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Epochen => Absolutismus und Revolution => Thema gestartet von: Franz am 24. Februar 2015 - 09:56:06

Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: Franz am 24. Februar 2015 - 09:56:06
Die Tactica hat viele Eindrücke mit super Figuren und tollen Dioramen hinterlassen. Dadurch ausgelöst frage ich mich nun seit 2 Tagen:

Warum hat der Kaiser bei Waterloo frontal angegriffen ?
Auf so kleinem Raum zwischen Hougomont und La Haye Saints von nur einen Kilometer Breite,
wie mit dem Kopf durch die Wand.
Warum hat er links von Hougomont den flankieren Raum nicht genutzt ?

Wie geschickt hat er dagegen bei Austerlitz agiert.

Weiß vielleicht jemand etwas darüber ?
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: emigholz am 24. Februar 2015 - 10:29:47
Ohne mich zu sehr damit beschäftigt zu haben würde ich sagen wegen des Zeitdrucks. Er wollte Wellington nicht die Möglichkeit geben sich über Nacht abzusetzen um sich mit Blücher zu vereinen, auf der anderen Seite dürfte er schon Stunden vor Blücher (Überraschungsangriff  :rolleyes: ) gewusst haben das er auf dem Weg ist. Des weiteren brauchte er eine entscheidende Niederlage der Briten um widerum Zeit zu gewinnen bzw eine bessere Verhandlungsgrundlage mit dem Rest der Koalition zu haben. Aber das sind nur meine Überlegungen dazu.
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: Shapur am 24. Februar 2015 - 10:30:16
Ganz einfach,
1. Es hat vor der Schlacht stark geregnet, d.h. ein Acker wird schnell zu Matsch der einem die Stiefel auszieht, Ari kommt nicht durch.
2. Er hat links flankierende Truppen aufgestellt. Wellington hat aber auf seiner Flanke die Truppen tief in einen Winkel aufgestellt.
3. Er weis, dass die Preussen kommen. Die ersten Spitzen der Preussen tauchen relativ früh an seiner Flanke auf. Gleichzeitig weis er, dass die Preussen Zeit brauchen um angreifen zu können.
4. Er brauchte einen Sieg über die Engländer/Holländer/Belgier/Deutschen bevor die Preussen angreifen können.
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: Aenar am 24. Februar 2015 - 17:18:18
Ich vergleiche den Frontalamgriff des kleinene Korsen oft mit Lee\'s Massacker bei Gettysburgh ,man will hier einfach so schnell wie möglich eine Entscheidung erzwingen ,die Befehlshaber wussten warscheinlich genau wie riskannt es war aber gingen das Risiko ein da bei einem Gelingen der Gegner so gut wie besiegt war ,Sie gingen in ihrer Karriere oft Risiken ein die und forderten ihr \"Glück\" dann wohl einmal zu oft heraus .
Titel: Nur Hörensagen
Beitrag von: Wassmann am 24. Februar 2015 - 17:38:30
Nach dem was ich gehört hatte, hatte er schon beide falanken angetestet und ist zurückgeschlagen worden, so das ihm nur das Centrum blieb.
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: Franz am 25. Februar 2015 - 09:50:01
Napoleon war 168 cm groß, für die damalige Zeit normalgroß, die Engländer haben nur andere Maßeinheiten als die Franzosen und können/wollen nicht umrechnen und verbreiten das Gerücht noch heute.

Die Engländer haben auch verbreitet, sie allein hätten die Schlacht gewonnen.

Als ich Tabris auf der Tactica fragte, warum er seine 28mm Engländer verkauft, antwortete er: \"Die riechen komisch.\"
Das fand ich wirklich lustig.
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: Hexenmeister76 am 25. Februar 2015 - 10:22:04
Ich würde Napos Größe schon als klein bezeichnen.
Man bedenke, vor seiner Geburt gab es schon die langen Kerls mit min. 6 Rheinischen Fuß Körpergröße... was ca 1,88m groß wäre.
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: DerAndereSkaby am 25. Februar 2015 - 10:27:52
So wie ich die Schlachtberichte interpretiere, muss man folgendes berücksichtigen:

1. Napoleon ging davon aus, dass Wellngtons Truppe so gut wie geschlagen war, da sie auf der Flucht war und (vermeintlich) sich der Schlacht nur stellte um nicht auf der Flucht aufgerieben zu werden.
2. Die Aufstellung Wellingtons war für ihn nicht einsehbar - da sie hinterm Hügel war.
3. Nach \"normalen\" Maßstäben, hätte jeder General an Wellingtons Stelle sich geschlagen gegeben.

Bei 1. sind die Wetterlage, mangelnde Kavallerieaufklärung und falsche Berichte von Ney die Ursache.

Bei 3. meine ich, dass was uns heute als gegeben erscheint, damals sehr ungewiss und riskant war:
Wellington und Blücher haben sich voll aufeineander verlassen - das war nicht selbstverständlich. Zwei Mächte mit teilweise unterschiedliche Interessen (Aufteilung Deutschlands, Zukunft Frankreichs, um nur zwei wichtige Punkte zu nennen) arbeiten nicht immer bedingungslos miteinander. Hätten Die Preussen auch nur ein paar Stunden mehr gezögert, hätte Wellington keine Armee mehr gehabt (wenigstens für mehrere Tage) - also taktisch ausser Gefecht - während Napoleon immer noch auf Grouchy zählen konnte und eine angeschlagene aber siegreiche Truppe aus Waterloo. also eigentlich ausreichend um die Preussen von der nächsten Schlacht abzuhalten.

So interessant Waterloo für uns ist (wegen der weitreichenden Folgen und der Fülle an Quellen), so eigenartig und ungewöhnlich ist diese Schlacht auch: damals war eine Schlacht bis zum letzten Mann wahrlich nicht die Regel.
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: Franz am 25. Februar 2015 - 10:36:44
Soweit ich mich erinnere, waren die langen Kerl außergewöhnlich und sehr selten, es wurde viel Geld bezahlt, um sie anzuheuern.
Und selbst heute ist 168 cm nun auch nicht so klein.
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: Franz am 25. Februar 2015 - 10:43:54
DerAndereSkaby (http://www.sweetwater-forum.de/index.php?page=User&userID=3118)
Das wußte ich nicht, gibt es Belege, das Ney die Lage falsch beurteilt hat und berichtete, daß die Engländer nach Quatre Bras fast geschlagen sind ?
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: Pappenheimer am 25. Februar 2015 - 10:53:26
Zitat von: \'Franz\',\'index.php?page=Thread&postID=186755#post186755
Soweit ich mich erinnere, waren die langen Kerl außergewöhnlich und sehr selten, es wurde viel Geld bezahlt, um sie anzuheuern.
Und selbst heute ist 168 cm nun auch nicht so klein.
1,68m war im 18.Jh. Durchschnitt. Sieht man ja schön an den Mindestmaßen für Grenadiere. Napi wäre wohl keiner geworden, aber hätte ein durchschnittliches Maß für einen Füselier gehabt. Männer waren im 18. Jh. nach meinem Dafürhalten so zwischen 1,65m und 1,75m. 1,80 m war, glaube ich, im Ancien Régime Mindestmaß für Grenadiere, was dann auf 1,73 m runter gesetzt wurde.
Ich habe noch nie von einem Augenzeugen gelesen, dass Napoleon als besonders klein eingestuft worden wäre.

Ich hatte mal vor vielen Jahren im Napoleon-Online-Forum eine Diskussion zu dem Thema. Vieles von dem wurde hier schon angesprochen. Der Napoléon von 1815 war auch nicht mehr der von 1805. Die Armee war auch nicht dieselbe (1812 und Spanien liegen z.B. dazwischen). Die äußeren Umstände (Zeitdruck und eigentlich außenpolitisch ausweglose Situation) waren völlig andere. Ich bin nun kein Napoleon-Kenner und habe viel, was ich früher gelesen habe, wieder vergessen. Die Gründe für das Scheitern sind mannigfaltig. Gewiss darf man auch nicht unterschätzen, dass Napoléon seinen Gegenspieler, Wellington, garnicht kannte.
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: Tabris am 25. Februar 2015 - 12:20:50
Naja , den Mytos des kleinwüchsigen Napoleons haben wir imo ...

(http://www.bbc.co.uk/radioassets/photos/2007/6/19/22336_2.jpg)

Aus verschiedenen Quellen kann man nachlesen das sowohl Napoleon als auch Wellington bei Waterloo keine gute Figur machten ... denn Wellington reagierte lediglich auf Aktionen und das Frühe Erscheinen  der ersten Preussen erkaufte ihm weitere Zeit. Schön finde ich das , mehr oder weniger historische, Zitat aus dem Waterloo Film (1977) von Napoleon : \"Dieser Wellington führt Krieg auf eine neue Art... auf dem Arsch sitztend\" :P

Wobei man sehen muß das Napoleon im Winterfeldzug 1814 & der ersten Phase des Nordfeldzuges an alte Leitungen heranreichte ...  aber er stets davon profitierte das die Alllierten Verständnis-/Vertrausensprobleme hatten. Eigentlich wäre das auch bei Waterloo so passiert wenn nicht der sture Blücher Wellington zu Hilfe geeilt wäre ... was uns zum Thema führt \"Waterloo, ein deutscher Sieg\" ? ;)

Ohne aber jetzt in einen langen Text abzuschweifen sind imo :
die Gründe für den Angriff. Das Scheitern war fast zwangsläufig und selbst Clausewitz hat den Angriff von Napoleon als Fehler und eine verlorene Sache gewertet.
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: Franz am 25. Februar 2015 - 12:21:47
Vielen Dank für Eure Einschätzungen.


Folgende Faktoren scheinen also mitgespielt zu haben:

1. Wetter, es war schlammig, der Angriff konnte erst gegen Mittag beginnen

2. Zeit, ein halber Tag war verstrichen, die Preußen wurden am frühen Nachmittag gemeldet

3. falsche Beurteilung der Feindlage: gemischtes, nicht homogenes Heer der Briten, bei Quatre Bras zurückgedrängt --- Unterschätzung des Feindes

4. fehlende Erkundung des Schlachtfeldes ---- gut möglich

5. kannte Wellington nicht --- Soult, der Stabschef Napoleon, kannte ihn aber aus Spanien

6. Napoleon war nicht wie 1805 ---- er hatte Magenprobleme, die ihm sehr zusetzten, dazu Politischer Druck

7. Armee nicht so gut ---- viele Veteranen, ausgeruht, nicht wie 1805, aber trotzdem gut

8. Hau drauf Taktik ----- kann möglich sein, auch aus Zeitdruck und falscher Einschätzung der Briten

Von allem etwas hat wohl zu dem Handeln geführt.

Gruß
Franz


Kennt vielleicht jemand Tagebücher, Erinnerungen oder ähnliches von Zeitzeugen, die weitere Hinweise geben können.
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: vodnik am 25. Februar 2015 - 12:48:49
...eingefleischten TT-Spilerrn ist es egal, wie eine Schlacht auf anderen Tischen entschieden wird, entscheidend ist doch die Schlacht, die man gerade zu gewinnen versucht 8o  8o  8o
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: Hexenmeister76 am 25. Februar 2015 - 12:57:54
Zitat von: \'Pappenheimer\',\'index.php?page=Thread&postID=186757#post186757
1,68m war im 18.Jh. Durchschnitt.

Also in meiner Familie ist von beiden Seiten über mehrere Generationen ein großer Wuchs bekannt.
Mit meinen 1,98m spuck ich dem ollen Napo in seine Regenrinne vom Zweispitz :D
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: Franz am 25. Februar 2015 - 16:36:12
\"Manche Männer sind länger als andere.\"

\"Unsere Kavellerie wird sie niederreiten wie Gras.\"

\"Wer für mich kämpft, kann Engländer erschlagen.\"

aus Braveheart
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: kiralyfc am 25. Februar 2015 - 16:55:49
Ich hatte mal irgendwo gelesen, dass es vielmehr Gneisenau zu verdanken sei, dass die pr armee rechtzeitig eingreifen konnte, da zu dem zeitpunkt der marschentscheidung blücher im wald( oder sowas) versprengt war.

grüße
Titel: Eins dürfen wir nie da bei Vergessen
Beitrag von: Wassmann am 25. Februar 2015 - 20:29:38
Die Geschichte wird immer vom Sieger geschrieben.
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: Davout am 25. Februar 2015 - 22:12:35
Thema Gneisenau: Blücher war ja seit seinem Sturz bei Ligny angeschlagen, so dass Gneisenau als Stabschef de facto das Kommando ausübte. Er entschied den Feldzug durch seine riskante Entscheidung, die geschlagene Armee nicht einfach auf der vorgesehenenm Rückzugslinie nach Osten abziehen zu lassen, sondern auf Wellingstons Truppen zu. Allein das verkürzte den Krieg enorm und führte zu einem schnellen und endgültigen Sieg der Alliierten.

BTW, Napoleon war nicht klein. Eine ähnliche Fehlwahrnehmung betrifft auch seinen Hut, der uns heute als Nichthutträger groß vorkommt, den Zeitgenossen gemessen an den Wagenrädern die andere auf dem Kopf spazieren führten, eben klein vorkam.

Grüße

Gunter
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: tattergreis am 26. Februar 2015 - 08:11:12
Meines Erachtens hat Napoleon nicht nur frontal zw. Hougmont und La Haye Saint angegriffen, nach dem Ablenkungsangriff auf Hougmont, war der Angriff des Korps D´Erlon doch auf den linken Flügel der Engländer gezielt, oder irre ich mich?

Das Korps Zieten hat irgendwann angefangen, den linken Flügel Wellingtons zu verstärken, ein erfolgreicher Angriff am Abend auf diesen Frontabschnitt lief Gefahr, in eine Zange zu geraten.

Mit dem Kopf durch die Wand:
Die (verfrühten) Angriffe der der Kavallerie wurden durchgeführt, weil Ney glaubte, Absetzbewegungen zu erkennen.
Zieten wollte Bülow zu Hilfe eilen, weil er mit dem Zusammenbruch der Engländer/Alliierten rechnete.
Wellington gab die Schlacht bereits verloren.
In gewisser Weise hatte dieses \"mit dem Kopf durch die Wand\" schon starke Erfolge.

Wenn Bülow nicht erschienen wäre, hätte Napoleon/Ney (wer führte eigentlich die Schlacht?) genügend Truppen gehabt, um in das wankende Zentrum Wellingtons zu stoßen. Und wie Wellington seine Armee rettet, wenn sein Zentrum durchstoßen ist, ist mir ein Rätsel.

Napoleon kannte Wellington nicht, aber Wellington war auch noch nie auf Napoleon getroffen. Wellington war ein guter General, aber er war nicht besser als Napoleon.

cheers
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: carthaginian am 26. Februar 2015 - 11:17:02
Ich weiß nicht wie euch es geht, aber ich habe so ein abstruses Hobby und spiele solche Schlachten einfach nach.

Das Historische mal außen vor gelassen und aus ganz praktischer Erfahrung eines vielfachen Replays als Napoleon: Greift man auf der französischen rechten Flanke an, steht man wirklich sehr unter Zeitdruck, mehr als beim Angriff auf die Mitte, weil dann die Preussen nicht nur von der Seite sondern in den Rücken der vorgerückten Franzosen zu fallen drohen.
Auf der Linken, jenseits von (und als rechter Ankerpunkt der Angriffsmacht auch direkt) Hougemont in großer Kraft anzugreifen ist allerdings in der Tat eine französische Option. Dadurch dreht sich das Schlachtfeld um 90° und die vorbereitenden Bewegungen Napoleons sind sehr (zeit-)aufwändig. Angesichts des Schlamms, des Zeitdrucks und auch der sich ergebenden Gegenangriffsoption für Wellington im Zentrum ist Napoleons Entscheidung durchaus nachvollziehbar, zumal die britische rechte Flanke ihm genauso obskur erscheinen musste wie das Zentrum. Die Erfolgsaussichten waren im Zentrum ja da, siehe z.B. tattergreis` Post.

Generell wird aber vielleicht auch Napoleons taktische Finesse überschätzt: Er war ein genialer Stratege in der Großbewegung und Vorbereitung, aber in der konkreten Schlacht hatte er dann doch meist den Hau-Drauf-und-Schluß-Ansatz. Siehe insbesondere Borodino.
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: tattergreis am 26. Februar 2015 - 11:56:43
Das \"Lustige\" an Waterloo ist doch, dass auf dem tabletop die Franzosen mit einem sofortigen massiven Angriff meist gewinnen. Der \"Fehler\"  Napoleons aus dieser Perspektive ist meist die Zeitverzögerung und die eigene Ablenkung durch den Angriff auf Hougomont.

cheers
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: Pappenheimer am 26. Februar 2015 - 12:17:49
Zitat von: \'tattergreis\',\'index.php?page=Thread&postID=186925#post186925
Das \"Lustige\" an Waterloo ist doch, dass auf dem tabletop die Franzosen mit einem sofortigen massiven Angriff meist gewinnen. Der \"Fehler\"  Napoleons aus dieser Perspektive ist meist die Zeitverzögerung und die eigene Ablenkung durch den Angriff auf Hougomont.

cheers
Kann ich von einer Partie Command & Colors (die aus dem Grundregelwerk) auch so bestätigen. Frichemont abgeklopft - ewig kein Durchkommen und hohe Verluste. Hougomont - das Gleiche. Dann mit allen Truppen durch die Mitte, dann ist der Erfolg da. Die Garde stürmt La Haye Sainte und die Schlachtlinie der Alliierten wird in der Mitte auseinander genommen. Wenn man die Hügel rechterhand von La Haye Sainte hoch ist, können auch mal die Kürassiere rumtoben.

Aber man sieht halt in der Regel auch alles auf dem Tabletop. So eine allumfassende Sicht hatte Napoléon sicher zu keiner Zeit. Zuviele Nebelmarker - würde ich jetzt in \"Kugelhagel\"/\"Steinhagel\"-Manier sagen.  8)  ;)  :D
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: Killerhobbit am 26. Februar 2015 - 13:56:43
Wir haben ja mal Waterloo als Kriegsspiel nachgespielt

Ich sehe den Grund darin, dass der nächtliche Regen die Strassen dermassen aufgeweicht hat
das insbesondere (schwere) Artillerie nicht mehr normal bewegt werden konnte

Links an Hougemont vorbei macht nur Sinn
wenn man dann die Hügelposition direkt nördlich hinter Hougemont
sowohl von dort also auch frontal gleichzeitig angreifen will

Für einen Umgehungsmarsch mit Ziel Brüssel (also die Versorgungslinie abschneiden)
ist die ganze Bewegung zu nah an der britischen Artillerieposition

und ein Flankenmarsch rechts herum kann wegen der Brücke nur bei Ohain erfolgen
ansonsten bleibt die Ari zuhause

Meiner Ansicht nach hätte es jedoch Sinn gemacht nach Osten zu ziehen
um den Raum bei Ohain, Lasne und insbesondere auch östlich von Chapelle S. Lambert zu besetzen
und sich erneut zwischen den Preussen und den Briten zu drängen

und wenn man dann die innere Front hat
gegen den Briten defensiv seine Artillerie Überlegenheit zu benutzen
um gleichzeitig den anmarschierenden Preussen zu vernichten.
Da hätte sich der Brite dann nämlich NICHT einfach nur reserve slope verstecken können


Alternativ dazu wäre wirklich nach Westen mit der Armee ziehen
aber dann die Schlacht verweigern
und einfach beide Versorgungslinien bedrohen
Grouchy hat zu diesem Zeitpunkt ja die Preussische Versorgunglinie gekappt
Dann hätten sich die Allierten nach ein paar Tagen von selbst wieder trennen müssen
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: tattergreis am 26. Februar 2015 - 14:18:42
Zitat
Meiner Ansicht nach hätte es jedoch Sinn gemacht nach Osten zu ziehen
um den Raum bei Ohain, Lasne und insbesondere auch östlich von Chapelle S. Lambert zu besetzen
und sich erneut zwischen den Preussen und den Briten zu drängen

Napoleon wußte ja nicht, was da an Preußen ankommt, er hat ja wohl augenscheinlich nicht damit gerechnet, dass die Preussen schon wieder kämpfen wollten.

In einem Buch über den Krieg von 1809 \"Napoleon´s Last Victory and the Emergence of Modern War\" vertritt Robert M. Epstein die These, dass das Etablieren eines Korpssystem die Kriegsführung insofern modernisiert hat, dass Kriege nicht mehr durch einzelne Schlachten entschieden werden konnten (á la Austerlitz), sondern dass die größere Widerstandsfähigkeit einer in Korps formierten Armee längere Feldzüge nötig machte.

Die Preußen hatten zwar schwer gelitten, aber sie hatten noch immer voll einsatzfähige Korps (Thielmann und Bülow). Vielleicht hätte er die Preußen nach Ligny selbst weiterverfolgen müssen, aber hinterher ist man immer klüger...
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: tattergreis am 26. Februar 2015 - 14:28:13
Zitat
Alternativ dazu wäre wirklich nach Westen mit der Armee ziehen
aber dann die Schlacht verweigern

Damit wäre ihm strategisch nicht gedient.

cheers
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: Franz am 26. Februar 2015 - 19:46:01
Zitat
Generell wird aber vielleicht auch Napoleons taktische Finesse
überschätzt: Er war ein genialer Stratege in der Großbewegung und
Vorbereitung, aber in der konkreten Schlacht hatte er dann doch meist
den Hau-Drauf-und-Schluß-Ansatz. Siehe insbesondere Borodino.
Ja, der Angriff gegen die Schanzen in Borodino mit Kavallerie war verheerend.
Wie kann man eine so schöne Armee aufstellen und sie dann so rücksichtslos einsetzen.

Das Heere direkt frontal aufeinanderlosgehen war in der Antike und im Mittelalter die Regel, aber auch dort wurde die Flanke und der Rücken genutzt.
Das lag an der Bewaffnung mit Nahkampfwaffen.

Mit Einführung der Kanonen und den Kartätschen sollte man meinen, daß ein frontaler Angriff der kostbaren Kavallerie nur in absoluter Not befohlen wurde.

Zitat
In gewisser Weise hatte dieses \"mit dem Kopf durch die Wand\" schon starke Erfolge.
Ich denke auch, es hätte klappen können, wäre die Garde nicht so lange in Plancenoit gebunden gewesen wäre, sie hat ja mit Bajonettangriffen die Preußen wieder herausgeworfen. Ihr Einsatz direkt nach den Kavallerieattacken von Ney mit der Masse der Garde-Bataillone hätte durchschlagen können.
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: Davout am 26. Februar 2015 - 22:24:32
Bei Borodino war die Sache eigentlich noch schlimmer. Die Kavallerie wurde nicht nur frontal verheizt, sie stand vorher auch lange sinnlos im gegnerischen Geschützfeuer herum. Ein Ausrutscher war die Sache freilich nicht, denn Borodino war keineswegs ein Einzelfall, wo die teure Kavallerie verheizt wurde, weil Infanterie fehlte.

Bei Waterloo lag der Schlüssel zum Sieg ganz woanders und am Tag der Schlacht war der Kuchen eigentlich bereits gegessen. Was die Preußen machten konnte Napoleon so oder so nicht beeinflussen. Der Würfel war bereits bei Ligny/Quatre Bras gefallen, wo das Korps von d\'Erlon auf keinem der beiden Schlachtfelder zum Einsatz kam. Wären diese Truppen nicht sinnlos hin- und hermarschiert hätte man entweder die Preußen wirklich entscheidend schlagen können, was einen unbedingten Rückzug nach Osten notwendig gemacht hätte und Wellingtons Armee allein dastehen ließ, was wiederum deren Rückzug erzwungen hätte, oder die Preußen wären wie historisch auch geschehen geschlagen worden, die Britisch-Alliierten aber auch, nur viel massiver, wobei auch in diesem Fall eine Vereinigung unwahrscheinlich erscheint. Dennoch hätte sich Napoleon in seinem Nordfeldzug wohl verrannt. Die Preußen waren Stehaufmännchen und früher oder später kamen dann doch die Riesenarmeen der Russen und Österreichen plus weiteren Verbündeten zum Tragen, genau dann als Napoleons Feldarmee schon völlig verausgabt war. Man mag denken, dass trotz allem eine Chance auf einen Sieg bestand, jedoch nicht im gesamten Krieg. Man muss nur sehen dass die französische Armee in diesem Feldzug noch undisziplinierter war als sonst und das will schon was heißen. Kein Wunder dass die Truppe eine erhebliche Neigung zur Panik hatte. Mit so einer instabilen Armeen kann man tatsächlich ein paar Schlachten gewinnen, sobald aber auch nur der kleinste Rückschlag eintritt ist alles verloren. Waterloo war bekanntlich kein kleiner Rückschlag, sondern eine Katastrophe.

Grüße

Gunter
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: carthaginian am 27. Februar 2015 - 12:45:24
Zitat von: \'Davout\',\'index.php?page=Thread&postID=186983#post186983
Bei Waterloo lag der Schlüssel zum Sieg ganz woanders
Na ja, diskutiert wird ja hier die Siegmöglichkeit der Schlacht an sich bei drohenden Preussen. Du hast in dem was Du sagst völlig recht, doch dann muss man gleich eine Ebene höher gehen: Es wird ja gemeinhin vergessen, dass auch die Österreicher und Russen in der Armeeaufstellung waren. Napoleon hatte aber im Wesentlichen nur diese eine Doppelarmee bei Waterloo/Wavre. *Militärisch* konnte er den _gesamten_ Krieg unmöglich gewinnen.
Deswegen gab es für Napoleon bei diesem Feldzug überhaupt nur eine einzige, unverückbare Siegoption: Im Triumph in Brüssel einmarschieren und dadurch *politisch* zu siegen und einen Frieden zu verhandeln. Das wäre bei einem Sieg bei Waterloo trotz d\'Erlon Irrmarsch noch immer möglich gewesen.

Rein militärische großtaktische Evaluierungen wie eine weite Bewegung nach Westen schieden aber mit dieser Siegbedingung von vorneherein aus. (Und erklären IMHO auch das paralysierte Verhalten der Franzosen nach Waterloo)
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: Hanno Barka am 28. Februar 2015 - 16:54:53
Zitat von: \'carthaginian\',\'index.php?page=Thread&postID=186916#post186916
aber ich habe so ein abstruses Hobby und spiele solche Schlachten einfach nach

Zitat von: \'tattergreis\',\'index.php?page=Thread&postID=186925#post186925
Das \"Lustige\" an Waterloo ist doch, dass auf dem tabletop die Franzosen mit einem sofortigen massiven Angriff meist gewinnen. Der \"Fehler\"  Napoleons aus dieser Perspektive ist meist die Zeitverzögerung und die eigene Ablenkung durch den Angriff auf Hougomont.

Da sollte man aber auch im Hinterkopf behalten, daß die Regelwerke in unserem Hobby genau das sind - Spiele. Einige sind durchaus taktisch sehr anspruchsvoll, andere weniger, aber eine an die Wirklichkeit auch nur annähend heranreichende Simulation ist keines davon, daher wär ich ein bisserl vorsichtig mit der Annahme, daß was auf meinem Spieltisch klappt auch in der Realität klappen würde ;)
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: raparpott am 28. Februar 2015 - 17:11:45
Ich wollte auch mal meinen Senf (zumindest zu 1) beigeben:
Waterloo und Borodino haben aus meiner Sicht etwas gemeinsam: Napoleon griff frontal an, weil er befürchtete, dass das gegnerische Heer bei drohender Flankierung/Umklammerung ausgewichen wäre.
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: tattergreis am 28. Februar 2015 - 18:25:37
Zitat
daher wär ich ein bisserl vorsichtig mit der Annahme, daß was auf meinem Spieltisch klappt auch in der Realität klappen würde ;)
Was? Ich male jahrelang Figuren an, lese Bücher noch und noch :rtfm:  und Du meinst, am Ende ist alles keine exakte Abbildung der Realität? Es ist nur Spielen . :girl_cray2:

Wenn Du das nochmal behauptest, dann...dann...ignoriere ich Dich :ireful:

 :santa2:
Titel: Der Angriff des Kaisers bei Waterloo
Beitrag von: Hanno Barka am 28. Februar 2015 - 20:21:02
@Tattergreis...  :smiley_emoticons_pirate_ugly: