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Motorisierung im 2.WK und Pferde im Krieg
lemming:
Vor 2 bis 3 Jahren gab es zu diesem Thema einen Artikel auf der Battlefront-Website. Der Artikel ist aber seit deren Website-Umstellung nicht mehr Online, soweit ich weiß.
Ich habe eine Prozentangabe in Erinnerung: zu den Zeiten als die Motorisierung der Wehrmacht am größten war (das dürfte wohl nach dem Erbeuten von allerlei Fahrzeugen im Frankreichfeldzug gewesen sein) war der Motorisierungsgrad gerade mal 25 Prozent.
Neben der mangelnden Verfügbarkeit von LKWs war auch ein Grund, dass in Deutschland nur relativ wenig Leute einen Führerschein besaßen. (Genaue Zahlen weiß ich nicht mehr, aber der Prozentsatz der Führerschein-Inhaber in der deutschen Bevölkerung 1939 war im Vergleich zu den USA lächerlich gering.)
Der Transport mit Pferden war nicht besonders effektiv, da langsam und wiederum weitere Pferde benötigt wurden, um die Massen an Pferdefutter heran zu schaffen. Zudem verstopfte die große Menge langsamer Pferde die Straßen und behinderte oftmals die motorisierten Truppen am schnelleren Vorwärtskommen.
In dem Artikel war auch ein Organigramm einer bespannten Batterie von der Feldartillerie. Wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, etwa 150 Pferde - auf jeden Fall fast so viele Pferde wie Soldaten - (inkl. Nachschub, Munitionstransport, Pferdefutter-Transport, Ersatzpferde) waren nötig um die vier Geschütze am Feuern zu halten.
Um die kriegsbedingten Verluste an Pferden auszugleichen, wurde Ersatz in der Heimat requiriert. Dadurch fehlten wiederum Pferde in Landwirtschaft und zivilem Transport.
In einem anderen Artikel von Battlefront ging es um eine deutsche Fallschirmjägereinheit in der Normandie. Die waren mit ca. 70 LKWs völlig untermotorisiert. Deren Fuhrpark war eine bunte Mischung aus deutschen, italienischen, französichen und britischen Fahrzeugen, so dass sich die 70 LKWs aus über 50 verschiedenen Modellen zusammensetzten.
Zum Thema Pferde im 2. WK zwei Erzählungen aus der Familiengeschichte:
Mein Großvater war bei der schweren Ari. (Vermutlich 15 cm Haubitzen.) Für den Transport der Geschütze waren Halbketten-Fahrzeuge vorgesehen. Die Halbketter wurden kurz vor dem Frankreichfeldzug abgezogen und durch Pferde ersetzt, weil die Fahrzeuge für eine andere Einheit dringender benötigt wurden. So zogen sie mit Pferden durch Frankreich, haben aber dort keinen einzigen Schuß abgefeuert, weil die Pferde mit dem schnellen Vormarsch im Blitzkrieg nicht mithalten konnten. Der Transport der schweren Geschütze mit Pferden hatte auf den relativ gut ausgebauten französichen Straßen noch einigermaßen funktioniert. Mit den schlechten Straßenverhältnissen in Russland waren die armen Tiere überfordert und überlebten den ersten Winter nicht, wobei die mangelde Versorgung mit anständigem Futter noch erschwerend hinzu kam.
Mein Vater erzählte mir von einem benachbartem Bauern. Dem waren im 1. WK sämtliche Pferde requiriert worden. Deshalb kaufte er in der Zwischenkriegszeit nur noch Schimmel, weil weiße Pferde aufgrund der schlechten Tarnung vom Kriegsdienst befreit waren. Im zweiten oder dritten Jahr des 2. WKs wurden dann aber auch die Schimmel eingezogen.
Kniva:
--- Zitat ---Es gibt ja den MYthos des Blitzkrieges und damit verbunden schnelle Panzervorstöße, etc.
--- Ende Zitat ---
Ich vermute, Du hast Karl-Heinz Frieser: \"Blitzkrieg-Legende\" gelesen, wo der Autor vehement die These vom \"Mythos\" vertritt. Nun ja, ich möchte hier nicht über diese Debatte diskutieren - was ich mit Frieser übrigens schon persönlich getan habe; ich halte seine These für fragwürdig.
Aber wofür brauchst Du eigentlich diese Angaben? Klingt so, als würdest Du eine Arbeit darüber schreiben.
--- Zitat ---Ansonsten muß ich bei den einzelnen Divisionsgeschichten nachforschen.
--- Ende Zitat ---
Das kannst Du Dir, ehrlich gesagt, sparen. Ich habe meine Magisterarbeit über die Kursker Schlacht - genauer: das Thema Logistik während der Operation \"Zitadelle\" - geschrieben und glaubte, in den Divisionsgeschichten wertvolles Material zu finden. Pustekuchen! Diese Bücher sind völlig wertlos und historisch unbrauchbar.
Wenn Du also zu dem Thema richtig was erforschen möchtest, dann solltest Du - was ich damals tat - in die Kriegstagebücher der einzelnen Einheiten schauen. Diese findest Du im Militärgeschichtlichen Forschungsamt in Potsdam. Aber das lohnt sich natürlich nur für ein aufwändiges Forschungsprojekt wie Magister- oder Doktorarbeit.
Zum Schluss empfehle ich Dir ein recht altes Buch, das Du nur noch in Fachbibliotheken erhälst, nämlich: Ernst Klink: Das Gesetz des Handelns.
Es geht darin ausschließlich um die Kursker Schlacht. Aber Klink schreibt sehr ausführlich über den Grad der Motorisierung - oder eben Nicht-Motorisierung - der Wehrmacht 1943. Sehr empfehlenswert trotz - oder vielleicht sogar wegen - des Alters.
Gruß
Stefan
The Desertfox:
--- Zitat von: \'Kniva\',index.php?page=Thread&postID=43120#post43120 ---als würdest Du eine Arbeit darüber schreiben.
--- Ende Zitat ---
Muß ein Referat über Opel und General Motors vor während 2. WK halten und wollte als großen Kontext die Motorisierung der Wehrmacht nehmen. Friesers Buch habe ich noch nicht, ist aber bestellt. Sein Buch \"Sedan Ardennen\" kann ich allerdings nur empfehlen! Vielen Dank für die Tips!!! Ich versuche mal an das Buch über Kursk drann zu kommen. Es ist echt frustrierend, wenn man nur Anekdoten oder nicht nachprüfbare Aussagen in Büchern findet (siehe dazu auch meinen anderen Beitrag über Infrarot bei Publikationen).
Nochmals vielen Dank
Desertfox
Tankred:
Sehr interessant Lemming, was Du da schreibst. Einer meiner Opas war Kraftfahrer und ich war schon als Kind etwas irritiert, dass das mal A) ein Beruf war und B) so kriegswichtig war, dass man keine andere Verewendung für ihn suchte. Soweit ich weiß, war kutschierte er einen Offizier rum.
Poliorketes:
Tankred, das ist immer noch ein Beruf. Wobei im 2. Weltkrieg (und rund herum) nicht nur das fahren dazugehörte, sondern auch das Instandhalten des Wagens - Pannen waren ja viel häufiger.
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