Mut zu Schmutz!
Diesmal etwas weniger Mut, der Kerl hat mich genug Nerven gekostet. Das Modell an sich (aus dem Hause A&A) aber ist toll, die Epoche allemal. Ich wollte mal was Regionales, und nichts eignet sich dafür besser als das kleinteilig-zerstückelt-regionalisierte dritte nachchristliche Jahrhundert. Bestes Beispiel für das Stückwerk der Identitäten, Idiome und Moden im Römischen Reich ist Titus Flavius Romanus, Centurio der Mainzer
legio XXII Primigenia Pia Fidelis, um 235 n. Chr.
Dem Namen nach ein durch-romanisierter Offizier kommandierte Titus Flavius, laut Ausweis einer Inschrift nahe dem Limeskastell Walldürn, eine dort zusammengezogene Multikulti-Truppe aus irregulären Auxiliaren und frisch unterworfenen Britanniern (daher keltisch karierte Hosen und Mantel). Im Sommer 232 leitete er dort den Wiederaufbau eines verfallenen Badehauses - für die Steinmetz- und Ziegeleiexperten der Mainzer Legion (ihren Capricorn-Stempel kann man in ganz Germanien entdecken) sicherlich eine leichte Aufgabe. Kurz danach aber, im Folgejahr, überrannten germanische Krieger en masse den Limes. Die Bedrohung war ernst genug, dass Kaiser Severus Alexander seinen Persienfeldzug abblies, um an den Rhein zu marschieren. Romanus mag damals zu seiner ebenfalls heimgeholten Stammeinheit (jetzt mit dem Titel
Alexandriana geehrt) in die Provinzhauptstadt zurückgekehrt sein.
Ebenda aber verscherzte sich Severus Alexander mit einem - sicherlich vernünftigen - Verhandlungsfrieden zwischen Rom und den Germanen die Sympathien seiner Soldaten: Er wurde kurzerhand ermordet, und sein gleich im Anschluss gekürter Nachfolger, Maximinus Thrax, beruhigte die Gemüter mit einem zünftigen Rachefeldzug. Seit jüngstem glaubt man, archäologische Spuren dieser Expedition entdeckt zu haben. Auf einem südniedersächsischen Hügel fanden sich zahlreiche Waffen- und Ausrüstungsteile römischer wie germanischer Krieger, und man nimmt an, dass diese irgendwann nach 235 dort verloren wurden. Wer das erstaunliche, aber keineswegs sensationelle Schlachtfeld nicht selbst in Augenschein nehmen will, für den gibt es eine ziemlich gut gemachte
TV-Dokumentation. Der bergan durchs Herbstlaub stürmende Romanus ist nicht zuletzt den dort gezeigten Spielszenen entlehnt.
Krise des 3. Jahrhunderts, Barbarisierung des Militärs, Soldatenkaiser, moderne Schlachtfeldarchäologie - alles in einer Figur, und noch dazu einem der viel zu selten zu sehenden A&A-Modelle. Kann man mehr wollen? Falls ja,
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PS: Den Helmbusch habe ich einem Immortal-Griechen geklaut. Centurionen ohne Helmzier, geht gar nicht.