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Epochen => Frühes Mittelalter bis zur Renaissance => Thema gestartet von: Dakerprinz am 22. April 2014 - 15:11:09

Titel: Sergeants im Mittelalter
Beitrag von: Dakerprinz am 22. April 2014 - 15:11:09
Hallo Community,

Ich habe noch eine Box mit \"Mounted Sergeants\" von Fireforge Games.

Was waren diese Sergeants vom Grad her im Mittelalter?

Man kann sie wohl für die Deutschordensritter und die Templer bauen. Sind es Soldaten, Hilfstruppen, Offiziere? Sind sie vom Rang her unter dem Ritter?


Grüße, der Dakerprinz
Titel: Sergeants im Mittelalter
Beitrag von: harryfiat am 22. April 2014 - 15:19:24
Also Wikipedia spuckt folgendes aus:

Als servientes equites (franz.: sergents à cheval)
bezeichnete man im Hochmittelalter etwa seit dem 12. Jahrhundert
berittene Soldaten nichtritterlicher Abstammung, also nichtadlige
Kriegsknechte, Knappen (http://de.wikipedia.org/wiki/Schildknappe) und Berufskrieger, die (http://de.wikipedia.org/wiki/Sergeant#) nach ritterlicher Art bewaffnet waren und kämpften. Teilweise wurden auch Edelknechte (http://de.wikipedia.org/wiki/Edelknecht) als servientes bezeichnet, also junge Adlige, die noch nicht durch die Schwertleite (http://de.wikipedia.org/wiki/Schwertleite_%28Ritterpromotion%29) (später den Ritterschlag (http://de.wikipedia.org/wiki/Ritterschlag)) zum Ritter (http://de.wikipedia.org/wiki/Ritter) promoviert worden waren. Die Bezeichnung kam besonders in den militärischen Ritterorden (http://de.wikipedia.org/wiki/Ritterorden) zur Anwendung, wo nichtritterliche Ordensmitglieder generell als Sergeanten bezeichnet wurden.
Ist glaube ich aussagekräftig genug.
Titel: Sergeants im Mittelalter
Beitrag von: Dakerprinz am 22. April 2014 - 15:29:48
Das ist eine ganz andere und aussagekräftigere Richtung als die, die ich eingeschlagen hatte. Vielen Dank dafür. Deine Antwort hilft mir sehr, danke :)

Viele Grüße
Titel: Sergeants im Mittelalter
Beitrag von: Hanno Barka am 23. April 2014 - 17:41:38
Sergeanten stellten sogar den Großteil der bewaffneten Reiter und fügen den Zahlen in Quellenangaben für eine beachtliche Dunkelziffer hinzu, da aus den meisten Quellen nicht eindeutig hervorgeht ob die Zahl der Ritter nur \"echte\" Ritter enthält (war durchaus üblich, daß Nichtadelige gar nicht erwähnt wurden) oder ob sie die Sergeanten beeinhaltet.
So um 1000 - 1100 herum machte der Anteil der adeligen Ritter noch 30 - 50% der schweren Reiterei aus, sank aber stetig. Im Spätmittelalter (100 Jähriger Krieg, Rosenkriege etc.) waren nicht mal mehr 10% der men at arms  Ritter. (Es gab auch viele Adelige, die als Sergeanten kämpfen, weil sie die Erhebung in den Ritterstand aufgrund der damit verbundenen recht hohen laufenden Kosten ablehnten)

Zitat von: \'Dakerprinz\',\'index.php?page=Thread&postID=162364#post162364
Sind sie vom Rang her unter dem Ritter?

Vom sozialen Rang her ja, vom militärischen nicht unbedingt, da konnte es auch umgekehrt sein.
Titel: Sergeants im Mittelalter
Beitrag von: Mansfeld am 24. April 2014 - 12:57:16
Haha, ich stelle gerade fest, daß die Wikipedia hier mal wieder zeigt, daß sie wirklich ganz gutes Niveau bietet - das Thema servientes war nämlich meine Magisterarbeit in mittelalterlicher Geschichte, allerdings nur für die Angevinen unter Heinrich II. und Richard Löwenherz, und der Wikipediaeintrag gibt - wenn auch sehr vereinfacht - grob die Fakten wieder. Es ist aber doch etwas komplizierter:

Serviens bedeutet ganz wörtlich einfach nur Diener, deckt aber in den Quellen das ganze Spektrum vom Servierknecht beim Bankett bis zum berittenen und gepanzerten Kämpfer ab, weswegen es immer sehr ärgerlich ist, wenn ein mittelalterlicher Chronist bei einer Schlacht von 100 Milites (Ritter) und 500 servientes spricht, denn letzteres können dann einfach 400 Bedienstete sein, oder 400 Bogenschützen, oder 400 Berittene bzw. alle möglichen Mischungen davon.
Aber mei, die Chronisten sind meistens selber adlig, und da interessieren bloß die Standesgenossen, und der restliche Pöbel hat gefälligst im Hintergrund zu bleiben, wo kämen wir da denn hin?

Auch servientes equites sind nicht ganz so eindeutig als Edelknechte (wie Wikipedia meint) einzuordnen, das können auch Botenreiter oder sonstige Diener auf einem Pferd sein.
Aber wenn der Begriff im Tabletop auftaucht, sind es meistens die Armbrustschützen, Bogenschützen, Billmen oder Speerträger zu Fuß bzw. Ritter für Arme zu Pferd, die vom Stand her in den Augen der Ritter alle unter \"Das sind übrigens meine Bediensteten\" fallen, aber gesellschaftlich kann man diese Leute über Köchen, Lakaien etc ansiedeln (und erst recht weit über Bauern). Interessanterweise sind so manche spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Adelsgeschlechter aus dieser Gruppe hervorgegangen, das ist neben dem wohlhabenden Stadtbürgern so die obere Grauzone kurz vor dem Adel.
Titel: Sergeants im Mittelalter
Beitrag von: Poliorketes am 24. April 2014 - 13:22:23
Sergeant = Kriegsknecht, oder nicht?
Wobei ja gerade im Reich auch ein Panzerreiter nicht gleich ein Ritter war, sondern oft ein unfreier Ministerialer. Den als Sergenten einzuordnen wäre aber wohl doch auch falsch.
Wurden nicht teilweise nur die Fähnlein gezählt? Also der Panzerreiter mitsamt seiner zugeordneten Waffenknechte?
Titel: Sergeants im Mittelalter
Beitrag von: T. Dürrschmidt am 27. April 2014 - 18:03:54
Ich habe mal in einer Ausarbeitung über die Schlacht von Tannenberg 1410 mit Flachfiguren gelesen, dass der Name \"Sergeant\" von \"Sariant\" kommt, und das bedeutet wohl einen mit Kettenpanzer (\"Sar\") ausgestatteten Krieger. Das nur mal als eine Deutungsmöglichkeit zur Wortherkunft. Der \"Sarworter\" war ja ein Handwerker, der Panzerhemden herstellte. Die Wortbedeutung könnte also schon stimmen.
Titel: Sergeants im Mittelalter
Beitrag von: Hanno Barka am 28. April 2014 - 11:46:51
Klassischerweise leitet man das Wort eigentlich vom mittelfranzösischem \"sergient\", das wiederum seinen Ursprung im (mittelalterlich) lateinischem \"Servientem\" = Dienender hat, ab
Erscheint mir anhand der Aussprache plausibler :)
Titel: Sergeants im Mittelalter
Beitrag von: Mansfeld am 29. April 2014 - 11:53:43
Ja, der Ursprung vom \"Serviens\" her ist belegt. Es gab aber auch schon im Mittelalter jede Menge Hobbyetymologen, die dann solche Wortentstehungen postulieren, und die dann bis in die heutige Zeit herüberschwappen.

Zum Beispiel ist das Attribut beim deutschen Kaisertitel \"allzeit Mehrer des Reichs\" dadurch entstanden, daß ein Chronist gemeint hat, das lateinische \"augustus\" käme vom Verb \"augere\" (vermehren) her, und daher sei ein Caesar et Augustus ein Kaiser und Mehrer.
Shit happens bzw. excrementum accidit.
Titel: Re: Sergeants im Mittelalter
Beitrag von: La Hire am 25. April 2019 - 08:27:58
Um das Thema mal zu entstauben: ich beschäftige mich derzeit mit spätmittelalterlicher Kriegsführung und ein Problem, auf das ich immer stoße, ist das Problem der “Kategorisierung“ der Truppentypen.
Können Sergeanten/Kriegsknechte auch Söldner sein? Stattete ein Adliger sein Gefolge auf eigene Kosten aus, oder stellten seine Knechte ihre Ausrüstung selbst?

Vielen Dank! :)
Titel: Re: Sergeants im Mittelalter
Beitrag von: Blüchi am 25. April 2019 - 08:31:30
Sowohl als auch. Um es kurz zu machen.
Titel: Re: Sergeants im Mittelalter
Beitrag von: La Hire am 25. April 2019 - 15:36:28
Danke für den Hinweis, Blüchi.

Gibt es Quellen, Werke oder Aussagen, die sich mit den relativen Preisen von Rüstzeug im Spätmittelalter befassen? Wie wertvoll war ein Helm, Gambeson oder Kettenhemd für einen Knecht? Wie teuer waren Pfeile, etc.? Wurden sie aufwendig instandgesetzt, waren es in Massen produzierte “Verbrauchsgüter“? In einem Band von Funken über Waffen und Rüstungen habe ich gelesen, dass die Produktion von Kettenhemden durch die Erfindung des Drahtziehens vereinfacht wurde, aber ich finde es immer schwer solche Infos in den Kontext zu setzen...

Vielen Dank :)