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  • 19. April 2024 - 23:10:33
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Autor Thema: Terrain-Bücher: Terrain Essentials + Gebäude. ... aus Hartschaum [Review]  (Gelesen 1684 mal)

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Decebalus

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Innerhalb weniger Tage sind bei mir zwei Bücher zum Geländebau per Post eingetrudelt. Das Buch des Terrain-Tutors hatte ich bei Warlord bestellt, beim Styrodur-Bastelbuch habe ich beim Kickstarter mitgemacht. Eine kleine Rezension ist daher angebracht.

Beide Bücher sind Hardcover mit laminiertem Einband. Also optisch zumindest sehr ähnlich. Beide Bücher haben Fadenheftung, was hoffentlich eine lange Lebensdauer garantiert.

Wer mich kennt, weiß, dass ich schnell kritisiere, es aber nicht immer böse meine. Daher überwiegt im folgenden vielleicht Kritik, das soll Euch aber eher die Einordnung erleichtern. Zur Einordnung: Ich bin wahrscheinlich so etwas wie ein Gelände-Theoretiker. Ich baue gerne Wargaming-Gelände, aber insgesamt doch eher selten. Ich lese aber gerne zu dem Thema und habe auch viele Youtube-Videos dazu gesehen, so dass ich doch mit vielen Techniken (theoretisch) vertraut bin.

Die Autoren beider Bücher haben in einer Fülle von Youtube-Videos ihre Techniken schon vorgestellt. Vieles konnte man sich daher schon vorher anschauen, aber jetzt endlich auch auf Papier!



Los geht`s.

Mel Bose The Terrain Tutor, Terrain Essentials. A Book about Making Wargaming Terrain. [2021] 192 S.

Der Terrain-Tutor hat einen erfolgreichen Youtube-Kanal. Dieses Buch ist daher eine Zusammenfassung seiner Erfahrungen. Auf den ersten 80 S. werden die Grundlagen des Wargaming-Terrains vorgestellt: Materialien und Werkzeuge, grundlegende Bautechniken und schließlich das Behandeln des großen Problems Warping. Dann folgen Kapitel zum Groundwork und Gras, zu Hügeln, Bäumen und Büschen, Wasser und Schnee und schließlich Gebäude.

Alle diese Teile sind sehr ausführlich beschrieben, oft mit umfassenden (theoretischen) Überlegungen angereichert. Mel Bose sieht Wargaming Terrain zwischen den drei Polen Haltbarkeit, Funktionalität (fürs Spiel) und Realismus und bezieht sich immer wieder auf die Probleme, die hier entstehen können. Manche Tips sind naheliegend, aber sie ausgeschrieben zu sehen, ist dann doch hilfreich. So z.B. der Tip, bei Geländeteilen (z.B. Wälder) die stabilen Teile nach außen zu setzen und zerbrechliche in die Mitte. Oder sehr realistische, wirkungsvolle Geländeteile, die fürs Spiel unpraktisch sind, an die Stellen zu setzen, wo sowieso keine Figuren hingestellt werden. Obwohl viele Bilder im Buch Geländeplatten zeigen, die Mel Bose selbst gebaut hat, überwiegen bei den Hinweisen einzelne Hinstell-Geländeteile.

Und damit sind wir schon bei meiner Kritik: Alles in allem habe ich das Buch doch als ein Buch für Anfänger erlebt. Stellenweise hat es mich etwas an alte GW-Terrain-Bücher auf Speed erinnert. Dreimal so ausführlich, viel mehr Inhalt, aber doch auf diesem Level. Das ist nicht verkehrt und wer das braucht, ist hier bestens versorgt. Aber mir fehlte etwas der Wow-Effekt. Ich nenne mal einige Bereiche, die m.E. ausführlicher in einem Terrainbau-Lexikon – und das will das hier sein – behandelt werden könnten. 1. Acryl- und Teddyfell-Matten. Neben den immer mehr anzutreffenden bedruckten Matten, die eigentlich Optik herabziehen, gibt es immer mehr Geländebauer, die für komplette Matten, aber auch kleine Geländebasen (als Ersatz für die Filzlappen) mit Acryl- und Teddybärmatten arbeiten. Und das sieht inzwischen hervorragend aus. 2. Tricks zum Aufpeppen von bestehendem Gelände. Es gibt inzwischen eine Menge Hinweise, wie man die (eigentlich grässlichen) MDF-Gebäude aufpeppen kann. Genauso kann man Plastik-Gelände individualisieren und damit zu etwas ganz eigenes machen. 3. Verständnis für individuelle Tische. Gerade Anfängern müssten noch viel mehr darauf gebracht werden, dass Gelände für eine bestimmte Armee angepasst werden kann. Das kann man zeigen und auch erklären, was man dabei beachten muss. 4. Ok., was jetzt kommt ist umstritten. Aber es gibt halt inzwischen auch eine Tendenz zum High-End-Realismus im Wargaming. Und hier werden gerade Grenzen gesprengt, die in diesem Buch etwas einfach als Funktionalität akzeptiert werden.


Gerard Boom/Michael Martin, Gebäude. Tabletop-Gelände aus Hartschaum. [2021] 229 S.

Gerard Boom ist der Papst des Styrodur-Baus mit dem Proxxon Heißschneider. Viele werden ihn von der Tactica kennen, wo seine Firma Shifting Lands immer einen Stand hat und Ergänzungen für den Proxxon und Teile zur Ergänzung beim Bauen verkauft. Das Buch ist aus einem seiner Workshops entstanden und präsentiert letztlich einen Chrash-Kurs in seine Techniken.

Es beginnt mit etwa 30 Seiten Basics, in denen die Auswahl des richtigen Hartschaums (denn Styrodur ist ja nur ein Markennamen) und dessen Bearbeitung mit Messer, Bleistift und Kugelschreiber, sowie die anschließende Bemalung erklärt werden. Dann werden auf weiteren 25 Seiten das Arbeiten mit dem Proxxon erklärt, wobei hier zahlreiche Tricks zu finden sind, die wirklich hilfreich sind. Und schließlich folgt die Masse des Buches mit 170 Seiten. Hier finden sich genaue Anweisungen zum Bau von insgesamt 14 Gebäuden. Das reicht von einer Mausoleums-Ruine über das Pflichtprogramm Fachwerkhaus bis zu einem SciFi-Gebäude. Zumindest beim Kickstarter waren hierfür auch einerseits hilfreiche Schablonen und andererseits MDF-Fenster und Türen sowie bedruckte Folien für Kirchenfenster dabei.

Und damit sind wir auch schon bei meiner Kritik. Letztlich haben wir mit diesem Buch eine Anleitung zur Benutzung des Proxxon, um Gebäude im Stil von Gerard Boom zu bauen. Etwas anderes haben die Autoren auch nie behauptet, deswegen kann man ihnen das auch nicht vorwerfen. Aber das ist die Begrenzung dieses Buches, die sich jeder Käufer klar machen sollte. Dabei stört mich weniger, dass es dadurch auch teilweise ein Verkaufskatalog für die Ergänzungen zum Proxxon ist, viele Gebäude hier lassen sich ohne den Kreisschneider oder den Vieleckschneider nicht bauen. Ich bin aber zum einen nicht sicher, ob der Sinn des Gebäudebaus mit Styrodur der ist, quasi vorhandene Gebäude nachzubauen. Letztlich macht das der 3D-Drucker genauso gut. Womit ich nicht leugnen will, dass man wahrscheinlich beim Schritt-für-Schritt-Nachbauen vieles lernen kann. Aber die vorgestellten Schritte hätten vielleicht mehr als Bausteine für ein eigenes Gestalten präsentiert werden können. Persönlich werde ich vielleicht wirklich mal das Fachwerkhaus genauso nachbauen, aber den Rest brauche ich nicht, oder höchstens mal zum Schauen, wie ein Einzelteil gemacht wird.

Was ich aber wirklich vermisse, ist der Blick über die Technik von Gerard Boom hinaus. (Und irgendwie kann mir keiner erzählen, dass Gerard nicht auch mal schaut, was andere so aus Styrodur machen.) Um nur mal eine Referenz zu nennen: Schaut Euch auf Youtube mal Samy-Modellbau an. Um nur zwei Techniken zu nennen: Einmal gibt es eben auch den Ansatz mit wesentlich kleineren Styrodur-Teilen zu „bauen“. Also z.B. Mauern aus einzelnen Steinen aufzubauen, Dächer mit Schindelreihen aus Styrodur aufzubauen und nicht nur auf eine Styrodurplatte „aufzumalen“ oder Fachwerkbalken aufzukleben und nicht nur einzugravieren. Zum anderen kann man noch viel stärker mit Materialmix arbeiten. Das wird hier am Beispiel einer Balsaholz-Verkleidung für ein Wildwest-Haus gezeigt. Aber hier gibt es doch noch viel mehr Möglichkeiten. Besonders der Einsatz von Spachtelmasse zur Oberflächengestaltung oder zum Kaschieren von Schnitten kommt hier gar nicht vor. Gerade die Begeisterung für das An-einem-Stück-Schneiden, das hier fast bei allen Bauplänen benutzt wird, erklärt sich ja aus der Abneigung einfach mal eine Schnittkante mit Spachtel zuzumachen. Und mit Balsa-Holz machen ja andere Baumeister noch ganz andere Sachen auf Styrodur.

Mein Fazit: Ich sammele Gelände-Bücher und freue mich deswegen, dies beiden Bücher in meiner Sammlung zu haben. Und ich denke, für Anfänger sind beide Bücher auch hervorragend geeignet. Für mich selbst hätte doch noch etwas mehr Grenzensprengendes, Weiterführendes dabei sein können. Aber auf jeden Fall: Kaufempfehlung!

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Thomas Kluchert

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Vielen Dank für die Reviews!
Ich persönliche finde kritische Betrachtungen viel hilfreicher das als allgemein verbreitete "über den grünen Klee"-Loben, dass leider in so vielen Aspekten des Hobbys vorherrscht.
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Darkfire

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Ja und nein bei der Kritik. Für mich als Selten-Terrain-Bauer sind natürlich beide Bücher gut, weil ich weder die Zeit habe mich in Mel´s Youtube Videos zu versenken, noch (leider) einen Workshop von Gerard mitzumachen. Also sind diese Puplikationen für einfach Sammlungen von Techniken, die es gibt und die ich erlernen kann, bzw. meine bisherigen Kentnisse zu verbessern.

Gerade beim Buch von Gerard und Michael (Martin) sehe ich den guten Effekt an dem vielen Grundwissen und Handwerkstricks die vermíttelt werden. Die ich z.T auch versuchen werde ohne Heißdrahtschneider umzusetzten, z.B. mit Trittschalldämpfung in 2 und 5 mm.

Wo ich Dir rechtgebe, das das keine Bücher für "Super-Realität" sind...aber da habe ich auch auf der Spielplatte meine eigene Meinung dazu...lieber was Robustes als nach jedem Spiel 1000 kleine Details wieder ankleben...
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Projekte 2021/22
Maurice: Schlacht bei Höchstädt, Kampf um Lutzingen 28mm

Kurfürstlich bayerische Armee Ari 100% Inf 20%, Kav 10%

Kampangne Maurice 15mm

Katalanische Armee:Ari 100% Inf 70% Kav 50%

Judge Dredd: Judge Department 60%

Frank Bauer

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Ich sehe es wie Thomas. Vielen Dank für die Reviews.
Dass du so ein großer Geländebaubuch-Sammler bist, wusste  ich gar nicht. Da muß ich bei Gelegenheit mal einen Blick auf deine Sammlung werfen.
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Besucht die Hamburger Tactica!

http://www.hamburger-tactica.de:thumbup:

Riothamus

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Danke für die schöne Vorstellung. Wenn du Bücher zum Thema sammelst, wäre es sehr toll, wenn du auch einige andere Bücher vorstellst, die du kennst.

Dass bei beiden der Highend-Realismus fehlt, war aber zu erwarten. Dafür braucht es andere Bücher, nämlich welche für Fortgeschrittene, die im Modellbau aber eher für Details zu finden sind. Den Punkt würde ich nur kritisieren, wenn der Hinweis fehlt, dass mit etwas Übung mehr möglich ist. Bei Mel Bose kommt hinzu, dass es nicht seiner Philosophie entspricht. Ein Anfänger will zudem schnell Gelände und es danach durch hübsches Gelände ersetzen. Wer dann ehrgeizig ist, will entweder wirklich schönes oder realistisches Gelände, was für viele sicher auch gleichzusetzen ist. Und da stimme ich dann zu, dass Bücher für das wirklich schöne und realistische Gelände selten sind und gebe zu, dass ich wieder besseren Wissens auch ein wenig gehofft habe, dass es da zumindest weiterführende Hinweise gibt.
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Gruß

Riothamus

gwyndor

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Ich lese mich gerade durch das Terrain-Tutor Buch.
Deinen Anmerkungen kann ich durchaus zustimmen, allerdings würde ich sie gar nicht Kritik nennen, denn gleich zu Anfang kommt der entscheidende Satz: Dies ist ein Buch für Geländebau-Anfänger. Der Autor behauptet auch nichts anderes. Dazu kommt, das es wirklich ein Buch für Wargamer ist, eben nicht für high-end Modellbauer.
Als jemand, der selbst regelmäßig Gelände baut und es dann auch bespielt, kann ich den Ansatz hin zur Funktionalität gut nachvollziehen und teile ihn auch: High-End Gelände überlebt den Einsatz auf einem Club-Spieltisch in der Regel nicht lange. Als ehemaliger Eisenbahn-Modellbauer bin auch ich immer wieder hingerissen von tollen Miniatur-Wunderwerken, aber Dioramenbau oder Eisenbahn ist fast schon ein anderes Hobby, denn da werden die fertigen Teile eben nicht dauernd angefasst, transportiert und mit Figuren vollgestellt.

Als Buch für Anfänger (s. Titel: Terrain-Essentials") finde ich es sehr gelungen und wirklich umfassend. Den Anspruch eines Lexikons habe ich bislang nicht gefunden. Hätte man die von dir vermissten Tipps z.B. zum Aufhübschen von MDF Kits etc. noch mit hineingenommen, wäre das Buch vermutlich auf 400 Seiten angeschwollen. Das wäre dann auch zuviel des Guten und kann in anderen Büchern abgehandelt werden. Überhaupt gibt es zum Thema High-End Modellbau regalmeterweise Bücher und Zeitschriften aus dem Eisenbahnmodellbau. Die gezielte Hinwendung zum Wargaming finde ich ausgesprochen gut.
Mel Bose ist eben ein Wargamer, der auch Gelände baut, und kein Geländebauer, der auch Wargaming spielt. Ich hoffe, es wird klar was ich damit sagen will.  :)
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\"My Lord, I have a cunning plan!\"

Sunzi

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Danke für die schöne Vorstellung. Wenn du Bücher zum Thema sammelst, wäre es sehr toll, wenn du auch einige andere Bücher vorstellst, die du kennst.
Da möchte ich mich anschließen. Danke für die Einblicke in die Bücher. Beim Buch von Mel überlege ich mir noch ob ich es mir anschaffen soll. Gerards Buch hingegen scheint für mich weniger interessant.
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Decebalus

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Ich habe mit meiner Kritik ja gerade versucht deutlich zu machen, wo diese Bücher stehen - und das kann eben auch bedeuten, dass man feststellt: Genau das richtige Buch für mich.

Ich finde allerdings nicht ganz so überzeugend, es nur auf die Kluft zwischen Wargaming-Gelände und Highend-Terrain zu beziehen. Wenn ich eine ausführlichere Beschäftigung mit Modulen, das Fehlen von Acryl-Matten bzw. Geländeteilen oder Teddy-Matten kritisiere, dann ist das eben eindeutig Wargaming-Gelände. Und z.B. Luke von Geek-Scenic-Gaming hat sich durchaus Gedanken gemacht, wie man bisher nur im Dioramen-Bereich benutzte Sachen für Wargaming verwenden kann. So hat er etwa einen Vorschlag, wie man Seemoos so stabil bekommt, dass es für Wargaming funktioniert. Ich würde also behaupten, es gibt einen breiten Übergang - und da hätte ich mir eben von den beiden Büchern mehr gewünscht.

@ Darkfire. Deine Meinung ist natürlich berechtigt. Aber indirekt bestätigst Du mich. Denn nach allem was ich weiß, ist eben Trittschall-Dämmung nicht für die "Gravier"-Technik von Gerard geeignet. Während man mit Material-Mix da tolle Sachen machen kann.
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Riothamus

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Das mit dem Vorstellen weiterer Bücher war zwar als Lob gedacht, aber Sunzi hat da durchaus recht. Das wäre für viele wirklich hilfreich. Ich war da auch recht hilflos, bevor ich auf die Bücher von Richard Windrow gestoßen bin. Aber du musst es ja nicht alleine machen, auch wenn wir anderen, dass nicht so gut können.

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Gruß

Riothamus