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Der Pub => An der Bar => Thema gestartet von: wechmoscha am 15. Oktober 2013 - 16:13:01

Titel: wie historisch ist historisch?
Beitrag von: wechmoscha am 15. Oktober 2013 - 16:13:01
Habt ihr das schon gesehen?

http://magabotato.de/blog/item/wie-historisch-ist-historisch

Die Frage habe ich mir nie gestellt.
Titel: wie historisch ist historisch?
Beitrag von: Frank am 15. Oktober 2013 - 16:30:20
Klar stelle ich mir die Frage öfters, aber Spiel und Realität sind nun einmal 2 verschiedene Paar Schuhe und zu 100 % geht es nicht historisch.

So trenne ich z.B. meine WK 2-Briten: Zvezda ist 1940/41, Hät MG-Packung (mit Piat!) ist 1942/43, Revell ist 1944/45. Die Unterschiede sind nicht so auffällig wie z.B. bei den Deutschen und man muss sich manchmal in die Materie reinlesen, aber wenn man die Ausrüstung und Uniformierung vergleicht, kommt man(n) dann doch schon ins Grübeln. Vor allem versuche ich die gröbsten Schnitzer zu vermeiden - ich sach´nur \"Königstiger vor El Alamein\".  :thumbsup:
Titel: wie historisch ist historisch?
Beitrag von: Decebalus am 15. Oktober 2013 - 16:48:24
Finde den Beitrag völligen Schmarrn, zumindest insofern hier so getan wird, als ob wir alle NICHT historisch spielen.

Klar ist der angesprochene Aufbau der Spielgimmicks in FOW unhistorisch. Z.B. die berühmte Ferrari-Horde. Denn die italienischen Panzer waren ja nicht nur schlecht, sondern auch wenige. Etwas was das Punktesystem von FOW eben nicht abbildet. Aber weil jemand so spielt - und das darf er ja auch gerne machen -, wird doch das Spiel von anderen nicht unhistorisch.

Was Du hier drüber ansprichst, nämlich die Genauigkeit der verwendeten Figuren, ist doch wieder ein ganz anderer Schuh. Eine Schlacht wird doch nicht dadurch unhistorisch, weil ich andere Modelle verwende. Was soll denn am Simulieren von Dünkirchen (als beliebiges Beispiel) falsch sein, wenn meine Briten eine spätere Uniform haben. Klar ist das - mal mehr, mal weniger - ästhetisch wichtig. Aber doch nicht für eine historische Simulation. Sonst könnte man ja nie mit Holzklötzen spielen (Kriegsspiel!).

Aber der Hammer ist für mich folgender Satz:
\"Regeln können die Wirklichkeit nur dann simulieren wenn sie unglaublich Komplex sind. \"

Philip Sabean, der eine Professur hat und dabei Kriesgsimulation betreibt, hat eine Simulation des ganzen Zweiten Weltkriegs, die man in einer Stunde durchspielen kann. Mehr muss ich dazu nicht sagen.
Titel: wie historisch ist historisch?
Beitrag von: xothian am 15. Oktober 2013 - 17:02:50
... das ist doch jetzt die tabletop variante eines history channel zuschauers der feststellt dass seine lieblingsserie nur entertainment ist und keine uni vorlesung ?
ich kenn mindestens hundert leute die den ww2 so spielen als ob es 40k ist aber warum soll ich sie dafuer dissen ? dafuer faellt mir nur ein facepalm einer meiner lieblings-historischen-serie ein
(http://livingwithmcl.com/photos/2012/09/triple-facepalm.jpeg)

ciao chris
ps: weniger nabelschau, mehr spass am spielen ;)
Titel: wie historisch ist historisch?
Beitrag von: opa wuttke am 15. Oktober 2013 - 17:18:00
Soll...soll das jetzt heissen...*schluchz*...dass...dass es ASTERIX und OBELIX GAR NICHT gegeben hat ?  :girl_cray2:
Titel: wie historisch ist historisch?
Beitrag von: Black Guardian am 15. Oktober 2013 - 18:29:45
Ich glaube die Diskussion ist sowieso ein bisschen seltsam - und daher auch der Aufruf zu dieser Diskussion - da die Prämisse hier offenbar von einem sehr engen Begriff des historischen ausgeht. Von diesem Ausgangspunkt aus ist historisches Wargaming schon deshalb gänzlich unhistorisch, da andere Ausgänge als das historisch geschehene eintreten können (was ja nicht historisch korrekt ist, daher kann ein Simulationsansatz der andere Ergebnisse zulässt auch nicht historisch sein :cursing: ). Sicherlich wollte der diskussionsaufruf nicht so drastisch unterstellen, aber die Punkte die aufgeworfen wurden gehen doch konsequent gedacht in genau diese Richtung.

Ich bin sowieso der Ansicht, dass \"historisch\" für uns nur \"historisch plausibel\" bedeuten kann, niemals historisch korrekt, sonst gäbe es keinen gar Spielraum. Alternative History ist doch genau der Ausgangspunkt von Simulationen die der Unterhaltung dienen. Wer eine Schlacht simuliert erlaubt auch, dass die Ergebnisse anders sein können als die Realität. Wichtig für historisches Wargaming ist dabei aber a) der Rahmen, also die historische Umgebung und b) die Plausibilität der erlaubten Abweichungen, die sich am möglichen, nicht am tatsächlich geschehenen orientiert.

Ich persönlich spiele sowieso vielmehr alternative Reality als tatsächlich geschehenes - allein weil es die Freiheit gibt andere Konstellationen von Gegnern und Szenarien zu spielen. Daher tangiert mich die Diskussion sowieso eher weniger :)
Titel: wie historisch ist historisch?
Beitrag von: Camo am 15. Oktober 2013 - 18:31:03
Für \"historisches Spiel\" bräuchte man keine Regeln... einfach Schlachtverlauf X nachbilden, an historisch akkuraten Punkten Einheiten entfernen und gut.

Alles andere basiert auf der Historie, ist aber strenggenommen nicht mehr historisch. ^^


Doch, Opa, die sind durch Bodenfunde belegt. (Mir ist das Heft heruntergefallen, es lag am Boden... voila, Bodenfund. ^^)
Titel: wie historisch ist historisch?
Beitrag von: opa wuttke am 15. Oktober 2013 - 19:28:32
Zitat
Doch, Opa, die sind durch Bodenfunde belegt. (Mir ist das Heft heruntergefallen, es lag am Boden... voila, Bodenfund

Danke Camo, Danke...jetzt bin ich wieder glücklich ! :girl_pinkglassesf:
Titel: wie historisch ist historisch?
Beitrag von: Thomas Kluchert am 15. Oktober 2013 - 19:55:28
Komische Kolumne. Das ist so, als würde man sagen: die Leute, die 40k spielen, belügen sich voll selbst, weil laut Fluff 90% der Gefechte durch die Imperiale Armee bestritten werden und dazu noch in Superduperriesenschlachten. Deswegen ist eigentlich jeder, der Space Marines spielt, voll gar kein richtiger 40k-Spieler.

Für mich war das \"historische\" Spielen stets viel mehr eine Geisteshaltung, die sich durch gewisse Formen im Spiel und dem Drumherum ausdrückt.
Titel: wie historisch ist historisch?
Beitrag von: Paul III am 15. Oktober 2013 - 21:16:00
historisch : Geschichte und sachen die damit zu tun haben, meiner meinung nach sind Briten die ich nicht rot sondern grün anmale trotzdem noch historisch, auch wenn sie völlig nicht historisch sind  :question_1: , weil sie ja historisch sind da sie ja die Form von etwas historischem haben  ;).
Und meiner Meinung hat jedes Spiel das mit Geschichte verbunden wird etwas historisches, nun mehr oder weniger historisch und ist im Endeffekt dann eben doch historisch.
Also ist es völlige Ansichtssache ;).
Titel: wie historisch ist historisch?
Beitrag von: burko am 15. Oktober 2013 - 21:36:26
Tatsache ging mein Gedankengang in die Richtung von Black
Guardian.



Ich wollte niemanden angreifen mit dem Text.



Ich habe mich vielleicht etwas unglücklich ausgedrückt (passiert wenn man spät
in der Nacht noch was schreibt) Mir ging es um die Abstraktionsgrade, ich
selber spiele in der Regel null historisch Korrekt und lose nach historischem
Vorbild. Natürlich versuche ich meine Streitkräfte Neapels realistisch
aufzubauen. Aber ich suche mir keine Listen danach raus. Jedoch kenne ich
gerade aus meiner Zeit nahe Stuttgart genug Spieler, die für solche
Unkorrektheiten nicht mit mir spielen würden. In Berlin habe ich das eher nicht
erlebt.



Ebenso wenn man die Farben halbwegs richtig auf der Figur hat und die auf dem
Feld wirkt, soll mir das reichen. Andere möchten aber das der Knopf an der
Jacke ebenso die historisch korrekte Farbe hat, wie die Schnürsenkel. Auch beim
Gegner. Ich meine das ist jedem selbst überlassen.



Mich interessiert halt wie andere das sehen. Wie historisch muss historisch
sein? Die Formulierungen habe ich härter in eine Richtig schwankend gewählt,
weil sonst gewohnt keine Sau antwortet.



Aber in die Richtung \"Wie genau darf es denn sein?\", wollte ich die Diskussion
eigentlich haben. Hab ich aber selbst verbockt.



Gruß



Patrick
Titel: wie historisch ist historisch?
Beitrag von: Frank am 15. Oktober 2013 - 22:40:19
@ Opa Wuttke:

Freu Dich - am 24. Oktober gibt es endlich  ein neues historisches Sachbuch:

http://www.asterix.com/die-buecher/die-klassischen-abenteuer/asterix-bei-den-pikten.html (http://www.asterix.com/die-buecher/die-klassischen-abenteuer/asterix-bei-den-pikten.html)

(...und hoffentlich wird es besser als die letzten)

 :thumbsup:  :thumbsup:  :thumbsup:
Titel: wie historisch ist historisch?
Beitrag von: Wookie am 16. Oktober 2013 - 09:46:59
Zitat von: \'Decebalus\',\'index.php?page=Thread&postID=148455#post148455
Klar ist der angesprochene Aufbau der Spielgimmicks in FOW unhistorisch. Z.B. die berühmte Ferrari-Horde. Denn die italienischen Panzer waren ja nicht nur schlecht, sondern auch wenige. Etwas was das Punktesystem von FOW eben nicht abbildet. Aber weil jemand so spielt - und das darf er ja auch gerne machen -, wird doch das Spiel von anderen nicht unhistorisch.
FoW mag ja einige Nachteile haben (vor allem den, dass man auf Company-Level die komplette Divisionsreserve auffahren darf (wohlgemerkt: darf, nicht muss)), aber die im Artikel genannte Kombi von Lees (MidWar) mit Hellcats (late LateWar) ist selbst da nicht erlaubt.
Titel: wie historisch ist historisch?
Beitrag von: Wraith am 18. Oktober 2013 - 09:43:19
Ich denke, dass um was es im wesentlichen beim Hobby geht, ist in eine \"Welt\" abzutauchen, in ein bestimmtes Setting. Egal ob dieses Setting der 40k Hintergrund, die römische Antike oder das Star Wars Universum ist. Man will wie bei einem Film mal für eine gewisse Zeitspanne in eine andere Zeit versetzt werden, das Flair muss irgendwie passen. Nun gibt es gewisse Faktoren die dieses Gefühl des \"Eintauchens\" stören und die sind für jeden individuell anders. Mancher stört sich an Regelmechanismen die sich \"unrealistisch\" anfühlen, mancher an der Truppenzusammenstellung, mancher am Gelände, mancher an der \"falschen\" Farbgebung, mancher an der Paarung der verfeindeten Parteien (und genau da fällt auch sehr oft der Begriff \"unhistorisch\" wenn es um ein historisches Setting geht, ich hab das aber auch schon zum Thema Star Wars gehört  ^^ ). Ich denke das ist absolut Themenübergreifend auch in nicht-historischen Spielen so, weil einfach ein gewisser thematischer Hintergrund gegeben ist. Loyale Space Marines kämpfen per Definition erstmal nicht gegen andere loyale Space Marines, aber da kann man sich eher einen hanebüchenen Grund ausdenken warum das doch so ist, die Spielwelt ist eben chaotisch genug und ewiger Krieg und kein Frieden und Ende der Menschheit steht bevor etc. pp.
Beim historischen Tabletop ist die \"Spielwelt\" natürlich etwas faktischer definiert durch: tadaaa---- -> die Geschichtsschreibung... zumindest das was man dafür hält. Ich denke fast jeder kann aber beobachten, dass die Mehrzahl der Spieler etwas flexibler wird wenn es um Epochen geht die eher im dunkleren  Teil der Geschichtsschreibung liegen wo man vieles nur vermutet und garnicht wirklich wissen kann, während die Aufschreie bei Abweichungen vom Farbschema, Truppenzusammenstellung usw deutlich lauter werden bei gut belegten Epochen wie den Napo-Kriegen oder dem 2. Weltkrieg. Letztendlich sehe ich also, dass jeder seinen Grad an \"Historie\" im Spiel selbst bestimmt, eigentlich erstmal völlig egal wie sich das mit eventuellen Fakten deckt, es geht schließlich drum seine Freizeit genussvoll zu nutzen. Ich persönlich fühle mich z.B. wohler mit meinen imperialen Römern gegen Makedonen zu spielen als gegen Kreuzfahrer... beides ist grob unhistorisch, aber die erste Paarung ist zumindest \"naheliegender\", so dass ich damit ein gutes Spiel haben kann (könnte man dann \"Semi-Historisches\"-Tabletop nennen  8) ).

Wirklich historisch ist kein einziges Tabletop-Spiel das jemals ausgetragen  wurde oder ausgetragen werden wird, selbst wenn es um das Nachspielen einer Schlacht geht und sei sie auch noch so genau recherchiert... es gibt mehr Faktoren als Truppenzusammenstellung, Farbgebung, Schlachtfeldposition usw welche den Verlauf der Geschichte bzw auch einer einzigen Schlacht bestimmt haben. Alles was wir da so machen vermittelt uns eine Idee oder Stimmung zu diesen Themen, und das ist ja auch gut so, genau wie es ist.
Titel: wie historisch ist historisch?
Beitrag von: Constable am 18. Oktober 2013 - 09:52:25
Wenn nicht einmal Geschichtsbücher immer \"historisch korrekt\" sind wie soll dann ein TT jemals wirklich historisch sein. Ich sehe die Historie als Rahmen in dem man sich bewegt, nicht mehr aber auch nicht weniger.

Und ich glaube der Rahmen ist einfach unendlich groß, kommt immer auf den SPieler selbst an, seine Spielgruppe usw.  Die einen haben es gerne ein wenig \"genauer\" (wie historisch korrekt sei dahingestellt, habe genügend Zeitzeugen für Universitätsprojekte befragt um ersten die Zeitzeugen zu hinterfragen und auch diverse Publikationen), die nehmen es so gut wie gar nicht ernst \"wie es damals wirklich war\".

Mir persönlich etwa ist es vollkommen egal welchen Kragenspiegel welcher deutsche Soldat hatte, andererseits könnte ich mich nie dazu durchringen bei manchen Systemen quer durch die Epochen gegeneinander anzutreten (wie auch hin und wieder praktiziert, zB WAB, FoG usw. ...)

cheers
tom
Titel: wie historisch ist historisch?
Beitrag von: Decebalus am 18. Oktober 2013 - 12:58:57
@burko: Sorry, ich bin manchmal etwas schärfer, aber Du wolltest doch auch provozieren. Ist nicht persönlich gemeint.

\"Wenn nicht einmal Geschichtsbücher immer \"historisch korrekt\" sind wie soll dann ein TT jemals wirklich historisch sein. Ich sehe die Historie als Rahmen in dem man sich bewegt, nicht mehr aber auch nicht weniger.\"

Wir müssen doch unterscheiden zwischen
Vergangenheit =/= Geschichte/Historie.

Vergangenheit ist alles was mal passiert ist, incl. der Sack Reis, der in China umgefallen ist. Vergangenheit lässt sich niemals komplett erfassen. Wie will ich jeden Sack Reis rausbekommen.

Geschichte/Historie ist das, an das wir uns heute aus einem bestimmten Interesse erinnern. Wir haben ein Interesse am 2. WK, weil das etwa noch heute unser Leben bestimmt.
Wir haben kein Interesse an dem erwähnten Sack Reis.

Geschichte spielen ist jetzt eine besondere Form der Beschäftigung mit Vergangenheit. Hier wollen wir ein historisch plausibles Spiel haben, dass heißt wir haben Freude (=Interesse) daran, bestimmte militärische Probleme der Vergangenheit nachzuspielen. Und zwar zumeist strategische und taktische Entscheidungen. Wir haben z.B. kein Interesse daran nachzuspielen, wie es dem Soldaten mit Magen-Steckschuß ging.

Ob ein Spiel historisch ist, hängt also m.E. davon ab, ob ich ein historisches Problem nachspiele. Das Problem von Dark Eldar, wie die imperiale Gardisten zu Sklaven machen, ist schon mal kein historisches Problem.

Wenn ich dieses historische Problem irgendwie umsetze, habe ich m.E. ein historisches Spiel. Wenn was nicht stimmt, was aber für das \"Spielen des Probelms\" unerheblich ist, dann ändert das nichts am historischen Spiel.

D.h.
- Wenn ich Waterloo nachspiele und als Napoleon Entscheidungen treffen muss, wie ich Waterloo gewinne, dann bleibt das Spiel historisch, auch wenn meine Truppen alle Zweispitz tragen (der 1806 abgeschafft wurde).
- Wenn ich imperiale Römer gegen Makedonen spiele, dann kann ich das historisch rechtfertigen, da es immerhin denkbar war, dass ein makedonisches organisiertes Reich noch zu dieser Zeit existiert hat, bzw. ich kann die imperialen Römer als \"Stand in\" für republikanische Römer begreifen. Die Schlachtentscheidungen werden nicht völlig absurd, sondern bleiben wahrscheinlich ganz im historischen Bereich.
- Dass der 2. WK nach 1945 weiter ging, ist denkbar (wenn auch unwahrscheinlich). Dass aber das deutsche Reich dann Zombies eingesetzt hatte, ist reine Fantasy. Also nicht historisch.
- Tatsächlich bin ich der Meinung, dass das größte Problem von FoW nicht die ziemlich unhistorische Kombination von Kompanie und Divisionstruppen ist. Sondern es ist das Punktesystem in Kombination mit nur 3 Epochen. Das führt zu grundlegend unhistorischen Aufstellungen, Paarungen und Kräfteverhältnissen. Und hier spielt sich FoW eben wie WH40k und nicht wie ein historisches Spiel.
Titel: wie historisch ist historisch?
Beitrag von: Wraith am 18. Oktober 2013 - 14:21:06
@Decebalus: Wohl gesprochen. Deine genannten Beispiele finde ich sehr schön.
Wo ich ein wenig widersprechen will, auch wenn ich kein eingefleischter FOW-Speiler bin: da gibt das System ja schon deutlich mehr vor als die meisten anderen WW2-Systeme. Immerhin sind in den Büchern immer bestimmte Kriegsschauplätze/Feldzüge/Zeitabschnitte erfasst und die Listen sind zueinander schon historisch passend. Was die Spielerschaft draus macht ist ja wieder ne ganz andere Sache, insofern: IMMERHIN wird bei FOW in 3 Epochen unterschieden die nicht komptatibel zueinander sind, da geben die meisten anderen Systeme weniger bis keine Restriktion.
Titel: wie historisch ist historisch?
Beitrag von: burko am 20. Oktober 2013 - 01:33:51
@decebalus: Kein Ding, die Diskusion geht ja in den diversen Foren nun dahin, wo ich sie hin haben wollte. Ziel erreicht. :)

Ich finde es unglaublich spannend in den verschiedenen Foren komplett unterschiedliche Diskusionsverläufe zu beobachten. (und nicht eines mochte das was ich geschrieben hatte :thumbup: )
Titel: wie historisch ist historisch?
Beitrag von: Schrumpfkopf am 20. Oktober 2013 - 04:18:53
Die Frage impliziert das es ein auf Spiele angewandtes Rechercheniveau gibt, bei dem, wenn es denn erreicht wird, man von \'historisch korrekt\' sprechen kann.

Tatsaechlich ist es meiner Erfahrung nach so, das vor einem historischen Hintergrund eine Schlacht gespielt wird anstatt eine historische Schlacht moeglichst genau
nachzustellen, was bei einer 100% Realitaetsnaehe ja nichts anderes als das historische Endergebnis bedeuten muesste.
Titel: wie historisch ist historisch?
Beitrag von: Franz am 20. Oktober 2013 - 09:19:25
Das 100% Nachstellen einer Schlacht ist eher was für eine Ausstellung. Freude hat man dann an dem Anblick.

Damit das Spiel Spaß macht, sollte der Spieler möglichst viel eigenen Entscheidungsspielraum haben.
Ich wünsche mir einen Feldzug mit historisch vorgegebenen Truppen, der Ort der Schlacht und die Anzahl der eintreffenden Truppen hängt dann von den Spielern ab.
Durch viele Spieler und deren Einzelentscheidungen, kann es dann sehr spannend werden, denke ich.
Gruß
Franz
Titel: wie historisch ist historisch?
Beitrag von: Mansfeld am 21. Oktober 2013 - 21:55:26
Tja, als berufsmäßiger Historiker muß ich jetzt aber mal zur Ehrenrettung der TT-Szene laut und deutlich sagen, daß in diesem Hobby mit tonnenweise mehr historischer Kenntnis und Skepsis operiert wird als in diversen TV-Produktionen, Zelluloidopern, sogenannten \"historischen\" Romanen oder total verblödenden Pseudofachbüchern in Thalias Grabbelregal.

Zur Zeit spiele ich gerne SAGA, und da mein Studienschwerpunkt so ziemlich diese Epoche war, fallen mir schon Ungenauigkeiten auf. Wenn man aber mal hinschaut, was die Spielmechanismen abbilden, so ist es gar nicht mal so daneben. Zum Beispiel die Resilience-Regel für den Warlord: Das heisst ja nicht, daß ein frühmittelalterlicher Gefolgschaftsanführer mal locker einen Schwerttreffer wegstecken kann, sondern daß ein sehr gut ausgebildeter und motivierter Kämpfer nicht so schnell zu Boden geht (ist halt doch noch ausgewichen, seine Rüstung ist besser etc.). Natürlich gab es damals auch Anführer von Gefolgschaften, die sich wahrscheinlich eher ungeschickt angestellt haben, aber das spricht ja nicht dagegen, daß es eben auch die kämpferisch überlegenen Anführer gab (und man sollte mal psychologische Dinge wie den sozialen Druck durch die Erwartungen an einen Anführer in einer heroisierenden Gesellschaft nicht unterschätzen).

Dann kommt noch hinzu - und das kann ma nicht oft genug betonen - daß viele Dinge bis heute ungeklärt sind (gab es Berserker? Wie verbreitet waren Kettenhemden? Wie gut ausgebildet war der sächsische Fyrd?). Und das ist in so ziemlich allen historischen Epochen so. Ich muß immer wieder feststellen, daß viele Leute irritiert sind, weil anscheinend feststehende historische Erkenntnisse immer wieder revidiert oder modifiziert werden, aber so ist es in Wissenschaften nun mal, man gewinnt immer neue Erkenntnisse.

Es gibt allerdings einen GANZ GEWALTIGEN KRITIKPUNKT, den ich hier mal anbringen muß:

ZWANZIG ODER HUNDERT MANN SEHEN NICHT AUS WIE EIN EINZELNER SOLDAT!!!! :smiley_emoticons_pirate_censored:


Ähem, tschuldigung, persönlicher Rant-Ausrutscher eines bekennenden What-you-see-is-what-you-get-Fetischisten :blush2:
Titel: wie historisch ist historisch?
Beitrag von: Constable am 21. Oktober 2013 - 22:04:27
Gut gebrüllt Löwe, äh Mansfeld...:)

Wie viele echte Historiker sind hier eigentlich unterwegs. Und mir kommt oft vor dass wir das alles oft lockerer nehmen als andere hier.  :party:
Titel: wie historisch ist historisch?
Beitrag von: Mansfeld am 21. Oktober 2013 - 22:20:02
Naja, wie gesagt, wenn man mit der historischen Sachkenntnis von Politikern, TV-Leuten, Jouralisten und Romanschreibern konfrontiert ist, so ist das Abtauchen in die Tabletopcommunity doch geradezu eine Rückehr ins Paradies: Leute, die sich mit Geschichte wirklich mal beschäftigt haben! Ohne es studiert zu haben, und ohne damit herumzuprotzen!

Musste wirklich mal gesagt werden, und ich wiederhole es gerne:

Tabletopspieler hier, ich bin sehr froh, daß es Leute wie euch gibt, die sich gerne mit Geschichte beschäftigen, und die sich auch wirklich fundierte Ahnung angeeignet haben, und dazu noch ein zivilisiertes und höfliches Verhalten an den Tag legen.

Okay, es gibt auch Leute wie mich, aber damit müsst ihr leben :P
Titel: wie historisch ist historisch?
Beitrag von: AndréM am 22. Oktober 2013 - 11:18:51
Zitat
Ich bin der Meinung, dass sich reine historische Wargamer durchaus als die Elite des Tabletop-Hobby\'s bezeichnen können, sowohl was ihr Wissen, was auch oft ihre handwerklichen Fähigkeiten angeht.

Geht das schon wieder los....

Mir ist ja inzwischen fast jeder suspekt, der sich als Elite seines Hobbys bezeichnet. Erfahrungsgemäß dient so ein Ausspruch meist eher der Aufwertung des eigenen Selbstbewußteseins als irgendwelcher wirklicher Information.  Und ich dachte diese Art von Einstellung hätten wir so langsam überwunden, aber es scheint immer noch Einzelexemplare zu geben, die sich für was Besseres halte als die anderen.

@Historisch
An erster Stelle ist mir wichtig, dass alle Beteiligten Spass haben. Danach kommt erst die Akuratesse, wobei ich nie das Spiel verweigern werde, wenn einer seine römischen Schilde mal in Blutrot statt in Ziegelrot angemalt hat, sollte er aber nur mit ausgefransten Papierfetzen als Miniersatz und einer speckigen und colaverklebten Armeeliste ankommen behalte ich mir trotzdem vor das Spiel zu verweigern ;) Auch ich hab da meine Schmerzgrenze.

Historische Akkuratesse betrachte ich fast immer als Bonus, wenn der Spielspass gegeben ist und die Armee halbwegs schön aussieht. Wobei auch gesagt werden muss, dass in weiter entfernten Epochen wir ja nur den aktuellen Vermutungsstand kennen und dieser sich immer wieder ändern kann. Von daher kann man nicht 100% akkurat sein. Selbst bei WWII-Panzerbemalungen geraten wir ja schon ins Schwimmen, da zum einen im Feld mit dem bemalt wurde was grad da war und zum anderen die Vorgaben auf Papier mit Blick auf die Realität gerne mal gepfiffen wurde.

Spielerisch sollte halt ein halbwegs mögliches Ergebnis rumkommen. Also die Kelten sollten nicht Caesar allein durch einen Flankenangriff ihrer gepanzerten Igelhorden in die Flucht geschlagen haben...

Nebenbei, FoW basiert auf 40K und war ursprünglich eine direkte Weiterentwicklung aus den Panzerregeln. Das merkt man heute noch an einigen Stellen, auch wenn es sich mit V3 schon deutlich entfernt hat.

Generell aber ist man bei hist. TTlern in der Regel vom Wissen her besser drauf als in den meisten anderen Kreisen, dass kann ich so bestätigen.

@Fetter Ausruf
Volle Zustimmung, spielt mehr 6mm Leute ! ;)
Titel: wie historisch ist historisch?
Beitrag von: Mansfeld am 22. Oktober 2013 - 21:53:23
Andre: Gut gebrüllt, Comicpanther! Das mit 6mm hab ich mir tatsächlich schon angesehen, will ich irgendwann mal für FoG in Angriff nehmen. Es gibt es ja schicke Wikinger, Angelsachsen und Normannen bei Baccus (https://www.baccus6mm.com/index.php?content=products).