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Carl von Clausewitz, Vom Kriege, Meinungsaustausch und kurzreview
Hanno Barka:
Also ich fand Machiavelli schlicht und ergreifend langweilig ^^
Banzai:
Was hingegen deutlich leichter zu lesen ist als Machiavelli und Clausewitz, wäre die \"Geschichte der Kriegskunst\" von Hans Delbrück. Kann man eigentlich jedem Wargamer empfehlen, da sie die Zeit von den frühesten Überlieferungen bis zu Napoloen abdeckt - sind auch vier Bände.
Geschrieben immerhin im frühen 20ten Jahrhundert, oft bezug nehmend auf Werke des ausgehenden 19ten und beginnenden 20ten Jahrhunderts, die unsereiner natürlich nicht geläufig sind, ist es leicht zu lesen (man muss nicht so oft in Fußnoten nachschlagen, geht auch ganz gut ohne). Er beschreibt immer das jeweilige Verständnis vom Kriegswesen der betreffenden Epoche, wobei er auch auf nationale Unterschiede eingeht - Schweizer im 15ten Jahrhundert ist nochmal was anderes wie die Italienischen Fürsten in der gleichen Zeit. Er beschreibt fast alle bedeutenden (z.B. Pavie, Bannockburn, Teutoburger Wald) Schlachten und auch zahlreiche weniger bedeutende (z.B. das \"Treffen am Pillenreuther Weiher\" - fränkischer Insider ^^), sofern sie wesentliche Erkenntnisse/Beiträge zur \"Kriegskunst\" (neue Waffen, neue Taktiken usw.) liefern. Interessant ist auch, dass er althergebrachte Überlieferungen (v.a. aus der Antike) sehr kritisch hinterfragt und dies mit logistischen Überlegungen sehr gut darlegt.
Ein wenig nervig ist der Umstand, dass wenn er Primärquellen zitiert, dann tut er dieses in der jeweiligen Originalsprache - also durchaus auch französisch und altgriechisch (war für Historiker im Jahr 1910 sicherlich obligatorisch) - ich habe aber dann keine Übersetzung dazu gefunden. Musste man halt so hinnehmen, kommt aber auch nicht so oft vor, dass es als zu störend oder sinnentzerrend empfunden werden muss.
Die vier Bände gabs/gibts immer wieder mal bei Weltbild - kostet auch nicht die Welt. Aber sehr interesant und vor allem neutral geschrieben, da Delbrück selbst kein Feldherr war, sondern eben Wissenschaftler.
Gruß,
Banzai
Poliorketes:
Delbrück ist ein Klassiker, aber neutral? Das kommt Dir nur so vor, weil Du die anderen Autoren, die er dauernd angreift, nicht kennst (daß die überhaupt keiner mehr kennt, aber Delbrück schon, weißt darauf hin, wer Recht gehabt haben könnte). Im Unterschied zu Clausewitz, Macchiavelli und Sun Tzu ist Delbrück aber kein Militärphilosopph oder -theoretiker, sondern ein echter Militrähistoriker. Auch wenn einige seiner Thesen inzwischen veraltet sind, ist er auf seinem Gebiet zumindest im deutschen Sprachraum wohl immer noch einer der Einflußreichsten.
Thomasius:
--- Zitat --- Finde es immer wieder köstlich, unter welchem Blickwinkel hier zuweilen Bücher & Filme rezipiert werden.
--- Ende Zitat ---
Ach du meine Güte – da liest in einem Wargaming-Forum jemand Clausewitz tatsächlich mit dem Blick eines Kriegspielers?! Ja, wirklich sehr amüsant...
Dagegen sage ich: solange man sich bewusst bleibt, was man da treibt, ist dieser Ansatz durchaus legitim. Es gibt keinen Grund, sich darüber lustig zu machen.
Antipater:
Eben: solange man sich der eingeschränkten Perspektive bewusst ist. Und das scheint mir hier (wie auch in anderen Foren, wie auch im realen Leben) manchmal nicht der Fall zu sein. Da wirft man dann dem Schulunterricht einseitige Geschichtsdarstellung vor, weil man dort nichts über Strategie und Taktik im Zweiten Weltkrieg erfahren hat. Oder vermiest sich den Kinobesuch durch Mäkeleien über den falschen Panzertyp in einer Schlachtdarstellung. Oder liest eben eine philosophisch-theoretische Abhandlung über den Krieg als soziales Phänomen und wundert sich, dass der Abstraktionsgrad da so hoch ist.
Unbenommen des Respekts, den ich jedem entgegenbringe, der sich mit solcher Kost in seiner Freizeit beschäftigt – und klar darf und soll man Dinge danach bewerten, inwieweit sie sich mit den eigenen Interessen decken. Völlig legitime Subjektivität. Nur lohnt sich eben manchmal auch der Blick über den Tellerrand, sonst gerät man ganz schnell in die Fachidiotie. ;)
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