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[Black Powder ] was ändert sich durch die Regeländerungen in Albion triumphant konkret?

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Riothamus:
Dann hast Du Clausewitz nicht verstanden. Und den Korsen auch nicht so ganz.

Natürlich wartet der Gegner nicht einfach ab, wenn er angegriffen wird. In Spanien tat Wellington alles, um die Verteidigung zu stärken. Waterloo ist für sein Vorgehen ein wunderbares Beispiel.

Der Gegner muss bergauf stürmen. Die Engländer sind so aufgestellt, dass sie lange außer Sicht bleiben. Die Kanonen sind so weit vorgezogen, dass sie ungehindert wirken können. Man stelle sich vor, bei Waterloo wäre bei der ersten Französischen Kavallerieattacke ein Offizier auf die Idee gekommen, die Englischen Kanonen zu vernageln. Die mussten ja immer aufgegeben werden, wenn der Gegner nahe kam, eben weil sie soweit vorne standen. Dann hat er nach Möglichkeit Stellungen vor seiner Aufstellung besetzt. Dadurch konnte er nicht frei angegriffen werden und der Gegner biss sich daran die Zähne aus.

Dass die Franzosen dennoch Chancen hatten, spricht für sie.

Ein Angriff musste vorbereitet werden. Wie gesagt: Zusammenwirken der Waffen. Und genau das sagt der Korse. Die Kanonen schwächen den Gegner, dann eine Kavallerieattacke, in deren Schutz die Infanterie vorgeht und ihrerseits möglichst nochmal eine Reserve verbirgt. Und natürlich bemühte man sich, nicht bergauf anzugreifen. Bei Austerlitz hat aber z.B. gerade das funktioniert, weil die Verbündeten u.a. versäumt hatten ihre Stellungen entsprechend zu sichern: Die Infanterie stand zum Teil ganz einfach der Artillerie im Weg.

Und einen Vorteil hatte das Britische Söldnerheer zumindest:

Sie konnten noch ein offenes Karree bilden. Ein geschlossenes Karree kann nur einen bestimmten Verlust ertragen, weil sonst die Formation verloren geht, da die Verwundeten und gefallenen nicht aus der Kampflinie entfernt werden können. Bei Waterloo war das sicher einer der Faktoren, die die Niederlage Napoleons bedingten. Und aus einem geschlossenen Karree heraus hätte Wellington auch nicht kommandieren können. Da war einfach nicht genügend Platz.

Für den, der sich nicht auskennt, ein Schema: (Wo Truppen stehen, ist ein X, - bezeichnet einen Leerraum.)

geschlossenes Karree:

XXXXXX
XXXXXX
XXXXXX

offenes Karree:
XXXXXX
X------X
X------X
X------X
XXXXXX


Nochmal zu Clausewitz:

In heutiger Sprache hat er die Faktoren für einen Sieg im Nahkampf beschrieben. Das hat er natürlich auch für den Feuerkampf. Dass man erst die Truppen an den Feind bringen muss steht da nicht, weil es so selbstverständlich ist. Und dies betraf die Vorbereitungen des Angriffs: Die Beteiligung der anderen Waffen.

Was sieht er nun als Faktoren für einen Sieg in heutiger Sprache:

1. Nummerische Überlegenheit (Und die hat Wellington als Verteidiger gesucht zu verringern oder aufzuheben.)
2. Eine engere, dichtere Aufstellung, eben Angriffskolonne, sei vorteilhafter, als eine langgezogene Linie. (Bei Waterloo ist so der Angriff der Garde zusammengeschossen worden, da sie fehlgeleitet war und ihre Flanke gleichsam als verlängerte Front angegriffen werden konnte, weil sie schräg auf den Gegner zumarschierte und dessen Front ebenfalls eine leichte Schräge war. Dass sie dennoch weitermarschierte nötigte dem Gegner Bewunderung ab.)
3. Ein Gelände, dass den Zugang nicht behindert. (Und das hat Wellington als Verteidiger in aller Regel ausgenutzt.)
4. Sichtschutz. (Und auch das hat Wellington ausgenutzt.)
(5. Er erwähnt auch die moralische Überlegenheit, den höheren Mut. In die expliziten Aufzählung nimmt er diesen Faktor aber nicht auf.)

Wie man sieht, ging es darum die Faktoren zu beeinflussen. An anderen Orten konnte Napoleon sich Vorteile schaffen. Bei Jena hielten sich die Preussen für unangreifbar. Über Nacht verlegte Napoleon seine Truppen an günstigere Orte als erwartet. Bei Roßbach marschiert Friedrich der Große zu einem günstigen Punkt, während seine Gegner das nur beobachteten. Bei Kunersdorf beurteilte er das Gelände falsch. Napoleon wieder tat bei Waterloo nichts, um die Maßnahmen Wellingtons zu negieren. Und so arbeitete sich die Französiche Armee an den Stellungen der Verbündeten ab.

Bei der Frage, ob eine Angriffskolonne überlegen ist, geht es darum, ob diese sozusagen bei Gleichstand der anderen Siegesfaktoren werfen oder durchbrechen kann. Und da gilt eben Clausewitz: Beim Handgefecht ist \"die geringere Ausdehnung die vorteilhaftere.\"

Sollte ich weiter nicht schlafen können, werde ich vielleicht noch die Siegesfaktoren für das Feuergefecht abtippen. Das macht es vielleicht noch deutlicher. Leider finde ich den Text nicht online. Da gibt es noch mehr relevante Stellen. Er legt z.B. dar, warum ein Handgefecht in der Regel in einem Augenblick entschieden ist, oder erst gar nicht zustande kommt und das dennoch auch schon zum Handgefecht gehört. Sprich: Die Wirkungen und Bedingungen sind dieselben, weshalb kein Unterschied zu machen ist. Ohne dem sind viele Regeln nicht ganz verständlich.

Tabris:

--- Zitat von: \'Wellington\',\'index.php?page=Thread&postID=244176#post244176 ---Interessant wär jetzt der Abstraktionsgrad von BP. Ist hier im Nahkampf noch der letzte Point Blank Beschuss enthalten oder soll es einen reinen Hand-to-Hand Combat darstellen?
--- Ende Zitat ---

Gehen wir die Sache mal durch... eine reguläre franz. Einheit gegen eine britische (also Stamina 3 & save 4+), die Franzosen greifen frontal die britische Linien in Angriffs-Kolonnenformation an:

* Variante

* Briten erklären \"fire & countercharge\" als steady line... 3 Würfel (bzw. 4 if first fire not used) auf die 4+, jede 6 disorderd die Franzosen

* Franzosen stellen Kontakt her  und attackieren ... 6 Würfel auf die 3+, bzw. 4+ wenn disorder

* Briten schlagen zurück ... 6 Würfel auf die 3+

* Im Schnitt (laut meiner  eingestaubten Stat.-Kenntnisse ohne first fire) erleiden die Briten 1,69 und die Franzosen 1,8 Verluste
[/li][li] Variante
[/li]
* Briten erklären \"stand & fire\" ... 3 Würfel (bzw. 4 if first fire not used) auf die 3+, jede 6 disorderd die Franzosen

* Franzosen stellen Kontakt her  und attackieren ... 6 Würfel auf die 3+, bzw. 4+ wenn disorder

* Briten schlagen zurück ... 6 Würfel auf die 4+

* Im Schnitt (laut meiner  eingestaubten Stat.-Kenntnisse ohne first fire) erleiden die Briten 1,69 und die Franzosen 1,67 Verluste
[/li][/list]

Also die \"historische\" Variante mit dem \"Fire & Charge\" müßte zum Sieg führen ;)

Quellen:
BP Rulebook & Albion Thriumphant 2

Tabris:
@Riothamus
Alles sehr Plausibel argumentiert und schön mit Bespielen & Zitaten untermauert aber zwei angefügte Gegebenheiten machen mich stuzig...


--- Zitat von: \'Riothamus\',\'index.php?page=Thread&postID=244183#post244183 ---[/li][li]Man stelle sich vor, bei Waterloo wäre bei der ersten Französischen Kavallerieattacke ein Offizier auf die Idee gekommen, die Englischen Kanonen zu vernageln.
[/li]
* Ein geschlossenes Karree kann nur einen bestimmten Verlust ertragen, weil sonst die Formation verloren geht, da die Verwundeten und gefallenen nicht aus der Kampflinie entfernt werden können. Bei Waterloo war das sicher einer der Faktoren, die die Niederlage Napoleons bedingten. Und aus einem geschlossenen Karree heraus hätte Wellington auch nicht kommandieren können. Da war einfach nicht genügend Platz.
--- Ende Zitat ---

In Sachen Vernageln und Reiterattacke  glaube ich nicht das die Franzosen nachlässig waren (wobei ich mich bei den Angriffen auf die Gehöfte immer gefragt habe warum keine Sturmleitern, Rammböcke ect. von den Pionieren bereitgestellt wurden) sondern vermute das die Fußbatterien einfach zu nahe an den Karrees standen und die berittenen Batterien aufprotzten und davonritten

Den Vorteil des offenen Karrees gegebüber des geschlossenen Karees bezüglich der Verlustschwelle kann ich nicht nachvollziehen (lasse mich aber gerne eines besseren belehren).
Gerade bei Verluste mußte wohl im offenen Karree zur Aufrecherhaltung aller Seiten mit genügender Mannstärke ständig neu verteilt werden bzw. das Karree mußte sich verkleinern. Während der Nachteil des geschlossenen Karrees eher die übermässige Anfälligkeit gegenüber (Artillerie-)Beschuß war.
Auch die Möglichkeit das berittene Offiziere aus Geschlossenen Karrees schlechter kommandieren könnten kann ich nur bedingt nachvollziehen ... während der Reiterattacke ist die Kommandogewalt eh auf das angeschlossene Karee beschränkt und danach lassen sich Nachrichten & Boten genauso versenden (Okay, dort hat der Baggagewagen des Generals keinen Platz mit Schminke und Perücken ... was auch immer ein Engländer so braucht :P).

Riothamus:
Das mit den Kanonen ist eine alte Frage, eine wirkliche Lösung steht aus. Die Bemannung der Kanonen hatte sich in die Karrees der Infanterie geflüchtet. Und sie standen wohl durchaus weit genug von den Karrees entfernt. Jedenfalls weit genug, dass die Frage aufgekommen ist. Vielleicht haben die Franzosen einfach vergessen, Reiter abzuordnen, um sie unschädlich zu machen. Irgendjemand hat mal geäußert, dass man sie selbst nutzen wollte, um die Gehöfte vor der Front zu beschießen.

Ein offenes Karree konnte man Verkleinern. Bei genügend Toten und Verwundeten, die ja bei geschlossenen Karrees an Ort und stelle liegen bleiben mussten, gab es beim geschlossenen Karree irgendwann ein Platzproblem. Das wird selten akut geworden sein. Wo gab es schon so intensive Angriffe wie bei Waterloo? Das bedeutet, dass zwischen den Angriffen aufgeräumt werden und die Formation wenigstens teilweise aufgegeben werden musste.

In einem geschlossenen Karree hätte der Stab keinen Platz gehabt. Ein Feldherr stand ja nicht allein mit 1 oder 2 Adjutanten in der Gegend herum. Und Boten zu empfangen und zu entsenden war nicht die einzigste Tätigkeit des Feldherrn.

Und vergiss nicht die Teeküche und die Jagdhunde.

Goltron:
@ Riothamus: Ehrlich gesagt verstehe ich nicht so ganz worauf du hinaus willst. Diese ganzen Beispiele und Aufzählungen sind nett, aber im Grunde nichts neues. Auf die eigentliche Frage - wurde, und wenn ja wie häufig, die Angriffskolonne für den unmittelbaren Angriff in den Nahkampf eingesetzt; sie waren ihre Chancen im Vergleich zur Linie; ist das in BP und eventuell Anderen Systemen dargestellt - gehst du kaum ein. Das was Bernhard schreibt entspricht doch den Tatsachen, was hat er dabei nicht verstanden? Gerade anhand solcher historischer Beispiele lassen sich für uns die Begebenheiten besser nachprüfen als anhand von Lehrsätzen welche wir im Detail nicht mehr auf die Realität übertragen können. Das was du als \"Annäherung\" abtust ist doch in seiner Endphase - die letzten 200m - gerade der Zeitpunkt an dem sich der Kampf Linie gegen Kolonne entscheidet. Und nicht der Punkt des Zusammentreffen (wenn es einen gibt).

Wie nahe hat man sich denn in Marschordnung an den Feind heran bewegt ehe in eine Kampffähige Formation gewechselt wurde?

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