Vielleicht ecke ich jetzt ein bisschen damit an, aber ich denke, ich kann taktische Tiefe bei Tabletops sehr einfach definieren:
Ein Spiel hat taktische Tiefe wenn es das, was es darstellen soll, so umsetzt, wie es war.
Spiele an sich haben keine taktische Tiefe. Reale Gefechte haben das. Die Aufgabe eines Spiels ist die Simulation. Simuliert sie etwas glaubwürdig, dann ist es vollkommen schnurz, mit wieviel Detail und Regelaufwand sie das macht. Wieviel Micromanagement gut oder schlecht ist ist eher vom Geschmack des Spielers abgängig. Wenn ein Angriff schwerer mittelalterlicher Kavallerie auf leichte Infanterie simuliert wird und es einem reicht, einen viereckigen Counter vorwärts zu schieben oder ob man es lieber hat, dass die Regeln feststellen können, wie geordnet die Einheit ihren Ansturm ausführt hat damit nichts zu tun. Wichtig ist, dass das Ergebnis ungefähr so ist, wie es aller Logik nach sein müsste.
Kurz gesagt: Ein Spiel simuliert taktische Tiefe wenn sich das Geschehen auf dem Spielfeld so verhält, wie es das Reale getan hätte.
Und ja, in diese Definition fällt mMn auch Schach, obwohl es extrem abstrakt ist. Seine Aufgabe ist es auch nicht mittelalterliche Schlachtfeld-Taktik zu lehren. Es lehrt logisches Denken. Man nutzte es, um eine feudale Kriegerkaste mit allerlei Flausen von Männlichkeit, Ruhm und Tapferkeit im Kopf zu erziehen. Planung, Hineinversetzen in den Gegenüber, Ökonomie der eigenen Ressourcen etc. Das alles ist -nicht- schlachtspezifisch. Dem Ritter half es nicht nur im Krieg, sondern auch dabei die Finanzen seiner Besitztümer zu verwalten. Politiker, Ökonomen, selbst religiöse Würdenträger, sie alle haben Schach gespielt. Es ist ganz speziell dafür bekannt eine Denkart zu schulen, die in vielen Lebensbereichen nützlich ist und Kriegsführung ist nur einer davon. Ein abstraktes Spiel um etwas so abstraktes wie logisches Denken zu simulieren. Das würde ich Tiefe nennen, wenn auch nicht Taktische.