nicht unterschrieben habe, trotzdem das allgemeine Kriegsvölkerrecht gelte.

Sorry, wenn das etwas plump rüberkommt, aber Äpfel sind keine Birnen. Nimm statt dessen die britischen Gräuel nach der Erstürmung von Badajoz aus der gleichen Zeit, und Du \'beweist\' das Gegenteil. Die Behandlung der russischen Kriegsgefangenen war unverzeihlich, grausam und dumm (bei ordentlicher Behandlung der Russen hätte Stalin es nicht so leicht gehabt, den großen vaterländischen Krieg auszurufen). Es ist nun einmal so - Krieg verroht die Menschen. Ob sich die so entstehende Brutalität der Soldaten auch außerhalb der eigentlichen Kämpfe entfalten kann, liegt dabei ganz entscheidend an der Führung. Fördert sie solch ein Verhalten (wie Hitler und Stalin), duldet sie es stillschweigend (Vietnam) oder versucht sie, die Disziplin aufrechtzuerhalten und Auswüchse aktiv zu unterdrücken? Das der Landser kein Unschuldslamm war, bestreitet kein vernunftbegabter Mensch. Aber daß die Wehrmachtsverbrechen ohne Beispiel seien ist Humbug, der die Opfer von Stalin, Mao und Hirohito verunglimpft.

Vor ein paar Monaten lief die Robert McNamara-Dokumentation The Fog of War im Fernsehen. Ich fand seine Schilderungen über Curtis LeMay sehr beeindruckend. LeMay war Stabschef während der Kubakrise und Kommandant einer US-Bomberflotte im 2. Weltkrieg, ein Hardliner, der George W. Bush wahrscheinlich als Weichei bezeichnet und der beinahe den 3. Weltkrieg ausgelöst hätte. LeMay hat die Effektivität der Bombenangriffe auf Japan deutlich gesteigert, wobei Effektivität den Tod zehntausender Zivilisten bedeutete. Seine Begründung war einfach: Lieber hunderttausend Japaner umbringen, als zehntausend Amerikaner bei einer Invasion verlieren. Ihm war dabei völlig bewußt, daß er im Falle einer Niederlage als Kriegsverbrecher gelten würde . Der Mann hatte auf grausame Art Recht, die Arithmetik des Krieges läßt keine Menschlichkeit zu (ob er im Recht war, ist eine andere Frage - siehe Genfer Konvention oder Haager Landkriegsordnung). Für LeMay war der kalkulierte Tod einer großen Zahl von Nichtkombatanten Mittel zum Zweck, genauso wie es der Mord an Millionen für Stalin war. Nur war es LeMays Ziel, damit den Krieg zu beenden und eigene Verluste zu minimieren, Stalins Ziel war die Durchsetzung einer menschenverachtenden Ideologie und seines persönlichen Machtanspruchs (bei Hitler war es nicht anders). Macht das LeMay zu einem besseren Menschen als Stalin/Hitler/Pol Pot oder nur zu einem weniger schlechten?

Was sagt das Bündnis der Westalliierten mit Stalin, der in den vorhergegangenen 20 Jahren den Tod von Millionen von Menschen verursacht hatte, über deren moralische Prinzipien aus - vor allem, wenn man sich in Erinnerung ruft, daß die USA das Lend & Lease auf die UdSSR noch vor Kriegseintritt ausdehnte und zu einem Zeitpunkt, zu dem die Massenmorde der Nazis gerade erst anfingen und deren spätere Ausmaße unmöglich vorherzusagen waren? Ich will damit auf keinen Fall Churchill und Roosevelt auf eine Stufe mit Hitler und Stalin stellen, ich will nur deutlich machen, daß es im Krieg meist nur die Wahl zwischen Pest und Cholera gibt - und das man die (Un-)Taten der Kriegsparteien nicht mit zweierlei Maß messen sollte, sondern Einzelfallbezogen.
Gespeichert
Beim Aussteigen stolpert man schon mal über das Dach des nebenan geparkten Autos. Von Parkhäusern reden wir hier lieber nicht. Sagen wir, der Wendekreis ist groß. (Aus einem Test des Ford Ranger)

Mansfeld

  • Bauer
  • ****
  • Beiträge: 864
    • 0
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #41 am: 02. September 2011 - 13:38:17 »

@J.S.: \"Naja, die Frage ist, ob Deutsche Historiker überhaupt etwas anderes aus den Unterlagen rausforschen wollen/ können. Ich habe oftmals das Gefühl, dass das Ergebnis eh schon feststeht, bevor überhaupt mit der Arbeit überhaupt begonnen wurde.

Gehen wir doch mal von 2 Annahmen aus:
1. auch ein Historiker muss am Ende des Monats seine Miete bezahlen.
2. es gibt in Deutschland aus politischen Gründen erwünschte und unerwünschte Forschungsergebnisse, unabhängig von ihren Wahrheitsgehalt. \"

 

Sorry, das ist eben das, was du sagst - ein Gefühl von dir. Ich hab genügend fröhlich vor sich hinpublizierende Historiker kennengelernt, die radikal unterschiedliche Thesen aufgestellt haben , ohne daß die von dir postulierte wirtschaftlich-existenzielle Abstrafung stattgefunden hätte.

 

Zumindest in dem von mir erlebten Unibetrieb wurde selektive Forschung (also das Rauspicken von Argumenten, die eine vorgefertigte Antwort nur noch bestätigen sollen) gnadenlos schlecht benotet. Spätestens im Kolloquium haben dann verschiedene Fachleute die Lücken in den Argumentationsketten mal süffisant vorgeführt, und bei Publikationen ist die Fachwelt auch immer schnell zur Stelle, um auf Lücken und Betriebsblindheiten einzudreschen.

 

Ein einzelner Prof kann mal in seiner Fakultät ihm unerwünschte Ergebnisse unterdrücken, damit macht er sich aber spätestens auf Fachkongressen zur Lachnummer - Historiker lieben es geradezu, ihren Kollegen Fehler nachzuweisen, da muss man echt ein dickes Fell haben.
Ich habe bei solchen Unterstellungen meinerseits eher das Gefühl, daß dahinter einfach die Unzufriedenheit steckt, daß kein Historiker zu den Schlüssen gekommen ist, die man selber gerne hören würde.

Zu dem Thema \"Entmenschte Soldaten\": generell verrohen Soldaten im Krieg, das ist bei Deutschen nicht anders als bei Eskimos oder Guatemalteken. Entscheidend ist, wie das militärische System damit umgeht: versucht es, sowas in Grenzen zu halten und zu unterbinden, oder toleriert es sowas als Nebeneffekt, oder ermuntert es systematisch dazu? Und letzteres hat das Dritte Reich in einem ungeheuerlichen Ausmaß getan, mehr als z. B. napoleonische oder burgundische Armeen. Es gehört ja einiges dazu, Soldaten preußischer Tradition in so etwas wie den 20. Juli zu treiben.
Gespeichert
\"Sir field marshal Blücher, how do you like London?\"

\"HIMMELHERRGOTT, was für eine Stadt zum Plündern!\"

(soll er angeblich tatsächlich gesagt haben)

\"... it\'s duty for beer, brezel and world domination!\" (Riothamus)

\"Die geilen Sachen passieren eh während dem Spiel und nicht bei der Ermittlung des Siegers. \" (Wraith)

J.S.

  • Schuster
  • ***
  • Beiträge: 430
    • 0
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #42 am: 02. September 2011 - 15:17:37 »

@Mansfeld: Ich stimme dir ja in den allermeisten Punkten zu. Natürlich werden die genannten radikal unterschiedlichen Thesen munter veröffentlicht und Professoren lieben es ihre Kollegen auseinanderzunehmen (durfte kürzlich mal den Probevorträgen zur Neubesetzung eines Lehrstuhls lauschen..). Natürlich hast du auch Meinungen wie von Stefan Scheil oder Walter Post, schön und gut. Ist also nicht so, dass ich mich über mangelnde Meinungsvielfallt - unter akademischen Kreisen - beschweren würde.
Aber gewisse Bücher werden einfach mit der Intention geschrieben, später auch mal verkauft zu werden. Das meinte ich mit der etwas überspitzten Aussage \"muss auch noch seine Miete\" bezahlen. Besagtes \"Soldaten: Protokolle vom Kämpfen, Töten und Sterben\" zielt auf eine breite Öffentlichkeit ab, da könnt ihr mir jetzt erzählen was ihr wollt. Wieso rege ich mich nun darüber so auf? Weil das Buch offenbar von solch elementarer Wichtigkeit/(oder eben Erwünschtheit) ist, dass man sogar Abends in den Nachrichten die Bevölkerung davon in Kenntnis setzten muss, dass es erschienen ist. Die selbe Beobachtung kann man eben auch zu anderen Themenkomplexen machen. In den großen Deutschen Buchketten liegen halt nun einmal 5 Bücher in der Auslage, die sich gegen den Präventivkrieg aussprechen und kein einziges, welches dafür spricht. Und das ist jetzt einfach eine Beobachtung, keine Wertung der Thesen (am schlüssigsten erscheint mir persönlich noch Bogdan Musials Ansatz, bevor ich wieder ins rechte Lager gestellt werde).
Also falls man kommerzielle Absichten verfolgten sollte, dann gibt es meiner bescheidenen Meinung nach genug Gründe sich 2 mal zu überlegen, was man schreibt.

Zitat
Was sagt das Bündnis der Westalliierten mit Stalin, der in den vorhergegangenen 20 Jahren den Tod von Millionen von Menschen verursacht hatte, über deren moralische Prinzipien aus - vor allem, wenn man sich in Erinnerung ruft, daß die USA das Lend & Lease auf die UdSSR noch vor Kriegseintritt ausdehnte und zu einem Zeitpunkt, zu dem die Massenmorde der Nazis gerade erst anfingen und deren spätere Ausmaße unmöglich vorherzusagen waren?

Weil hier ja auch das Thema Geschichtsunterricht angerissen wurde: DAS wären doch einmal Fragen, die man den Schülern näherbringen sollte. Dinge kritisch zu hinterfragen und nicht einfach hinzunehmen, Zusammenhänge aufzuzeigen und dass man aus der Geschichte noch anderes lernen kann, ausser Hitler & Holocaust. Wer das Bündnis der westlichen Demokratien mit totalitären Systemen damals nicht versteht, der wird sich auch heute nicht fragen, wieso man gleichzeit aus vorsätzlicher demokratieliebe und philanthropie ein totalitäres Land zerbombt und das andere untersützt, um mal auf ganz aktuelle Ereignisse Bezug zu nehmen.
Gespeichert

Decebalus

  • Bürger
  • ****
  • Beiträge: 2.413
    • 0
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #43 am: 02. September 2011 - 18:10:38 »

Zitat von: \'Poliorketes\',index.php?page=Thread&postID=93310#post93310
...Es ist nun einmal so - Krieg verroht die Menschen. Ob sich die so entstehende Brutalität der Soldaten auch außerhalb der eigentlichen Kämpfe entfalten kann, liegt dabei ganz entscheidend an der Führung. Fördert sie solch ein Verhalten (wie Hitler und Stalin), duldet sie es stillschweigend (Vietnam) oder versucht sie, die Disziplin aufrechtzuerhalten und Auswüchse aktiv zu unterdrücken? Das der Landser kein Unschuldslamm war, bestreitet kein vernunftbegabter Mensch. Aber daß die Wehrmachtsverbrechen ohne Beispiel seien ist Humbug, der die Opfer von Stalin, Mao und Hirohito verunglimpft.

Stimme Dir zu, ich weiß nur nicht gegen wen Du argumentierst? Wer behauptet denn, dass die Wehrmachtsverbrechen ohne Beispiel waren. Sönke Neitzel argumentiert doch gerade mit der von Dir beschriebenen Verrohung. Aber Kriegsverbrechen in diesem Ausmaß sind eben auch nicht \"normal\" für einen Krieg. Und der Vergleich mit Stalin, Mao und Hirohito würde irgendwie besser funktionieren, wenn es hier keinen Kant, kein BGB und keine Grundrechte gegeben hätte.

Zitat
Was sagt das Bündnis der Westalliierten mit Stalin, der in den vorhergegangenen 20 Jahren den Tod von Millionen von Menschen verursacht hatte, über deren moralische Prinzipien aus

Das was Du hier andeutest, sagt es eben nicht aus. Die Westalliierten waren doch nicht frei in der Entscheidung. Sie haben sich Stalin nicht ausgesucht, sondern Hitler hat beschlossen, dass Stalin zu seinen Feinden gehört. Der Feind meines Feindes ist mein Freund ist nunmal in der Außenpolitik unhintergehbar.
Gespeichert

Florian

  • Schuster
  • ***
  • Beiträge: 450
    • 0
Der Einfluss der Forschung auf die heutige Geschichtsschreibung, Existiert er?
« Antwort #44 am: 03. September 2011 - 01:30:13 »

Na gut, erstmal allgemein: warum hat es ein Teil der Deutschen immer noch nötig Oma und Opa in Schutz zu nehmen? Woher kommt nur das Bedürfnis dauernd zu betonen, dass andere auch grausame Dinge getan haben nur damit die \"eigenen\" Grausamkeiten, also die der eigenen Vorfahren, nicht mehr so schlimm aussehen? Als würde es irgendwas am Judenmord der Deutschen verbessern, dass Stalin auch Antisemit war, dass die Türken die Armenier massakriert haben oder es würde (um ein hier schon genanntes Beispiel zu nehmen) irgendwie den Mord an der Herero relativieren, dass es auch andere Länder gab, die sich in ihren Kolonien wie die Axt im Walde aufführten. Tut es nicht. Verbrechen bleiben Verbrechen auch wenn es viele andere Verbrecher gibt.
Ich finde es auch überhaupt nicht schwer zu akzeptieren, dass große Teile der Generation meiner Großeltern ein verbrecherisches Regime unterstützt haben, einen verbrecherischen Krieg geführt haben und an der Ermordung der Juden Europas aktiv oder durch Duldung/ Wegsehen usw. teilgenommen haben. Ich muss da nichts schönreden oder relativieren. Da war nichts schön oder relativ o.ä. daran. Das verletzt weder mein Selbstwertgefühl noch meine \"Ehre\" noch sonstwas und ich fühle mich übrigens auch in keiner Weise dazu aufgerufen mich permanent für diese Verbrechen meiner Vorfahren zu entschuldigen. Ich fühle mich allerdings dazu aufgerufen, dafür zu sorgen, dass sich sowas nicht nochmal ereignet und dazu gehört eben zuerst anzuerkennen, was war und nicht drum herum zu reden nur weil es einem vllt. nicht passt.

und hierzu:
Zitat von: \'Poliorketes\',index.php?page=Thread&postID=93310#post93310
Was sagt das Bündnis der Westalliierten mit Stalin, der in den vorhergegangenen 20 Jahren den Tod von Millionen von Menschen verursacht hatte, über deren moralische Prinzipien aus - vor allem, wenn man sich in Erinnerung ruft, daß die USA das Lend & Lease auf die UdSSR noch vor Kriegseintritt ausdehnte und zu einem Zeitpunkt, zu dem die Massenmorde der Nazis gerade erst anfingen und deren spätere Ausmaße unmöglich vorherzusagen waren? Ich will damit auf keinen Fall Churchill und Roosevelt auf eine Stufe mit Hitler und Stalin stellen, ich will nur deutlich machen, daß es im Krieg meist nur die Wahl zwischen Pest und Cholera gibt - und das man die (Un-)Taten der Kriegsparteien nicht mit zweierlei Maß messen sollte, sondern Einzelfallbezogen.
das sagt über die Westalliierten, dass sie den Krieg gegen Deutschland und Japan gewinnen wollten, den sie nicht angefangen hatten. Und das wäre ihnen übrigens ohne die UdSSR ziemlich sicher nicht gelungen. Sonst sagt es erstmal gar nichts.

Und klar, wenn zwei Leute aufeinander schießen unterscheidet sie nicht ihr momentanes Ziel, das immer das unmoralische Motiv ist, den Anderen zu töten, sondern der Grund, warum sie überhaupt in der Situation sind, aufeinander zu schießen. Und da gibt es eben einen elementaren Unterschied zwischen einem angreifenden Faschisten und einem angegriffenen Demokraten (übrigens gilt das auch für den angegriffenen Kommunisten, denn der hat den Krieg halt auch nicht angefangen).
Gespeichert
wir meinten alles ironisch, auch die ironie.