Eieiei, was habe ich mir da gestern Abend angesehen?
Da meine frau ein großes Hobbyinteresse an Friesland und damit auch den friesischen Germanen hat, war nach DJs Post am Mittwochabend sofort klar, den schauen wir am Freitag!
Wow - die ersten 20 Minuten mussten wir echt kämpfen nicht abzuschalten, nach der Beschreibung des Films habe ich was ganz anderes erwartet.
Bevor jetzt eine Aufzählung aller Kritikpunkte losgeht will ich aber eins sagen - dran bleiben hat sich gelohnt und wir fanden den Film gut.
Was mich an dem gesamten Film richtig gestört hat ist der Stil der Darsteller. Ob das nun ahistorisch ist oder nicht ist mir ja fast egal, ich kann mit diesem Vikingsstyle einfach nichts anfangen. Wannabe-Bikertypen und Weiber mit Undercut, die nur dann stark und emanzipiert sind, wenn sie Kerlen die Schnauze einhauen sprechen mich persönlich halt überhaupt nicht an. Ja gut, persönliches Gusto.
Die Actionszenen (gerne zwei gleichzeitig geführte Waffen) sind so hart übertrieben, daneben wirkt Legolas wie ein Waisenknabe. Diese sind nicht unbedingt schlecht in Szene gesetzt, aber auch nicht so meins.
Über Bewaffnung und Co. wurde schon ein wenig was geschrieben, das muss ich nun nicht weiter ausführen.
Man nimmt sich also Malzeug zur Hand damit man das Elend nicht ansehen muss und lässt den Film vor sich hin plätschern. Zwischen schlechten Special Effects kommt ein typisches Schema F, Lovestory, Verrat, Rache blababla...
Nee Moment, in dem Augenblick in dem ich denke alles vorhersehen zu können bricht der Film mit üblichen Klischees ein klein wenig auf und auf recht erfrischende Art fängt Der Pfad des Kriegers plötzlich an mir nette Kurzweil zu bereiten.
Erwartet nun bitte kein Oskarreifes Drehbuch, aber die Geschichte von dem Film ist für diese Art echt nett und man kann ihn sich gut anschauen. Zum Vergleich; Vikings, Last Kingdom und The Outlaw King waren Filme die ich so richtig kacke fand. Daneben ist Redbad nicht unbedingt neu (da er genau in dies Genre dieser Filme passt), aber für mich persönlich einfach um Längen besser.
Kommen wir zu den Friesen; der Film hangelt sich an Klischees, Mythen und auch Überlieferungen die wir über die Friesen haben entlang und baut verschiedene Punkte mit ein. Alles nichts dolles und weit von einer Dokumentation entfernt, aber wir hatten öfter einen Nett-das-sie-das-eingebaut-haben-Moment.
Zwei "wichtige" Ereignisse die man aus der überlieferten friesischen Geschichte kennt sind an zwei wichtigen Punkten des Films eingebaut. Ob diese Überlieferungen nun der Wahrheit entsprechen, oder die "Überlieferung" schon stark romantisiert ist darf sicher diskutiert werden
aber sie gehören halt dazu und ich habe sie schon kitschiger umgesetzt gesehen. Wer den Film gesehen hat weiß was ich meine.
In einem Punkt möchte ich ein wenig widersprechen, beziehungsweise Ergänzend eine andere Sichtweise darlegen:
Um zu "Braveheart" zurückzukehren: Ja, die Geschichte beschwört ebenfalls einen modernen Patriotismus der zu Storyzwecken ins Hochmittelalter projiziert wird, aber wenigstens lässt sich eine schottische politische Identität zu der Zeit in den Quellen greifen. Für das Friesland des späten siebsten Jahrhunderts besitzen wir kaum schriftliche QuellenDer erste Satz ist so nicht ganz richtig. Die friesische Identität lässt sich seit Aufzeichnung der ersten Friesen bis heute greifen.
Wer Ostfriesland (heutzutage) nicht kennt, dem würde ich den Menschenschlag der Ostfriesen so beschreiben, dass man sich die Bayerische Mia san Mia Mentalität auf eine sehr verschrobene und in sich gekehrte Weise vorstellen muss. Bevor sich hier ein Bayer nun verletzt fühlt, auf eine wirklich
sehr verschrobene Art.
Allerdings sind die Ostfriesen auch Menschen, die sich sehr stark an ihre Traditionen klammern und wenn man die Gegend bereist kann man den Eindruck bekommen auf Zeitreise zu sein.
Hier erklärt sich auch das Ding mit lang anhaltendem Heidentum. Wie wir alle wissen hat die Christianisierung ja nicht so schwarz-weiß stattgefunden wie sie dargestellt wird, aber gerade dadurch gab es einige Völker bei den die heidnischen Rituale wesentlich länger praktiziert als bei anderen, die Friesen gehören dazu.
Heutzutage werden immer noch einige dieser Rituale regelmäßig durchgeführt. Zugegeben, wenn man daran teil nimmt hat man das Gefühl, es gibt einfach einen Vorwand um Korn zu trinken.
Aber nicht nur religiöse, sondern auch weltliche Rituale gehören zum überlieferten Repertoire Ostfrieslands. Grabenspringen und Boßeln (was tatsächlich mal eine Selbstverteidigung war) dürften die populärsten sein.
Es gibt sogar immer noch Anführerposten unter den Friesen, die aus dem Mittelalter entstammen und deren Position heute noch von Männern eingenommen wird. Gut, der reale Einfluss eines solchen Anführers dürfte geringer sein, als der des Karnevalsprinzen der hiesigen Kita, aber er beschreibt schön, welchen Stellenwert die friesische Identität unter den Ostfriesen hat.
Wenn man also behauptet die Ostfriesen hätten keinen greifbaren Patriotismus, könnte man eigentlich laut auflachen, nur neigen diese Menschen nicht zu solch emotionalen Ausbrüchen.
Der letzte Satz beschreibt im übrigen ganz gut die Andersartigkeit dieser Kultur und warum man deren Identitätsgefühl als Außenstehender nicht so sehr wahrnimmt.
Um das ganze zum Abschluss zu bringen;
was ich hier beschrieben habe ist ausschließlich die deutsche Seite der Friesen, da ich mich mit der niederländischen nicht so gut auskenne. Ich weiß jedoch, dass diese mit ihrer friesischen Identität noch mal krasser sind.
Was die Niederländer also machen wollten ist ein Film der, für Leute die Bock drauf haben, zeigt was für geile Typen sie mal waren und unter dem Gesichtspunkt haben sie das doch gut hingekriegt