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Epochen => Absolutismus und Revolution => Thema gestartet von: StadtRandKind am 21. August 2012 - 22:19:56

Titel: Frage zu russischen Jägern
Beitrag von: StadtRandKind am 21. August 2012 - 22:19:56
Hallo,
handelte es sich bei den russischen Jägern um 1812 um (durchgehende) Plänkler?

Gruß, Lucas
Titel: Frage zu russischen Jägern
Beitrag von: Davout am 22. August 2012 - 18:50:16
Du meinst, ob die alle nur als Plänkler gekämpft haben? Dann ist die die Antwort nein. Genau wie die leichte Infanterie aller anderen Staaten konnten die Jäger natürlich auch in geschlossener Formation kämpfen. Selbst beim Einsatz als Plänkler wurde nicht die ganze Einheit aufgelöst, es blieb immer ein Teil geschlossen als Reserve zusammen. Anders als noch in den ersten Jahren nach 1800 waren die russischen Jäger in Ausrüstung und Organisation um 1812 schon sehr an die \"schwere\" Infanterie angeglichen. Bei Borodino, wo übrigens sehr viele Jägerregimenter als Plänkler verteilt waren, gab es einen gewissen Trend, dass die älteren Regimenter plänkelten, die jüngerer und unerfahreneren bei ihren Divisionen blieben. Die Fitness für die offene Ordnung war sicher recht unterschiedlich ausgeprägt, denn einige Regimenter waren unlängst aus Infanterieregimenter umgewandelt worden. Die alten Regimenter bis ca. Nr. 20 hatten sogar noch einige Büchsen in den Kompanien, für die es ab ca. 1808 aber keinen Ersatz mehr gab, so dass deren Zahl im Schwinden war.

Grüße

Davout
Titel: Frage zu russischen Jägern
Beitrag von: StadtRandKind am 22. August 2012 - 21:45:52
Ich fragte mich nur, ob die Jäger vllt. die russische Einheit für Plänkler bei Black Powder darstellen könnten... :blush2:
Titel: Frage zu russischen Jägern
Beitrag von: Davout am 23. August 2012 - 08:16:03
Also wenn Plänkler, dann auf jeden Fall die Jäger. Allerdings halte ich nicht viel von einem napoleonischen Regelwerk, bei dem die leichte Infanterie nicht auch als Linie kämpfen kann.

Grüße

Davout
Titel: Frage zu russischen Jägern
Beitrag von: Hanno Barka am 23. August 2012 - 09:15:15
Es soll auch russische Offiziere gegeben haben, die ihnen unterstellte Jäger einfach deshalb niocht plänkeln ließen, weil sie diese Art zu kämpfen als französisch und unehrenhaft betrachteten...
Titel: Frage zu russischen Jägern
Beitrag von: Longshanks am 23. August 2012 - 10:00:42
Meinst Du sowas?

(http://www.elpais.com/recorte/20070904elpepiint_4/LCO340/Ies/Putin_cazando_Siberia.jpg)

:laugh1:
(sorry fürs OT)
Titel: Frage zu russischen Jägern
Beitrag von: Wilhelmshöher am 23. August 2012 - 10:05:41
Gutes OT. :laugh1:
Titel: Frage zu russischen Jägern
Beitrag von: Davout am 23. August 2012 - 10:14:45
Naja, ein paar Spinner gibt es eben immer. Kennst du zufällig die Quelle für diese Aussage? Die russische Armee hatte eigentlich eine recht ausgeprägte Tradition der Jägertruppe. Diese war sogar teilweise mit Büchsen bewaffnet, was eine teure Angelegenheit war und von Verständnis für die Materie zeugt. Bei der \"schweren\" Infanterie scheint das anders gewesen zu sein, da waren erstmal keine Plänkler vorgesehen. Man kann also von einer strikten Trennung zwischen den \"Schweren\" und den Jägern ausgehen. Allerdings weichte sich diese Arbeitsteilung auf, nicht nur in der Praxis, auch die Führung reagierte darauf. Nach den Niederlagen von 1805 und 1807 änderte sich einiges. Die Jäger wurden eher allroundmäßig, die übrige Infanterie erhielt mit den Schützenzügen eine Plänklerkomponente. Angeblich soll ein General Berg der Urheber dafür sein, wie er in seinen Memoiren behauptet. Im Gefecht lösten sich durchaus auch \"schwere\" Einheiten komplett in Plänkler auf, wenn es notwendig war. Das Problem ist nur, dass zur Plänklerpraxis der Russen nicht soviel bekannt ist. Übrigens waren auch bei den Musketier- und Grenadierregimentern um 1805 zumindest ein Teil der Unteroffiziere mit gezogenen Gewehren ausgerüstet. Ganz so ablehnend kann man dem offenen Gefecht also nicht gegenübergestanden haben.

Man kann sich fragen, wo da grundsätzlich der Unterschied zu Frankreich war. Dort gab es nicht mal ein eigenes Reglement für die leichte Infanterie. Vielleicht war es eher die Erfahrung und der sieggewohnte Nimbus und Habitus, der die französische leichte Infanterie auszeichnete. Was viele nicht wissen, auch in Frankreich gab es eine Bewaffnung mit Büchsen, wohl zuerst für die Carabinierskompanien in den 1790er Jahren, auch für die Kavallerie gab es spezielle Modelle. Noch im Kaiserreich wurden diese Waffen von den Unteroffizieren der Voltigeurkompanien geführt, natürlich mangels Ersatz in schwindender Zahl. Die Entwicklung dieser \"Scharfschützenwaffen\" war also ähnlich wie in Russlund, wo man letztlich auch lieber auf massentaugliche, einfach zu handhabende Musketen setzte.

Grüße

Davout
Titel: Frage zu russischen Jägern
Beitrag von: Hanno Barka am 23. August 2012 - 20:36:17
@ Davout  - uh weiss ich nimmer so genau - ich glaube das war in einer \"Wargamerplauderei\". Allerdings steht in Nafzigers The Russian Army, daß die Russen lange zeit Schwierigkeiten mit dem Plänkeln hatten, was vor allem daran lag, daß sie die Ratio zwischen Formierten und Plänklern nicht in den Griff bekamen. Entweder war der anteil der Formierten zu hoch, oder es wurden zuviele Plänkler eingesetzt. Erst under de Tolly bekamen sie das in den Griff und vermochten einigermaßen effizient zu plänkeln.
Titel: Frage zu russischen Jägern
Beitrag von: Davout am 23. August 2012 - 21:11:54
Um 1812 wurden in der Tat noch zuviele Plänkler eingesetzt, was aber keine Entscheidung im Gefecht zur Folge hatte. Erst ab 1813 wurde die Zahl der Plänkler auf ein sinnvolles Maß verringert. Barclay de Tolly war nicht nur Kriegsminister, Organisator der wesentlichen Reformen in der russischen Armee und wahrscheinlich der beste russische General, er war aus seiner früheren Dienstzeit auch Experte für leichte Infanterie.

Grüße

Davout