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Der Pub => An der Bar => Thema gestartet von: BIG am 06. Mai 2021 - 07:31:25

Titel: DIE GROßEN VIER
Beitrag von: BIG am 06. Mai 2021 - 07:31:25
John Keegan nennt die „ Feldherren „ Alexander, Wellington, Grant und Hitler.
Napoleon bleibt außen vor...

https://www.lovelybooks.de/autor/John-Keegan/Die-Maske-des-Feldherrn-144712270-w/

ICH würde Alexander, Hannibal, Friedrich und Lee nennen...
Titel: Re: DIE GROßEN VIER
Beitrag von: Maréchal Davout am 06. Mai 2021 - 09:47:28
Es hängt wohl stark davon ab, auf was man sich konzentriert. Sucht man große Taktik in der Schlacht, oder geht es eher um Gesamtstrategien.
Aus der Lektüre Keegans nehme ich immer was sinnvolles mit, aber er ist teilweise schon etwas speziell in seinen Ansichten. Alexander war da ein ganz anderer Typus. Wellington war ziemlich guter Taktiker und wusste, was er konnte. Es gibt ein paar Parallelen mit Caesar (beide scheinen stark ins Micro-Management der Unterkommandeure eingegriffen zu haben, beide waren auch Politiker, die diese ebene nie außer Acht ließen im Krieg...). Vieles musste Wellington nie zeigen und bei der Vielzahl an Herausforderungen, die Napoleon hatte, wäre ein Wellington wahrscheinlich gescheitert.

Grant war z.B. ein miserabler Taktiker, war aber ausdauernd, stur und verstand, was die langfristigen Stärken der Union waren. Groß hätte ich ihn aber gefunden, wenn er geschickter Menschenleben geschont hätte.

Hannibal war schon genial, was den Umgang mit seiner Armee angeht.

Lee hat wohl vor allem unter den vielen unfähigen Führern des Bürgerkriegs geglänzt. Er war gut, aber hat auch einige große Fehler gemacht. Bei Gettysburg hätte er nicht so angreifen müssen/dürfen, denke ich.

Aber es bleibt schwierig. Erstmal müsste man Kriterien priorisieren, welche Eigenschaften vorrangig wichtig sind. Wenn das wild vom lenken einzelner Einheiten bis zu politischen und geo-strategischen Ebenen geht, kann man die Jungs schwer vergleichen...
Außerdem kennen viele Europäer/Amerikaner manchen genialen süd-ostasiatischen Feldherrn nicht (mich eingeschlossen), der dann auf so einer universellen Liste fehlt.
 
Titel: Re: DIE GROßEN VIER
Beitrag von: Decebalus am 06. Mai 2021 - 11:55:25
Der Klappentext beschreibt das so:

"Über eine Spanne von 2000 Jahren analysiert John Keegan vier Archetypen von Führerschaft in vier verschiedenen Gesellschaften."

An keiner Stelle ist hier die Rede davon, dass es die "großen Vier" sind (was immer das heißen würde).

Und wenn ich ein Buch auf englisch verkaufen wollte, würde ich auch auf jeden Fall Wellington und irgend so einen ACW Knilch dazu packen.
Titel: Re: DIE GROßEN VIER
Beitrag von: Thomas Kluchert am 06. Mai 2021 - 12:14:42
Wenn Decebalus auf etwas antwortet, dann kann ich gar nichts mehr schreiben...

Zitat
irgend so einen ACW Knilch
Made my day  ;D Großartig!
Titel: Re: DIE GROßEN VIER
Beitrag von: Wellington am 06. Mai 2021 - 12:51:17
Äusserst fragwürdiges Ranking, da hat Decebalus schon recht.
Ich finde die Quelle nicht mehr, aber es gab anscheinend auch schon im alten Rom diese Diskussion. Und es scheint Konsens gewesen zu sein, dass Hannibal besser ist als Alexander. Begründung: Gegen Perser kann es ja jeder, dagegen gegen Römer da muss man gut sein  ;D
Titel: Re: DIE GROßEN VIER
Beitrag von: tattergreis am 06. Mai 2021 - 12:57:50
Um den Punkt von Decebalus zu unterstützen: Es geht in dem Buch um (als Einführung) vorheroische Führerschaft, heroische Führerschaft(Alexander), Antiheld(Wellington), unheroische Führerschaft (Grant), falsches Heldentum (GröFaZ). In der Schlussbetrachtung geht es um postheroische Befehlsgewalt. Es sind Beispiele, kein Ranking.

Die größten Feldherren aller Zeiten zu diskutieren ist ein netter Vorschlag, aber diese Buch dafür als Startkabel zu verwenden führt zum Fehlstart.

Alexander, Napoleon, Moltke. Ich weiß zu wenig über Pyrrhus, Hannibal und Caesar, asiatische Kriegsführung hab ich überhaupt nicht auf dem Schirm. Wallenstein war auf seine Art beeindruckend, Friedrich d.Gr. ein verdammtes Glücksschwein. Prinz Eugen und Marlborough, warum waren die schlechter als Wellington? Oder als Lee?
Titel: Re: DIE GROßEN VIER
Beitrag von: khr am 06. Mai 2021 - 13:52:12
Das Buch ist nicht gerade neu, erste Taschenbuchausgabe 1988. Ich habe es vor vielen Jahren gelesen und fand es durchaus nützlich. Eine Sammlung markanter Fallbeispiele ist auch etwas anderes als ein doch meist recht beliebiges "Top ten", egal zu welchem Thema.
Auch als Beispielsammlung kann man aber durchaus eine andere Auswahl treffen. Siehe zum Beispiel B.H.Lidell-Harts "Great Captains Unveiled (https://www.amazon.de/Great-Captains-Unveiled-Liddell-Hart/dp/030680686X/ref=sr_1_2?dchild=1&qid=1620300671&refinements=p_27%3AB+H+Liddell+Hart&s=books&sr=1-2&text=B+H+Liddell+Hart)". Lidell-Hart war vor dem Zweiten Weltkrieg einer der großen Theoretiker der beweglichen Kriegführung und hat auch eine der ersten Geschichten des Zweiten Weltkriegs geschrieben. Seine Liste: Dschingis Khan und Subotai, Marechal de Saxe, Gustav Adolph, Wallenstein und James Wolfe, also eine ganz andere Auswahl.

Zum Thema Top-Generäle, ebenfalls von Lidell-Hart: "A Greater than Napoleon (https://www.amazon.de/Greater-Than-Napoleon-Scipio-Africanus/dp/1436678927/ref=sr_1_3?dchild=1&qid=1620300671&refinements=p_27%3AB+H+Liddell+Hart&s=books&sr=1-3&text=B+H+Liddell+Hart)", über einen General, den wohl die wenigsten in einer Besten-Listen erwarten würden: Scipio Africanus, den Sieger über Hannibal. Lidell-Hart begründet detailliert, warum er ihn so hoch einschätzt.

 
Viele Grüße
Kalrl Heinz
Titel: Re: DIE GROßEN VIER
Beitrag von: khr am 06. Mai 2021 - 14:22:59
Ich finde die Quelle nicht mehr, aber es gab anscheinend auch schon im alten Rom diese Diskussion. Und es scheint Konsens gewesen zu sein, dass Hannibal besser ist als Alexander. Begründung: Gegen Perser kann es ja jeder, dagegen gegen Römer da muss man gut sein  ;D
Titus Livius:
über Alexander gegen Rom ( Liv. 9,17,1-9,19,17 (http://www.perseus.tufts.edu/hopper/text?doc=Perseus%3Atext%3A1999.02.0026%3Abook%3D9%3Achapter%3D17))
Hannibals Top-Drei Liste laut Plutarch: Pyrrhos, Scipio, Hannibal selbst:  http://www.perseus.tufts.edu/hopper/text?doc=Perseus%3Atext%3A2008.01.0060%3Achapter%3D8



Titel: Re: DIE GROßEN VIER
Beitrag von: newood am 06. Mai 2021 - 15:09:09
Ich habe auch schon in dem Buch gelesen,
aber ich könnte daraus nicht ableiten, wer
und warum der eine oder andere besser war.

Ich finde das Werk

Narren, Nulpen, Niedermacher
Militärische Blindgänger und ihre größten Schlachten
von Geoffrey Regan
ISBN 392 42 45 665

wesentlich unterhaltsamer, denn dort bekommt man
schnell einen Überblick was schief gehen kann.

mfg
newood / micha / mr.papertigers
06.05.2021
Titel: Re: DIE GROßEN VIER
Beitrag von: steffen1988 am 08. Mai 2021 - 22:32:45
Das Video ist auch Nett:

https://www.youtube.com/watch?v=TmSQriq0zTc&ab_channel=Cottereau

Die 100 besten Generäle, nach Anzahl der Siege (laut Wikipedia).

Titel: Re: DIE GROßEN VIER
Beitrag von: Riothamus am 09. Mai 2021 - 10:47:18
Äpfel und Birnen: Generäle wie Napoleon und Wellington hatten Führungsteams, wenn auch in unterschiedlichem Maße. Andere weniger bis nicht.

Und das ist nur der Beginn einer Liste.
Titel: Re: DIE GROßEN VIER
Beitrag von: tattergreis am 09. Mai 2021 - 12:06:26
Als General kann man sich ein Führungsteam aufbauen, wenn man die Notwendigkeit eines solchen erkennt.

Wann können wir mit Deiner Liste rechnen?
Titel: Re: DIE GROßEN VIER
Beitrag von: Riothamus am 09. Mai 2021 - 15:23:38
Genausogut könntest du sagen, dass die Römer vor Carrhae eine Eisenbahn hätten bauen können oder die Römer in Spanien ein Stationssystem. Beurteilungen vor dem jeweiligen gesellschaftlichen Hintergrund sind zwar möglich, Vergleiche vor verschiedenem Hintergrund kaum. Wir können Wellington kritisieren, weil er so wenig delegierte. Bei Cäsar sieht das anders aus.

Es ging um eine mögliche Liste, die zu umfangreich ist, sie auszuarbeiten. Ohne einfach handhabbare Schreibmaterialien, nunmal keine schriftliche Meldung. Ohne Überfluss und Organisation kein Nachschub. Und so weiter.

Da könnte man schnell dabei sein zu fragen, wie groß der Anteil Philipps an Alexanders Siegen war, wie groß derjenige Friedrich Wilhelms an denen des Alten Fritz.

Für Napoleon war das Corpssystem möglich geworden, im 7jährigen Krieg musste es noch scheitern, u.a. an Tradition, mangelnder Bildung der Offiziere und angestrebten Parallelexistenz zur zivilen Gesellschaft. Wie sollen da 'Leistungen' der Anführer verglichen werden.

So etwas kann sich auch mit biographischem mischen:
Barbarossa war der einzige Kreuzzugsanführer, der Erfahrungen im Heiligen Land hatte. Wie soll man seine Vorbereitungen fair mit denen Richards vergleichen, der zudem den Seeweg nahm? Auf welche Informationen konnte Richard zurückgreifen? Wie will man da Leistung von Voraussetzung trennen?

Und nicht immer gewann der bessere General. Aber da sind wir schon wieder bei anderen Aspekten.
Titel: Re: DIE GROßEN VIER
Beitrag von: tattergreis am 09. Mai 2021 - 15:45:14
Bye, bye Rio.
Titel: Re: DIE GROßEN VIER
Beitrag von: BIG am 09. Mai 2021 - 15:50:50
Wichtigstes Merkmal: Kühnheit... im Falle eines Alexanders, Maximilians oder Friedrichs persönlicher Einsatz

https://www.welt.de/geschichte/article154292843/Die-groessten-Feldherrn-aller-Zeiten-eine-Liste.html
Titel: Re: DIE GROßEN VIER
Beitrag von: Sens/) am 09. Mai 2021 - 19:56:35
Die großen Vier sind für mich:
Anthrax, Slayer, Metallica und Megadeath 😁
Habe „The Big Four“ auch schon live gesehen
Titel: Re: DIE GROßEN VIER
Beitrag von: Pappenheimer am 09. Mai 2021 - 21:26:47
Als General kann man sich ein Führungsteam aufbauen, wenn man die Notwendigkeit eines solchen erkennt.
Da hast Du schon Recht. Manche zogen sich (auch in der Antike schon) ihr Expertenteam zusammen.
Ich fand das in der Serie von Epic History-Reihe spannend wie v.a. noch in den ersten beiden Koalitionskriegen Generäle ihre Favoriten zu sich in den Stab holen konnten.

Vielen Dank auch, tattergreis, dass Du das mit dem Fokus des Buches zurecht gerückt hast.

Prinz Eugen und Marlborough finde ich faszinierend. Prinz Eugen hatte ein tolles Gespür für seine Gegner und seine Kooperation mit Marlborough ist ein großartiges Beispiel für ein kolegiales Miteinander und wie das auf einen Feldzug seinen Einfluss haben kann.

Bei Friedrich II. könnte man auch sagen, dass es erstaunlich ist, dass er TROTZ einiger seiner Eigenschaften so erfolgreich war.
Titel: Re: DIE GROßEN VIER
Beitrag von: Jens von Tabletop Generals am 10. Mai 2021 - 09:38:39
Finde die Diskussion ja spannend, das Video auch. Was mich ein bisschen wundert ist wie man das überhaupt vergleichen will, selbst wenn man den Kommandostab außen vor lässt.
Manche Feldherren waren erfolgreich weil ihre Gegner schwach waren, andere sind gegen die Napoleons, Hannibals und Alexanders ganz schwach gewesen, hätten aber gegen die eher schwachen Feldherren großes leisten können. Hoffe das ist klar genug formuliert.
Titel: Re: DIE GROßEN VIER
Beitrag von: tattergreis am 10. Mai 2021 - 09:57:29
Natürlich ist die ganze Bewertung nicht objektiv, da keine gleichen Bedingungen vorliegen. Pyrrhus wurde von seinen Gegnern als mit allen Wassern gewaschen beschrieben, er kannte alle Tricks. Trotzdem kennt man ihn heute als den Namensgeber für zu blutige Siege. Ob Caesar genauso erfolgreich als Anführer eines Keltenstammes gewesen wäre, darf stark bezweifelt werden.
"Meine Generale sollen nicht nur tüchtig sein, sie müssen auch Fortune haben." Ich glaub, dass ist von Friedrich dG. Dass der Erfolg im Gefecht vom Glück abhängig ist, macht TT ja auch realistischer als Schach.