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Autor Thema: Realismus im Reenactment  (Gelesen 4240 mal)

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Poliorketes

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Realismus im Reenactment
« am: 01. Juni 2018 - 18:26:14 »

Bin gestern auf einer hübsch anzusehenden Mittelalterveranstaltung gewesen, Anno 1280 in Gütersloh-Isselhorst. Aufhänger des zum 10. Mal stattfindenden Events ist die Regierungszeit Ottos III. von Ravensberg, der als ‚Gastgeber‘ auftritt. Das sich der Event nicht auf die Epoche beschränken kann und im Gegenteil davon lebt, möglichst viele Mittelaltergruppen zu versammeln (was hervorragend geklappt hat), steht nicht in der Kritik. Die unvermeidlichen ‚Mittelalterbands‘ mit ihren Sackpfeifen sind nett anzuhören, aber so unhistorisch, daß es nicht mal lohnt über die Fantasypiratentruppe im Jack Sparrow Zigeunerlook zu reden - die fallen da nur deswegen auf, weil sie krass coole Kostümierungen hatten. Worüber ich reden möchte (gern als Sommerlochfüller) sind die Reenactmentgruppen.

Ich finde es bewundernswert, mit wieviel Aufwand sich diese Zeitgenossen vorbereiten, um sich an abwechselnd drückend heißen und gewittrig nassen Tagen von Mücken zerstechen zu lassen. Es gibt Wikinger, Söldner, Ritterorden und so weiter. Die Anschaffung der Ausrüstung kostet Zeit und Geld, und wenn man richtig drauf ist lernt man alle Kniffe aus Liechtenauers Fechtbuch, wovon ich gestern eine Kostprobe sehen konnte. Aber...

Es stört mich nicht, wenn ein ansonsten überzeugend ausgerüsteter Wikinger eine schwarze Tunika trägt, komisch finde ich es aber, wenn die Wikinger Lederrüstungen tragen, die man von Hollywoodfilmen oder SM-Katalogen kennt, dazu keltogermanische Sechseckschilde und Helme, die entweder zu Fantasyzwergen oder ins 14. Jahrhundert passen. Das dieses Jahr Hundsgugeln en Vogue zu sein scheinen, find ich gut, und ich beschwere mich nicht, daß ich keine passende Kastenbrust gesehen habe, aber wenn die dazu präsentierten Rüstungsteile und Waffen eine Mischung aus 5 Jahrhunderten ergeben, irritiert mich das dann doch. Umso mehr hat mich dann das Display gefreut, bei dem ein Gambeson, Kettenhemd, Spangenhelm, Mandelschild und Schwert in realistischer und historisch passender Aufmachung präsentiert wurden.

Worauf ich hinaus will - wie kann es sein, daß auf einer großen Mittelalterveranstaltung mit vielen aufwendigen Kostümen die in sich stimmigen Kostüme in absoluter Minderheit sind? Wenn ich einen Barockharnisch mit Oakshott XIIa-Schwert und einem Helm, der an den Helm Dains m PJ-Hobbit-Film erinnert, zusammen tragen will, passe ich dann nicht eher auf ein LARP-Event? Mein Ehrgeiz im Reenactment wäre es doch, eine Figur darzustellen, die es in der von meiner Gruppe gewählten Epoche und Region so gegeben haben könnte. Das Ganze ist doch viel zu aufwendig, als daß ich mir die Blöße geben würde, von jedem Geschichtserstsemester darauf hingewiesen zu werden, daß meine Ausrüstung perfekt passt, wenn man einen hunnischen Kreuzzügler zur Zeit der Rosenkriege darstellen will.

Sehe ich das zu krass? Bin ich zu pingelig?
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Wellington

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Realismus im Reenactment
« Antwort #1 am: 01. Juni 2018 - 19:00:59 »

Hört sich gruselig an! Ne geb ich Dir absolut recht!Vielleicht auch so was wie im aktuellen Sommerloch Thread in dem Artikel zum Film angesprochen wurde. Im postfaktischen Zeitalter geht alles, egal wie doof. Und weil in Wikings alle ne bestimmte Frisur haben, ist für viele ganz klar dass Wikinger nen Undercut hatten :laugh1:

Hängt wohl auch am Veranstalter, nehm ich an. Hastings is ne reine Einladungsveranstaltung wurde mir erzählt, wenn da einer nicht nen guten Ruf hat, kommt er gar nicht aufs Gelände. Und mit ist 2016 auch nichts negatives aufgefallen.Nur EIN (!) Besucher kam doof \"gewandet\", seine Freundin hat sich aber auch brutal fremdgeschämt für in. Das war seeehr lustig. :party:
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Lektor

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Realismus im Reenactment
« Antwort #2 am: 01. Juni 2018 - 19:05:55 »

Nö, sehe ich genau so. Ich habe schon ein paar Versuche gemacht mit gutem Willen Mittelalter-Events zu besuchen. Ich war jedesmal enttäuscht. Vielleicht weil ich von der Römer-Szene und napoleonischen Gruppen besseres gewohnt war. Aber auch wegen den Grufties und Esoterikern, die von solchen Veranstaltungen anscheinend angezogen werden wie Motten durch Licht.
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Realismus im Reenactment
« Antwort #3 am: 01. Juni 2018 - 19:19:33 »

Ich werde nicht Deine Meinung zu diesem Thema bewerten, ob pingelig oder nicht, da es jeder so sehen darf wie er oder sie es möchte. Stattdessen schreibe ich mal meine Meinung zu historischen Events.
Ich kenne die Veranstaltung und war dort schon mehrfach.
Mir gefällt schon alleine die Location, das Gehöft mit dem See ist ja wohl super. Der Einlass an der kleinen Bachbrücke, mit Wachen passt.
Das aufgebaute Lager mit dem darin stattfindenden Leben finde ich atmosphärisch.
Natürlich gibt es reichlich Verkaufstände, für mich gehört das aber mit dazu.
Die Musik der anwesenden Bands gefällt mir, auch wenn sie historisch nicht korrekt sein mag.
Ein großes Plus ist auf jeden Fall, dass es dort nicht riecht, wie es wohl historisch korrekt wäre :laugh1:
Wer es historisch korrekt mag, dem empfehle ich z.B. Waterloo, aaaber, das ist natürlich nicht korrekt, dort nicht die gleiche Anzahl an Soldaten vorhanden.
Ich persönlich lasse bei Reenactment fünfe grade sein und genieße es einfach.
Es gibt bei so etwas auch immer natürliche Bremsen, wie z.B. Zeitaufwand und Materialkosten. Wenn alles perfekt sein müsste wären derartige Veranstaltungen ziemlich leer und schlecht besucht.
Bei meinen Minis, fallen mir auch immer wieder mal Ungenauigkeiten auf und das sind wahrscheinlich längst nicht alle. Da korrigiere ich auch nicht mehr nach.
Nobody is perfect :rolleyes:
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Poliorketes

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Realismus im Reenactment
« Antwort #4 am: 01. Juni 2018 - 19:38:36 »

Deine Meinung über die Veranstaltung teile ich vollkommen, die ist wirklich klasse. Und wenn da Gothicvampire und Steampunker im Publikum sind kratzt mich das nicht, im Gegenteil. Ich fan auch Drachen & Elfen gut, für die Kinder ein Riesengaudi. Ich wundere mich halt nur über die Reenacter, die mit viel Aufwand Mittelalter simulieren wollen und dabei voll danebenliegen.
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meyer

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Realismus im Reenactment
« Antwort #5 am: 01. Juni 2018 - 19:54:51 »

Mittelaltermärkte sollte man nicht mit Reenactment verwechseln.
Sicherlich gibt es immer Schaustellergruppen die sehr gut recherchierte Ausrüstung haben, aber die Masse der Leute sind ja die Gäste. Und ich finde es schön wenn die Leute gewandet erscheinen.
Den \"Zivilisten dazwischen würde man ja auch nicht vorwerfen das ihre Kleidung nicht passt oder der Kinderwagen nicht aus Holz ist.
Wir tragen zu solchen Events auch immer ne einfache Bauerntracht, wobei die Schuhe da bestimmt auch nicht passen, weil die Leute damals gar keine hatten  :D .
Gerade auf solchen Märkten sollten man die Kirche im Dorf lassen, meine ich.
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Pappenheimer

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Realismus im Reenactment
« Antwort #6 am: 01. Juni 2018 - 20:19:00 »

Es gibt halt massig Veranstaltungen, wo der Hintergrund ein anderer ist, es nicht darum geht stimmige Darsteller, sondern evtl. die ganze Bandbreite des Hobbies zu präsentieren oder aber der Veranstalter (inkl. Museen) einfach selber nicht weiß, was richtig ist oder das nicht interessiert.

In Waterloo 2015 gab es im Grunde auch eine ziemliche Bandbreite. Gruppen mit sehr guter Ausstattung, die auch exerzierten etc., welche mit guter Ausstattung, die aber nicht willens waren gescheit zu \"trainieren\", um dann im Gefecht als Verband zu funktionieren (ich rede jetzt von einem Bataillon von 120+ Musketen) und schließlich mangelhafte bis schlechte Ausstattung.

Wirklich durchgängig beachtliche Qualität in Ausstattung wie Kenntnissen der Darsteller (auch Vorraussetzung für z.B. Exerzieren) kenne ich im Grunde nur von kleineren Veranstaltungen mit 10-100 Darstellern. Aber selbst bei von mir selbst organisierten Events fällt mir manchmal die Kinnlade runter, wenn jemand, den ich eigentlich für einen guten Darsteller halte, sich einen ziemlichen Klops leistet (Besuchern Quatsch erzählt (aufgrund von Spekulationen/Halbwissen), vor meinen Augen Zigarette raucht (Mitte 18.Jh. und dann nur ohne Filter nur in Lateinamerika bekannt) etc. pp.). Sich irgendwie aufzuregen habe ich mir abgewöhnt. Vor 10 Jahren habe ich mich noch extrem aufgeregt. Bringt nichts. Mittlerweile suche ich im Nachhinein das klärende Gespräch.

Realismus im Reenactment/LH ist so eine Sache. Begrenzt möglich.
Mal als Beispiel: wo es latte ist, dass ich nix sehe, lasse ich auch mal die Kontaktlinsen weg. Als Organisator, wenn ich ein Programm einhalten muss, evtl. Ressourcen verwalten, schnell mal meine Ausrüstung finden etc. muss, dann geht\'s nicht ohne.
Oh yeah! Ich weiß noch wie alle geflucht haben, als ich aus Kurzsichtigkeit in nen Topf voll Glühwein bei Nacht reingetreten bin.... :D

Mittelaltermärkte sind so eine Grauzone. Manchmal nimmt man auch als sehr guter Darsteller sowas mit, weil es meinetwegen vor der Haustür liegt. Früher ohne Kinder und weniger Verantwortung im Hobby (bevor ich 3 VAs im Jahr organisiert habe), habe ich auch noch ziemliche Mistveranstaltungen besucht, einfach aus Neugier. :rolleyes:
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Riothamus

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Realismus im Reenactment
« Antwort #7 am: 01. Juni 2018 - 20:37:51 »

Wie man bei solchen Fällen sehen kann, wollen sie eben nicht das Mittelalter simulieren, sondern sich selbst verwirklichen. Okay, sollen sie. Die müssen dann nur erleben, dass ich meckere, wenn sie Gegenteiliges behaupten. Immerhin ist es nicht sonderlich nett, andere Leute (und damit auch mich) anzulügen. (Und damit, dass ich ab und an nicht soviel Selbstbeherrschung habe, ein Lachen zu unterdrücken, müssen sie auch leben. Ich bemühe mich, andere nicht auszulachen, aber jeder hat Grenzen der Selbstbeherrschung.)

Dass sich nicht jeder Reenactor alles leisten kann, einige auch weitgehend nur selbst Angefertigtes tragen, dass dann ob unterschiedlicher handwerklicher Fähigkeit vielleicht nicht so gut gelungen ist, steht natürlich auf einem anderen Blatt. Das kann man nicht zum Vorwurf verdrehen.

Als drittes gibt es dann noch Reenactment-Mythen, die nicht totzukriegen sind oder ganz schlicht der Fakt, dass die Recherche eben nichts ist, was vom Himmel fällt. Damit meine ich nicht die Mühe, sich einzulesen, sondern ganz einfach das mangelnde Knowhow. (Wozu ich hier dann auch rechne, dass viele nicht genug Englisch gelernt haben, um Ospreys und andere Literatur aus dem englischen Sprachraum zu lesen, wodurch schon mal eine ganze Menge auf Reenactor abzielende Literatur ausfällt.) Das sind dann Probleme der Wissensvermittlung, die hier sichtbar werden. Und die Verantwortung dafür liegt nicht nur bei den Reenactoren.

Das dann auf Mittelaltermärkten andere Gruppen herumlaufen sehe ich auch nicht negativ. Schließlich wollen wir auch einen bunten Markt erleben und die Besucher kleiden sich ja auch nicht alle in mittelalterliche Gewänder, sondern in die hierzulande übliche Freizeitkleidung.
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Gruß

Riothamus

Schmagauke

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Realismus im Reenactment
« Antwort #8 am: 01. Juni 2018 - 22:57:00 »

Na jetzt ist das Sommerloch aber wirklich da...

Pappenheimer: Ist das mit der Zigarette Dein Ernst?
Da fällt MIR die Kinnlade runter.

Wenn ich das nächste Mal auf so einem Event bin, will ich nur noch Leute sehen, die zuletzt vor ner Woche im Bach gebadet haben, in den das ganze Dorf seine Nachttöpfe entleert, natürlich ohne Duschgel, Deo etc, ich will durch Pferde-, Schweine-, Hühner und auch Menschenkacke laufen, barfuß versteht sich.
Ich will daß mindestens die Hälfte der Darsteller unter Mangelerscheinungen und zumindest etwas Hunger leidet, das Durchschnittsalter unter 30 liegt, die meisten nur noch die Hälfte ihrer Zähne haben und die müssen braun sein.
Ein paar Nachwirkungen durch Erfrierungen wären auch hübsch anzuschauen.
Ich möchte nur abgekochtes Wasser aus eben erwähntem Bach als Getränk kaufen können, wahlweise auch frische, keimhaltige Milch oder feine Methylhaltige Brauwaren.
Zum Essen reichen mir faulige Zwiebeln, Rüben usw, jemand von meinem Stand kann sich kein Fleisch leisten und auch nicht jagen.
Und ich will Krankheiten sehen, oh ja, die ganze wundervolle Bandbreite.
Sex mit Minderjährigen darf auch nicht fehlen.
Und außerdem...

REALISMUS IM REENACTMENT
Sonne bei Nacht?

Leute, kauft Euch ne Klimaanlage und pinselt wieder :D


Edit:
Ich war übrigens 2015 auch in Waterloo.
Die Sache mit dem Durchschnittsalter...
Da steckten im Schnitt 57 Jahre in jeder Uniform :)
Ganze Veranstaltung für\'n Popo :D
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Fertige Minis 2017:
28mm gebastelt: 13
28mm bemalt: 88

Fertige Minis 2016:
28mm gebastelt: 271 Figuren
28mm bemalt: 198 Figuren
18mm: 114 Infanterie, 52 Kavallerie, 10 Kanonen, 3 Protzenwagen
6mm: 65 Infanterie, 42 Fahrzeuge
1/3000: 71 Schiffe

Riothamus

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Realismus im Reenactment
« Antwort #9 am: 01. Juni 2018 - 23:59:09 »

@ Pappenheimer: Ich glaube, du beschreibst da schon Luxusprobleme bei ernsthaftem Reenactment.

@ Schmagauke: Man kann alles übertreiben. Aber was Poliorketes beschrieben hat, war, dass jemand einen Infanteristen des 1. Weltkriegs darstellt mit preussischer Grenadiermütze aus der Zeit des Soldatenkönigs auf dem Kopf, Sturmgewehr-Replik in der Hand und ein spätmittelalterliches Schwert und eine Radschloßpistole des 17. Jahrhunderts im Gürtel, der im 16. Jahrhundert modern war. Dazu Stiefel preußischer Jäger von 1808 und der Kampfanzug ist Feldgrau gehalten. Ausrüstung aus 5 Jahrhunderten eben.
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Gruß

Riothamus

Schmagauke

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Realismus im Reenactment
« Antwort #10 am: 02. Juni 2018 - 00:29:08 »

Ja, aber wie Du schon sagtest:
Selbstinszenierung.
Auf Mittelaltermärkten usw würde ich gar nicht von RE sprechen, da wird jede Menge Geld umgesetzt und es dient nur als Gaudi.

Und selbst Historiker liegen manchmal daneben. Neulich hat eine unserem Sohn den Morgenstern erklärt. Es war mir peinlich aber ich kam nicht umhin, ihn anschliessend richtig zu erklären...

Bei \"echtem\" RE erwarte ich natürlich mehr, aber nehmen wir Waterloo 2015 als Beispiel:
Mir ist es bei so einem aussergewöhnlichen Event lieber, 6.000 Leute in meinetwegen unkorrekten Uniformen zu sehen und dafür aber einen kleinen Eindruck von der damaligen Massenschlacht zu bekommen als nur mickrige 500 Männekes, deren korrekte Uniformen aus 300m Entfernung ohnehin nicht richtig zu erkennen sind.

Ist eigentlich müssig, darüber zu diskutieren.

Und das Alter lässt mir keine Ruhe :D
Die ersten alten Säcke haben das Feld bereits nach 20 Minuten aus Erdchöpfung verlassen. Bei den ganzen erschossenen Deserteuren wären am Ende nur noch 200 übrig geblieben - aber in korrekter Uniform :D
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6mm: 65 Infanterie, 42 Fahrzeuge
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The Desertfox

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« Antwort #11 am: 02. Juni 2018 - 00:42:46 »

Fuer eine der besten Episoden zuACW Reenactment empfehle ich Confederates in the Attic. Suedstaatler die Diat halten und spooning betreiben, goettlich.
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\"Man sollte immer eine kleine Flasche Whiskey dabeihaben, für den Fall eines Schlangenbisses - und außerdem sollte man immer eine Schlange dabei haben.\"

Jocke

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Realismus im Reenactment
« Antwort #12 am: 02. Juni 2018 - 09:48:47 »

Mittelaltermärkte sind nur als \"Gaudi\" zu sehen, da legt der großteil der Darsteller überhaupt keinen wert auf Realismus oder Authentizität.

Reenactment ist an und für sich nur die Nachstellung Historischer Ereignisse, selbst da benötigt es nicht zwingend 100% Authentizität in der Ausrüstung, solange das Ereignis korrekt Nachgestellt wird.

Living History ist der Terminus für gelebte Geschichte, dort geht es um Authentische Darstellung einer Person in einer gewählten Zeit. Dabei gilt, nur was auch durch Primärquellen belegt ist sollte in der Darstellung Verwendung finden. Ein Freund von mir betreibt die Seite http://www.geschichtsfenster.de/ und gehört zur Sparte \"Living History\", konzentriert sich dabei auf einen engen Zeitraum und geht dabei stark in die Tiefe. Andrej betreibt Geschichts- und Kulturvermittlung und ist eher selten auf Mittelaltermärkten zu finden.

Es ist schade das Mittelaltermärkte ein Zerrbild dessen Zeigen was Living History Darsteller versuchen zu veranschaulichen. Aber Marktmittelalter ist eine Szene die eben bekannter ist als Gelebte Geschichte in Museumsqualität. Ist schade, aber daran wird sich so schnell nix ändern.
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Das Weltenschiff singt zu mir und ich Antworte angemessen!

Poliorketes

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« Antwort #13 am: 02. Juni 2018 - 10:06:49 »

Das interessante ist, daß es speziell beim Mittelalter so ist (auch wenn es auch hier sehr gut recherchierte, realistische Kostüme gibt). Bei Römer- und Germanenspielen sind sogar die nunwirklich zu Hollywood- und Cinecitta-Ausrüstung einladenden Gladiatoren passend ausgerüstet, und bei Napos wird schon darauf geachtet, daß sich da keiner mit einer Uniform aus dem AWI dazwischen mogelt - und das sind gerade mal 30, 40 Jahre Differenz.

Bonmot am Rande: meine Schwester fand die Deutschen bei Wonder Woman falsch ausgerüstet, weil die ja Wehrmachtshe lme statt Pickelhauben hatten. Aber zu ihrer Ehrenrettung - bei Anno 1280 haben sie die Orkschwerter eines Fechters auch irritiert.
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Realismus im Reenactment
« Antwort #14 am: 02. Juni 2018 - 11:13:30 »

Ohne daran Anstoß zu nehmen finde ich die SM-Leder-Ork-Wikinger peinlich und frage mich was diese Leute antreibt. Ich fände das Bild eines Marktes ohne diese Entgleisungen schöner.
Soweit so gut, was mir aber das eigentliche Schmunzeln abringt ist, dass im Mittelalterbereich (Früh- und Hoch) viele Darsteller sich über besagte Jack Sparrow-Ritter den ganzen Tag lustig machen können und auf sehr hohen Rössern sitzen. Ulkigerweise sind gerade diese Leute häufig mit modernen Mythen behängt, dass es nur so kracht. Der Katalog an unhistorischem Blödsinn, welcher aber in der Szene akzeptiert ist, ist groß und beinhaltet Schnitzer, die teils gar nicht mal so klein sind. Frei nach dem Motto die-waren-ja-nicht-doof-damals sucht sich der geneigte (Selbst-) Darsteller zusammen, was ihm nach seinem modernen Modeempfinden am meisten zusagt.
So sitzt man dann in falschen Stoffen (grobe Wolle bringt einen in manchen Sommern echt um und Leinen war nicht so verbreitet, wie man meinen mag) vor Zelten, die gar nicht der vermeintlich dargestellten Epoche entsprechen und hängt mit seinen Freunden ab, während man sich als Teil einer Gemeinschaft wieder findet, die nicht halb so viel Ahnung hat wie sie gerne tut.
Harte Arbeit wie sie früher alltäglich war, gibt es gar nicht. Im Gegenteil, eigentlich chillt man den ganzen Tag, geht bei bedarf ein wenig dengeln in vollkommen unhistorischer Schutzklamotte, schließlich geben Funde -zumindest in der breiten Masse- nichts adäquates her. Abends gibt es dann das ein oder nette Bierchen und ab und zu findet man auch ein neues Stück Austrüstung.

Und ganz unterm Strich ist dieses Spackenhobby doch auch eigentlich ganz schön  ;)
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Mein Sturmgeschütz fühlt sich moralisch überlegen!