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Allgemeines => Bücher, Filme, Publikationen => Thema gestartet von: Koppi (thrifles) am 14. März 2018 - 11:31:00

Titel: Das Berliner Stadtschloß
Beitrag von: Koppi (thrifles) am 14. März 2018 - 11:31:00
Heute mal was ganz anderes. Nichts mit Minis und nichts mit Tabletop.
Wer mich kennt, weiß, dass ich Schlösser mag. Na und das hier ist ja gerade wieder im Entstehen.
Zudem ist es ein kleiner Vorbericht zu dem Diorama, das ich Euch am Wochenende vorstellen möchte.


https://thrifles.blogspot.de/2018/03/das-berliner-stadtschloss-ein-klares.html
Titel: Das Berliner Stadtschloß
Beitrag von: Strand am 14. März 2018 - 12:11:55
Ich habe zwar eine komplett andere Meinung zu dem Thema, aber danke für diesen wieder sehr detaillierten Bericht. :thumbup:
Titel: Das Berliner Stadtschloß
Beitrag von: Velox am 14. März 2018 - 12:25:38
Ein historisches Gebäude kann man unter den heutigen Bedingungen nicht mehr aufbauen. Heutige Bauvorschriften, fehlende handwerkliche Kenntnisse bzw. Handwerker usw.
die Dresdener Frauenkirche hat halbwegs geklappt, das Braunschweiger \"Schloss\" ist komplett gescheitert. Ich fände es sinnvoller das Geld in restaurierbare Gebäude bzw. Kunstschätze zu stecken die allenthalben in Depots oder Innenstädten schlummern. Gerade bei Gebäuden wird oft solange gewartet bis mann sie aus baulichen Gründen abreißen muß.
Meine Meinung
Titel: Das Berliner Stadtschloß
Beitrag von: Riothamus am 14. März 2018 - 14:53:45
Hatte noch keine Zeit zu lesen, aber will man beim Berliner Stadtschloss nicht nur die Fassade rekonstruieren und dahinter modern bauen, wie man es oft nach dem Krieg gemacht hat?

(In der Schule habe ich lernen müssen, dass das in Paderborn nach dem Krieg entwickelt wurde, wo ein Teil der Fassaden noch stand, aber nicht so, dass man sie wirklich hätte nutzen können. Wenn auch die Zeit glaubhaft ist, so hatten doch andere Städte dasselbe Problem und ich kann nicht sagen, ob die Lokalisierung so stimmt.)
Titel: Das Berliner Stadtschloß
Beitrag von: khde am 14. März 2018 - 15:34:57
Ich würde es hier gerne mit Stan Laurel halten: Futsch ist hin und hin ist futsch.

Leider wird hier bei uns auch so ein überflüssiger Zapfen wieder aufgebaut. Dabei ist hier schon so viel echtes Altes und falsches Altes. Eine Landeshauptstat deren moderne Archtektur Kopien vom vergangenen Glanz sind. Sagt auch schon wieder einiges.
Titel: Das Berliner Stadtschloß
Beitrag von: Koppi (thrifles) am 14. März 2018 - 15:51:06
Juhu. Endlich seid ihr mal anderer Meinung. :dance3: Nee. Ich mag das. Mir gefallen halt wiederaufgebaute Scheinhäuser besser, als modernistische Glas-Stahl Bauten. Aber logisch, dass viele das auch nicht mögen.
Ich darf das. Ich bin nicht mehr jung. :D
Titel: Das Berliner Stadtschloß
Beitrag von: Pappenheimer am 14. März 2018 - 15:55:26
Zitat von: \'Riothamus\',\'index.php?page=Thread&postID=269336#post269336
Hatte noch keine Zeit zu lesen, aber will man beim Berliner Stadtschloss nicht nur die Fassade rekonstruieren und dahinter modern bauen, wie man es oft nach dem Krieg gemacht hat?
Das sieht man ja in den Fotos. Das Meiste ist 2000ern Architektur wie sie hier in Freiburg z.B. seit langem aus dem Boden sprießt. Nichts besonderes.

@ Velos
Och, das mit den fehlenden handwerklichen Kenntnissen würde ich auf keinen Fall so sehen. Es ist alles eine Frage des Willens. Ich hatte ein Freiwilliges Jahr in der Denkmalpflege und war dadurch beruflich in verschiedenen Aus- und Fortbildungsstätten für Handwerker im Bereich der Restaurierung. Die Zimmerleute, Maurer, Gipser etc., die ich da erlebt habe, wüssten schon wie man Gebäude herkömmlich errichtet. Ich kenne das auch aus Freilichtmuseen, dass da die Handwerker, die zum Ausbessern oder Wiederaufbauen von hist. Gebäuden herangezogen werden, das beherrschen.
Titel: Das Berliner Stadtschloß
Beitrag von: Karsten am 14. März 2018 - 16:00:16
Hallo,
betrachten wir das ganze mal als einen Neubau, der sich an die vorhandene und frühere Bebauung anpasst.
So kann es mit dem gefordertem Raumkonzept funktionieren. Von Denkmalpflege, oder ähnlichem kann hier sicher nicht die Rede sein.
Diese muss an den vielen Gebäuden, die es in Berlin zu sanieren gibt unbedingt gesondert erfolgen.
Legt man diesen Gedanken zu Grunde, kann man in der Architektur, wie bei jedem neu entstandenem Bauwerk, über die Schönheit streiten.
... Karsten
Titel: Das Berliner Stadtschloß
Beitrag von: Riothamus am 14. März 2018 - 16:21:13
Zumindest ich muss nach dem Lesen sagen, dass ich die Verbindung des Neubaus von alt und neu mag. Bisher hatte ich das nicht so genau betrachtet und wollte es mir in fertig anschauen, eben weil es in Zusammenhang mit den anderen Bauten gesehen werden muss, wie Du schreibst. Soweit es den Bau angeht, stimme ich Dir also zu. Enttäuscht bin ich bei jedem neuen Projekt wieder, dass der Bürger beiseite gelassen wird. Ich will nicht gegen Kultur und Wissenschaft reden, aber ursprünglich sollten doch die Bürger in die Architektur der Hauptstadt an zentraler Stelle einbezogen werden und ein entsprechendes Zentrum entstehen. Das wurde unter Hinweis auf die Haushaltslage gecancelt und seitdem war bei einigen neuen Projekten davon zu lesen und es wurde immer wieder abgeschmettert. So muss ich zumindest darin wiedersprechen, dass es sich um ein demokratisches Projekt handelt. Es ist eher ein antidemokratisches Projekt, wie die Repräsentation \"der Bevölkerung\" durch Dreck, die als ein gewisser Ersatz gedacht war und dann nicht mal den Bürger berücksichtigte, dafür aber alle Bewohner Deutschlands so beleidigte, wie es einst ein preußischer König tat. Für mich kommen da somit eher die negativen Seiten Preußens damit durch, dass der Bürger nichts zu sagen hat und ihm kein Wert zugemessen wird. Letzteres übertrifft dann sogar die schlechten Seiten Preußens noch mit Anklang an schlimmere Töne und die Rede von den \"kriminellen Schichten\", wie sie heute in gewissen Kreisen wieder populär wird.

Was Preußen sonst angeht, habe ich aber ein wesentlich differenziertes Bild. Auch wenn wir hier in Ostwestfalen zwangsweise eingepreußt wurden und irgendwie immer noch den Bischof als Landesherrn betrachten. (Wenn ich auch keine Scheiterhaufen mehr errichten darf. ;) ) Neben dem -lange lebensnotwendigen- Militarismus und Gleichschritt der Gesellschaft stehen da auch Toleranz, im Rahmen der Zeiten immer eine vergleichsweise Freiheit des Wortes und eine Herrschaft des Rechts, die die Fälle, in denen der Monarch sich darüber hinwegsetzte, bis heute als Skandal erscheinen lässt. Und wie Christopher Clark sehe ich es als Tragik Preußens, dass vieles so nicht ins Deutsche Reich übernommen wurde und selbst im Bürgertum meist nur der Gleichschritt übrig blieb. Vereinfacht gesagt. (Sein Buch empfehle ich, wenn möglich, auf Englisch zu lesen. Die Übersetzung zeigt oft, das kaum, teilweise sogar kein Verständnis der Sache beim Übersetzer vorhanden ist.)
Titel: Das Berliner Stadtschloß
Beitrag von: Pappenheimer am 14. März 2018 - 16:38:43
Zitat von: \'Riothamus\',\'index.php?page=Thread&postID=269349#post269349
Enttäuscht bin ich bei jedem neuen Projekt wieder, dass der Bürger beiseite gelassen wird. Ich will nicht gegen Kultur und Wissenschaft reden, aber ursprünglich sollten doch die Bürger in die Architektur der Hauptstadt an zentraler Stelle einbezogen werden und ein entsprechendes Zentrum entstehen.
Bei uns in BaWü nennt man das Bürgerbeteiligung.

Letztlich haben die Geldgeber was zu sagen. Man kann sich das Schloss in den Plänen anschauen; so weiß ja, wer dafür spendet, in etwa was dabei rauskommt. Letztlich kann man bei keinem Beteiligungsprogramm von Anwohnern egal ob Planfeststellungsverfahren mit Offenlage oder Bürgerbeteiligungstermine, die dann auch für Leute interessant sind, die nicht direkt davon betroffen sind, jeden \"mitnehmen\". Ich habe den Eindruck, dass es durchaus einige Leute gibt, die das Schloss so wie es aufgebaut wird, begrüßen und eben andere, die es als Raum- und Geldverschwendung sehen. Das wird immer so sein, bei jedem Großbauvorhaben egal ob Stuttgart21, nen Schloss\"wiederaufbau\" oder dem Neubau einer OU.

Eigentlich hat der Schloss\"wiederaufbau\" natürlich auch seine Parallelen in der Vergangenheit. Da wurden ja auch schon Schlösser oder andere repräsentative Gebäude wieder aufgebaut. Mal weniger, mal mehr originalgetreu. Neuschwanstein z.B. sollte zeitweise auch genau wie die alte Burg an der Stelle wiedererrichtet werden und dann entschloss sich Ludwig II. zu einer völligen Neuschöpfung. Das House of Parlement ist auch so eine historistische Überformung des alten Komplexes. Ironie der Geschichte, dass just der alte Teil, der von Guy Fawkes in die Luft gejagt werden sollte, erhalten geblieben ist.  :D  
Anders als bei Neuschwanstein hat dann im Elsass ein Architekt nach enorm aufwendigen Studien im ganzen Vogesenraum die Hochkönigsburg wieder aufgebaut. Manch einer mag da was bemängeln, aber anhand der Forschungen des Architekten Bodo Ebhardt ist durchaus ein ausgeprägter Wille zur originalgetreuen Wiedererrichtung erkennbar.

Wie Karsten ganz richtig anmerkt wirkt halt Wiederaufbau etwas skurril, wenn gleichzeitig andernorts noch immer massiv alte Bausubstanz aus den Innenstädten verschwindet wie z.B. bei uns in Freiburg sogar Gebäude aus dem 18.Jh.. Das hat dann auch nichts mit Armut zu tun, was in DDR-Zeiten vielleicht Verfall erklärte sondern eher mit Reichtum, dass finanzielle Interessen Denkmalschutzbedenken aushebeln. Nen historisches Gebäude lässt sich halt unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten oftmals kaum behaupten.  :(

Schöner ansprechend bebilderter Artikel von thrifles auf jeden Fall.  :) Ich stehe dem neutral gegenüber. Muss ja auch nicht damit leben, wohne nicht in Berlin. Und falls wirklich Steuermittel verschwendet werden - naja, sind wir ja in Dtl. wie anderswo gewohnt.
Titel: Das Berliner Stadtschloß
Beitrag von: Pappenheimer am 14. März 2018 - 16:45:11
Rein fachlich betrachtet ist eben auffällig, dass die anderen europäischen Hauptstädte überwiegend einen zentral in der Hauptstadt gelegenen imposanten Schlossbau haben.

Die Residenzen in Stockholm und Kopenhagen sind bombastisch.

Der Buckingham Palace hingegen wirkt recht bescheiden. Hängt aber wohl auch damit zusammen, dass der erst unter George III. als mit absolutistischen Ansprüchen Sense war, seinen Aufstieg nahm und die Könige in England daneben sowieso riesige Residenzen in Hampton Court, Windsor und so weiter besaßen.

In Paris wurde seit der Zerstörung des Tuillerienpalastes über einen Wiederaufbau diskutiert. Bis jetzt ist da eine große Freifläche und wer weiß? Vielleicht kommt er ja doch noch und damit würde Paris mit dem Komplex Tuillerienpalast-Louvre wieder mit anderen Hauptstädten gleichziehen.
Titel: Das Berliner Stadtschloß
Beitrag von: Velox am 14. März 2018 - 16:56:30
Hallo Pappenheimer,
wenn man das Schloss auf historische Weise aufbauen würde (mit Steinmetzen, usw.) würden die heute in Deutschland noch zur verfügung stehenden Steinmetze 200 Jahre benötigen. Da solche Projekte zumeist politisch motiviert sind läßt sich über Sinn und Nutzen trefflich streiten. Ich denke über dieses Thema läßt sich unerschöpflich diskutieren. Gruß Velox
Titel: Das Berliner Stadtschloß
Beitrag von: Pappenheimer am 14. März 2018 - 17:21:25
Zitat von: \'Velos\',\'index.php?page=Thread&postID=269356#post269356
Hallo Pappenheimer,
wenn man das Schloss auf historische Weise aufbauen würde (mit Steinmetzen, usw.) würden die heute in Deutschland noch zur verfügung stehenden Steinmetze 200 Jahre benötigen.
Bist Du Steinmetz?  :)
Hast Du dazu Statistiken?

Technisch ist das schon eine spannende Frage. Weiß jetzt auch nicht, ob man je einen Rekonstruktionsversuch in solchen Dimensionen mit hist. Mitteln je unternommen hätte.

Der Schlossbau damals erfolgte ja zumeist mit einem Mix aus Fachkräften - oftmals nur einigen wenigen - und zahlreichen ungelernten Hilfskräften.

Das Berliner Stadtschloss ist ein schwieriges Beispiel da ja über Jahrhunderte gewachsen. Ich hatte auch schon den Vorwurf des Militarismus wie von Rio hier erwähnt wo gelesen. Aber das ist doch sehr einseitig. Wer wollte jetzt einem König Friedrich I. oder Kurfürst Georg Wilhelm Militarismus vorwerfen? Selbst im späteren 18.Jh. findet man in FW II. bspw. einen Herrscher, der als Dicker Lüderjahn berühmt wurde...
Titel: Das Berliner Stadtschloß
Beitrag von: khde am 14. März 2018 - 17:37:49
@thrifles
Dann müßte Dir Potsdam gefallen, unser Stadtschloß steht übrigens schon längst wieder. Haben ja auch sonst keins. Na ja, ok, Sanssoucis eben ...  und Neue Palais ... und Schloß Babelsberg ... und Cecilienhof ... und Jagdschloß Glienecke ... und Barbarini ... und Belvedere ... und Alexandrowka ... und holländisches Viertel ... und den Dom ... und Nowawes ... und Marmorpalais ... und, und, und   :D
 
edit, und ja, vielleicht bald auch wieder so einen Zapfen, ehemalige Garnisonskirche, reicht aber nur für den Turm.
Titel: Das Berliner Stadtschloß
Beitrag von: Riothamus am 14. März 2018 - 17:41:02
Ich hatte ja gerade die anderen, besseren Seiten Preußens betont. Nur den heutigen Stadtplanern werfe ich vor, antidemokratisch zu agieren. Dabei geht es auch nicht um die Bürgerbeteiligung. Dazu hatte ich mich gar nicht geäußert. Es ging darum, dass dem Bürger nicht der geplante Raum in der Architektur gegeben wird. So etwas ist nicht zwingend, aber nachdem es einmal vorgesehen war, kann man es eben auch nicht einfach so streichen und zwar mehrfach streichen, ohne dass es eine Aussage der Ablehnung ergibt.

Was die Steinmetze angeht, so ist zu bedenken, dass es mittlerweile gegenüber der Renaissance den Beruf des Maurers gibt, der viele Tätigkeiten der Steinmetze übernommen hat.
Titel: Das Berliner Stadtschloß
Beitrag von: Koppi (thrifles) am 14. März 2018 - 17:55:08
Zitat von: \'khde\',\'index.php?page=Thread&postID=269362#post269362
@thrifles
Dann müßte Dir Potsdam gefallen, unser Stadtschloß steht übrigens schon längst wieder. Haben ja auch sonst keins. Na ja, ok, Sanssoucis eben ...  und Neue Palais ... und Schloß Babelsberg ... und Cecilienhof ... und Jagdschloß Glienecke ... und Barbarini ... und Belvedere ... und Alexandrowka ... und holländisches Viertel ... und den Dom ... und Nowawes ... und Marmorpalais ... und, und, und   :D
 
edit, und ja, vielleicht bald auch wieder so einen Zapfen, ehemalige Garnisonskirche, reicht aber nur für den Turm.

Tatsächlich Karl-Heinz. Mir hat Potsdam extrem gut gefallen. :thumbsup:
Titel: Das Berliner Stadtschloß
Beitrag von: Blüchi am 14. März 2018 - 18:10:00
Immerhin hat es den Anschein das es kein jahrhjndert Projekt wie der BER wird....
Titel: Das Berliner Stadtschloß
Beitrag von: Velox am 14. März 2018 - 18:28:10
Hallo Pappenheimer,
nein ich bin kein Steinmetz. Die Aussage habe ich von jemanden der in einem Denkmalamt arbeitet. Wohlgemerkt handelt es sich dabei um den Aufbau mit historischen Werkzeugen also keine Pressluft betriebenen Werkzeuge. Sicher sind für den Aufbau nicht nur Fachkräfte nötig. Im Bistum Würzburg wurden zu Amtszeit Julius Echter an die 300 Dorfkirchen gebaut und das vor allem mit ortsansässigen Handwerkern. Aber heutzutage gibt es nicht mehr die Dichte an handwerklichen Berufen. In unserem Dorf (vor allem LAndwirtschaft Krautanbau) (damals so um 800 Einwohner) gab es Ende der 1950ger noch 3 Schmiede zwei Büttner usw. Ich wohne in einer Weingegend soviel ich weis gibt es heute in dem gesamten Gebiet noch einen Büttner.
Gruß Velox
Titel: Das Berliner Stadtschloß
Beitrag von: Riothamus am 14. März 2018 - 20:36:19
Über Stadtplanung lässt sich herrlich streiten, ohne dass es zu einem Ergebnis führen muss. Das ist auch gut so, schließlich sind wir alle verschieden.

Manchmal sieht man aber auch die Nachteile einer Lösung erst, wenn man die verschiedenen Optionen miteinander vergleicht. Genauso ging es mir mit Potsdam. Die Diskussionen habe ich erst verstanden, als ich andere Konzepte sah. Das ist so ein Fall, bei dem ich froh bin, mich nicht entscheiden zu müssen.

Die Forderung aus jedem Nachbau ein archäologisches Experiment zu machen, kann ich auch nicht nachvollziehen. In Paderborn hat man sich nach dem Krieg bemüht, Fassaden wieder herzustellen, wo sie auffallen und zum Charakter der Innenstadt beitragen. Dadurch konnte einiges erhalten/wiederhergestellt werden. Damals stand die Schaffung von Neuem weniger im Vordergrund als die Kosten: Es wurde praktisch gebaut. Nach der Wende hat man solches Vorgehen in den neuen Bundesländern leider weniger berücksichtigt und so oder so zu radikaleren Lösungen gegriffen.

Alte Städte ziehen ihren Reiz aus der unterschiedlichen Architektur. Das heißt, dass auch heutige Architektur errichtet werden muss. Allein aus der Umgebung ergibt sich in den Innenstädten schon, dass es in ein älteres Umfeld eingebunden werden muss. Sicher wäre es reizvoll zu sehen, wie ein Entwurf aussähe, der ein modernes \"Stadtschloss\" gezeigt hätte, der sich in das größere Konzept einfügt. Doch neigen Architekten leider oft dazu, aus ihren Gebäuden ganz individuelle Stars zu machen. Architekten, die dies nicht tun, sondern sich um die Verbindung zur umliegenden Architektur bemühen, werden selten berühmt. Da ist dann häufig das alte Bild besser als die modernen Vorschläge. Solche Diskussionen ziehen sich bis in die Kleinstädte, wo alte Architektur oft nicht erhalten werden kann. Man will hier dann meist nicht den Fehler machen, Altes einfach zu entsorgen und durch modernes zu ersetzen. So kommt es oft zu schlechten Lösungen.

Eine Stadt wie Jena, wo es zur Zeit der Wende noch große Baulücken aus Kriegszeiten gab - die Bomben trafen statt der nebenan liegenden Fabrik die Westhälfte der Altstadt - kann da verschiedenes zeigen. Teilweise wurde da nicht einmal groß über die Architektur selbst gestritten, sondern nur um den Standort.

In Berlin und teils auch in Potsdam kommt natürlich hinzu, dass die ganze Republik interessiert ist, dass Tourismusinteressen betroffen sind, Gruppen Einfluss nehmen wollen und eben potentiell prägende Bauten entstehen.

Ich tendiere als Reflex meist erst dazu, ein Replikat des Alten zu fordern, weil da unleugbar im Hintergrund die Angst vor den Bausünden vergangener Zeiten und der drittklassigen Umsetzung moderner Konzepte wirkt. Ich sage nur Brutalismus. Da haben sich eine ganze Menge Leute daran beteiligt, daraus lauter Bausünden zu entwickeln. Aber das heißt nicht, dass ich nicht für neue Konzepte offen bin. Und die Planung zum Stadtschloss zeigt eine interessante Verbindung des Alten zum Neuen.

Es geht mir also nicht darum, alles Neue zu verwerfen. Es geht mir darum, dass das Neue auch in das Bestehende eingefügt werden muss.

(Hier in der Gegend gibt es noch ein ganz anderes Problem: Teilweise ist nicht mehr bekannt, ob etwas aus den 50er Jahren oder aus dem Mittelalter stammt. In den 50er Jahren wurde zudem so wild gebaut, dass ein guter Teil der Häuser, wenn die Bauverstöße bekannt würden, sofort geräumt werden müssten. Ein ganz eigener städtebaulicher Alptraum.)
Titel: Das Berliner Stadtschloß
Beitrag von: Poliorketes am 14. März 2018 - 21:27:39
Also ehrlich gesagt ist mir der nachgebaute Münsteraner Prinzipalmarkt deutlich lieber als der neugebaute Karstadt 500m die Salzstraße runter. Und genauso ist es mit dem Berliner Stadtschloß. Der Palast der Republik war nicht nur oberhäßlich, sondrn er paßte nicht ins Umfeld. Gibt da genügend Beispiele, Bremer Bürgerschaft, Hallenbad und LzO in Oldenburg am Schlpß etc. Unabhängig ob man solche Architektur mag (ich hasse sie), paßt so ein Klotz nicht in ein historisches Ensemble. Sonst kann man gleich nach Prenzlau ziehen, Backsteingotik umringt von Plattenbauten.
Titel: Das Berliner Stadtschloß
Beitrag von: Karsten am 15. März 2018 - 07:59:12
Das ist der Punkt. \"Karstadts\" dieser Art gibt es überall und viel zu viel.
Was der 2. Weltkrieg zu zerstören nicht geschafft hat, taten die 60er und 70er Jahre, oder im Falle des Berliner Stadtschlosses, die 50er.
Alt musste weg, ohne groß über Sanierungen nachzudenken, was beim Berliner Stadtschloß möglich war. Modern war wichtig.
Heute heißt modern oft retro. Das kann man an vielen Dingen feststellen (Autos, Küchengeräte, Radios e.t.c.).
Somit betrachte ich das Berliner Stadtschloss als retro und bin froh, dass dort kein \"Karstadt\" entsteht.

... Karsten
Titel: Das Berliner Stadtschloß
Beitrag von: khde am 15. März 2018 - 10:08:49
Also wenn es rund läuft, bleibt es nicht bei den Kulissen bzw. der schicken Straßenansicht. Zauberwort in Potsdam: Sichtachse!

Das Stadion am Park Babelsberg (genau genommen an dessen Rückseite) hat aufwendiges einklappbares Flutlicht, da ansonsten die Masten die Sichtachsen stören könnten. Gegenüber vom Schloß Babelsberg liegt ein schöner 150 Jahre alter Biergarten, der einen Bauantrag gestellt hat um Bäume neu zu pflanzen. Das ist seit letzten Jahr noch nicht freigegeben, da noch geprüft wird, ob damit dann die Sichtachsen vom Schloß zu den Schweizer Häuser hinter dem Biergarten gestört werden. Das Freibad Babelsberg, seit zig Jahren an dem unteren Ende des Parks Babelsberg wird demnächst weichen müssen, damit historische Wege rekonstruiert werden können (ja, auch hier geht es um Sichtachsen) wird richtig teuer aber was solls. Und dann ncoh das leidige Thema mit der Garnisionskirche. Es gibt dor keine aktive Gemeinde, die Evanglilsche Kirhce will es nicht, die Bürger von POtsdam wurden befragt und sie wollen es nicht, die Finanzierung steht nicht dennoch wird da fröhlig dran gewerkelt. Es gibt da eine ganze Reihe von Verwicklungen und Verstrickungen die nicht sauber sind.

Potsdam ist eine schöne Stadt, auch wegen der netten Stadtoptik. Aber am Ende leben Menschen hier und Stadtentwicklung sollte sich an den Wünschen und Vorstellungen seiner Bewohner richten. Was nützt die schicke Kulisse, wenn auf der anderen Seite Jugendeinrichtungen, Freizeitangebote, schulische Einrichungen, Kitas etc. gekürzt und nicht angemessen ausgebaut werden. Letztlich wird das Geld imme nur einmal ausgegeben.

Ich finde es schade das der Palast der Republik wg ist. Er repräsentiert einen bedeutenden Teil unserer Geschichte und ist auch für viele ein Ort mit vielen Erinnerungen. Einen Teil, der viel näher an unserem modernen Bild von DE ist, als das Stadtschloß. Das olle ICC hat man auch, trotz Asbest etc., wieder saniert, das hätte man ruhig auch mit dem Palast machen soll. In Potsdam sind nur noch wenige Ostgebäude übrig undich hoffe das bleibt auch so.
Titel: Das Berliner Stadtschloß
Beitrag von: sharku am 16. März 2018 - 07:45:47
Also ich als gebürtiger Berliner freue mich auf das Schloß und ich denke das nachkommende Generationen sich auch darüber freuen werden. Genauso, wie wir uns heute über schöne Bauten freuen. Streit gab es damals sicher auch über das ein oder andere liebgewonne Gebäude ;-)
Titel: Das Berliner Stadtschloß
Beitrag von: Plastikgeneral am 16. März 2018 - 08:33:49
Wobei das ICC noch nicht saniert wurde und warum ist das oll und der Lampenladen doll? IMHO die falsche Einstellung. Es geht immer um Profit. Die ICC Sanierung wurde teuer gerechnet, damit es abgerissen wird, wie bei der denkmalgeschützten Deutschlandhalle. Die Firmen bauen halt lieber ganz neu, statt zu sanieren und die Politik macht lieber, was die \"Wirtschaft\" möchte.

Generell, was wir heute schön finden wurde damals ja auch an den Bürgern vorbei gebaut. Schlösser, Kirchen, etc. und parallel starben immer Menschen an Hunger und Krankheit. Um noch mal eine Kanne Öl zu nehmen: Mir egal wie das Schloss rekonstruiert wird, das Zentrum Berlins ist eh am Kudamm  :laugh1:
Titel: Das Berliner Stadtschloß
Beitrag von: tattergreis am 16. März 2018 - 13:25:32
Zitat von: \'Plastikgeneral\',\'index.php?page=Thread&postID=269457#post269457
das Zentrum Berlins ist eh am Kudamm :laugh1:

yeah yeah yeah

zum eigentlichen Thema:

Is mir egal
egal
...

(RIP Kazim)