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Kleine Staaten für 1743-48

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Riothamus:
Die Preußen haben seit dem Soldatenkönig immer knappere Uniformschnitte eingeführt, um Stoff zu sparen. Obwohl das eher eine über 50 Jahre dauernde Entwicklung war, die sich in Stufen nach den vorgegebenen Schnittmustern vollzog, wird von Stilbruch gesprochen und spätere Änderungen waren ja auch nicht mehr so auffällig. Aber die preußischen Uniformen der ersten schlesischen Kriege unterschieden sich schon von denen des Siebenjährigen Kriegs. Die Frage ist eben, wie sehr das in 1:72 auffällt.

Allerdings ist 1757 schon der Eindruck, als ob die Soldaten wie Kinder aus ihren Röcken herausgewachsen sind, während sie 1698 und 1729 noch hineinwachsen mussten:

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/7f/F%C3%BCsiliere.jpg

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/f/f7/IR_Leopold_v._Anhalt-Dessau_1698.jpg

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/7/7b/Knoe05_03.jpg

Und hier dann bei Mollwitz, als die Rabatten, die später aufgenäht waren, im Winter noch übergeknöpft werden konnten:

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/4/48/Schlacht_bei_Mollwitz.jpg

Der Eindruck, dass die Uniformen hier noch so weit sind, wie später Offiziersuniformen, täuscht allerdings ein wenig, eben weil hier die Rabatten umgeknöpft und teilweise die Umschläge nicht angeknöpft sind. Schöner ist der Schnitt zur Zeit des österreichischen Erbfolgekriegs in den Dessauer Spezifikationen zu sehen. Davon habe ich aber so schnell keine Abbildung gefunden.

Ich meine aber, geschrieben zu haben, dass die Revell-Preußen etwas weite Uniformen für den Siebenjährigen Krieg tragen, wie man gerade im Vergleich mit den Zvezda-Grenadieren schrieb. Oder ich habe mich damals irgendwie vertan.

Das größere Problem sind die bei allen Preußen-Sets die vorhandenen Rabatten. Die hatte nur eine Minderheit der Regimenter unter dem Alten Fritz. Daher können Preußen nicht mal mit einem zugedrückten Auge dargestellt werden. Würden die Rabatten fehlen, könnte man sie aufmalen. Aber da sie vor allem in Winkeln zu sehen sind, sind sie auch nicht wegzuschnitzen. Und damit für mich: "Ungenügend! Setzen, liebe Produzenten!" Denn das ist ja keine Kleinigkeit, sondern ein bestimmendes, großes Element der Uniform. Und dabei müssen sie sich nicht mal um die Knöpfe, Litzen und Schleifen Gedanken machen, weil die bei jedem Regiment verschieden waren und daher sowieso ohne Darstellung an der Mini aufgemalt werden müssen. Man sollte meinen, dass es schon für die Alltagsuniform des I. Bataillons Garde ein Set ohne Rabatten gäbe, dass dann auch anders eingesetzt werden könnte. Der andere große Fehler sind dann die grundsätzlich riesigen Grenadiere, obwohl das eigentlich die kleinsten Männer waren und nur die von Friedrich dem Großen schnell aufgelöste Riesengarde eine Ausnahme darstellte. Über die weitgehend fehlende Ausrüstung in den meisten Sets kann man da schon eher hinwegsehen. Ein Projekt in diese Richtung starb denn auch, als ich die Probebestellung in Händen hielt. Ich hatte ja mal die Hoffnung, die Rabatten entfernen zu können und Metall für die Mehrheit der Infanterie ist mir zu teuer.

Nun, nachdem ich mal wieder den 'Es gibt keine Preußen'-Blues angestimmt habe, kann man ja gerade bei Pappenheimer sehen inwieweit die ganzen Sets umzufunktionieren sind, wenn man ein Händchen dafür hat.

Pappenheimer:
Wie bei den von Dir verlinkten Knötelbildchen ist bei vielen das Problem, dass man sich an den Darstellungen des 19. Jahrhunderts orientiert. Die Westen sind auf zeitgenössischen Darstellungen des 18. Jh. in aller Regel nicht so kurz und zumindest die Offiziersröcke waren weiter ausgestellt. Das Problem an Knötel und Co ist, dass sie sich weniger an zeitgenössischen Bildern oder Originalen orientieren, sondern an den noch vorhandenen Uniformstücken in den Berliner Sammlungen, die überwiegend aus den 1770ern und 1780ern stammen. Deswegen habe ich auch bspw. die hessischen Westen einfach länger gemalt, was aber nur bei kontrastierenden Hosen auffällt. Für Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg wären daher sowohl die Zvezda- als auch die Revellfiguren besser geeignet.

Dennoch stimmt es natürlich, dass die preußischen Uniformen stoffsparender wurden. Wilhelmine von Bayreuth hat das auch mal in ihren berühmten Memoiren erwähnt, als sie mal sächsische und preußische Offiziere nebeneinander sah. 1714 brauchte man noch 5 Ellen Tuch pro Rock und 1725 nur noch 2 3/4. Das ging soweit, dass FW I. für eine größere Armee weniger Ausgaben für Uniformen hatte als für eine deutlich kleinere.

Riothamus:
Ich habe die Bilder heute, wie gesagt nach Verfügbarkeit gewählt. Dennoch dürfte das eine Bild von 1757 nicht allzusehr übertrieben sein. Bei Menzel, der wesentlich weiter -bis hin zu Schnittmustern und Akten- recherchierte, ist es ja ähnlich. Und für die frühere Phase gibt es ja die zeitgenössischen Dessauer Spezifikationen mit korrektem Schnitt, wie generell für die Zeit vor Friedrich II. ja Gemälde und Beschreibungen herhalten mussten.

In Paderborn kaufte man gerne nicht benötigtes Material in Preußen auf und richtete den Schnitt der Uniformen dementsprechend ein paar Jahre hinterhinkend an Preußen aus. Bei Glesekers Darstellungen vom Militär auf dem Paderborner Domplatz 1755 sieht man schon den knapperen Schnitt (Der Kunde bei der Bäckerin ist ein Unteroffizier. Die Bleche der Grenadiermützen waren so schlecht umgeprägt, dass man das FW noch deutlich erkennen konnte, wie zeitgenössische Quelle behaupten.):

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/51/Paderbornisches_Infanterieregiment_1755_auf_Marktplatz_Paderborn_1100x982.jpg

Aber ich erinnere mich dunkel, dass ich genauere Angaben zu dem Zeitpunkt der Änderungen im Schnitt gesehen habe. Ich kann nichts versprechen, aber ich schlage mal nach.

Pappenheimer:

--- Zitat von: Riothamus am 09. November 2020 - 11:05:11 ---Bei Glesekers Darstellungen vom Militär auf dem Paderborner Domplatz 1755 sieht man schon den knapperen Schnitt (Der Kunde bei der Bäckerin ist ein Unteroffizier. Die Bleche der Grenadiermützen waren so schlecht umgeprägt, dass man das FW noch deutlich erkennen konnte, wie zeitgenössische Quelle behaupten.):

--- Ende Zitat ---
Eine fantastische Quelle. Man sieht auch hier wieder die damals noch recht lange bis etwa Mitte Oberschenkel oder noch tiefer reichende Weste. Die eng geschnittenen Ärmel scheinen dazu manchmal in einer Art Kontrast zu stehen, den man damals aber vielleicht nicht so empfand.
Enge Ärmel können darauf hindeuten, dass man einfach wie bei den Preußen auch keine Westen mit Ärmeln darunter trug. Der Nachteil ist natürlich auch frappierend, weil dann die Soldaten die Röcke mehr abnutzen, während Franzosen z.B. zum Exerzieren und vielen anderen Diensten einfach nur in Weste auftraten. Allerdings darf das auch nicht zu hoch veranschlagt werden, da man trotz Ärmelwesten auch durchaus enge Ärmel wie bei den Franzosen in der Napoleonischen Zeit (und davor) trug. Ist dann eher eine Frage der Könnerschaft der Schneider.  8)

Maréchal Davout:
Ich freue mich sehr über diesen Austausch und lese begeistert mit! :)

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