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Kampagne: Norddeutschland 1815
Decebalus:
Anfang August spielten wir einen Tag lang eine kleine Kartenkampagne „Norddeutschland 1815“. Die Kampagne wurde durch mich als Spielleiter wie
ein Rollenspiel geleitet wird. Die Spieler bewegten ihre Armeen ohne zu wissen, was der Gegner tut. Sie mussten seine Position erkunden und versuchen ihn zu einer für sie vorteilhaften Schlacht zu bewegen. Befehlsausgabe und Bewegung fand je halben Spieltag statt. Grundsätzlich war
dabei nach meiner Entscheidung alles möglich, was auch 1815 den Beteiligten möglich gewesen wäre. Die (bedeutenden) Schlachten wurden per Tabletop ausgespielt. Damit das flott ging, spielten wir DBA (Humberside Extension). Ein Kampagnen-Corps hatte dabei etwa 10-15 DBA-Elemente.
Hintergrund (mehr fiktional als historisch)
Napoleon (Frank Bauer, 6 Corps) steht 1815 einer Allianz aller anderen europäischen Staaten gegenüber. Nach seinem Sieg bei Ligny hat er in einer erfolgreichen Verfolgung die preußische Armee komplett vernichtet. Wellington (Old Nosey, 4 Corps) blieb daraufhin nichts anderes übrig, als seine Armee bei Brügge einzuschiffen und nach Norddeutschland zu transportieren. Mit einem schnellen Feldzug in Norddeutschland will Napoleon die Gefahrenherde dort ausschalten. Seine Ziele sind daher die Briten, sowie die Städte Hamburg, Hannover und Braunschweig. Aus dem Süden rücken die Österreicher (Tellus) mit drei Corps und den ihnen unterstellten Corps des Königreich Hannover und des Herzogtums Braunschweig an.
Ablauf
Wellington bestimmte Stade an der Elbe als Landungspunkt seiner Armee. Der Angriff der Franzosen erfolgte, indem Napoleon die Ems an zwei Stellen überschritt: Ganz im Norden bei Leer ließ er zwei Corps als Ablenkungsangriff Richtung Osten vorrücken. Ein eigentlich gefangengenommener Kundschafter der Briten wurde mit der Information, dass hier ein Übergang erfolgte, zu den Briten zurück gelassen. Dieser Bluff funktionierte auch erstaunlich gut. Mehrfach bat Wellington per Kurier bei Schwarzenberg um Unterstützung. Und Schwarzenberg schickte tatsächlich die Corps aus Hannover und Braunschweig auf einen langen Marsch nach Norden, um den Briten zu Hilfe zu kommen. Sie kamen in der Kampagne nicht mehr zum Einsatz.
Der Hauptangriff Napoleons erfolgte jedoch im Süden. Dort überschritten vier französische Corps mit dem Kaiser selbst die Ems und versuchten sich in zwei parallelen Straßen, einmal über Minden, einmal über Halle, Herford, Hameln möglichst unentdeckt Richtung Hannover und Braunschweig vorzuarbeiten. Das war doch etwas optimistisch. Schwarzenberg hatte inzwischen nämlich richtige Stabsarbeit geleistet und einen möglichen Angriffsweg der Franzosen durchkalkuliert und damit recht genau ins Schwarze getroffen. Bei Minden verstellten die Österreicher den Durchgang durch das Weser-Gebirge.
Da die Franzosen auf der anderen Seite der Weser vorrückten, kam es bei Minden zu einer Schlacht mit etwas schräger Front: Französische Garde gegen österreichisches Reserve-Corps. Und die Österreicher bewährten sich in dem, was sie immer konnten: Verteidigen. Die französische Garde griff wieder und wieder über den Fluß an, durch ein mörderisches Feuer von Artillerie und Infanterie. Besonders die österreichischen Jäger zeigten sich als wahre Meister der beweglichen Verteidigung. Schließlich war die halbe Garde vernichtet. Als ein weiteres französisches Corps erschien, zogen sich die Österreicher, zufrieden mit ihrem Erfolg, zurück.
Im Norden waren die Franzosen inzwischen ebenfalls bis zur Weser vorgestossen und begannen bei Elsfleth eine Ponton-Brücke zu errichten. Die Briten waren jedoch etwas südlich über Bremen herangerückt, so dass es im Raum Oldenburg, Elsfleth, Bremen zu einem wilden hin- und hermarschieren und auskundschaften kam. Das ganze führte schließlich bei einem Übergang über die Hunte (etwa halbe Strecke zwischen Oldenburg und Elsfleth) zu einer Schlacht, die von den Franzosen gewonnen wurde.
Trotz dieses Sieges war es kurz danach klar, dass die Franzosen (2 Corps!) bei Elsfleth von vier britischen und zwei deutschen (erinnert Euch:
die Hannoveraner und Braunschweiger) Corps umzingelt waren. Heroisch setzten sie jedoch über die Weser, vernichteten hinter sich die Ponton-Brücke und griffen die Niederländer (Teil der britischen Armee) an. Willem von Oranien (D4 Kommando-Würfel) war dem nicht gewachsen und wurde geschlagen.
Im Süden hatten die Österreicher inzwischen die zweite französische Kolonne hinter Hameln entdeckt und machten sich bereit, sie abzufangen. Das nachrückende französische VI. Corps mit den Resten der Garde griff daraufhin beherzt bei St. Hagen (etwa die Hälfte zwischen Minden und Hannover) die Österreicher an, um diese abzulenken. Die Schlacht lief, trotz der Überlegenheit der Franzosen, schlecht, was vor allem an der ungenügenden Führung lag (diese hatte ich übernommen, da Frank parallel seine andere Schlacht spielte).
Wegen Erschöpfung und weil es schon (real) späte Nacht war, haben wir hier die Kampagne abgebrochen.
Ergebnis
Ein Ergebnis ist daher schwierig zu ziehen. Strategisch waren die Franzosen recht erfolgreich. Ihre Täuschung funktionierte, so dass ein großer Teil der
Alliierten im Norden aktiv war. Das Schlachtenglück verlief jedoch genau umgekehrt zu dem strategischen Plan. Während im Norden, wo die Franzosen
eigentlich auf verlorenem Posten standen, jede Schlacht gewonnen wurde – was wohl trotzdem den Ausgang nicht geändert hätte, verloren die Franzosen im Süden die Schlachten, obwohl sie jedesmal zahlenmäßig überlegen waren. Von daher hatte es bis zum Ende eigentlich noch kein klares Ergebnis gegeben.
Fazit
Als Organisator ist es nicht immer ganz einfach ein Fazit zu ziehen. Eigentlich lief die Kampagne interessant und spannend ab. Insbesondere wie Napoleon versuchte seine Gegner zu täuschen, machte Spaß anzuschauen. Wir waren uns alle einig, dass die DBA Variante relativ gut napoleonische Schlachten abbildete. Ein Problem war sicher, dass die Spieler in der Kampagne alleine ihre Pläne ausarbeiten mussten. Das war doch etwas einsam. Das nächste Mal, wenn ich etwas Ähnliches mache, werde ich sicher wieder Spielerpaare bilden. Und dass wir kein Ergebnis nach vier Schlachten hatten, war natürlich auch nicht so toll. Ich denke, es hat trotzdem allen Spaß gemacht.
Robert E. Lee:
Ein sehr interessanter Kampagnenansatz, welcher bei Gelegenheit wie sich das gehört schamlos geklaut wird :D . An der Stelle frage ich mich wie du die Bewegung abgehandelt hast, sprich wie weit haben sich die einzelnen Armeen pro Zug auf der Karte bewegt?
Der Bericht liest sich wie nicht anders zu erwarten ebenfalls klasse :thumbup: .
Razgor:
Danke für die Info und die Bilder :)
Von so einer Kampagne träume ich schon seit Jahren...
Schließe mich Robert E.Lee an. Könntest du bitte was zu den Kampagnenregeln sagen ?
Decebalus:
--- Zitat von: \'Robert E. Lee\',index.php?page=Thread&postID=67925#post67925 --- An der Stelle frage ich mich wie du die Bewegung abgehandelt hast, sprich wie weit haben sie die einzelnen Armeen pro Zug auf der Karte bewegt?
--- Ende Zitat ---
[font="]Hier dazu aus meinem Hinweis-Blatt für die Spieler:
[/font]
[font="]Truppen
bewegen sich als (Leichte Kavallerie-) Divisionen (1-3 Elemente) oder Corps
(10-15 Elemente). Corps haben auf einer Straße etwa eine Länge von 10 km.
Garnisonen (in Regimentsstärke) bewegen sich gar nicht.[/font]
[font="]Bewegungen
je halber Tag (einschließlich Pausen, Essen etc.) auf Straße:
Corps 10 km
Leichte-Kavallerie-Divisionen 20 km (können aus den Corps ausgegliedert
werden).
Gewaltmarsch addiert 50-100 % Reichweite, erschöpft jedoch die Truppen.
Marsch außerhalb der Straßen etwa 3 km.[/font]
[font="]Infanterie
erkundet 360° in einer Entfernung bis 5 km, leichte Kavallerie bis 15 km.[/font]
-------------
Zusätzlich habe ich bei jeder Bewegung einen W6 geworfen. Bei einer 6 kam noch etwas Entfernung dazu, bei einer 1 passierte etwas unvorhergesehenes = langsamere Bewegung oder dass kundschaftende Kavallerie-Divisionen \"verlorengingen\", d.h. der Kontakt nicht mehr bestand.
Decebalus:
--- Zitat von: \'Razgor\',index.php?page=Thread&postID=67926#post67926 ---Könntest du bitte was zu den Kampagnenregeln sagen ?
--- Ende Zitat ---
Grundsätzlich lebt das Ganze (wie ein Rollenspiel) davon, dass es nur minimal feste Regeln gibt.
Jeder Spieler hat eine Karte (mit Folie bezogen und mit Folienstiften zu beschriften). Der Spielleiter hat selbstverständlich auch eine Karte, die die \"master-Karte\" ist, d.h. hier sind beide Seiten eingezeichnet und hier ist auch das gültige Ergebnis. Ein Spieler beginnt, teilt seine Pläne für seine Einheiten mit. Ich teile mit, was er erkundet hat, ob er auf Feinde gestossen ist usw. Dann wandere ich zum nächsten Spieler. Der in einem anderen Raum sitzt. Dem teile ich mit, ob etwas passiert ist, dann sagt er seine Befehle usw. Paralelle Befehlserteilung erscheint mir hierfür unnötig, da viel zu umständlich. Ich habe Halbtages-Züge gespielt, aber auf die Berücksichtigung der Nacht verzichtet (kann man aber machen).
Zusätzlich habe ich für jeden Spieler zu Beginn seines Zuges einen W6 geworfen. Eine 1 bedeutete, dass sein Stabs-System überlastet war, und er Schwierigkeiten hatte, alle Einheiten zu befehlen. Besonders für Napoleon, der ja bei seiner Süd-Armee war, bedeutete das, dass er nicht erfuhr, was im Norden abging. Ähnliches habe ich für jede Einheit (Corps, bzw. leichte Kav. Div.) gemacht. Bei einer 1 war die Bewegung verlangsamt (Fußkranke), oder die Kavallerie schlug einen anderen Weg ein usw. Man sagt natürlich nicht, man hat eine 1 gewürfelt, sondern dass etwa der Übergang über eine Brücke länger dauert als erwartet o.ä. Bei kleinen Konflikten (z.B. gegen die Garnisonen von befestigten Städten) habe ich ebenfalls gewürfelt. 6 bedeutete dann im ersten Anlauf erobert, 1 dass das ganze sich hinzieht. Genauso macht man es bei Erkundung, eine 1 führt dann mal dazu, dass der Gegner viel stärker erscheint.
Sehr schön kam das rollenspielerische am Anfang raus. Die Briten durften einige Übergänge über die Ems mit Kundschaftern auskundschaften. Der Spion bei Leer warf eine 1, so dass ich entschied, er ist durch franz. Husaren erkannt und gefangen worden. Dann entschied aber Napoleon (da das ja sein Ablenkungsangriff) war, dass dem Spion die Gelegenheit gegeben werden sollte, zu flüchten. Genau das hat er (also ich) dann auch Wellington mitgeteilt: \"Viele Franzosen. Haben mich gefangen genommen. Konnte aber fliehen.\"
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