Es ist spät, und ich bin nur wach, weil ich einen Alptraum hatte. Daher ohne groß nachzuschlagen:
Preußen war natürlich extrem im Mangel von leichter Infanterie, auch wenn in dieser Hinsicht Freibataillone und Freikorps aufgestellt wurden. Die Österreicher hatten da schon eine Menge.
Und über die Kolonne wurde lange diskutiert, bevor man sie ausprobierte. (Ortenburg, Heerwesen der Neuzeit, diskutiert das an entsprechender Stelle.) In Preußen hielt man starrsinnig an der Überlieferung des Alten Fritz fest. In Frankreich überlegte man, was man ändern kann. Zu Ende des 7jährigen Krieges hatte sich gezeigt, dass man mit den großen Armeen nicht mehr als Einheit agieren konnte. Friedrich der Große hat das durchaus auch erkannt. Nur scheiterte sein Versuch, die Armee bei Torgau in 2 Kommandos einzuteilen, weil er nicht genügend koordiniert werden konnte. Dennoch wies das -notwendiger Weise- in die Zukunft. (Zudem befestigten die Gegner Friedrichs bei Torgau ihre Stellungen, was wieder ein anderes Thema ist.)
Nur hatten jetzt die Truppenverbände das Problem, dass ihre Flanken nicht umfasst werden durften. Ähnlich, wie man es sich früher bei Manipeln und Kohorten vorstellte, sollten die Bataillone daher flexibler eingesetzt werden. (Heute stellt man sich die Römische Taktik eher so vor, wie in dem vor einiger Zeit verlinkten koreanischen Polizeivideo, also als Kombination der beiden früher entgegengesetzten Hypothesen.) Dazu gehörte eben auch die Kolonne. Und im Gegensatz zu Tattergreis, dessen Schreibung immer wieder automatisch korrigiert wird, war eine Kolonne durchaus in der Lage eine Linie zu durchbrechen. Darauf basierte ja die ganze Kriegführung der Antike. Das Problem, welches man in der Neuzeit damit hatte, war, dass eine Linie durchaus in der Lage war, so einen Angriff abzuweisen, wenn es kein Gegenfeuer gab. Und hier war man durchaus lange blind dafür, einen Teil der Formation für das Schützengefecht vorzuhalten.
Und bevor das hier wieder in einer Diskussion über eine angebliche absolute Überlegenheit der Linie endet, sei an die \'Highland Charge\' erinnert. Es gibt da ein
Bild der Schlacht bei Culloden 1746 (s.u.). Erst hier, also mitten im Zeitalter der Linie, fand man einen Weg, so einen Angriff aufzuhalten. Und schon bei diesen Angriffen, musste wirklich alles stimmen, damit die Linie stehen bleiben konnte. Insbesondere war die
Unterstützung der Artillerie wichtig. Die dritte Reihe der Linie sollte dann auf die 12 Meter entfernten Angreifer schießen. Dann sollten die ersten beiden Reihen auf die direkt vor den Bajonetten befindlichen Angreifer schießen. Selbst hier agierte die Linie also nur dann erfolgreich, wenn sie von Artillerie unterstützt wurde. (Geoffey Parker, Die militärische Revolution, S. 56-59, Das beeindruckende, oben erwähnte Bild des Vorgangs auf S.58.)
Und dass Soldaten der einen oder anderen Seite stiften gingen, bevor sie in den Nahkampf gerieten, hat
auch damit zu tun, dass nur ein geringer Teil im Bajonettkampf ausgebildet war, obwohl es natürlich auch dafür Vorschriften gab. (Österreich hatte sogar Vorschriften für den Kampf Bajonett gegen Lanzenreiter. Bilder finden sich in den entsprechenden Bänden der Reihe Ortenburg, Heerwesen der Neuzeit.)
Für
beide, die Linie und die Kolonne kam es auf die Unterstützung an. Das hieß aber nicht, dass nicht auch einzelne Bataillone in Formation gegeneinander gekämpft hätten. Keine 5km von hier ist das mehrfach passiert. Sowohl im 7jährigen Krieg, als auch beim Rückzug der Franzosen 1813. Man fragt sich unwillkürlich, warum da so starr an den Formationen festgehalten wurde. Für 1813 vermute ich eher einen Überlieferungsfehler aufgrund der älteren Vorkommnisse, aber einen Beweis habe ich nicht. Damit ist aber die Frage, ob eine vereinzelte Linie einer vereinzelten Kolonne auf dem Golfplatz standhalten konnte, nicht ganz unrealistisch. Wie ich schon im anderen Thread schrieb, denke ich, dass die Kolonne, wenn sie in Ordnung blieb, die besseren Chancen hatte. Keil gegen eine zu dünne Phalanx eben. Oder, wie gesagt, Highland Charge. Im Szenario fehlt ja die Artillerie. Und Plänkler konnten beide Einheiten einsetzen.
In der Gesamtschlacht, um abschließend darauf zurückzukommen, war die Frage, wie die Infanterie unterstützt wurde. Wenn die Kavallerie vergisst, die Kanonen zu vernageln und die Garde an der falschen Stelle angreift, während Wellington alles nach Plan ablaufen lassen kann, gewinnt eben die Britische Linie nicht nur ein Treffen mit einer Kolonne, sondern die ganze Schlacht.
Darum wieder hier die Frage, wie man die verschiedenen Arten der Unterstützung in den Regeln abbilden soll, ohne dass es zu komplex wird. Entweder will man ein schnelles Spiel und gibt, wie bei Black Powder Werte vor, oder man geht weiter in Richtung Simulation und berechnet die Bedingungen für jeden Angriff neu.
EDIT: Die Linie war das Ergebnis einer Entwicklung. Und ihre Taktik entwickelte sich weiter. Im 7jährigen Krieg hatte man sie wohl ausgereizt. Die nächsten großen Kriege brachten dementsprechend ihr Ende. Man behielt sie also bei, weil die Zeit noch nicht so weit war.
EDIT2: @Tattergreis: \"Meist\" oder \"Gewöhnlich\" heißt nicht \"immer\". Und das ist ein viel wesentlicher Unterschied. Es kam eben doch vor.
EDIT3:
Das erwähnte Bild ist jetzt verlinkt.