Die Verbündeten waren offenbar mit der Lage überfordert. Wo sollten sie zuerst handeln? Zievels Reste und Kanonen retten, die immerhin 8 Bataillonen zwei Stunden standgehalten hatten?
Zum wohl ersten Mal waren die Franzosen den Verbündeten eine Nase voraus. Du Chayla spornte D'Aspremont an und dieser legte einen Eilmarsch hin, welcher die Garden nach Varoux führte. Ein Bataillon besetzte das Dorf mit der Ordre es um jeden Preis zu halten und das andere klemmte sich in den Zwischenraum zwischen Varoux und Rocoux, um etwaige Versuche der Verbündeten den Ort von zwei Seiten zu bestürmen zu unterbinden.
Douglas sprach kurz mit Zastrow und da man sich kannte, war der gleich bereit die Stellungen zurück zu nehmen. Doch was geschah da? Zastrows Hannoveraner verstanden wohl etwas falsch oder wurden von der Wut auf den Feind mitgerissen. Plötzlich hieß es: "Vorwärts! Es lebe der Kurfürst!" Damit stürmten die Hannoveraner den Abhang herab. Generalleutnant von Zastrow vermochte es nicht eines der Bataillone ins noch unbesetzte Rocoux zu dirigieren, da sie das direkt vor ihnen stehende anfallen wollten und das waren die Gardes Francaises!
Ein ungewohnt heftiges Feuer schlug ihnen entgegen. Auch von Rocoux her drang Musketenfeuer, da das Regiment Royal-Vaisseaux unterdessen den Ort besetzt hatte und die als zweites Treffen nachfolgenden Briten unter Feuer nahm. "Feu!" hieß es von allen Seiten.
Siegesgewiss drangen die Hannoveraner vor. Etliche strauchelten. Auch Zastrow wurde mit in den Strudel gerissen und konnte nicht anders als "Vorwärts Kerls!" zu brüllen. Hier war es möglich unterzugehen oder in der Eroberung von Varoux und Liers in die Analen der hannoveranischen Armee einzugehen. Doch der Angriff brach an den Mauern von Varoux zusammen. D'Aspremont hielt seine Männer zusammen. "Vive le Roi!" riefen die Gardisten. Im Handgemenge wurden die meisten Hannoveraner aufgerieben.
Während der Kampf um Varoux tobte beschloss Hammerstein, da er von der Gefangennahme von Zievel erfahren hatte, dass ein Rückzug auf Wotem keine Option war. Sein Adjudant hatte ihm vorgestellt, dass die Infanterie unter Smissaert, die nun Front nach Lüttich machte, einem Rückzug an die Maas im Wege stand. Es gab nun die Option sich mit seinen Regimentern nach Norden durchzuschlagen, wo das von Hohlwegen zwischen Faubourg St. Walburg und Wotem zerschnittene Gelände keine Möglichkeiten für Reiterattacken bot, oder aber anzugreifen. Hammerstein war ein zu alter Haudegen um da lange zu zweifeln. "Gott befohlen!" rief er und: "Angriff!" Die Briten im Zentrum die beiden hannoveranischen Reiterregimenter auf den Flügeln donnerte er über den Hügel. Die Attacke en choc gelang. Mit voller Wucht trafen die britischen Dragoner auf die französischen Reiter vom Mestre-de-Camp-Cavalerie Regiment, welches ja wegen des begrenzten Raumes nicht hatte zurück genommen werden können und schwer im Kampf gegen die Niederländer gelitten hatte.
Derweil hatten die Österreicher endlich vermocht ihre Fehler teilweise wieder gut zu machen. Die gesamte schwere Kavallerie wurde zurück genommen, das zweite Treffen sogar bis Houtain. Feldmarschall-Leutnant Mercy warf ein Bataillon Arenberg nach Enick hinein, um wenigstens dort den Franzosen die Stirn zu bieten. Trips und Moroz mit ihren Husaren ließen sich so weit wie möglich zurück fallen und sollten auf der Straße nach Maastricht aufklären, ob nicht ein paar Bauernkarren den Rückzug erschweren würden.
Viel mehr konnte der
Prinz von Lothringen nicht mehr zum Ausgang des Kampfes beitragen wie es schien.
Clermont-Gallerande zog seine schwere Reiterei teils vor die mittlerweile etwas gelittenen Dragoner um diese zu maskieren. Er wollte eigentlich Fénelon bitten mit den Füsilieren
Contades Schweizern Platz zu machen, aber hier standen sich wieder zuviele Truppen gegenseitig im Weg und Lt.Gén. Fénelon äußerte sein Bedauern, dass er nicht wusste wohin er denn ausweichen solle. Seine Batterie immerhin beschoss wie gehabt erfolgreich den Feind.
Der Kampf am rechten französischen Flügel setzte sich beinahe wie zu erwarten fort. Armentières schickte all seine Bataillone gegen die Panduren, die versuchten die untätig verharrenden Bayern zu decken, die sich nicht fassen konnten. Lt.Gén. Putanges bereitete eine Wegnahme der geschickt postierten Batterie oberhalb Ance vor. Ein Bataillon näherte sich frontal und geriet dadurch in ein mörderisches Kartätschenfeuer. Wenn der
Prince de Clermont nun nur seine Husaren gehabt hätte!
Seedorfs Schweizer kamen Putanges Royal-Suédois zur Hilfe, waren aber auch durch die eine halbe Stunde zuvor durch sie hindurch flüchtenden Reiter ein wenig verunsichert. Maisonelle und Montmorency führten ihre gewaltigen Kavalleriemassen nach - auch wenn nach wie vor die Frage war, was man mit sovielen Brigaden Reiterei an einer Stelle wollte?
Immerhin konnte sich links von Montmorency zwischen Lontin und Rocoux die Brigade Navarre entwickeln, auch wenn die schwere Artillerie immernoch nicht in irgendeiner Weise in eine brauchbare Schussposition gebracht war. Aber einem etwaigen Gegenangriff Waldecks konnte Hérouvilles Nachfolger gelassen entgegensehen.
Waldeck hingegen war in völliger Verwirrung. Er glaubte seinen Ohren nicht zu trauen, als man ihm sagte, dass Hammerstein zur Attacke geblasen habe. "Was tut er? Was tut Hammerstein?" schrie er und biss in seine Handschuhe. Eben hatte er doch endlich geschafft Smissaerts Brigade auszurichten und sie ein wenig gegen den Gegner zu führen. Die überall herum rennenden Versprengten von Zievels Flügel konnten ihn aber kaum über den Ernst der Lage im Unklaren lassen.
General
Ligonier sah mit offenem Mund zu wie scheinbar unbeirrbar seine Infanterie einfach gestürmt hatte - ihm Ligonier musste das passieren, der bei Fontenoy die Rotröcke zusammen gehalten hatte!
Der ganze verbündete rechte Flügel ähnelte einem Ameisenhaufen in den man hinein gestochert hatte. Der Prinz
von Lothringen hatte viel zu spät irgendwas mit seinem zweiten Treffen anstellen wollen. Vielleicht hätte er Daun mehr Befehlsgewalt geben sollen? Sein erstes Treffen drängte sich rund um Enick - ein Teil davon in Gefahr in einer etwaigen Flucht von Zastrows Hannoveranern mitgerissen zu werden...
Der Kampf am Hügel bei Ance war für die Franzosen so verzweifelt wie aussichtslos. Die angegriffenen Reiter wurden zersprengt. Hammerstein begnügte sich mit dem Erfolg, wohl wissend dass eine Verfolgung im Desaster enden würde, da er die unabsehbaren Massen an französischer Kavallerie vor sich in der Ebene sah - auch ohne Fernrohr! Diese würden ihn überrollen. Er konnte nur auf die anbrechende Abenddämmerung hoffen um wenigstens ein paar seiner Reiter in Sicherheit zu bringen.
Auf der anderen Seite waren Clermont-Tonerres und D'Estrées Kommandos erschüttert, aber noch nicht gebrochen. Sie wussten dass noch einmal soviele Truppen ausgeruht bereit standen sich im günstigen Moment auf die Hannoveraner und Briten zu stürzen wenn nur endlich einmal Raum zum Vorgehen wäre und sei es in Kolonne. Maisonelle, Montmorency und Colbert-Linieres waren bereit zu allem.
Die Entscheidung aber war links gefallen. Zastrows Infanterie hatte sich blutige Köpfe geholt. Die Gardes-Francaises jubelten über die Revanche für Fontenoy und Dettingen. Du Chayla war begeistert, dass sein Vorhaben die Garden glänzen zu lassen geglückt war. Eine Nennung im Schlachtbericht an den König war ihm sicher und D'Aspremont wohl die Beförderung.
Ein letzter Blick auf das Schlachtfeld.
Von unten nach oben aus Sicht der Franzosen:
Lt. Géneral de Contades hatte vor allem durch die Planung der Aushebelung der österreichischen Stellungen gewirkt. Hätte er mehr als drei Stunden gehabt, wäre Montagne vielleicht bis Fexhe vorgedrungen und hätte damit tatsächlich die österreichische rechte Flanke bedroht. Die Masse seines Corps de Réserve war garnicht zum Einsatz gekommen, da ihm die Gardes Francaises zuvor gekommen waren. Ein Angriff auf Rocoux war für ihn ebenso wie für seinen Kameraden Clermont-Gallerande unter den Bedingungen illusorisch gewesen.
Weiter östlich hatte sich
Clermont-Gallerande hervorragend behauptet. Seine Truppen hatten heftiges Artilleriefeuer aus kurzer Distanz überstehen müssen. Seine Infanterie unter Fénelon hatte nirgends Raum zum Sammeln gehabt und konnte froh sein, als die Garden kamen, da sie wohl kaum hätten Varoux halten können. Seine Kavallerie unter Thiard und seine Dragoner unter Daubigny konnten nicht mehr als absichern und Kugeln fangen. Das haben sie aber immerhin gut gemacht.
Du Chayla hatte ungefähr erreicht, was er sich zum Ziel gesetzt hat. Die Lorbeeren waren ihm sicher. Es ist zweifelhaft wie es ausgegangen wäre, wenn Rocoux nicht im ersten Ansturm von den Hessen geräumt worden wäre und die Verbündeten die Dörfer hätten effizienter mit frischen Truppen versorgen können. Dabei standen ihnen einfach ihre allzu guten Stellungen selber im Wege, da man ja nicht die hervorragend gestellte Artillerie maskieren wollte. Außerdem war es viel schneller alles geschehen [3 von 6 Runden], als selbst der Maréchal de Saxe mit seiner gewaltigen Planung es hätte ahnen können.
Der große "Verlierer" der Schlacht war vielleicht der
Maréchal de Saxe. Sein Aufmarschplan war vollkommen gescheitert. Zwar hatte die Massierung der Infanterie vor Lontin geklappt, aber ansonsten hatten sich die Truppen überwiegend gegenseitig behindert. Weder die schwere noch die mittlere Artillerie hatte vor Lontin aufgefahren werden können. Hätte man diese etwa vorbei gelassen, wäre wohl schon die Abenddämmerung herein gebrochen ehe die 8 Bataillone unter Hérouville und Maubourg irgendetwas ausgerichtet hätten, zumal diese ja auch eigentlich garnicht gegen Rocoux vorgesehen waren sondern ebenfalls neben 5 Brigaden Kavallerie (!!!) gegen Waldecks linken Flügel wie auch immer dort 8 oder 9 Brigaden hätten binnen 3 Stunden aufmarschieren sollen? Die persönliche Anwesenheit des Maréchal hat immerhin die tapferen Kommandeure Hérouville und Maubourg dazu angetrieben ihre gewaltigen Truppenmassen vorzuführen. Der Maréchal war aber der Sieger der Schlacht. Seine Armee hatte herausragend gekämpft. Insbesondere seine Infanterie war selten gewichen und selbst dann ließ sie sich trotz der Enge des Geländes wieder sammeln.
Trotz der großen Konfusion am rechten Flügel hatte der Prince de
Clermont vermocht seine Aufgabe zu erfüllen. Es fragt sich m.E. nur warum er nicht den offensichtlich sinnlosen Befehl des Maréchal ignoriert hat und D'Estrées Kavallerie nicht besser nutzte. Wo dieser gegen die Niederländer Reiter gekämpft hatte, hätten das ebensogut Maisonelle, Montmorency oder Colbert tun können. Dass Armentières leichte Truppen die paar Panduren vertreiben würden, war ja sicher und dann hätten 3 Regimenter Kavallerie bereit gestanden um in die Flanke der Alliierten einzuhauen und die sich sammelnden Bayern beispielsweise in die Maas zu treiben oder auch bis Wotem vorzustürmen oder auch Hammerstein von hinten anzugreifen oder die Artillerie von Zievels Flügel wegzunehmen … Die Truppen unter Clermont aber hatten ausgezeichnet gekämpft und Seedorf hinzu zu ziehen war nicht so verkehrt, da dieser ja eh vor sich keinen Feind hatte. Eigentlich hatte Seedorf aber - man glaubt es nicht!!! - auch noch nach Clermonts Vorhaben gegen Birkenfeld und Hammerstein absichern sollen. So eine Angst vor 5 Kavallerieregimentern!
Ich freue mich auf eure Sicht auf die Dinge. Statistiken folgen noch heute Abend. Nur Figürchen habe ich nicht gezählt. Waren auf jeden Fall nicht alle meiner Franzosen am Start. Noch ne Menge in den Boxen geblieben (außer alle Artillerie).
Vielen Dank an tattergreis, Sorandir und D.J. für die Unterstützung. Ich finde/hoffe, ich habe eure Wünsche umsetzen können und ihr erkennt eure Befehle auf dem Schlachtfeld wieder.