Sweetwater Forum
Epochen => Absolutismus und Revolution => Thema gestartet von: Sigur am 07. April 2013 - 18:51:27
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Heho,
ich weisss, es hat jetzt nicht im engeren Sinne was mit Wargaming zu tun, aber ich wurde gebeten ein Bild in etwa zeitlich einzuordnen und dachte, dass ihr dabei vielleicht helfen könnt.
Hier ist das Ding:
(http://sigur.tabletopgeeks.com/wp-content/blogs.dir/18/gallery/other/bildfull12.jpg)
Hier das Schiff im Detail:
(http://sigur.tabletopgeeks.com/wp-content/blogs.dir/18/gallery/other/bildfschiff1.jpg)
Hier die Leute im Hintergrund:
(http://sigur.tabletopgeeks.com/wp-content/blogs.dir/18/gallery/other/bildleuts1.jpg)
...und hier die im Vordergrund:
(http://sigur.tabletopgeeks.com/wp-content/blogs.dir/18/gallery/other/bildleuts2.jpg)
Im Grunde kann man sich höchstens an der Schiffsbauweise, der Flagge sowie an dem Gewand der Leute an Land orientieren. Was Anderes wär mir nicht aufgefallen. Die Leute am Land sehen der kleidung wegen osmanisch aus, könnt sein dass sie Turbane tragen. Gleichzeitig sieht man längere Gehröcke.
Das Schiff selbst sieht \"früh\" aus, Mitte/Ende 17.Jhdt.? Die Fahne gab Anlass zum Kopfkratzen denn die österr. Kriegsflagge ist ja in der Regel auf gelbem Grund. Könnte die russisch sein?
Zuguterletzt gibt es natürlich die Option, dass der Maler keine Ahnung hatte, nie irgendwo war und alles aus der Fantasie gemalt hat. :D Ist auch möglich. Die Position der Fahne am Schiffsmast ist nämlich soweit ich weiss doch recht unüblich. :)
Also falls irgendjemandem was Interessantes dazu einfällt, bitte wissen lassen. Würd mich interessieren.
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Das Schiff im Vordergrund würde ich als \"Fantasy\" sehen, das sieht nach einem halben Hinterschiff aus, das auf eine Box mit Kanonen gesetzt wurde.
Hast du mal das eine Schiff links im Hintergrund etwas größer?
Von der Kleidung her würde ich ansonsten 18. - 19. Jahrhundert sagen, zumindest sieht das nach Rockschößen aus, kann das sein
Interessant auch das anscheinend gestakte Fischerboot rechts unten, neben dem doch etwas mehr Tiefgang brauchenden großen Schiff ;)
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Die Kurbrandenburgische Marine hatte wohl unter anderem einen Doppelköpfigen Adler auf weißem Grund. :whistling:
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Geht es Dir um zeitliche Einordnung der dargestellten Szene - oder um das Bild ?
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Der Adler ist nicht Russisch, dann hätte er Zepter und Apfel in den Krallen. Ich würde mal sagen das dürfte der alte Lübecker Doppeladler aus der Hansezeit sein. Das Schiff sieht echt komisch aus, könnte aber vielleicht ne dänische Konstruktion des 16. - 17. Jahrhunderts sein. Würde aber auch dazu plädieren, dass der Maler das aus der Erinnerung gemalt hat. Eine Ostsee/Hansebezug würde ich aber nicht ausschließen.
LG
Toro
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Es könnte frühes 18. Jahrhundert sein, möglicherweise auch früher. Der Maler hatte wirklich keine Ahnung wie so ein Schiff auszusehen hat.
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Von den Staffagefiguren her und der Malerei würde ich sagen, 2. Hälfte 18.Jh., eher letztes Viertel. Ich habe ein Bild in ähnlicher Qualität mal gesehen, das in die 1770er datiert wurde.
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ich hätte beinahe gesagt es ist eventuell ein Schiff der Brandenburgisch-Afrikanischen oder Brandenburgisch-Ostindien kompanie im späten 17.Jhdt. zumindest deutet die Flagge daraufhin, der Schiffstyp ist \"seltsam\"....vielleicht kommt man eher über den Kanonenturm drauf aber der könnte auch an jeder Küste stehen, zumindest reichen meine Kenntnisse von lokalen Gegebenheiten nicht aus den einzuordnen.
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meiner Ansicht nach hatte der Maler keine Ahnung von Schiffen und Küstenortschaften. Es ist ein einziges Bastelbildchen, die Fischer hinter dem Schiff im Vordergrund müssen Riesen sein, die Wellen sehen nach Gartenteich aus.
Der Heckaufbau sieht nach Vasa aus. Also ist das späte 17. Jahrhundert ein guter Tipp.
Es ist hier ein Maler an Werke, der alles nach Beschreibungen malt, außerdem hat er keinen Bildaufbau, sondern malt freie Flächen mit Deko-Teilen aus.
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Von der Malerei her 15./ frühes 16. Jhdt. Etwas abgelegen nördlich/ östlich. (weder Holländer noch Italiener). ev. etwas später wenn man dem Maler jegliches zeitgemäße handwerkliche Know How abspricht, dann wär noch bis 17. Jhdt möglich.
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Dann sind wir uns einig, dass wir uns nicht einig sind :D
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Das Bild ist aber auch recht \"heterogen\". Das Schiff z.B. ist sicher nicht dem Kopf des Malers entsprungen, denn es passt überhaupt nicht mit dem restlichen Bild zusammen. Das Schiff verfügt in sich eine ziemlich exakte Zentralperspektive, während am Rest des Bildes ersichtlich ist, daß der Maler mit Perspektive überhaupt nichts anfangen kann. Es ist auch völlig unpassend ins Bild eingefügt. Das Schiff im Hintergrund sieht z.B. ganz anders aus...
Man kann auf dem kleinen Bild nicht viel erkennen, aber der Unterschied in der Pinselführung und eben der Perspektive ist derart eklatant, daß sich der Verdacht aufdrängt, das der Maler ein älteres Bild übermalt hat und das Schiff einfach \"stehengelassen\" hat, wenn nicht hat er es auf jeden Fall woanders abgemalt.
Die zentralperspektivische Darstellung des Schiffs im Vordergrund passt mir einfach nicht in eine spätere Epoche, der Rest des Bildes würde vom Stil ganz gut in die erste Hälfte des 17. Jhdts passen. Die mangelnde Perspektive deutet auch auf eine eher nördliche Herkunft hin, eher beeinflußt von den Holländern, als von den Italienern, bei denen die Perspektive das zentrale Fundament der Darstellung war. Auch die eher diffuse Lichtführung deutet auf holländischen Einfluß hin. Allerdings ist die handwerkliche Qualität weit unter der, die in Holland üblich war. Was auch am Schiff selbst augenfällig ist, daß es im Gegensatz zum restlichen Bild eher nach italienischer Schule aussieht
18. Jhdt. kann ich mir nicht mehr vorstellen, da es da einen sehr rigiden Kanon für die Farbperspektive gab, der hier überhaupt nicht eingehalten wird, zudem hatten die Maler im 18. Jhdt kaum noch Probleme mit Perspektive (sie arbeiteten meist mit Zwei- oder sogar Dreipunktperspektiven) und räumlicher Darstellung. Dieses Bild hier verfügt nicht nur über keine korrekte Perspektive, es ist auch über haupt keine Räumlichkeit vorhanden...
Natürlich gibt es immer die Möglichkeit, daß da einfach ein Amateur tätig war, der von all dem keine Ahnung hatte und einfach das draufgeklatscht hat, was er wollt, bzw. was er halt zusammen gebrachte - allerdings unwahrscheinlich, da solche Bilder extrem selten sind und meist nicht der Nachwelt überliefert wurden ;) - Malerei als Hobby kam eigentlich eher erst im 19. Jhdt auf, als man sich die Farben nimmer selber zusammenbasteln mußte, sondern sie fertig in der Tube kaufen konnte. Zur Zeit dieses Bildes mußte man sogar noch die Pigmente selber mahlen und dann mit Binde und Lösungsmittel versehen...
Edith - bei nochmaligem Ansehen drängt sich der Verdacht auf, daß auch die vordere Hälfte des Meeres nicht vom selben Maler ist - die Wellen und das \"komische\" Schiff bilden nämlich eine ganz gute Einheit was Perspektive und Licht betrifft. Das Meer hat hierauch durchaus Räumlichkeit. Der Maler hat dort wo das Schiff im Wasser liegt sogar ein bisserl mit Transparenz gespielt (man sieht noch einen bisschen Unterwasserschiff) während die Felsen Am Ufer mit einer harten Kante zur Wasseroberfläche begrenzt ist und nur ein paar eher einfach angedeutete Spiegelungen verhindern, daß die Felsen auf dem Wasser \"schweben\". Der Meer im Hintergrund mach gegen den Vordergrund auch einen leichten \"Knick\" - da war definitiv nicht nur eine Person am Werkeln...
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18. Jhdt. kann ich mir nicht mehr vorstellen, da es da einen sehr rigiden Kanon für die Farbperspektive gab, der hier überhaupt nicht eingehalten wird, zudem hatten die Maler im 18. Jhdt kaum noch Probleme mit Perspektive (sie arbeiteten meist mit Zwei- oder sogar Dreipunktperspektiven) und räumlicher Darstellung. Dieses Bild hier verfügt nicht nur über keine korrekte Perspektive, es ist auch über haupt keine Räumlichkeit vorhanden...
Jetzt verabschiede Dich doch einfach mal von dem Gedanken, dass wir es mit einem akademisch gebildeten Maler zu tun haben. Guck Dir mal Volkskunst an, bspw. Votivbilder und ähnliches. Da wirst Du genau diese Probleme mit falschen Proportionen etc. finden. Denkbar wäre auch, dass das Bild aus Versatzstücken besteht, die der Maler summarisch zusammensetzte. Das gibt es eigentlich recht oft. Ein \"Künstler\" (sicherlich ein Laie) hat mal ein paar Seestücke auf Stichen und dergleichen gesehen und verbindet dann einzelne Elemente, für den späteren Betrachter, \"wahllos\" miteinander.
Ich finde eher angesichts der Staffagefiguren obskur, wie Du auf irgendeinen Zeitschnitt vor dem 18.Jh. kommen kannst. Zu welcher Zeit wurde denn zuvor solch eine Kleidung getragen?
Meines Erachtens könntest Du allerdings Recht haben, dass nicht alles zusammen gemalt wurde. Irgendwie scheint es zumindest so, dass dem Maler die Wasserfläche zu groß vorkam und er sie durch dieses große, seltsam aufgebaute Schiff beleben wollte.
Selbst mit ner Datierung hinten drauf oder sowas, ist so ein Bild nach meiner Erfahrung maximal nen Hunni wert und auch das nur wegen dem Alter.
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Auf jeden Fall scheint es Mittag oder Abend zu sein, da die Kanone am Turm feuert. Wohl ein \"Zeitzeichen\" für die Fischer...das würde gegen eine Darstellung des späten 18. oder 19. Jahrhunderts sprechen, da gab es wohl weit hörbare Turmuhren.
Für mich soll es wohl das späte 17. oder frühe 18. Jahrhundert darstellen, wurde aber vielleicht von einem Romantiker des späten 19. Jahrhunderts gemalt, oder \"gepimt\". Die Küste schaut auch eher nach See (italien, Gardasee? Bodensee?) aus, als nach Meer. Und das Schiff ist eingesetzt, eindeutig. Die dahinterliegenden Schiffe könnte auch auf einem großen See als Warentransporter benutzt werden. Und die Leute an Land sind wohl so wie sich der Maler die Leute damals vorgestellt hat...so wie die die Mode die er kannte.
Was für die Seetheorie spricht, das sind die dunklen Schatte in der Bildmitte am Horizonz...könnten Berge sein.
Auch die Stadt passt nict zusammen, das Haus und das Tor sind 18. Jahhundert, dem Baustiel nach, der Turm ist, neben der Tatsache, das es schief und unordentlich gemalt ist, architektonisch nicht zum Rest passend, er wirkt auch wie eingesetzt.
PS: ja, ich liebe Sherlock ;)
PPS: Seit wann gibt es Photoshop ;) :D
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Akademische Maler gabs erst im 19.Jhdt... vorher gabs nur Meisterschulen -das mit dem Laien (oder meinetwegen Volkskunst hab ich ja offengelassen - ich glaubs nur eher nicht... aber ausschliessen kann ichs nicht) die Kleidung passt ins 17. Jhdt könnte sogar ins 16. passen - schwer zu sagen wenn man nicht weiß wo das Bild gemalt wurde - Polen/ Litauen wäre da z.B durchaus ein Tipp - würde auch zum Stil des Bildes passen. - Ausserdem wie gesagt, glaube ich daß Schiff und Meer nicht vom selben Maler stammen, nicht nur Perspektive und Lichtführung sondern auch die Pinselführung ist eklatant anders.
Was an der Kleidung ist so typisch fürs 18. Jhdt? Einen Dreispitz hat keine der Figuren auf und angesichts der Genauigkeit der Darstellung können die Oberbekleidungsstücke ebso Westen aus dem 16. Jhdt sein, wie Gehröcke. Und im Osten trugen die Leute um diese Zeit afaik recht häufig lange \"Kaftanartige\" Westen.
Wenn Du Dir z.B. die Drei musizierenden Bauern von David Teniers als Vergleich ansiehst -
(http://www.oel-bild.de/Bilder/Drei-musizierende-Bauern.jpg)
oder auch Brouwers Bauern beim Kartenspiel:
(http://www.kunst-und-spiele.de/imgs/brouwer-bauern-karten.jpg)
(http://www.kunst-und-spiele.de/imgs/brouwer_streit_karten.jpg)
alles 17. jhdt - nicht jeder trug spanische Hoftracht...
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Vielen Dank für die zusätzlichen Antworten, die Herren! Sehr interessante Anhaltspunkte. :)
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Das mit der Kanone sagt garnichts aus. Mittagskanonen waren bis weit ins 20. Jahrhundert üblich, vereinzelt gibt es diese Einrichtung auch heute noch.
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Akademische Maler gabs erst im 19.Jhdt... vorher gabs nur Meisterschulen -das mit dem Laien (oder meinetwegen Volkskunst hab ich ja offengelassen - ich glaubs nur eher nicht... aber ausschliessen kann ichs nicht) die Kleidung passt ins 17. Jhdt könnte sogar ins 16. passen - schwer zu sagen wenn man nicht weiß wo das Bild gemalt wurde - Polen/ Litauen wäre da z.B durchaus ein Tipp - würde auch zum Stil des Bildes passen. - Ausserdem wie gesagt, glaube ich daß Schiff und Meer nicht vom selben Maler stammen, nicht nur Perspektive und Lichtführung sondern auch die Pinselführung ist eklatant anders.
Was an der Kleidung ist so typisch fürs 18. Jhdt? Einen Dreispitz hat keine der Figuren auf und angesichts der Genauigkeit der Darstellung können die Oberbekleidungsstücke ebso Westen aus dem 16. Jhdt sein, wie Gehröcke. Und im Osten trugen die Leute um diese Zeit afaik recht häufig lange \"Kaftanartige\" Westen.
oder auch Brouwers Bauern beim Kartenspiel:
Uff, also ich meine halt Fräcke zu erkennen. Eben sehr vereinfacht dargestellt. Öhm, im 18.Jh. gab es keine Akademien? Wie meinen?
Keine Academie Royale in Paris? Keine Royal Academy? Ich finde sogar die Akademien im 18.Jh. sehr einflussreich. Denk nur mal daran, was sich David abmühte, den Geschmack der französischen Akademie zu treffen, um dann den Prix de Rome zu gewinnen. Ich würde sogar sagen, dass das 18.Jh. mit dem Aufkommen der Akademien auch in kleineren Staaten und der Reformierung älterer Akademien wie in Wien durch Anton von Maron, gleich auch den Höhepunkt der Akademien darstellte. Dass an den Akademien vorbei auch viele Künstler tätig waren, ist ja keine Frage. Aber das gibt es heute, trotz eines - im Unterschied zu damals - universitären Kunstbetriebes, immernoch.
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Die älteste Akademie (Akademie der bildenden Künste Wien) ist sogar aus dem 17. Jhdt. Allerdings wurde der Betrieb in den Akademien erst im 19. Jhdt so strukturiert, daß sie die \"akademischen Maler\" im heute gebrauchten Sinn hervorbrachten.