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Realismus im Reenactment

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Schmagauke:
Ja, aber wie Du schon sagtest:
Selbstinszenierung.
Auf Mittelaltermärkten usw würde ich gar nicht von RE sprechen, da wird jede Menge Geld umgesetzt und es dient nur als Gaudi.

Und selbst Historiker liegen manchmal daneben. Neulich hat eine unserem Sohn den Morgenstern erklärt. Es war mir peinlich aber ich kam nicht umhin, ihn anschliessend richtig zu erklären...

Bei \"echtem\" RE erwarte ich natürlich mehr, aber nehmen wir Waterloo 2015 als Beispiel:
Mir ist es bei so einem aussergewöhnlichen Event lieber, 6.000 Leute in meinetwegen unkorrekten Uniformen zu sehen und dafür aber einen kleinen Eindruck von der damaligen Massenschlacht zu bekommen als nur mickrige 500 Männekes, deren korrekte Uniformen aus 300m Entfernung ohnehin nicht richtig zu erkennen sind.

Ist eigentlich müssig, darüber zu diskutieren.

Und das Alter lässt mir keine Ruhe :D
Die ersten alten Säcke haben das Feld bereits nach 20 Minuten aus Erdchöpfung verlassen. Bei den ganzen erschossenen Deserteuren wären am Ende nur noch 200 übrig geblieben - aber in korrekter Uniform :D

The Desertfox:
Fuer eine der besten Episoden zuACW Reenactment empfehle ich Confederates in the Attic. Suedstaatler die Diat halten und spooning betreiben, goettlich.

Jocke:
Mittelaltermärkte sind nur als \"Gaudi\" zu sehen, da legt der großteil der Darsteller überhaupt keinen wert auf Realismus oder Authentizität.

Reenactment ist an und für sich nur die Nachstellung Historischer Ereignisse, selbst da benötigt es nicht zwingend 100% Authentizität in der Ausrüstung, solange das Ereignis korrekt Nachgestellt wird.

Living History ist der Terminus für gelebte Geschichte, dort geht es um Authentische Darstellung einer Person in einer gewählten Zeit. Dabei gilt, nur was auch durch Primärquellen belegt ist sollte in der Darstellung Verwendung finden. Ein Freund von mir betreibt die Seite http://www.geschichtsfenster.de/ und gehört zur Sparte \"Living History\", konzentriert sich dabei auf einen engen Zeitraum und geht dabei stark in die Tiefe. Andrej betreibt Geschichts- und Kulturvermittlung und ist eher selten auf Mittelaltermärkten zu finden.

Es ist schade das Mittelaltermärkte ein Zerrbild dessen Zeigen was Living History Darsteller versuchen zu veranschaulichen. Aber Marktmittelalter ist eine Szene die eben bekannter ist als Gelebte Geschichte in Museumsqualität. Ist schade, aber daran wird sich so schnell nix ändern.

Poliorketes:
Das interessante ist, daß es speziell beim Mittelalter so ist (auch wenn es auch hier sehr gut recherchierte, realistische Kostüme gibt). Bei Römer- und Germanenspielen sind sogar die nunwirklich zu Hollywood- und Cinecitta-Ausrüstung einladenden Gladiatoren passend ausgerüstet, und bei Napos wird schon darauf geachtet, daß sich da keiner mit einer Uniform aus dem AWI dazwischen mogelt - und das sind gerade mal 30, 40 Jahre Differenz.

Bonmot am Rande: meine Schwester fand die Deutschen bei Wonder Woman falsch ausgerüstet, weil die ja Wehrmachtshe lme statt Pickelhauben hatten. Aber zu ihrer Ehrenrettung - bei Anno 1280 haben sie die Orkschwerter eines Fechters auch irritiert.

Nischenspieler:
Ohne daran Anstoß zu nehmen finde ich die SM-Leder-Ork-Wikinger peinlich und frage mich was diese Leute antreibt. Ich fände das Bild eines Marktes ohne diese Entgleisungen schöner.
Soweit so gut, was mir aber das eigentliche Schmunzeln abringt ist, dass im Mittelalterbereich (Früh- und Hoch) viele Darsteller sich über besagte Jack Sparrow-Ritter den ganzen Tag lustig machen können und auf sehr hohen Rössern sitzen. Ulkigerweise sind gerade diese Leute häufig mit modernen Mythen behängt, dass es nur so kracht. Der Katalog an unhistorischem Blödsinn, welcher aber in der Szene akzeptiert ist, ist groß und beinhaltet Schnitzer, die teils gar nicht mal so klein sind. Frei nach dem Motto die-waren-ja-nicht-doof-damals sucht sich der geneigte (Selbst-) Darsteller zusammen, was ihm nach seinem modernen Modeempfinden am meisten zusagt.
So sitzt man dann in falschen Stoffen (grobe Wolle bringt einen in manchen Sommern echt um und Leinen war nicht so verbreitet, wie man meinen mag) vor Zelten, die gar nicht der vermeintlich dargestellten Epoche entsprechen und hängt mit seinen Freunden ab, während man sich als Teil einer Gemeinschaft wieder findet, die nicht halb so viel Ahnung hat wie sie gerne tut.
Harte Arbeit wie sie früher alltäglich war, gibt es gar nicht. Im Gegenteil, eigentlich chillt man den ganzen Tag, geht bei bedarf ein wenig dengeln in vollkommen unhistorischer Schutzklamotte, schließlich geben Funde -zumindest in der breiten Masse- nichts adäquates her. Abends gibt es dann das ein oder nette Bierchen und ab und zu findet man auch ein neues Stück Austrüstung.

Und ganz unterm Strich ist dieses Spackenhobby doch auch eigentlich ganz schön  ;)

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