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  • 20. April 2024 - 10:22:28
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Autor Thema: Oliver Heyn: Das Militär des Fürstentums S-Hildburghausen 1680-1806  (Gelesen 1020 mal)

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Pappenheimer

  • Edelmann
  • ****
  • Beiträge: 4.913
    • Wackershofen Anno Domini / Landleben 17.Jh.

Hier eine Rezension zu diesem m.E. höchst spannenden Buch.

Dr. Oliver Heyn: "Das Militär des Fürstentums Sachsen-Hildburghausen 1680-1806"
böhlau, Köln 2015

Layout und Gestalt:
Das setze ich mal an den Anfang, da ich das Negative vorweg nehmen will. Das Buch ist sicher kein Eyecatcher. Es gibt nur Schwarzweißabbildungen und diese sind regelrecht mickrig, was die Anzahl anbelangt. Also keine Uniformtafeln oder ähnliches.
Dr. Heyn liebt offenbar Grafiken (wurde auch in einer anderen Rezension mal unterstrichen). Diese sind auch ganz gut, nur farblich mit Nuancen von Grau und Schwarz einfach nicht besonders gelungen.
Leider strotzt der Text von falscher Silbentrennung bei Zeilensprüngen, was wirklich optisch kein Zuckerschlecken ist. Es kommt sogar vor dass aus Flüchtigkeit zwei Wörter zusammen geschrieben werden.
Doch beeindruckend ist die Seitenzahl. 488 Seiten zu so einem doch recht überschaubaren Thema.

Das Thema.
Heyn analysiert sämtliche Truppen des Staates Sachsen-Hildburghausen auch die nur kurzzeitig existierenden Garde du Corps. Er stellt Bewaffnung, Rekrutierung, Uniformierung etc. sehr klar strukturiert vor.

Höhepunkte
Die Militärgeschichte Sachsen-Hildburghausens ist trotz der geringen Größe des Staates extrem abwechslungsreich. Neben Teilnahme an Reichskriegen sind natürlich die zahlreichen kleinen Kriege in Thüringen im 18.Jh. zu nennen, von denen Dr. Heyn nur den Römhilder Krieg als beispielhaft skizziert. Das liefert aber schon zahlreiche Einblicke.
Was mir sehr gut gefiel waren die zahlreichen biographischen Skizzen vom Offizier bis zum gemeinen Soldat, die vielen vielen Details der teilweise haarsträubend verlaufenen Desertionen und Zusammenstöße der Soldaten mit der Zivilbevölkerung. Diese Passagen gestatteten bei dem insgesamt sehr akademischen Schreibstil doch einen großen Lesegenuss.

Lohnenswert?
Wer sich für die Praktiken der Rekrutierung für stehende Truppen und Landesdefension interessiert kommt um das Buch kaum herum. Auch die Hintergründe zu Versorgungsengpässen z.B. im Reichskrieg sind sehr interessant.
Leider beschreibt Heyn nur den Einsatz des Reichskontingents im Spanischen Erbfolgekrieg, da sich zum Siebenjährigen Krieg keine ausreichenden Quellen in den Archiven finden ließen (das Problem kenne ich mit "meinem" Kleinstaat). Hier aber dann detailliert.
Das Buch ist mit ca. 60 oder 65 € neu und etwas um die 40 € gebraucht sicher kein Schnäppchen. Die Publikationen zur thüringischen Landesgeschichte sind aber meistens hochpreisig (vielleicht durch kleine Auflagen?).
Wer sich für deutsche Militärgeschichte des 18.Jh. ernsthaft und mal abseits von Preußen und Österreich interessiert, für den ist das Buch sicher eine Art Schatz.

Müsste ich es nach Punkten bewerten, sähe es etwa so aus:
Lesbarkeit: ****
Layout: *
Infos: ****
Neues dazu gelernt: *****
Gespeichert