Sweetwater Forum
Allgemeines => Bücher, Filme, Publikationen => Thema gestartet von: Osred am 13. September 2014 - 12:12:04
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Heute Abend ab 20.15 Uhr ist eine Film-Doku in 2 Staffeln über die \"Frauen der Wikinger\" auf Arte zu sehen. Da ich bereits die englische Film-Doku \"1066\" sehr geschätzt habe, freue ich mich auf diese und bin gespannt. Viel Spaß beim Schauen.
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Da hoffe ich mal, daß das Gerücht \"50% der Kämpfer waren Frauen\" noch mal verbal eingestampft wird, das machte nämlich vor ein paar Wochen die Runde, und das nur, weil ein archäologischer Bericht über Wikingergräber in England erwähnt hatte, daß der Frauenanteil bei Bestattungen doch fast 50% betragen hat, die Wikinger im späteren Danelaw also Frauen von zu Hause mitgebracht hatten.
Bei Wikingern besteht ja das allgemeine Bild in der Öffentlichkeit eh zu 75% aus Mythen, da ist jeder neue Faktenbericht wünschenswert :thumbup:
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Kämpfende Frauen gab es wohl, jedoch sicher keine 50% der Kämpfer. Bin auchmal gespannt auf die Doku auch wenn der Trailer zumindest Kostümtechnisch nicht wirklich akurat ist, aber da gehts mir dann doch eher um die Thematik. Hoffentlich verstehen dann einige Wikingerdarsteller die ich so kenne die Stellung der Frau zu dieser Zeit endlich mal.
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Von modernen Dokus erwarte ich exakt Nichts. Fliegende Teppichhändler und Haarwuchsmittelanpreiser sind seriöser.
Das heißt natürlich nicht, dass es keine Ausnahmen gibt.
Die Frauen der Wikinger haben die Wirtschaft geführt, wenn die Männer auf Fahrt waren. Erfahrungsgemäß heißt das, dass man sie auch sonst nicht einfach ignorieren konnte. Unter besonderen Umständen konnten sie auch zu Anführerinnen werden. Jedenfalls scheinen mir einige Saga-Berichte so zu interpretieren zu sein. Außerdem waren einige wahrscheinlich als Seherinnen und Priesterinnen tätig. Um Blutrache haben sie sich durchaus mal persönlich gekümmert. Jedenfalls sind einige Fälle überliefert. Ein Mitkämpfen von Frauen wird die Ausnahme gewesen sein, es sei denn z.B. ihre Siedlung wurde überfallen. Oder kann sich jemand die wilden Wikingerinnen als Burgfräulein vorstellen? ;)
Ich erwarte, dass das alles in modernen Dokus gehörig übertrieben wird.
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Da das Stichwort Burgfäulein gefallen ist - das ist die nächste Klischeefalle.
Es gibt muslimische Berichte (Usama Ibn Munquidh z. B.), daß zur Verblüffung islamischer Truppen nach der Einnahme einer heftig verteidigten Kreuzfahrerstadt ein Großteil der Verteidiger sich unter ihren Kettenhemden als Frauen herausstellten.
Das war natürlich einer Notsituation geschuldet, aber was Riothamus über wikingische Frauen gesagt hat, trifft auch generell fürs europäische Hochmittelalter zu...
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Iwie ist diese \"Doku\" seltsam...
Ich bin ja gespannt ob noch Kerle vorkommen, die nicht totale Assis sind xD
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Also ich bin gespaltener Meinung:
Die Spielfilmelemente fand ich im Großen und Ganzen nicht gut. Zwar hilft das vor allem themenfremden das KOnzept \"Lebenswelt\" zu verstehen, aber es birgt oft die gefahr als objektiv und allgemeingültig aufgefasst zu werden.
Die Interviews fand ich sehr infomativ und hat mir zum Teil auch Neues gebracht.
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@nille: geht mir genau so... Ohne die Spielfilm Scenen wäre das echt besser gewesen... aber so wars echt okay...
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@nille: geht mir genau so... Ohne die Spielfilm Scenen wäre das echt besser gewesen... aber so wars echt okay...
Warum? Weil man sich \"emanzipierte\" Frauen in der damaligen Welt nicht vorstellen kann?
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@macaffey:
also für mich war das einfach alles zu plakativ. Bsp. zweiter Teil (also ab 21.10 Uhr):
-unterdrücktes Sklavenmädchen (die eigentlich keine Sklavin ist)
-Böser Besitzer
-viele wohlgesonnene Menschen / glückliche Zufälle
-Ausflug nach Nowgorod
-Christentum
-Handel
und dann fand ich die Kostüme schlicht nicht gut.
Alles in allem sind die beiden Geschichten halt \"Rundumschläge\" ihrer Zeit und das ist mir zu viel.
Frage: Die beiden Geschichten basieren auf Episoden aus den Sagas?
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@ nille
Du hast Recht diese Dokus sind dafür gemacht einem breiten Publikum einen Ein- und kurzen Überblick zu verschaffen und das machen sie in einem mehr oder weniger breiten Rundumschlag. Ds finde ich aber vollkommen in Ordnung, bringen sie doch damit einem breiteren Publikum diese Zeit wenigstens näher und räumen auch mit dem ein oder anderen Mythos auf. Wenn man bereits einen tiefen Einblick in die Materie hat, dann mag das zu oberflächlich sein, aber diese Fachkundigen müssen ja dann auch nicht diese Dokus schauen.
Was mich stört sind immer die Aussagen/Diskussionen über Kostüme/Uniformen/Equipment, die von manchen aufgeworfen werden. Da habe ich immer den Eindruck, dass einige Leute nach dem Lesen eines halben Dutzend Fachbücher dann meinen das im Jahr x Uniform/Ausrüstung/Kleidung y angezogen worden sein muß (und nur die), weil das ja in den Büchern steht.
Die Verbreitung von Kleidung/Uniformen und Ausrüstung verläuft aber nicht an Stichtagen oder Stichjahren, sondern ist m.M. ein längerer Prozess.
Ein gutes Beispiel ist für mich die Polizei in NRW, die vor einigen Jahren von senfgelb/grüne auf blaue Uniformen umgestellt wurde. Es hat Jahre gedauert, bis alle Einheiten mit den blauen Uniformen ausgestattet waren. Der Fahrzeugpark ist, wie ich heute gesehen habe, immer noch nicht komplett von grün auf blau umgestellt.
Und das in den 2000er Jahren in Deutschland, ohne Krieg, Feldzüge, dafür aber mit einer genialen Versorgung und Logistik und Kommunikation.
Wenn in der heutigen Zeit eine solche Umstellung Jahre dauert, dann frage ich mich, wie viel länger wird so etwas vor 1000 Jahren gedauert haben??
Aber bitte, das ist nicht bös gemeint von mir (und auch nicht auf dich bezogen), ich finde nur dieses teilweise \"besserwisserischen\" Feststellungen in Bezug auf das oben erwähnte überzogen.
Schönen Abend noch!
Gruß
Macaffey
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@macaffey: Mir gings eher um die Schlechte Schauspielerische Leistung und das unmögliche Kostümbild. Die Wissenschaftlichen Fakten der Doku waren durchaus sehenswert, z.B. war mir der große Mühlstein Fund gänzlich unbekannt, oder die Frau auf dem Runenstein die von einer Walküre empfangen wurde (Auf dem Streitwagen).
Das ich mir emanzipierte Frauen dieser Zeit nicht vorstellen könnte ist absoluter Quark, die Thematik \"Frauen der Wikingerzeit\" ist in unserer Gruppe schon lange ein Thema und wird auf unseren Veranstaltungen sehr stark behandelt.
Die Kostüme und Rüstungen waren aber halt alles andere als gut, jeder der mal nach Wikingerkleidung Googelt wird besseres finden als das was in den kurzen Filmscenen gezeigt wurde. Es gab damals nunmal defacto keine Hohlnieten, Leder wurde so gut wie garnicht als Rüstung verwendet und Kettenbrünnen waren eher ohne Ärmel und dafür dann Hüftlang und nicht wie ein knappes Top mit langen armen. Und mit verlaub muss man dafür kein Besserwisser sein oder Hunderte Bücher Fachliteratur lesen. Ich hab selbst 2 Jahre beim Film als Requisiteur gearbeitet und weiß halt einfach das sich da für so ne Produktion niemand gedanken macht. (Hatte nen Kollegen der wollte für die Ottomanische Zeit eine Historismus Landsknechts Rüstung ins Bild stellen... :wacko: )
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@jocke
Geschenkt. Wie viele der Leute, für die die Doku gemacht ist, wissen das? Und aus welchem Grund mindert es das in der Doku übermittelte Wissen?
Da du ja als Requisiteur gearbeitet hast, weißt du ja das die Spielszenen den Beitrag entsprechend auflockern sollen. Der reine Interviewteil dürfte einen Großteil der Zuschauer nicht lange fesseln.
Und was die schauspielerische Leistung angeht: War wahrscheinlich das Beste was das Budget hergegeben hat. Ist nunmal keine Hollywood-Produktion.
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Äh, bitte?
Eine Doku, die die Zeit der Wikinger darstellen soll, kann ruhig doofe Fantasykostüme zeigen? 8|
Du darfst nicht vergssen, daß auch die Spielszenen Wissen vermitteln sollen, auf der So-sah-das-damals-in-Natura-aus-Ebene. Kostümgeschichte ist ebenfalls Geschichte.
Daß das die Zuschauer nicht wissen, wenn es falsch dargestellt wird, ist kein Argument - genauso kann man auch dafür argumentieren, daß man den Leuten erzählen würde, die Wikinger hätten eine Theokratie gehabt. Wissen die Zuschauer ja auch nicht besser, also was soll\'s?
Ich versuche mir gerade den Aufschrei vorzustellen, wenn eine Doku über Napoleon oder den Zweiten Weltkrieg die Leute in Cowboyaufmachung darstellen würde...
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Tatsächlich hat es sich gelohnt die Doku zu gucken. Der Mühlsteinsteinbruch mit der Anlegestelle war ziemlich beeindruckend. Wenn man solche Bilde mehr zeigen würde könnte man sich die Spielfilmszene bestimmt sparen. Bei den Kostümen versteh ich nie, warum die nicht einfach eine/n Reenactmentdarsteller/in nehmen und sich die vor der Kamera anziehen während eine Erklärung abläuft. Dann packen die noch ihr Werkzeug ein und fertig. Muss es immer diese doch recht drögen Dramen geben?
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Jupp, genau das frage ich mich auch manchmal. Ich habe in den 90ern mal eine Vorführung eines Schullehrfilms über das Lehnswesen besucht, da hatte die Filmfirma ein halbes Dutzend Profischauspieler gecastet, eine sehr gute Mittelaltergruppe engagiert, die dann den Hauptdarstellern Gewandungen geliehen hat, und die selber als Statisten spielen durften. War total billig, sah aber sehr edel aus, war total authentisch, die Spielszenen waren wirklich normale Alltagssituationen, und dank der Schauspieler auch überzeugend dargestellt.Die Fachinfos waren dann vor professionellen Historikern zusammengestellt.
Insgesamt hatte diese Arbeitsteilung den Effekt, daß das Ganze am Ende gut aussah, nicht langweilig war und fachlich einen völlig korrekten Wissensstand vermittelte.
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Der Grund ist, dass die Fernsehleute 90% der Zuschauer für Idioten halten.
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Mit der Schätzung liegen sie aber nicht unbedingt falsch Razgor.
Ich glaube der durchschnittliche TV Zuschauer wird als nicht sonderlich schlau oder gebildet bewertet weil er es auch nicht ist. Ich kann mir sonst einfach nicht diesen Bedarf an unnötigen TV Sendungen erklären. Reality Shows, Casting Sendungen, Volksmusiksendungen usw.
Die schlauen Menschen, die ich persönlich kenne gucken kaum TV, höchstens mal ne Doku oder DVD`s aber eher gehen die schon ins Kino oder ins Theater oder lesen ein Buch.
Leider habe ich die Sendung über die Frauen der Wikinger nicht gesehen. Ich kann also nicht wirklich mitreden aber mir scheint als halten Wargamer TV Historiker zu 90 % für Idioten :)
Gruß
Björn
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90% ?????
Ich beneide den Herrn Driscoles um seinen Optimismus ;(
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Früher ging man ins Amphitheater und den Circus Maximus, heute verblödet man halt vor der Glotze :D
Brot und Spiele und das Volk hält die Klappe :P
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Es ist eine Beleidigung für jeden ehrlichen kaiserzeitlichen Lanista, der versuchte, der Plebs anspruchsvolle Darbietungen zu präsentieren, wenn er mit der heutigen Dumpfhirnschwachmatenprolozombiebagage in RTL-Programmdirektionen auf eine Stufe gestellt wird!
Das gesamte Personal bei Big Brother, DSDSS und wie die alle heißen wäre damals höchstens als Pausen- und Löwenbauchfüller eingesetzt worden.
:D
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Mit der Schätzung liegen sie aber nicht unbedingt falsch Razgor.
Ich glaube der durchschnittliche TV Zuschauer wird als nicht sonderlich schlau oder gebildet bewertet weil er es auch nicht ist. Ich kann mir sonst einfach nicht diesen Bedarf an unnötigen TV Sendungen erklären. Reality Shows, Casting Sendungen, Volksmusiksendungen usw.
Mit der Einschätzung liegen sie zwar vermutlich wirklich nicht unbedingt falsch, aber man darf jetzt auch nicht vergessen, dass die Doku nicht auf RTL II, Sat 1 und Konsorten lief - sondern eben auf ARTE. Ob der durchschnittliche ARTE-Zuschauer jetzt wirklich intelligenter ist als der Privatsenderkonsument, möge jemand anderes beurteilen, aber an eine Doku auf ARTE habe zumindest ich höhere Ansprüche als an einen Galileo Beitrag über die Wikinger.
Wo man da jetzt die Grenze zieht, ist vielleicht bisschen schwierig. Bei Hohlnieten würde ich persönlich jetzt vielleicht ein Auge zudrücken, weil das dem unvoreingenommenen Zuschauer vermutlich nicht direkt in\'s Auge springt - bei \"falsch geschnittenen\" Kettenbrünnen seh\' ich das schon leicht kritischer, weil es offensichtlicher ist.
Unterm Strich hat die Doku mir persönlich auch nicht so recht gefallen wollen. Ich bin alles andere als ein Experte auf dem Gebiet und trotzdem hat mich das irgendwie nicht so recht \"gepackt\".
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Das gesamte Personal bei Big Brother, DSDSS und wie die alle heißen wäre damals höchstens als Pausen- und Löwenbauchfüller eingesetzt worden.
:D
DAS würde ich gerne sehen wollen! ;)
*mit dem Löwenfähnchen wedel*
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Jöh, der Löwe beisst guat! :thumbsup:
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Ich bin gerade ein bisschen geschockt, wie weit die Medien unsere Ansprüche herabgesetzt haben. Das folgende bezieht sich nicht auf die, dem Thread zugrunde liegende Dokumentation, sondern ist allgemein gemeint.
Wenn Medien falsch informieren, ist das ein Skandal. Jedesmal. Noch bedenklicher ist es, wenn öffentlich-rechtliche Medien das tun. Es kann auch keiner sagen: \'Da gab es halt\' niemand, der sich damit auskennt.\' Die Recherche ist dort ein integraler und wichtiger Bestandteil der Arbeit. In Bezug auf historische Kostümierung ist sie heutzutage sogar relativ leicht vorzunehmen. Man kann auch nicht sagen, dass es zulässig sei, weil es ja so lange her ist und keinen interessiert. Denn dann bräuchte man keine Dokumentation, sondern könnte gleich einen Spielfilm daraus machen. Dann wird Vergangenheit immer mit heutiger Politik in Verbindung gesetzt. Auch wenn Schiller und Hegel da anderer Meinung waren, wollen die Meisten immer noch aus der Vergangenheit lernen. Ja, die Beurteilung politischer und militärischer Vorgänge kann man nur aus der Vergangenheit lernen. Ohne Geschichte gäbe es schlichtweg keine Anhaltspunkte dafür. Darum gefährdet jede Art der Geschichtsklitterung, und sei es nur eine schlechte Dokumentation von Leuten, denen einfach die Bildung für ihre Aufgabe fehlt, ganz direkt und real unsere Demokratie. Statt Korrektheit zu fordern, wird heute nur auf die Notwendigkeit der Unterhaltung verwiesen. Und da sind wir dann wirklich bei Brot und Spielen angelangt, auch wenn das antike Publikum vermutlich etwas höhere Ansprüche hatte. Im alten Rom wurden Schauspieler z.B. schon für den falschen Sprachrhythmus ausgebuht.
Darüber, ob man Alltags-Szenen zeigen oder Geschichten, die die betrachtete Zeit bewegt haben, nachspielen soll, kann man streiten. Denn auch die Geschichten gehören zu einem Verständnis der damaligen Lebensformen. Aber man darf sie nicht als historisch darstellen, wie es mitunter geschieht, sondern muss sagen, woher sie stammen. Alltagsszenen, literarische Szenen und das Nachempfinden tatsächlich überlieferter Ereignisse müssen auch klar voneinander zu unterscheiden sein.
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In einem solchen Thema in einem solchen Forum nutzt der Aufschrei aber auch nichts. Schicke das doch mal an die Programmverantwortlichen. Wäre mal gespannt auf die Antwort, wenn es denn eine geben sollte.
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Die Doku war ganz anständig, aber leider sehr fehlerhaft und noch sehr viel oberflächlicher. Leider ist das im Moment aber eher Standard. Wir erleben eine Zeit in der es Redakteure und Programmverantwortliche für eine Großtat halten wenn sie den Wikipedia Artikel zu ihrem Thema weitgehend Fehlerfrei kopieren können.
Guido Knopp war (im deutschen TV) nur der Vorreiter. Ich fürchte es wird noch eine ganze Weile schlimmer werden, bevor es besser wird.
Der Zweifelhafte Effekt von aufwendigen Spielszenen in Dokumentarsendungen ist ja schon angesprochen worden.
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Spielszenen per se müssen nicht schlecht sein, ja sie können sogar auf verdammt hohem Niveau stattfinden.
Dafür müsste man aber leider Sebastian Haffner reanimieren, der hat die in meinen Augen weltbeste historische Doku mit massenhaft Spielszenen verbrochen:
http://www.youtube.com/watch?v=uhwwDIOGsuA