So, Feierabend für heute
Jetzt kann ich das Thema Differenzierung im Tabletop noch einmal in Ruhe aufgreifen, denn ich denke, da kann man ruhig drüber reden und gerne auch hier. Ich sabbel jetzt mal unkontrolliert meine Gedanken dazu in die Tüte (Achtung! Textwand!
)
Wenn man das Hobby Tabletop auf die kleinsten Nenner herunterbricht, erhält man vier Kreise.
Der erste KreisWer besser würfelt, hat immer recht. Das ist wie bei den Kneipenspielen, wo man 1er oder 6er oder 5er sammeln muss, um zu gewinnen.
Der zweite KreisMit einem General (nicht Spieler!) steht und fällt eine Armee. Ein General mit schlechten Führungsqualitäten wird jede noch so einfach Operation mit Schmackes an die Wand fahren.
Der dritte KreisMit den Soldaten und ihrer Ausrüstung steht und fällt der Erfolg. Eine Einheit die mit Messern zu einer Schießerei kommt hat immer das Nachsehen. Ist sie dann auch noch schlecht ausgerüstet ...
Der vierte KreisDer Spieler und sein Können entscheidet mit, wie ein Spiel läuft. Wer eine Dame mit den ersten Zügen gegen einen Bauern tauscht ohne dabei einen eklatanten Vorteil zu erringen wird niemals in einer Mannschaft spielen oder gar gewinnen
Diese vier Kreise müssen jetzt eine Schnittstelle bilden. Einen Punkt, ein Spannungsfeld, in dem ein Spiel bzw. System letztendlich für die Beteiligten spannend ablaufen soll. Ein Geschehen auf dem Spielfeld, in dem die Figuren, ihre Fähigkeiten, Ausrüstung, Ausbildung etc. dem Spieler die Möglichkeit geben, sich und seine Fähigkeiten spannend und mit Spaß mit einzubringen.
Es hat salopp gesagt keinen Sinn, wenn man zwei Armeen mehr oder weniger liebevoll bemalter Püppies aneinander stellt und dann einfach drauf los würfelt. Ohne Modifikatoren, ohne erspielte Vor- oder Nachteile für die Würfelwürfe.
Und da greift eben das, was du, Maréchal Davout, angesprochen hast.
Die Differenzierung
Black Powder hat, soweit ich das bisher erlesen habe, im ersten Schritt den Aspekt des Generals stark im Blick. Ein unfähiger General wird wirre Befehle schreiben, die entweder nciht ankommen oder missverstanden werden. Da kann der Spieler als gottgleiche Figur am Tisch noch so gut sein, wenn es nicht läuft, dann ist Ende Gelände.
Es nutzt aber auch der beste General nichts, der von einem guten Spieler geführt wird, wenn die zur Verfügung stehenden Einheiten ein einfacher 08/15 Einheitsbrei sind. Da kann man nur Vorteile durch Bewegung herausspielen um eine Übermacht zu gewinnen. Das ist schon, spaßig! Gar keine Frage! Aber was nutzen die erwähnten Schwertkämpfer mit Klingen aus Maxwell Kaffeedosen und ohne Ausbildung, wenn sie vor eine Batterie Haubitzen, Gattlings oder was auch immer laufen?
Ein Praxisbeispiel, was ich damit meine:
Bei Kugelhagel ist es vom Regelgerüst her so, dass Generäle zuerst einmal Joker bringen, mit denen man außer der Reihe eine Einheit aktivieren kann. Dafür haben sie ja nach Rang eine feste Reichweite von Brigade, Korps bis hin zur Division. Das ist aber nur ein
Gerüst. Und ich bin schon seit den frühen 90ern davon weg, jedes Regelwerk buchstabengetreu auszulegen, wenn etwas hakelt oder eine minimale Änderung, die das Spielgleichgewicht nicht stört, beiden Seiten mehr Spannung bringt.
Da hilft einfache Absprache mit den Mitspielern.
Also haben unsere Generäle in der geplanten ACW-Kampagne für die Union nur je einen Joker. Politische Kabbeleien, Großmannssucht ... hast du ja glaube ich auch erwähnt? Die Südstaaten hatten in der Oberschicht eine tiefere Tradition in der militärischen Ausbildung. also haben sie im Gegenzug jeder 2 Joker.
Die erste Differenzierung ... und kein Martin Feller kommt umme Ecke um mir dafür auf die Finger zu hauen
Die zweite Differnzierung greift auch wieder auf das Regelgerüst zurück.
Jede Einheit hat, um bei Kugelhagel zu bleiben, bestimmte Eigenschaften und Punktekosten. So sind die Freiwilligen der Union billiger, weil die Union eben auf mehr Menschen zurückgreifen konnte, in den Südstaaten sind sie (und auch alle anderen Truppen) dafür teurer.
Als Ausgleich haben die Rebellen dafür mehr »Herz« (ich möchte hier die Regeln nicht spoilern, es ist einfach ein Vorteil der die Angegriffenen zu einem Moraltest zwingt, wenn die Südstaatler auf sie zurennen)
Und so geht zieht sich das durch das gesamte Regelwerk und durch alle Epochen. Es ist eine Balance zwischen Abstraktion, Spielbarkeit und effektiven Spielwerten für die Püppies auf dem Tisch. In diesem Balanceakt entscheide ich als Spieler, welche Truppen, mit welchen Fähigkeiten ich zu welchen Kosten einsetze. Auf dem Tisch sind es dann nicht nur die Püppies, sondern auch die Fähigkeiten im Zusammenspiel mit meinem spielerischen Können, die den Spielspaß ausmachen und über Sieg und Niederlage entscheiden.
Oder um es auf den kleinsten Nenner herunterzubrechen:
Durch eine Kommandostruktur (Generäle & Joker), gute Truppen (Ausbildung und Sonderfähigkeiten) die ich in das vereinbarte Punktekorsett einbringen kann, wird das Spiel mehr, als einfach nur blau vs. grau, rot vs. grün oder eine einfache Würfelei darum, wer denn jetzt die nächste Runde schmeißt
Ich weiß, dass der ACW ein Amateuerkonflikt war. Ich habe nicht umsonst so lange überlegt, ob ich trotz der vielen Gussrahmen im Epic Maßstab, die ich hier liegen habe, wirklich dort einsteigen sollte. So habe ich auch lange an kleineren Maßstäben und anderen, interessanten Konflikten herum gehirnt.
Letztendlich ist es aber zunächst der ACW geworden, denn ich habe mich, wenn auch sehr, sehr oberflächlich, mit diesem Konflikt beschäftigt. Dabei habe ich festgestellt, dass der zwar amateuerhaft war, es aber doch den einen oder anderen Unterschied in den Truppen(Gattungen) gab. den kann man am besten in einer kleinen Kampagne herausspielen. Dazu kommt eben der Pulp-Faktor »Fackeln im Sturm«
Die Differenzierung ist also meiner Meinung nach auch in solchen Konflikten wichtig, wie ich finde. Ausbildung, Ausrüstung und Fakten aus dem Hintergrund, sollten bei den verschiedenen Truppen schon mit reinspielen. Egal ob ich jetzt North vs. South mit einheitlichen Uniformen spiele oder einen Skirmisher im WW II, wo ich Fallschirmspringer gegen Guerillas antreten lasse.
Was deine allgemeine Kritik angeht, sehe ich in erster Linie solche Spiele wie 40k davon betroffen. Einfache Grundregeln und dann für jede Armee ein eigenes Handbuch der Do's und Dont's in denen vom schussfesten Schlüpper über das Murderdeathtodeshagelgewehr bis hin zum vibrirenden Nanonervenschneidemesser für jede einzelne Armee alles eine eigene Regel bekommt und an der Figur auch dargestellt werden muss.
Das finde ich auch arg übertrieben
Aber im Großen und Ganzen ist Differenzierung, egal für welchen Konflikt ein System geschrieben wurde, das Herz und die Seele eines Tabletops und damit noch wichtiger,als der Hintergrund.
Meine ausufernden 50 Cent dazu
Jetzt seid ihr dran