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Autor Thema: Lesestoff zum altpreußischen Militär  (Gelesen 601 mal)

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Riothamus

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Lesestoff zum altpreußischen Militär
« am: 17. Januar 2016 - 12:12:33 »

Angeregt durch einige diesbezügliche Fragen und Diskussionen hier und in anderen Foren, halte ich es für gut einmal diesbezügliche Tipps zusammenzustellen. Da jeder eigene Vorlieben hat, bitte ich jeden, der etwas beizutragen hat, dies zu posten.

Ich gehe von einem Neuling im Thema aus. Wenn jemand also dicke, wissenschaftliche Wälzer oder schwer verständliches \'Zeugs\', wie man im Paderborner Land sagt, empfiehlt, möge er das den Neulingen zuliebe kennzeichnen. Aber mit dieser Einschränkung sind natürlich auch solche weiterführenden Empfehlungen willkommen.

Desweiteren werde ich mich auf Friedrich II., genannt der Große konzentrieren. Erfahrungsgemäß gelingen Literaturtipps bei den Themen besser, für die man sich mehr interessiert. Zudem werden die späteren Entwicklungen meist kurz mit behandelt und die meisten Werke beginnen schon mit dem Großen Kurfürsten. Ansonsten wird hier sicher der ein oder andere Literatur ergänzen. Und schließlich wollte ich das Thema nicht zu eng halten, um den Thread auch für andere nützlich zu gestalten.

Allgemein zum Heerwesen der Zeit:

Die Bände

Georg Ortenburg, Waffen der Kabinettskriege 1650-1792, Bonn 1986 und

Siegfried Fiedler, Taktik und Strategie der Kabinettskriege, Bonn 1986 aus der Reihe

Georg Ortenburg (Hg.), Heerwesen der Neuzeit, Koblenz 1984ff.

Schon des Preises wegen, kann man darüber nachdenken sich die ganze Reihe anzuschaffen. Ortenburg schreibt, dass sie \"Studierenden, Historikern und Offizieren, aber auch den vielen an der Geschichte interessierten Menschen eine leicht verständliche, anschauliche und knapp geschriebene Grundlage geben\" will. \"Es soll ein brauchbares Handbuch entstehen, das gleichzeitig konkrete Hinweise gibt, wo ein Interessent zu dem jeweiligen Thema vertiefend Informationen finden kann.\" Dieser Anspruch wurde zweifellos erfüllt. Durch einige Wiederholungen sind die Bände in sich geschlossen und ohne Rückgriff aufeinander zu verstehen.

Allgemein zum Preußischen Heerwesen ist eine kleine, reich illustrierte Reihe erschienen:

Das Heerwesen in Brandenburg und Preußen von 1640 bis 1806:

Olaf Groehler, Das Heerwesen, Berlin 2001. (Die Reihe ist älter, ich habe nur einen jüngeren Nachdruck.)

Heinrich Müller, Die Bewaffnung, Berlin 2001.

Klaus-Peter Merta, Die Uniformierung, Berlin 2001.

Die Bände zu Bewaffnung und Uniformierung bestechen durch Aufnahmen von Originalstücken. Der Band zur Uniformierung gibt auch das sog. Tressenmusterbuch wieder. Dabei handelt es sich um Muster der Uniformbesätze und Litzen der einzelnen Regimenter. Das dürfte selbst Bemalhelden vom Format eines Don herausfordern. Der Inhalt des Heerwesen-Bandes lautet: Soldatenalltag und Soldatentypus; Werden und Wachsen des Preussischen Offizierskorps; Orden und Auszeichnungen in der Armee; Organisation der Preussischen Armee [getrennte Kapitel für Infanterie; Kavallerie; Artilerie; Festungen, Garnisonen und technische Truppen; Spielleute; Sanitätswesen; Feldprediger und Feldprobst] und Entwicklung der Taktik und Strategie in der Brandenburgisch-Preussischen Armee.

Die Bücher von Martin Guddat sind voller Informationen und sehr gut zu lesen, und werden immer wieder aufgelegt:

Grenadiere, Musketiere, Füsiliere. Die Infanterie Friedrich des Großen

Kürassiere, Dragoner, Husaren. Die Kavallerie Friedrich des Großen

Kanoniere, Bombardiere, Pontoniere. Die Artillerie Friedrich des Großen

Handbuch zur Preussischen Militärgeschichte 1688-1786 (alphabetisch geordnet)

Des Königs treuer Diener: Als Soldat unter Friedrich dem Großen (Das habe ich nicht gelesen. Aus der Sicht eines fiktiven Soldaten wird eben das Soldatenleben unter Friedrich II. beschrieben.)

Ob man die Bände zum Heerwesen mit ihrer reichlichen Illustration oder die Werke von Guddat mit ihrer leichteren und gut lesbaren Sprache und vielen Informationen bevorzugt, wird individuell verschieden sein. Ich möchte beides nicht missen.

Zur Uniformierung:

An

Adolph von Menzel, Die Armee Friedrichs des Großen in ihrer Uniformierung

kommt kein Knöpfchenzähler vorbei. Ausführlicher hat sich wohl kein Maler mit dem Thema beschäftigt. Wegen seiner auf fast jeder (Doppel-)Seite zu findenden Illustrationen lohnt sich auch

Franz Kugler, Geschichte Friedrichs des Großen,

obwohl es sich eigentlich um ein Propagandawerk für die Hohenzollern handelt. Die Zeichnungen sind aber m. E. auch ohne den störenden Text erschienen. ;)

(Wer etwas allgemeiner verwendbares sucht, ist mit Band 1 von Knötel, Sieg, Farbiges Handbuch der Uniformkunde für die Preußen, auch nach Friedrich, gut bedient, auch wenn hier natürlich nicht jedes Regiment abgebildet ist.)

Die wichtigsten Maler zur Darstellung der Zeit sind

Adolph von Menzel, Karl Röchling und Richard Knötel. Auch der Sohn des letzteren, Herbert Knötel sei erwähnt.

Zu den Schlachten möchte ich nur

Günter Dorn, Joachim Engelmann, Die Schlachten Friedrich des Grossen Führung. Verlauf. Gefechts-Szenen. Gliederungen. Karten., Augsburg 1997

empfehlen. Der Wargamer ist da ja eher an Karten und Aufstellungen interessiert. Und hier finden sich zu jeder Schlacht mindestens die Schlachtordnung, eine Skizze, eine Karte und eine Illustration, sowie natürlich eine Beschreibung. Auch die Illustrationen von Günter Dorn, die Wetter und Tageszeit anzeigen, sind für das Verständnis nicht zu unterschätzen.

Zur Marine:

H. Szymanski, Brandenburg-Preußen zur See 1605-1815, Leipzig 1939.

Schiffsrisse finden sich in:

Günther Schmidt, Schiffe unterm Roten Adler, Rostock 1986 beschäftigt sich vorwiegend mit der Zeit Werft in Havelberg in der Zeit 1688-1702.

Hoeckel, Jorberg, Loef, Szymansky, Winter, Risse von Schiffen des 16. und 17. Jahrhunderts, Rostock 1979.

(Im 17.Jh. gab es noch keine Schiffsrisse. Man baute die Schiffe nach bestimmten Verhältnissen, zeichnete in Sand, auf den Untergrund, oder direkt auf das Holz. Man muss also einige Größen und die Tradition der Baumeister kennen, um Schiffe der Zeit zu rekonstruieren. Abbildungen sind dann noch eine willkommene Hilfe, um Varianten auszuschließen. Einige Größen sind tatsächlich überliefert und es gibt auch ein paar Abbildungen von preußischen Schiffen. Auch sind Baumeister und ihre Herkunft, wohl ausschließlich aus Holland, bekannt. Dennoch bleibt jeder Riss eine vermutende Annäherung.)


zu den Kolonien:

Und das gibt dem Wargamer nicht nur die Möglichkeit zu einer Afrika-Platte mit kleiner Festung. Mit dem Sklavenhandel ging es in die Karibik. Es gab Auseinandersetzungen mit den Niederlanden, Spanien, Barbaresken und Piraten. Es gab auch einen Stützpunkt vor Mauretanien. Also auch Wüste ist für Preussen möglich. Einem Preußenspieler kann das exotische Gegner bringen. Gegen Spanien gab es die erste Seeschlacht mit Deutscher Beteiligung seit Abstieg der Hanse. Niederländer und Eingeborene stürmten gegen preussische Festungen.

Hier sei genannt:

Ulrich van der Heyden, Rote Adler an Afrikas Küste. Die brandenburgisch-preussische Kolonie Großfriedrichsburg in Westafrika.


Zu Preußen allgemein:

Aus der Fülle ist es immer schwer etwas zu empfehlen. Doch will der ein oder andere auch über Hintergründe informiert sein.

Sebastian Haffner, Preußen ohne Legende, Hamburg 1979 hat eine große Verbreitung erfahren, was für das Werk spricht. Es ist zudem so reich bebildert zu bekommen, dass man die Bildzeitung im Gegensatz dazu als Buchstabenwüste bezeichnen kann. Man achte also auf eine vollständige Ausgabe.

Neuer und sehr umfangreich ist Christopher Clark, Preußen Aufstieg und Niedergang 1600-1947, München 2008. Die Übersetzung ist allerdings schlecht. Den Übersetzern sind nämlich ganz offensichtlich die Bedeutungen militärischer Begriffe nicht klar. So werden z.B. Kommandant und Kommandeur verwechselt. Auf der einen Seite können wir stolz darauf sein, in einer Gesellschaft zu leben, in der diese Kenntnisse unbedeutend geworden sind, auf der anderen Seite, stört es an einigen Stellen beim Lesen und gefährdet die Mündigkeit des Staatsbürgers. Trotz dieser kleinen Einschränkung ist es aber uneingeschränkt zu empfehlen. Die Sprache ist schwieriger als bei Haffner, aber dennoch noch verständlich.

Bevor mich diejenigen schlagen, die Klassiker bevorzugen, sei auch Rankes Preussische Geschichte genannt.

Quellen aus der Zeit:

Friedrich der Große hat eine Anleitung für seine Generäle geschrieben. Zunächst geheim, fielen 1759/1760 2 Exemplare den Österreicher in die Hände und wurden 1761 in Frankfurt gedruckt:

Des Königs von Preußen Majestät Unterricht von der Kriegs-Kunst an seine Generals, übers. von Georg Rudolf Färch, Frankfurt und Leipzig 1761.


Er kritisiert sich darin auch selbst.

Friedrich bevorzugte bekanntlich die Französische Sprache. Wer mit der alten Übersetzung wenig anfangen kann, aber dennoch etwas von ihm auf Deutsch lesen möchte, dem seien \'Die Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Hauses Brandenburg\' empfohlen, wie sie bei Heyne erschienen sind. Darin sind verschiedene Schriften zusammengestellt. Unter anderem gibt Friedrich einen Überblick über die Brandenburgisch-Preußische Militärgeschichte aus seiner Sicht.

Wie ich gestern feststellte, sind einige Reglements von Google eingescannt. Wer sich also mit den Vorschriften beschäftigen möchte, kann danach googeln.
« Letzte Änderung: 01. Januar 1970 - 01:00:00 von 1453033340 »
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Gruß

Riothamus