Björn, schönes Thema! Habe ich leider erst jetzt entdeckt, wo das Meiste schon gesagt wurde.
Trotzdem versuche ich mal einen neuen Aspekt reinzubringen: Ich schĂ€tze mal, das typische Bild eines Wargamers in der öffentlichen Wahrnehmung ist das des nörgeligen Fachidioten, der in der Tat einen Film scheiĂe findet, weil zu wenig T34 darin vorkommen oder mit dem falschen MG geschossen wird. Das ist ja auch genau die Meinung, die du hier provozieren wolltest. Und ich glaube auch, sie ist verbreiteter, als sie hier geĂ€uĂert wird.
Ist es also fĂŒr einen guten Film entscheidend, das mit dem richtigen MG herumgeballert wird? Nein, scheiĂ der Hund drauf! Es ist wichtig, das der Film Esprit hat, eine intelligente und spannende Story, das er möglichst eine politisch und moralisch korrekte Aussage hat und einen EINDRUCK von der Zeit vermittelt, die er darstellt. Nur im letzten Punkt ist eine historisch korrekte Ausstattung förderlich. NatĂŒrlich stört eine historisch genaue Ausstattung nicht, ich finde es auch prima, wenn auf sowas geachtet wird, denn es zeugt davon, das die Produzenten und Regisseure sich ernsthaft mit der Materie auseinandergesetzt haben. Aber es entscheidet nicht darĂŒber, ob ein Film gut oder schlecht ist.
Viel unentspannter bin ich, wenn es um die politische und moralische Aussage geht. Ich muĂ brechen, wenn ich unterirdische Machwerke wie \"Saving Private Ryan\" oder \"Band of Brothers\" sehe. Keine Ahnung, ob die Ausstattung historisch korrekt ist. Wenn sie es wĂ€re, wĂŒrde sie diese Filme um kein Deut besser machen. Warum diese Filme schlecht sind, haben hier glĂŒcklicherweise schon andere hinreichend erlĂ€utert. Da kann ich meinen Blutdruck schonen. Das den Briten bei \"The Patriot\" die Hutschnur hochgeht, kann ich auch gut verstehen. Was soll man auch erwarten von Filmen, die mit MillionenbetrĂ€gen von Pentagon gesponsort werden, um gezielt politische Desinformation sicherzustellen, bzw. die Darstellung des GI\'s massiv beeinflussen. Das sollte man mal dem deutschen Verteidigungsministerium vorschlagen. Die Welle der Empörung wĂŒrde keine deutsche Regierung ĂŒberleben.
Auch schlechte DrehbĂŒcher machen schlechte Filme, oder zumindest langweilige. Ausstattung hin oder her. Den von Antipater zitierten Kingdom of Heavens in der Kinofassung wĂŒrde ich hier auch als Beispiel nehmen. Oder Troja.
Aber als ich im zarten Alter von Mitte 20 damals Braveheart sah, war ich begeistert. Na ja, ich war jung und begeisterungsfĂ€hig. Jedenfalls hatte ich damals auch noch deutlich weniger Ahnung von der historischen Genauigkeit und es war mir auch scheiĂegal. Die Story hat mich mitgerissen, die Bilder waren beeindruckend. Heute weiĂ ich, das es kaum einen Film gibt, der historisch und austattungstechnisch so atemberaubend falsch ist. In Braveheart stimmt gar nichts, nicht mal das Wetter :-) Aber soll ich den Film jetzt deswegen schlechter finden?
Es scheint sich ja herauszukristallisieren, das alte Filme weniger hart verrissen werden als neue. Ich glaube, das liegt zumindest zum Teil daran, das man sie sah und mochte, bevor man wuĂte, was alles falsch ist.
Hier die Filme, die ich liebe. Egal, ob sie eine korrekte Ausstattung haben:
Lawrence of Arabia
Letters from Iwo Jima
Im Westen nicht Neues (beide Fassungen)
Der schmale Grat
The Deer Hunter (Die durch die Hölle gehen)
El Cid
Braveheart
Der letzte Mohikaner
Master & Commander
Die Normannen kommen
Waterloo
Die Sharpe-Filme (ist eine Fernsehserie, zÀhlt aber trotzdem, finde ich)
Bestimt habe ich einige der Wichtigsten vergessen... Aber wenn ich so drĂŒberschaue, sehe ich eine ausgewogene Verteilung der letzten 50-60 Jahre Filmgeschichte. Ich kann keinen \"QualitĂ€tsschwund\" feststellen. Schund wurde schon immer gemacht. In der Regel ist es nur glĂŒcklicherweise lĂ€ngst vergessen.