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Pfad des Kriegers

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D.J.:
Pfad des Kriegers (Originaltitel: Redbad) ...
... ist ein epischer Abenteuerfilm von Roel Reiné, der am 28. Juni 2018 in die Kinos in den Niederlanden kam. Das historische Epos handelt von der Christianisierung und den alten Legenden rund um Radbod, dem König der Friesen, der Ende des 7. und Anfang des 8. Jahrhunderts über das zu dieser Zeit noch vollständig unabhängige Großfriesische Reich herrschte. Im Film tritt Redbad in den Kampf mit den Franken, nachdem diese die wichtigste friesische Stadt erobert und den friesischen König Aldgisl besiegt hatten.
(Quelle: Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Pfad_des_Kriegers)

Ich habe den Film über die "Kölner Feiertage" auf amazon prime gesehen.
Von der Aufmachung, der Tricktechnik und der Musik gesehen, braucht sich dieser niederländische Film auf gar keinen Fall hinter den big Budget Schinken aus Übersee zu verstecken. Im Gegenteil da liegt richtig viel Liebe drin, was den Film sehenswert macht.
Etwas holperig ist dafür die Erzählweise, die oft zwischen den Schauplätzen hin und her springt, wenig erklärt und auch die Figuren teilweise wie hinter Glas wirken lässt.
Ich bin mit keiner so richtig warm geworden.
Auch das eine oder andere Logikloch (zumindest erschienen mir sie als solche) ließ die Handlung teilweise merkwürdige Salti schlagen.
Die historische Genauigkeit mögen andere beurteilen, aber konische Schilde, schwarze Lederrüstungen und Schwerter als Massenware muss man schon abkönnen ;)
Wenn man das kann, erwarten einen zumindest ein neuer Blick auf die Anfänge der christlichen Religion, die hier als Waffe dargestellt wird, um ein Weltreich zu errichten.
Die Kampfszenen wissen zu gefallen, wenn auch manche Szenen echt heftig sind.
Veganer sollten diesen Film meiden!

Fazit:
Nettes Käsebällchen-Kino aus Holland, dass sogar richtig gut ist, wenn man es mit dem großen Bruder Hollywood vergleicht.
Von mir gibt es
4 von 5 Köpfen für die Kampfszenen
5 von 5 brennenden Schweinen für die Tricktechnik
3 von 5 Bibeln für die Handlung, der man manchmal schwer folgen kann
4 von 5 Shakesbier für die Darsteller, die ihre Sache trotz der Schwächen des Drehbuchs richtig gut machen

Utgaard:
Da kann ich mich DJ nur anschließen -ich fand den auch überraschend gut, auch wenns da natürlich ne Menge Ungereimtheiten gibt, was die Franken angeht.

D.J.:
Das ist wie bei "The Last Kingdom", "King Arthur" oder auch jedem halbwegs lesbaren historischen Roman ohne Wanderhuren, Wanderpredrigerinnen, Päpstinnen und sonstigen -innen. Die Historie funktioniert dort einfach nur als Vehikel für Liebesschmonzetten. Und solche Filme wie "Pfad des Kriegers" etc. sprechen dann eben eher Männer an (oder sollen es zumindest, denn was für goldende Zeiten waren das doch, wo ein Mann noch mit einem Schild und Schwert gewappnet vom Sklaven zum Lord und Herrn über tausend Soldaten aufsteigen konnte und blahblahblubblaberrharbarer ;) )
Da muss man das historisch wissende Auge eben manchmal zukneifen, weil diese Filme (und Romane) eine Nische sind, die man nur dann bedienen kann, wenn man zumindest etwas Bekanntes für die Masse bietet.
Ich bin da in der Regel leider ziemlich kritisch, was mir manchen Film, Serie oder Buch verleidet, weil mir da ungeniert Schwachsinn als echte Wahrheit verkauft werden soll.
Aber wenn mir dieser (historisch gesehene) Schwachsinn zumindest mit Liebe zur erzählten Geschichte und Verve in der Umsetzung verkauft wird, sehe ich gerne drüber hinweg und amüsiere mich :)

D.J.:

--- Zitat von: Beorn am 08. März 2019 - 17:15:41 ---Die Toys 'R' Us-Waffen und Second-Hand-Rollenspielklamotten der Wikinger und Angelsachsen in "Last Kingdom" sind schon fast wieder ein Unterhaltungsfaktor.
--- Ende Zitat ---

Okeee ... im Sinne deines (offenbar gefährlich hohen) Blutdrucks, werde ich zu dieser Serie besser nichts schreiben ;)
Und auch nicht zu Vikings.
Oder Braveheart.

Riothamus:
D.J., ich wollte hier eigentlich nichts schreiben. Aber Beorn hat da durchaus Recht. Der Film ist meiner Ansicht nach nicht über den Punkt hinaus, an dem der Trash schon wieder kultig wird.

Es gibt da einen Schriftsteller, der hat angeblich die zeitgenössischen Ortsnamen recherchiert. Was er wirklich getan hat, war, in die Quellen zu schauen und die dort üblichen Namen zu nehmen. Daher haben dann seine norddeutschen Orte lateinische Namen. Was bei Köln je nach Sprecher noch angehen mag, ist ansonsten einfach Verarsche des Lesers. Und das geht dann auf die Nerven. Es ist einfach dumm gemacht.

Klar, Filme und Bücher müssen Konzessionen machen. Zeitgeschmack, Ästhetik, künstlerischer Anspruch, ökonomisches Umfeld, ... Zudem ist jeder historische Roman, jeder Historienfilm nur bis zu einem gewissen Grad historisch. Dahn stellt gleich ganz am Anfang drei verschiedene Germanen-Sichtweisen vor. Damit sagt er, dass er eben auch nicht alles weiß, obwohl in seiner Zeit die Geschichte zeigen wollte, wie es war. Scheffel spielt im "Ekkehard" - erfolgreichster deutscher Roman im 19. Jahhundert - ironisch mit den Vorurteilen und Ansichten seiner Zeit. Gleich am Anfang schreibt er z.B., dass es ein heller Tag war, aber nicht so hell wie heute, weil es ja das dunkle Zeitalter des Mittelalters war. Aber zu behaupten, man mache einen Film und habe sich an der Geschichte orientiert und dann Fantasy oder nur reinen Quatsch zu zeigen, ist einfach nur dreist. Und oft wird geradezu gesagt, dass man nicht fähig sei, anderes umzusetzen. Warum macht man dann dennoch den Film? Wie soll mich ein Film unterhalten, der ankündigt, etwas zu sein, dass ich dann erwarte und dadurch überall durch Peinlichkeiten aus der Handlung gerissen werde? Da geht es nicht darum, dass mal eine falsche Waffe oder ein falscher Panzer gezeigt wird. Da geht es darum, dass ein Film nicht ist, was er verspricht. "Die letzte Legion" hat so manche Macken. Aber da ist klar, dass der bretonische Sagenkreis und die Behauptungen um das Schwert Caesars ausgeschrieben werden. Da ist es dann nicht ärgerlich, wenn im nachrömischen Britannien plötzlich eine Legion der frühen Kaiserzeit aufmarschiert. Das macht den Film sympathischer als viele andere, auch wenn er sonst seine Mankos hat, z.B. die Beschränkung der Filmmusik auf zu wenig Themen irgendwann auf die Nerven geht. Aber über historische Fehler kann ich eben nicht meckern, wenn es gar kein Historienschinken ist.

Shakespeare (und auch Schiller) lässt Dramen vor historischer Kulisse spielen, die wenig mit dem eigentlichen Geschehen zu tun haben, ganz Interpretation und auf die eigene Zeit bezogen sind. Da ist die Geschichte im Vordergrund, die dann auch in andere Zeiten versetzt werden kann. Und heute oft schon selbst erklärt werden muss. Da ist dann eine Frage wie der Hintergrund gezeigt wird. Der Wallenstein oder Hamlet könnten auch im Weltall spielen. Da geht es um die Story, um die Charaktere und nicht um die Zeit. Das kann auch für trivialere Werke gelten. "Die drei Musketiere" hält alte Geschichten fest und "Der Graf von Monte Christo" drückt den Zeitgeist aus. Da wird der historische Hintergrund, im letztem Fall sogar die Gegenwart des Autors zur bloßen Ausstattung. Aber diese Ausstattung muss dann schon passen, damit es funktioniert, auch wenn es im Weltall oder in Mittelerde angesiedelt wird. (Ein Hobbit, der während der Besetzung des Auenlandes eingesperrt wird und in der Zelle neben einem Zauberer landet, statt neben einem Priester. :D ) Nur muss dann der Hintergrund schon konsistent sein.

Und wenn ich einen Film über Radbod mache, weil dieser Winkel der Geschichte bisher weitgehend unberücksichtigt blieb, muss ich mich entscheiden. Historie, Sage oder Geschichte. Nicht umsonst haben Genremixturen einen schlechten Ruf. Sie gelingen nur selten. Und dann nicht den durchaus interessantem Hintergrund zu zeigen, sondern nur heutiges Vorurteil, nun ja. Warum haben sie nicht einfach die Finnsburg-Sage verfilmt, wenn sie nur "Was mit Friesen aus dem Frühmittelalter mit vielen Fantasyelementen" wollten? Das hätte sich bei einem entsprechend seiner Rekonstrukion entworfenen Drehbuch sogar mit dem Namen Tolkien schmücken können, ohne das Tantiemen fällig gewesen wären. Da hätte man sogar Migration oder das Thema Minderheiten thematisierem können. Da könnte alles drin sein, was heute in dieser Hinsicht die Nachrichten beschäftigt: Ablehnung des Fremden, Integration, Auflehnung gegen die Gesellschaft des neuen Landes. Ein tragisches Ende kommt heute nicht gut an. Also müssten nur die, die die Gewalt ergriffen am Ende leiden, während gelingendes Miteinander zu einem guten Ende führt. Denn die Ethik der Völkerwanderungszeit gibt uns heute eben nichts und es liegt im Wesen einer Sage, dass sie sich verändert, ihre Aussagen der erzählenden Zeit anpasst. Mit der Geschichte wird es immer wieder versucht, kann aber nicht gelingen. Und wenn ich dann die ganze Zeit nur Unstimmigkeiten sehe, ist das keine Unterhaltung.

Eine weitere Unart ist heute, Filme nur für eine Zielgruppe zu produzieren. So fragmentiert ist unsere Gesellschaft noch nicht, als dass das nötig wäre. Und mehr Erfolge feiern andere Filme. Ich will solche Filme nicht ausschließen, aber es wird heute damit mitunter sehr übertrieben. Fremdes wirkt schnell seltsam, komisch und ist häufig anstrengend. Dadurch sind solche Filme für viele einfach nicht zu genießen.

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