Sweetwater Forum
Epochen => Absolutismus und Revolution => Thema gestartet von: The first Cavalier am 09. März 2017 - 20:45:41
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Hallo erstmal,
Ich habe eine Frage bezüglich der Ausrüstung der kaiserlichen Kürassiere während des Französisch-Schwedischen Krieges.
Soweit ich weis, war zu diesem Zeitpunkt die Nutzung des kompletten 3/4-Harnisches ziemlich selten geworden, wärend die Reiterei zunehmend auf die leichtere Arkebusierausrüstung zurückgriff. Der Grund hierfür liegt in der Zusammenlegung von Arkebusiereinheiten mit Kürassieren, der Neuanschaffung des preisgünstigeren Arkebusierausrüsting für Neuanwerbungen und der Tatsache, daß die Kürassiere die für die langen Märsche unbequemen Ausrüstungsteile einfach in die Büsche schmissen. Und genau da setzt meine Frage an: Ich habe vor, eine solche späte Kürassiereinheit nachzubauen und werde dazu wohl einen Mix aus Warlord-Plastikreitern und frühen Metallkürassieren verwenden. Allerdings würde ich gerne einige teilgerüstete Figuren bauen, die mehr als Helm und Kürass tragen, aber weniger als die 3/4-Rüstung, indem ich der einen oder anderen Figur das Armzeug oder Beinzeug belasse, ähnlich wie bei den GW-Pistolieren, oder dem einen oder andere einen einen Armet spendiere. Aber wie sieht es mit der historischen Authentizität aus?
Gruß,
Gunther von Kessel
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Schau Dir mal die Renegade Kürassiere an, ECW ist ja die passende Zeit
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Schau mal, das ist ein schönes Bild mit Kürassieren bei der Belagerung von Rheinfelden: https://en.wikipedia.org/wiki/Siege_of_Rheinfelden_(1633)#/media/File:La_expugnaci%C3%B3n_de_Rheinfelden_por_Vicente_Carducho.jpg
Wegen der Schlacht bei Freiburg interessiert mich auch die Schlussphase des 30-jährigen Krieges ein bisschen. Ich persönlich würde dann immernoch die ziemlich voll gepanzerten Kürisser nehmen. Auf vielen zeitgen. Darstellungen, v.a. den Kupferstichen oder Holzschnitten, scheint mir das Erscheinungsbild der Truppen antiquiert wie aus einer Art altem Katalog entnommen. Ist im 18.Jh. aber auch manchmal bei Staffagefiguren so. Deswegen muss man evtl. vorsichtig sein mit zeitgen. Bildern. Andererseits macht das die Unterscheidung zwischen Kaiserlichen und Gegnern dann etwas einfacher. Die Schweden hatten ja stets nur ein paar wenige richtige Kürisser mit umfangreicher Panzerung.
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Ich denke gerade Arm- und Beinzeug wird das erste gewesen sein, was weggelassen wurde. Brust- und Rückenpanzer wahrscheinlich eher viel zögerlicher, da er halt doch die wichtigeren Körperteile schützt. Für Bayern unter Mercy und Werth würde ich mir in der Spätphase des 30jk aus traditionellen Gründen noch Kürassiere gefallen lassen. Bei allen anderen, vor allem Franzosen, Schweden und sonstigen Protestanten fände ich Kürassiere anachronistisch ohne jetzt genaue Jahresangaben zu haben.
Es ist ja auch so, dass der schwere Kürass aus der Anwendung kam, da es immer wichtiger wurde, dass die Reiterei \"leicht\" bleibt um die erforderlichen weiträumigen Fourage- Plünderungs- und Beutezüge unternehmen zu können, da diese in einem zunehmend ausgesaugten Einsatzgebiet unerlässlich für die Versorgung der Truppe waren.
Letztendlich gilt aber im Tabletop, es gilt was gefällt und dir Spass und Motivation macht, die Figuren auch anzumalen.
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Hi,
Danke für die Anregungen. Ich habe ein bischen herumgestöbert und mir ist aufgefallen, daß auch gerne \"halbe\" Harnische getrgen wurden, bei denen das Beinzeug weggelassen wurde.
Hier ein paar Beispiele:
https://www.kunst-gemalde.com/Portr%C3%A4t-of-a-Young-General-Barock-Hofmaler-Anthony-van-Dyck.html
http://www.veritusltd.com/biograph/adyck.php
https://www.google.de/search?q=anthony+van+dyck&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ved=0ahUKEwjv-6n_58zSAhVDzxQKHa2MD8QQ_AUICCgB&biw=1680&bih=933#tbm=isch&q=jan+de+werth&*&imgrc=x5tHj55OqcC2mM
Was das Bild von Vicente Carducho angeht: Das gezeigte Bild zeigt Gómez Suárez de Figueroa, duque de Feria bei der Belagerung von Breisach 1633 und hat mit der späteren Schlacht von Rheinfelden nichts zu tun. Auch wenn man davon absieht, daß der gute Vincente für den spanischen Hof gemalt hat und daher wohl wenig Interesse an deutschen Feldherren hatte, so wird ihn wohl spätestens sein Tod in Madrid 1638 davon abgehalten haben besagte Schlacht zu malen. Ausser er hat noch auf dem Totenbett gemalt. ;)
Gunther
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Danke für den Hinweis, von Kessel! :)
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Generäle und Fürsten hielten sich mitunter noch lange Lanzierer im vollen Trabharnisch als Statussymbol. Berühmt dafür war z.B. Wallenstein, der noch den Federschmuck und anderen Zierrat seiner \'Leibgarde\' vorgeschrieben haben soll. Auf dem Schlachtfeld haben sie aber nach dem ersten Drittel des Krieges keine Rolle mehr gespielt.
Das ist in der Zeit eben alles kein Automatismus.
Reiter, die den Helm ablegten trugen unter dem Hut Kaskett oder Hirnhaube. Modern war auch der Pappenheimerhelm (Zischägge) oder eine Sturm- oder Eisenhaube.
Die Kürasse mit Brust- und Rückenschale blieben in der Zeit noch erhalten, so man sie beschaffen konnte. Auch später wurden sie zumeist nur vorübergehend aus Kostengründen abgelegt. Allerdings wurden sie gegenüber den Trabharnischen leichter.
Arm- und Beinzeug wurde nach und nach weggelassen. Das Unterarmzeug behinderte die Kürassiere beim Umgang mit der Pistole. Aber Regeln gab es wohl nicht. Man müsste schauen, ob Anweisungen für Musterungen erhalten sind. Daran hing es ja, ob die einzelnen Reiter ihre Ausrüstung erleichtern durften.
Besonderheiten werden sich durch die Identität einiger Regimenter und durch Eitelkeiten einzelner Kommandeure und Fürsten ergeben.
(Vgl. Knötel/Sieg, Farbiges Handbuch der Uniformkunde, Ortenburg, Waffen der Landsknechte 1500-1650, Bonn 1984, zahlreiche Nachdrucke.)
Das gilt so natürlich nur für Lanzierer und Kürassiere. Die Bandelierreuter oder Karabiniere hatten wohl nie den vollen Tranharnisch. Ein geschlossener Helm und das Armzeug hätten das Schießen behindert. Und die Dragoner waren natürlich der Infanterie entsprechend ausgerüstet.
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Bei den meisten Staaten dürfte sich bis 1648 bei Kürassiere die Rüstung auf Harnisch und Zischägge beschränkt haben, was sich dann auch noch Jahrzehnte so hielt. Diese Praxis wurde in Frankreich bis in die 1690er und in Österreich und Bayern noch bis in die 1710er beibehalten.