Also, zum Schildwall. Wo viele Leute mit Speer und Schild versammelt sind, kommt schnell die Idee der Phalanx auf. Und die deutsche Übersetzung ist mal als Schildwall festgeschrieben worden. Da sich aber die Phalanx in der deutschen Sprache weiter gehalten hat und es zu verschiedenen Zeiten verschiedene Phalangen mit kleinen Unterschieden gegeben hat, wird der Begriff jenseits des Strebens nach einer reindeutschen Sprache, was im Sinne des Siegfriedischen das Wort Schildwall auch nicht erfüllt, für die Phalanx des Frühmittelalters benutzt.
Nun gab es da einfach das übliche dichtgedrängte nebeneinander, etwas lockere Aufstellungen um die Beweglichkeit der Krieger zu fördern, horizontal überlappende Schilde, auch vertikal überlappende Schilde und schließlich im Hintergrund kniende, die unter den Schilden durchstechen. Es gab auch bestimmte Techniken, um einen Schildwall möglichst effektiv zu gestalten. Diese akrobatischen Einlagen, die nur von Wikingern und eingeschränkt, als Übernahme von anderen Vorbildern, für die traditionell Alfred der Große in Anspruch genommen wird, von Angelsachsen überliefert sind, galten früher als unrealistische Fiktion, sind aber durch Reenactment-Gruppen längst als funktionierend erwiesen. Dieser vollentwickelte Schildwall der Wikinger wird mitunter auch einfach als Schildwall bezeichnet. (Letztere Version ist z.B. auf dem Teppich vom Oseberg-Schiff dargestellt:
http://www.forest.gen.nz/Medieval/articles/Oseberg/textiles/TEXTILE.HTM )
Allerdings hatten verschiedene Ethnien in verschiedenen Zeiten unterschiedliche Versionen in Gebrauch. Dass vorne die besser Gerüsteten standen und die Ausrüstung der hinteren auf die Besonderheiten dieser Taktik Rücksicht nahmen, ist keine germanische Besonderheit, wie noch Delbrück annahm, sondern ganz einfach spätantike römische Taktik. Ein Schildwall solcher Art wäre für Franken und Altsachsen gut vorzustellen und wahrscheinlicher als anderes.
Sicher kann es nicht gesagt werden. Denn zur Taktik von Franken und Altsachsen gibt es keine Quellen. Schon Delbrück konstatiert, dass dazu nichts gesagt werden kann, obwohl er da sonst bei Germanen recht großzügig ist. (Ausnahme ist die Bedeutung der Reiterei bei den Franken.)
Nun aber folgende Ãœberlegungen zur Ausgestaltung des Schildwalls bei den Wikingern:
1- Gegen die Taktik der Wikinger hatten die Franken keine Schnitte. Aber gegen die Altsachsen waren sie eindeutig überlegen. Die Verwendung der Taktik der Wikinger durch die Altsachsen ist damit sehr unwahrscheinlich.
2- Der wikingische Schildwall ist für größere Schlachten und den Schiffskampf effektiv. Wie jede Phalanx ist er im kleineren Gruppen zu defensiv. Und daher wird er erst mit den größeren Schlachten des 9. Jahhunderts fassbar. Und das ist auch die Zeit, für die vermutet wird, dass Gegner der Wikinger einzelne Elemente übernommen haben. Für die Sachsenkriege klar zu spät.
3- Die Beziehungen der Altsachsen zu den Dänen waren auch nicht derart, dass eine Übernahme auf dem Weg zu erwarten wäre. Es bot sich bei den Dänen Asyl. Für den Adel mit verwandtschaftlichen Beziehungen dorthin. Einzelne Dänen mögen die Sachsen unterstützt haben. Zu holen gab es da aber kaum etwas. Zahlreiche Södner, die als Vorbild dienten dürfen wir uns nicht vorstellen. Eine kleine Gruppe oder einzelne Krieger für eine Skirmishtruppe ist da etwas ganz anderes.
Es ist also nicht die Frage, ob Schildwall ja oder nein. Es ist eher die Frage, wie der Schildwall bei Franken und Sachsen ausgestaltet war. Denn im Gegensatz zum heutigen Mythos gab es verschieden ausgestaltete Phalangen, die damit bezeichnet werden.
Aber: Es gibt keine Quellen zur altsächsischen Taktik. Und man hat schon Pferde kotzen sehen, wie man so sagt. Nur wäre ein wikingischer Schildwall bei den Sachsen eben sehr unwahrscheinlich. Dann wäre nämlich nicht zu erklären, warum die Franken mit den Wikingern bei direkter Konfrontation solche Probleme hatten. Ein zu einfacher Schildwall hat aber auch nicht die größte Wahrscheinlichkeit, weil kompliziertere eben schon die Römer kannten und Gruppen aus Nordwestdeutschland immer mit oder gegen die Franken kämpften.
Die Frage ist jetzt, was der D.J. daraus macht.