Und das sagt die Presse:
Sechs Millimeter Strategie
Ortstermin: âGenerĂ€le\" spielen Schlacht von Gettysburg in Miniaturlandschaft nach mit HĂŒgeln, Gehöften und halb fertiger Bahnlinie
Von Gereon Hoffmann
Bei Gettysburg kommt es zur schicksalhaften Schlacht zwischen Unionstruppen und der Armee der Konföderierten. Die GenerĂ€le Benjamin Weber und NoĂ«l Martin fĂŒhren ihre MĂ€nner ins Gefecht. Die MĂ€nner sind sechs Millimeter hoch, die Schlacht findet im Speyerer Spieletreff âCool\" statt.
Die echten GenerĂ€le hieĂen anders. Statt Weber fĂŒhrte SĂŒdstaatengeneral Robert E. Lee die Konföderierten, und die Nordstaatler fĂŒhrte nicht Martin sondern George G. Meade. Die echte Schlacht von Gettysburg fand vom ersten bis dritten Juli 1863 statt und ist sehr gut dokumentiert. Die TruppenverbĂ€nde und ihr Aufmarsch sowie die KampfstĂ€rken sind genauestens bekannt. Es sind auch die Lagebeurteilungen und Befehle der GenerĂ€le ĂŒberliefert. Aus heutiger Sicht gab es damals folgenreiche Fehlentscheidungen.
Gewonnen haben damals die Nordstaatler. FĂŒr die Spielstrategen von heute ist die entscheidende Frage: Was wĂ€re, wenn die GenerĂ€le andere Entscheidungen getroffen hĂ€tten?
Das Spiel findet auf einer Miniaturlandschaft statt, die den Gegebenheiten des originalen Schlachtfeldes entsprechen soll und nachgebaut ist. Da gibt es die halb fertig gebaute Bahnlinie, strategisch wichtige HĂŒgel, kleine Gehöfte und natĂŒrlich das StĂ€dtchen Gettysburg.
âDas Erforschen der historischen HintergrĂŒnde gehört fĂŒr uns zur Vorbereitung des Spiels und trĂ€gt viel zum Reiz des Ganzen bei\", erklĂ€rt Benjamin Weber. Der 30-jĂ€hrige Ludwigshafener hat ebenso wie sein Spielgegner Martin viele BĂŒcher gewĂ€lzt und weiĂ jetzt nicht nur ĂŒber MilitĂ€rwesen und Strategien des amerikanischen BĂŒrgerkrieges Bescheid, sondern auch ĂŒber die politischen und ökonomischen HintergrĂŒnde.
Mit diesen Kenntnissen basteln die Spieler dann ihre Spielfiguren - Miniaturen, die Infanterie, Artillerie und Kavallerie darstellen.
Es wird nicht jeder einzelne Soldat aufs Spielfeld gebracht, eine Spielfigur steht zum Beispiel fĂŒr eine Infanterieeinheit von 200 Mann. Die winzigen Figuren sind akribisch genau in den Farben der Originale bemalt. Das Basteln und Bemalen gehört fĂŒr die Strategiespieler ebenfalls zum SpaĂ. âEs gibt Viele, die ĂŒber den Modellbau zum Spielen kommen, und es gibt auch Leute, die solche Figuren sammeln\", erklĂ€rt Martin. Der 51-JĂ€hrige ist Mitarbeiter des Spieletreffs und selbst leidenschaftlicher Strategiespieler.
Zu Beginn der Schlacht um Gettysburg steht der Aufmarsch der Truppen im Mittelpunkt. Die Bewegungen werden maĂstabsgerecht ausgefĂŒhrt. Mit dem MaĂband wird abgemessen. Ob die Truppen ausgeruht und motiviert oder erschöpft und demoralisiert sind, spielt fĂŒr Beweglichkeit und Kampfkraft ebenso eine Rolle wie das GelĂ€nde. Etwa 30 Prozent GlĂŒck und 70 Prozent Strategie, so schĂ€tzt Martin das VerhĂ€ltnis der Erfolg bestimmenden Faktoren ein.
Martin und Weber verhalten sich beim Spiel wie echte GenerĂ€le: Sie legen ihre Strategie fest und geben Offizieren bestimmte taktische Ziele vor. Entsprechend haben Martin und Weber Mitspieler, die die PlĂ€ne der Oberbefehlshaber ausfĂŒhren. Ăhnlich wie in der echten Schlacht kann es hierbei zu MissverstĂ€ndnissen in der Befehlskette oder FehleinschĂ€tzungen der Lage durch die Offiziere vor Ort kommen.
Ausgehend von der historisch belegten Verteilung der KrÀfte kann sich das Spiel dann ganz anders als die historische Schlacht entwickeln.
Die BefĂŒrchtung, dass Kriegsspiele Rechtsradikale anlocken könnten, hat die Erfahrung von Spieletreff-Betreiber Norbert Löffler widerlegt. âDie Spieler sind Leute mit Grips und mit historischem Interesse, die SpaĂ an strategischen Problemen haben\", erklĂ€rt Löffler. Und NoĂ«l Martin lenkt den Blick auf das Verbindende dieses Spiels: âIch bin Franzose und spiele hier mit Deutschen eine amerikanische Schlacht, das ist wirklich international!\"
KELLERS
Quelle:
Verlag: DIE RHEINPFALZ
Publikation: Speyerer Rundschau
Ausgabe: Nr.120
Datum: Donnerstag, den 27. Mai 2010