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Marvin the ARVN - Südvietnamesische Streitkräfte für 'Nam

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Zerknautscher:
Wie bereits an anderer Stelle angekündigt habe ich nun mein ARVN-Projekt vorangetrieben. Dabei hat mir insbesondere Jens geholfen, der mir Infanterie, Unterstützungswaffen und Panzer verkauft hat. ;D Zurzeit nehme ich auf dem Minis In Arms Discord Server an einem Themenarmeeaufbauprojektwettbewerb teil, allerdings lassen sich die Informationen die ich so recherchiere und auch die Bilder nicht ganz so schön ausbreiten wie in einem Forum. Ich bin ja auch hauütsächlich Spieler und weder Historiker noch Malkünstler, aber ich dachte, ich zeige hier auch nochmal alles her.

Und damit nun ohne weitere Umschweife...

Marvin the ARVN
Südvietnamesische Streitkräfte zwischen 1965 und 1975




Xin chào!

Willkommen im Brotkorb Südostasiens und bei meinem Armeeprojekt. Ich baue eine Streitmacht für die ARVN auf, bestehend aus Infanterie, Panzern und Schützenpanzern.

Ziel ist der Aufbau einer allgemein für Südvietnam passenden Kerntruppe, die durch ihre jeweilige Ausrüstung an Einsatzjahr und Region angepasst werden kann. Im zentralen Hochland 1968 gibt es dann vielleicht eine Truppe mit amerikanischen Airmobile Rifles, für die Kämpfe um Hue im selben Jahr ein paar US-Marines (die von der Leistung der 1. ARVN Division dort beeindruckt waren), im Süden könnte ihnen die US 25th Infantry Division Tropic Lightning oder die 1st Australian Task Force zur Seite gestellt werden und für eigenständige „Sweeps“ eine Truppe mit M113 und M41 Walker Bulldogs der ARVN sowie US-Artillerie zur Unterstützung.
1972 sähen dieselben Truppen dann schon ganz anders aus und die amerikanische Unterstützung fände höchstens in Form einzelner Einheiten, wahrscheinlich jedoch nur noch als Support statt und es gäbe eine größere Verlagerung auf ARVN-eigene Artillerie, Luftunterstützung und Panzer.

Je nach Kriegsjahr, Region und Szenario können die Streitmächte außerdem entweder auf einer US-Formation (mit dem umfangreichen US-Support) oder einer ARVN-Formation aufgebaut werden.

Die ARVN – ein Überblick
Über die Armee der Republik Vietnams (ARVN) wird sehr häufig, sehr wenig geschrieben. Sie wird meistens nur beiläufig in Betrachtungen der US-Beteiligung am Vietnamkrieg erwähnt und dabei bestenfalls verkürzt als unzuverlässig, ineffektiv und korrupt beschrieben, von US-Veteranen aber zum Teil aber auch als feige, unfähig oder sogar feindlich charakterisiert. Diese Betrachtungen zielen allerdings nur auf einen bestimmten zeitlichen Abschnitt im 20 Jahre andauernden Bestehen der ARVN und gehen selten auf das Ursachengefüge ein.

Insbesondere in den Memoiren einfacher US-Soldaten wird der ARVN daher meist die Rolle eines impotenten, unzuverlässigen und unrühmlichen Schutzbefohlenen der US-Armee zugeschoben. Und selbst in größer angelegten Betrachtungen des Konfliktes und seiner Armeen wird die ARVN unterkomplex dargestellt. Ich versuche im Laufe des Projekts die häufigsten Vorwürfe zu umreißen sowie die Ursachen zu beleuchten. Die ARVN hatte in der Tat _massive_ Probleme, die jedoch weder einer inhärenten Feigheit oder Untreue der Soldaten zuzuschreiben ist, sondern durch zahlreiche Faktoren beeinflusst wurde - nicht zuletzt durch ihren größten Verbündeten, die USA.

Warum denn ausgerechnet ARVN?
Tja, warum mit der Armee anfangen, bei der sich geschichtlich alle Seiten einig zu sein scheinen, dass die nichts auf dem Kasten hatte? Das hat bei mir tatsächlich drei Gründe: Thematische Passung, Interesse an der Geschichte und spielerischer Reiz.



Mal ganz pragmatisch…
Der Auslöser für das Projekt war ehrlicherweise nicht das geschichtliche Interesse, sondern, dass ich meinen Mitspielern entgegenkommen wollte, die über nordvietnamesische Panzer verfügen. Ich bin da nämlich rigoros: Die Panzer der Volksarmee wurden realiter nur 1-2 mal probeweise im Süden eingesetzt als noch amerikanische Bodentruppen im Land waren. Deswegen kommen mir PAVN-Panzer gegen US-Truppen nicht auf den Tisch. Natürlich ist jedes Spiel irgendwie Fiktion, aber das ist mir dann etwas zu weit von der geschichtlichen Ausganslage entfernt. Die DRV (Democratic Republic of Vietnam = „Nordvietnam“) wusste schon, warum sie bis zum Abzug der Amerikaner wartete, bevor sie auf konventionelle Kriegführung umschwenkte.

Auch der Plan vielleicht mal zu viert ‘Nam zu spielen stand im Raum, doch sind die ‚Free World‘-Forces unserer Spieler allesamt inkompatibel zueinander. Allenfalls die 25th Infantry Division und die ANZACs passen einigermaßen nebeneinander, ansonsten sind all unsere Truppen ziemlich verstreut, was ja auch Sinn macht, da die Einheiten natürlich auch in der Realität auf die unterschiedlichen Corps Tactical Zones von I bis IV verteilt wurden, um ihre Wirkung zu entbündeln. Dabei konnten sie außerdem stets auf einen allgegenwärtigen Verbündeten zurückgreifen: Die ARVN.



Verborgene Schätze
Ich hab ja ohnehin ein Herz für die Normalos dieser Welt und die ARVN ist vielleicht noch mehr „Underdog“ als die Volksarmee Vietnams (People’s Army of Vietnam, kurz PAVN) oder die Volksbefreiungsarmee/Viet Cong (People’s Liberation Armed Forces, kurz PLAF) der Volksbefreiungsfront (National Liberation Front, kurz NLF). Das war dann also wieder etwas, das mich nach einiger Beschäftigung auch sehr gereizt hat. Von ihren Feinden als Marionetten verschrien, von ihren Verbündeten belächelt oder gar verhasst, hat sie keinen guten Ruf. Die Werte der Einheiten im Spiel sind auch entsprechend schlecht, wodurch die Einheiten geringe Punktkosten haben, was bedeutet, dass man leider viele Modelle braucht, selbst bei 50 Punkten. Es war also wie bei der PAVN zu Beginn meiner ‚Nam-Karriere die Frage, ob ich viel Geld für eine „Armee von Strohpuppen“ ausgeben wollen würde.

Mit der Zeit las ich immer mehr über die ARVN und streunte auch immer neugieriger abseits der klassischen US-Perspektiven, die auf vielen nicht aufgearbeiteten eigenen Verfehlungen und grundlegender Ignoranz gegenüber der vietnamesischen Kultur beruhen. Selbst Einheiten, die von den Amerikanern etwa als nicht besonders schlagkräftig eingeschätzt wurden kämpften, als es darauf ankam, bis aufs Blut und wäre der politische Wille im Süden dagewesen - wer weiß, was hätte sein können.
Im Laufe der Recherche stellte sich jedenfalls heraus, dass die ARVN bei weitem nicht die Gurkentruppe war, zu der sie so häufig erklärt wurde und schließlich war es ja nicht zuletzt die ARVN, welche das Konzept des ACAV (Armored Cavalry Assault Vehicle) entwarf, umsetzte und die Amerikaner damit dermaßen beeindruckte, dass sie es übernahmen. Zwar hatte die ARVN mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen, insbesondere den Forderungen der Amerikaner nach immer mehr Truppen, was weder logistisch noch kulturell zweckmäßig war, sie war jedoch über die Zeit ihres Bestehens nicht flächendeckend feige oder schlecht. Die Moral war häufig brüchig, was jedoch vor allem am Umgang mit bzw. der Missachtung der Amerikaner ggü. zahlreichen Aspekten der vietnamesischen Kultur lag. Das ist also der Punkt „Geschichtsinteresse“. Zugegebenermaßen musste ich mich zu diesem Punkt über lange Zeit hinarbeiten, bin aber froh hier angekommen zu sein und bin von der ARVN mittlerweile ehrlich fasziniert und ja, auch ein wenig angerührt. Dazu vielleicht später nochmal mehr.



Neue Herausforderungen
Ich habe aber auch gemerkt, dass ich mich als Spieler weiterentwickelt habe und mich die Herausforderung bzw. einzigartige Zusammenstellung der ARVN reizt. Die Fahrzeuge sind einerseits thematisch stimmig und spielerisch nicht zu vernachlässigen, aber auch sehr verwundbar. Einzig der M48 Patton ist solide – trat aber in der ARVN auch erst 1972 auf den Plan. Die Infanterie ist etwas schlechter ausgerüstet als die der Amerikaner, vor allem aber leichter zu treffen und sammelt sich noch schlechter. Allerdings hat auch die ARVN Zugriff auf Medics und Medevac, was die Zähigkeit dieser augenscheinlich schwachen Einheiten massiv erhöht. Und auch wenn komplexe Manöver dank schlechter Courage- und Skill-Werte nicht die Forte der ARVN sind: Im Nahkampf treffen sie wie ihre Cousins aus dem Norden auf 4+ und die Einheitenmoral ist immerhin „Confident“. Artillerie mit Skill 5+ im Gelände einzurichten ist auch keine neue Erfahrung. Wie bei den Kommunisten gilt: Ich rechne nicht damit das es funktioniert, bin aber absolut begeistert, falls es das doch tut. :D Ich bin ja schon seit Jahren ein Freund davon, nicht alles zu optimieren, sondern sich selbst Herausforderungen zu stellen, weil ich es eben interessanter finde, wenn ich nicht für jedes Problem sofort die Ideallösung (oder gar keine Lösung) habe.
Und dann ist da ja noch der Aspekt, im Vietnam-Setting und -Gelände tatsächlich mal mit vielen Fahrzeugen zu spielen. Das kann im Elefantengras ganz spannend sein, denke ich, auch wenn ich nach wie vor Infanterie für die unangefochten effektivste Truppe in ‚Nam halte.

Zusammenfassung
Also: Ein bisschen Pragmatismus hat zur Auseinandersetzung mit der Geschichte geführt, während meine spielerische Entwicklung mich dazu brachte in „Marvin“ eine willkommene Abwechslung und Herausforderung zu sehen. Zum Glück haben mich auch einige Freunde tatkräftig unterstützt, Danke an dieser Stelle an Dorian (Stoppelhoppser) und Jens (Tabletop Generals), ohne deren „Militärhilfe“ das Projekt vermutlich nicht zustande gekommen wäre. Derart begeistert konnte ich dann auch die Investition angehen.

Mittlerweile habe ich Modelle um drei Formationen aufzustellen:

ARVN Infantry Company (HQ, 3x ARVN Infantry Plt., AT Platoon, Mortar Plt., Medic)
ARVN M113 Cavalry Squadron (2x HQ M113, 3x 4 M113, 3x M125 Mörserträger)
ARVN Walker Bulldog Squadron (15x M41A3)

Zur Unterstützung stehen noch 3x M48 Patton (als Platoon aus 2-3 Panzern oder je 1 Panzer als Attachment für die Infantry Platoons) und ein Medevac UH-1 bereit. Da die Artillerie in ‚Nam quasi nie auf dem Tisch ist und ja auch erwartbar nur selten sinnvoll eingreifen kann, habe ich für die 105mm und 155mm Haubitzen keine Modelle gekauft (bisher).

Aus diesem Pool können bei 50 Punkten meistens zwei Formationen sinnvoll kombiniert werden, mit einer Einheit aus der dritten Formation als Support-Auswahl.




Literaturliste (wird nach Bedarf ergänzt):
Brigham, R. K. (2006). ARVN: Life and death in the South Vietnamese Army. University Press of Kansas.
Collins, J. L. (1975): The Development and Training of the South Vietnamese Army. Department of the Army.
Dunstan, S., Sarson, P., & Bryan, T. (1985). Armour of the Vietnam Wars. Osprey.
Haught, M., Yates, P., Simunovich, P., & Brisigotti, J.-P. (2018). ’Nam 1965-1972: The Vietnam War miniatures game. Osprey.
Mesko, J., & Greer, D. (1982). Armor in Vietnam: A pictorial history. Squadron/Signal Publications.
Prenatt, J., & Shumate, J. (illustrator). (2017). M113 apc 1960-75—US, ARVN, and Australian Variants in Vietnam. Osprey.
Rottman, G. L. (2010). Army of the Republic of Vietnam 1955-75. Osprey .
Starry, D. A. (1977): Mounted Combat in Vietnam. Department of the Army
Stearman, W. L. (2010): Lessons Learned From Vietnam. In: Military Review March-April 2010, S. 109-116
Willbanks, J.H. (1993): Thiet Giap! The Battle of An Loc, April 1972. Army University Press.
Windrow, M. (Ed). (1983): Armies of the Vietnam war. 2: Repr. (1995). Osprey.


Weiter geht es demnächst mit der Vorstellung der Infanterie!

Parmenion:
Ein sehr interessanter Bericht!!
Und dann auch noch mit schönen Bildern garniert!! Da bin ich doch schon sehr auf die Fortsetzung gespannt :).

Parmenion

meyer:
Ein sehr interessanter Eingangspost! Ich finde solche Recherchen immer toll, und ich weiß wieviel Arbeit das macht. Aber es macht auch Spaß.
Die Bilder sind richtig gut und wie immer bei Dir sehr atmosphärisch.

Sorandir:
Cooles Projekt, sieht schon gut aus.

WCT:
Schick, ich freue mich auf mehr

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