Innerhalb weniger Tage sind bei mir zwei Bücher zum Geländebau per Post eingetrudelt. Das Buch des Terrain-Tutors hatte ich bei Warlord bestellt, beim Styrodur-Bastelbuch habe ich beim Kickstarter mitgemacht. Eine kleine Rezension ist daher angebracht.
Beide Bücher sind Hardcover mit laminiertem Einband. Also optisch zumindest sehr ähnlich. Beide Bücher haben Fadenheftung, was hoffentlich eine lange Lebensdauer garantiert.
Wer mich kennt, weiß, dass ich schnell kritisiere, es aber nicht immer böse meine. Daher überwiegt im folgenden vielleicht Kritik, das soll Euch aber eher die Einordnung erleichtern. Zur Einordnung: Ich bin wahrscheinlich so etwas wie ein Gelände-Theoretiker. Ich baue gerne Wargaming-Gelände, aber insgesamt doch eher selten. Ich lese aber gerne zu dem Thema und habe auch viele Youtube-Videos dazu gesehen, so dass ich doch mit vielen Techniken (theoretisch) vertraut bin.
Die Autoren beider Bücher haben in einer Fülle von Youtube-Videos ihre Techniken schon vorgestellt. Vieles konnte man sich daher schon vorher anschauen, aber jetzt endlich auch auf Papier!
Los geht`s.
Mel Bose The Terrain Tutor, Terrain Essentials. A Book about Making Wargaming Terrain. [2021] 192 S.
Der Terrain-Tutor hat einen erfolgreichen Youtube-Kanal. Dieses Buch ist daher eine Zusammenfassung seiner Erfahrungen. Auf den ersten 80 S. werden die Grundlagen des Wargaming-Terrains vorgestellt: Materialien und Werkzeuge, grundlegende Bautechniken und schließlich das Behandeln des großen Problems Warping. Dann folgen Kapitel zum Groundwork und Gras, zu Hügeln, Bäumen und Büschen, Wasser und Schnee und schließlich Gebäude.
Alle diese Teile sind sehr ausführlich beschrieben, oft mit umfassenden (theoretischen) Überlegungen angereichert. Mel Bose sieht Wargaming Terrain zwischen den drei Polen Haltbarkeit, Funktionalität (fürs Spiel) und Realismus und bezieht sich immer wieder auf die Probleme, die hier entstehen können. Manche Tips sind naheliegend, aber sie ausgeschrieben zu sehen, ist dann doch hilfreich. So z.B. der Tip, bei Geländeteilen (z.B. Wälder) die stabilen Teile nach außen zu setzen und zerbrechliche in die Mitte. Oder sehr realistische, wirkungsvolle Geländeteile, die fürs Spiel unpraktisch sind, an die Stellen zu setzen, wo sowieso keine Figuren hingestellt werden. Obwohl viele Bilder im Buch Geländeplatten zeigen, die Mel Bose selbst gebaut hat, überwiegen bei den Hinweisen einzelne Hinstell-Geländeteile.
Und damit sind wir schon bei meiner Kritik: Alles in allem habe ich das Buch doch als ein Buch für Anfänger erlebt. Stellenweise hat es mich etwas an alte GW-Terrain-Bücher auf Speed erinnert. Dreimal so ausführlich, viel mehr Inhalt, aber doch auf diesem Level. Das ist nicht verkehrt und wer das braucht, ist hier bestens versorgt. Aber mir fehlte etwas der Wow-Effekt. Ich nenne mal einige Bereiche, die m.E. ausführlicher in einem Terrainbau-Lexikon – und das will das hier sein – behandelt werden könnten. 1. Acryl- und Teddyfell-Matten. Neben den immer mehr anzutreffenden bedruckten Matten, die eigentlich Optik herabziehen, gibt es immer mehr Geländebauer, die für komplette Matten, aber auch kleine Geländebasen (als Ersatz für die Filzlappen) mit Acryl- und Teddybärmatten arbeiten. Und das sieht inzwischen hervorragend aus. 2. Tricks zum Aufpeppen von bestehendem Gelände. Es gibt inzwischen eine Menge Hinweise, wie man die (eigentlich grässlichen) MDF-Gebäude aufpeppen kann. Genauso kann man Plastik-Gelände individualisieren und damit zu etwas ganz eigenes machen. 3. Verständnis für individuelle Tische. Gerade Anfängern müssten noch viel mehr darauf gebracht werden, dass Gelände für eine bestimmte Armee angepasst werden kann. Das kann man zeigen und auch erklären, was man dabei beachten muss. 4. Ok., was jetzt kommt ist umstritten. Aber es gibt halt inzwischen auch eine Tendenz zum High-End-Realismus im Wargaming. Und hier werden gerade Grenzen gesprengt, die in diesem Buch etwas einfach als Funktionalität akzeptiert werden.
Gerard Boom/Michael Martin, Gebäude. Tabletop-Gelände aus Hartschaum. [2021] 229 S.
Gerard Boom ist der Papst des Styrodur-Baus mit dem Proxxon Heißschneider. Viele werden ihn von der Tactica kennen, wo seine Firma Shifting Lands immer einen Stand hat und Ergänzungen für den Proxxon und Teile zur Ergänzung beim Bauen verkauft. Das Buch ist aus einem seiner Workshops entstanden und präsentiert letztlich einen Chrash-Kurs in seine Techniken.
Es beginnt mit etwa 30 Seiten Basics, in denen die Auswahl des richtigen Hartschaums (denn Styrodur ist ja nur ein Markennamen) und dessen Bearbeitung mit Messer, Bleistift und Kugelschreiber, sowie die anschließende Bemalung erklärt werden. Dann werden auf weiteren 25 Seiten das Arbeiten mit dem Proxxon erklärt, wobei hier zahlreiche Tricks zu finden sind, die wirklich hilfreich sind. Und schließlich folgt die Masse des Buches mit 170 Seiten. Hier finden sich genaue Anweisungen zum Bau von insgesamt 14 Gebäuden. Das reicht von einer Mausoleums-Ruine über das Pflichtprogramm Fachwerkhaus bis zu einem SciFi-Gebäude. Zumindest beim Kickstarter waren hierfür auch einerseits hilfreiche Schablonen und andererseits MDF-Fenster und Türen sowie bedruckte Folien für Kirchenfenster dabei.
Und damit sind wir auch schon bei meiner Kritik. Letztlich haben wir mit diesem Buch eine Anleitung zur Benutzung des Proxxon, um Gebäude im Stil von Gerard Boom zu bauen. Etwas anderes haben die Autoren auch nie behauptet, deswegen kann man ihnen das auch nicht vorwerfen. Aber das ist die Begrenzung dieses Buches, die sich jeder Käufer klar machen sollte. Dabei stört mich weniger, dass es dadurch auch teilweise ein Verkaufskatalog für die Ergänzungen zum Proxxon ist, viele Gebäude hier lassen sich ohne den Kreisschneider oder den Vieleckschneider nicht bauen. Ich bin aber zum einen nicht sicher, ob der Sinn des Gebäudebaus mit Styrodur der ist, quasi vorhandene Gebäude nachzubauen. Letztlich macht das der 3D-Drucker genauso gut. Womit ich nicht leugnen will, dass man wahrscheinlich beim Schritt-für-Schritt-Nachbauen vieles lernen kann. Aber die vorgestellten Schritte hätten vielleicht mehr als Bausteine für ein eigenes Gestalten präsentiert werden können. Persönlich werde ich vielleicht wirklich mal das Fachwerkhaus genauso nachbauen, aber den Rest brauche ich nicht, oder höchstens mal zum Schauen, wie ein Einzelteil gemacht wird.
Was ich aber wirklich vermisse, ist der Blick über die Technik von Gerard Boom hinaus. (Und irgendwie kann mir keiner erzählen, dass Gerard nicht auch mal schaut, was andere so aus Styrodur machen.) Um nur mal eine Referenz zu nennen: Schaut Euch auf Youtube mal Samy-Modellbau an. Um nur zwei Techniken zu nennen: Einmal gibt es eben auch den Ansatz mit wesentlich kleineren Styrodur-Teilen zu „bauen“. Also z.B. Mauern aus einzelnen Steinen aufzubauen, Dächer mit Schindelreihen aus Styrodur aufzubauen und nicht nur auf eine Styrodurplatte „aufzumalen“ oder Fachwerkbalken aufzukleben und nicht nur einzugravieren. Zum anderen kann man noch viel stärker mit Materialmix arbeiten. Das wird hier am Beispiel einer Balsaholz-Verkleidung für ein Wildwest-Haus gezeigt. Aber hier gibt es doch noch viel mehr Möglichkeiten. Besonders der Einsatz von Spachtelmasse zur Oberflächengestaltung oder zum Kaschieren von Schnitten kommt hier gar nicht vor. Gerade die Begeisterung für das An-einem-Stück-Schneiden, das hier fast bei allen Bauplänen benutzt wird, erklärt sich ja aus der Abneigung einfach mal eine Schnittkante mit Spachtel zuzumachen. Und mit Balsa-Holz machen ja andere Baumeister noch ganz andere Sachen auf Styrodur.
Mein Fazit: Ich sammele Gelände-Bücher und freue mich deswegen, dies beiden Bücher in meiner Sammlung zu haben. Und ich denke, für Anfänger sind beide Bücher auch hervorragend geeignet. Für mich selbst hätte doch noch etwas mehr Grenzensprengendes, Weiterführendes dabei sein können. Aber auf jeden Fall: Kaufempfehlung!