Sweetwater Forum
Epochen => Frühes Mittelalter bis zur Renaissance => Thema gestartet von: Neidhart am 28. März 2011 - 23:44:57
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Hallo,
ich habe am Wochenende Lust bekommen eine Dark Age Truppe der Friesen aufzubauen. Das System wird WAB sein.
Da ich allerdings bisher eher wenig über das friesische Heerwesen weiß und das Internet für diese Zeit auch nicht soviel ausgespuckt hat wollte ich nachfragen, ob jemand hier Informationen hat.
Das Wichtigste für mich ist die relative regionale Unabhängigkeit der Friesen, die sich erst in einigermaßen erfolgreichen Konflikten mit den Karolingern und Dänen und später in der \"Friesichen Freiheit\" äußert.
Ich habe bisher eine Teilung der Gesellschaft in vier Teile gefunden (durch ein von den Karolingern oktruiertes Gestz belegt). Woraus sich schon einmal die Aufstellung in verschiedenen Vermögensklassen anbieten würde (Nobilis, Liberi, evtl. noch Diener). Bei der Bewaffnung habe ich bisher nur von einem Speer gehört, der unverschämt lang war und auch als Stab zum springen über Wassergräben genutzt wurde (macht auf dem Tisch glaube ich keinen Sinn, das darzustellen). Außerdem habe ich in einigen Geschichten( ich glaube es waren Nacherzählungen von Sagas) von friesischen Seeräubern gehört.
Die Idee, die sich daraus für mich ergab ist eine Mischung aus \"Wikingern\" und \"Franken\", zusammen mit einigen regionalen Besonderheiten.
Meine Informationen sind aber bisher sehr schwach recherchiert (Wikipedia und Erzählungen ohne Literaturangaben).
Meine Frage ist nun ob hier jemand Schlachtenberichte, weitere Informationen, Literatur oder einfach nur Ideen zu den Friesen in den Dark Ages hat.
Danke für euer gesammeltes Wissen.
Martin
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Ohne mich mit der Geschichte Frieslands näher befasst zu haben, eine generelle Aussage.
Ich persönlich werde eine generische \"Sachsen\" Truppe, und dabei meine ich die Sachsen als Gegner der Karolinger, mit diesen Figuren von Wargames Factory darstellen:
http://wargamesfactory.com/webstore/hammer-of-the-gods/saxon-fyrd
Diese Jungs, ausgestattet mit Rundschilden, gehen durchaus als generische Truppe für die Epoche durch. Somit nach meiner Meinung auch als Friesen. Ein paar von denen mit längeren Speeren auszustatten, wäre ja das geringste Problem.
Mischen werde ich sie sehr wahrscheinlich mit diesen Bondi von WF:
http://wargamesfactory.com/webstore/hammer-of-the-gods/viking-bondi
Köpfe, die mir zu \"viking like\" aussehen, werde ich dabei aussortieren.
Über die WF Minis wird zwar oft gelästert; allerdings finde ich sie gerade zu diesem Thema o.k.; und wenn man sie anständig zusammenbaut und sie nicht wie wild rumfuchteln läßt, ist das o.k.
Als Karolinger werde ich natürlich auf die Artizanfiguren zurückgreifen.
Vielleicht helfen Dir diese Tipps zumindest figurentechnisch weiter. Die anderen bekannten Reihen (Gripping Beast, Crusader etc. ) wirken mir zu \"englisch\". So bin ich auf die WF gekommen.
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Die anderen bekannten Reihen (Gripping Beast, Crusader etc. ) wirken mir zu \"englisch\".
Okay, das ist natürlich auch persönliches Empfinden. Wenn man davon ausgeht, das Sachsen und Angeln, also die Völker, in denen die späteren Engländer auch dem Namen nach wurzeln, genau aus dieser Ecke hier (Von HH nordwärts, aus Jütland und umzu) kamen, lässt sich ableiten, daß das Erscheinungsbild in Norddeutschland und England um 800-1000 ad relativ ähnlich gewesen sein dürfte.
@Neidhart: Ich gucke heute Abend mal meine Bibliothek durch, ob ich was über Kleidung und Ausrüstung für Dich finde (ist schließlich meine Reenactment-Epoche, auch wenn ich bei den Wikis gelandet bin).
Als Literaturtipp: Ein schönes Feeling für die Zeit vermittelt meiner Meinung nach Josef Nyáry\'s\"Vinland-Saga\" , die, wie der Name schon sagt, sehr aus Wikingischer Sicht geschrieben ist und überdies ein anderes Hauptthema hat, aber mit einem sehr plastisch beschriebenen Wikinger-Überfall auf \"Brimun\" an der Weser beginnt. Sehr schöne Unterhaltungsliteratur auf Basis alter nordischer Erzählungen. sm_party_joint
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Ich denke, mit dem Ansatz einer Wikinger-Franken-Mischung liegst Du nicht so falsch. Aber auch ein Zugriff auf Angelsachsen ist nicht verkehrt und dürfte meiner Ansicht nach fast besser passen als bei kontinentalen Sachsen - es ist ja nicht unumstritten, wie sächsisch die Angelsachsen wirklich waren.
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Danke schonmal für eure Ideen.
Ihr tendier also, wie ich auch, zu einer eher generischen Truppe.
Die Sachsen hatte ich natürlich auch im Hinterkopf gehabt, nujr vergessen die hier noch einmal gesondert zu erwähnen. Schließlich kamen die Angelsachsen ja auch aus der Gegend. Ich habe mir ein paar Gripping Beast Sachsen in Plastik und Metall bestellt und werde, dann demnächst das Projekt richtig starten. Die Idee mit den Wargames Factory Figuren ist super. Die Firma hatte ich irgendwie schon fast wieder vergessen.
Danke für eure Einschätzungen und danke Thorulf fürs Nachschauen. Diese Vinland Saga werde ich mir gleich mal besorgen.
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Friesen... sehr schöne Idee und Darkage ist immer gut; dann will ich auch mal noch meinen Senf dazu geben. Aaaalso die Idee mit den unterschiedlichen Klassen finde ich zwar nicht schlecht (wobei ich mich natürlich nicht an diesen Namen orientieren würde) Aufbaumäßig denke ich bietet sich hier das \'klassische\' germanisch/wikinger\'sche Gefolgschaftswesen an, also eine Art \'Fürst\' oder Häuptling mit einer ziemlich kleinen besser ausgerüsteten Leibtruppe aus seinem Haushalt (die denke ich mir auch rühig leichte Kettenrüstung bekommen können unterstützt von einem größeren Anteil \'Freier\' aus derselben Gegend, also bauern und fischer aber keine \'Vollzeitkrieger\'. Bewaffnen würde ich diese allenfalls mit Speeren und versch. Handwaffen mittelmäßiger Qualität (also Äxte , aber eher wie für die Waldarbeit keine typisch Dänischen Kriegsäxte, Kurzschwerter/Saxen und evtl auch den einen oder anderen Fischspeer), an Rüstung max. einen Helm wobei da die Friesen ja längere Zeit zumindest nicht unbedingt mit den Römern auf Kriegsfuss standen könnte man evtl auch den einen oder anderen LIR-Helm (ohne Rossschweif) mit dazu mischen... quasi ein Erbstück von Uropa; ansonsten schlichte Tuniken ohne große Verziehrungen und ggf etwas weitere Hosen. Als Skirmisher die üblichen \'Jungen\' oder auch im Zweifel \'Unfreie\' mit Kurzbögen, Schleudern und Javelins; vom Aussehen her ziemlich abgerissen ohne Hosen und am Besten noch Bahrfuss, in der GB-Pikten Reihe dürftest du dafür prima Figuren finden.
Regeltechnisch würde ich sie am ehesten mit Iren oder noch idealer Caledonia (Alba) in Shieldwall verbinden; dies spiegelt mMn sowohl die eher wahrscheinliche Armut eines größeren Teils der Friesen (sehr schön fiktional dargestellt in der \'Uthred-Saga\' von Cornwell) sowie ihre Sippenstruktur wieder. Figurenmäßig hast du ja schon ein paar gute Ideen bekommen; als Ergänzung kannst du evtl. auch noch bei den frühen Sachsen und Iren sowie Pikten bei GB schauen. Ich würde hier auch eher zu barhäuptigen bärtigen Typen die nicht zu \'wikingisch\' aussehen tendieren und eher ältere Rüstungs- und Helmtypen favorisieren wobei der Häuptling und seine Muschpoke durchaus den einen oder anderen \'spizen\' Nasalhelm à la \'Normanne\' abbekommen kann. Schilde entweder klassischer Rundschild sowie Buckler für die Rank\'n File... Hauptsache bunt durchmischt und abgesehen von der Gefolgschaft würde ich eher zu unverziert oder blankem Leder tendieren.
Hoffe dir damit auch ein paar Ideen geliefert zu haben und freu mich auf deine Ausführung.
Gruß, agri
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Okay, das ist natürlich auch persönliches Empfinden. Wenn man davon ausgeht, das Sachsen und Angeln, also die Völker, in denen die späteren Engländer auch dem Namen nach wurzeln, genau aus dieser Ecke hier (Von HH nordwärts, aus Jütland und umzu) kamen, lässt sich ableiten, daß das Erscheinungsbild in Norddeutschland und England um 800-1000 ad relativ ähnlich gewesen sein dürfte.
Lieber Thorulf !!!!!!!!! Natürlich wissen wir Geschichtsjunkies doch woher die Angeln, Jüten und Sachsen stammen. Was die First und die Second Migration ist. Wer Aelle, Hengist und Horsa waren. Protz. Wissensschub. :sm_pirate_lol: :sm_pirate_irre:
Hätten wir sonst die Angelsachsen, gar die Wikinger empfohlen, hätten wir das, mein Schatz ..... sm_party_jung1 ???
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Ich hab mich undeutlich ausgedrückt. Mir kommen die Figuren zu \"englisch\" vor, w.g. des neuen Modelleurs bei GB (ganz zu schweigen von den Zwergcrusadern. Die gehen gar nicht). Die alten Reihen von GB gefallen mir persönlich richtig gut. Also GB Germanen der alten Reihe würde ich fast überall reinmischen. Wobei die mit den suebischen Knoten natürlich auch wieder speziell sind; eben wegen des Knotens, nicht wegen des Modelleurs.
Ich bin nur der Meinung, dass sich der Modelleurstil der neuen Serie komplett geändert hat. Ich finde die neuen Figuren, Sachsen, aber auch die anderen Dark Age Reihen, sehen aus wie englische Rugbyspieler; alleine die Jungs mit den Schnurrbärten ... fürchterlich.
Also wie moderne Engländer, eben nicht wie Angelsachsen.
Deshalb gefallen mir diese Reihen gar nicht.
Deshalb sind sie mir zu englisch.
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Ah! Je comprends, mon ami.... eine Frage des ..wie sagt man..? Geschmacks? Nicht der \'istoire ? Das kann isch sehr gut verste\'en... :D
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Zwei Einwürfe, wenn\'s erlaubt ist: Zum einen scheint mir die Geschichte mit den Piken, die auch zum Stabweitsprung verwendet wurden, aus dem Hoch-, vielleicht sogar erst aus dem Spätmittelalter zu stammen. Ich habe sie jedenfalls bislang nur in Zusammenhang mit den Dithmarschener Bauern gehört. Zum anderen waren die Friesen für ihre Fertigkeiten im Schiffbau und als Viehhändler bekannt; beides, gerade vor der Hansezeit, Quellen für einen gewissen Wohlstand. Darin könnten die Friesen anderen seefahrenden und handeltreibenden Völkern vergleichbar sein - Stichwort Wikinger. Ganz so abgerissen wie irgendwelche Bergvölker aus Randeuropa waren sie also womöglich nicht. ;)
Insgesamt schönes, abgefahrenes Thema. Bin gespannt, was draus wird.
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Ich würd die auch ganz platt wie andere Dark Age Nordwest\"germanen\" aufziehen. Ist jetzt nicht meine detailsicherste Epoche, aber an das Jüten-, Angeln- und Sachsen-Argument fiel ja schon. Gesellschaftlich sind sie eben von den Karolingern zu unterscheiden, weil sich die Franken ja bedeutend mehr mit den westlichen Bewohnern (nennen wir sie mal Weströmer und kontinentale Gallo-Civitates) vermischt haben. Schon seit dem späten 4. Jhdt. dürfte die fränkische Entwicklung daher kulturell unterscheidbar gelaufen sein. Auch sprachlich schlägt sich das ja nieder.
Je nach Zeitfenster bieten sich da bei WAB unterschiedliche Bücher an, das wissen aber andere besser als ich.
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@ neidhart: Ich bin ja recht gut sortiert, aber spezifisch über die alten Friesen habe ich leider nichts in meine Bücherei und Datenbank. Sorry.
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Hallo zurück.
Ich habe in den letzten beiden Tagen nun etwas Nachforschung betrieben und siehe da: es hat sich gelohnt.
Selbst in München gibt es Bücher über Friesen :D
Ein paar Ergebnisse möchte ich euch natürlich nicht vorenthalten.
Friesland ist in der Zeit (8-11 Jh) schwach besiedelt, der Deichbau hat noch nicht wirklich begonnen und die Siedlungen sind alle auf althergebrachten, leicht erhohten Plätzen errichtet. Mitte des 8.Jh beginnt die Eroberung durch die Franken und am Ende des Jahrhunderts ist sie durch die Sachseneroberung Karls abgeschlossen. Eine friesische Gesamtherrschaft gab es dennoch nicht. Von Zeit zu Zeit schwanken die Besitzanspruche zwischen \"Friesischer Freiheit\", Franken- oder Dänenherrschaft. Die Friesen sind natürlich genauso wie die Sachsen und alle anderen Völker im Frankenreich gute Christen.
Beschäftigungen der Friesen sind Viehzucht, Schiffsbau und der Handel im Nordseeraum und den Rhein hinauf. Besonders der Handel ist wichtig und friesische Händler behherschen den Handel an der französichen Nordseeküste und mit England. Auch in Haithabu und Birka sind Friesen. Ab der Mitte des 9.Jh wird der Handel durch die Aktivitäten der Wikinger etwas eingeschränkt. Die Waffen für die Friesen kommen weitesgehend aus dem Rheinland.
Meine Wahl für eine Truppe fiel auf die Handelssiedlung Dorestad als Ausgangsposition. Durch die Position als zeitweise wichtigste Münzstätte des Frankenreichs und unter königklichen Schutz stehend bietet dieser Ort für mich eine interessante Mischung aus sächsichem, nordischem und fränkischen Elementen. Außerdem habe ich hier halbwegs historische Gegener überall in Nordeuropa.
Ich denke das reicht vollkommen für eine Tabletoptruppe. Natürlich habe ich meine Informationenbesser recherchiert, aber hier soll ja niemand zuviel lesen müssen (wer mehr wissen möchten, wegen zB. ähnlicher Idee kann mir ja kurz schreiben).
Danke für eure Einschätzungen, besonders der Hinweis auf den Friesenhandel hat mir hier sehr geholfen bei der Suche. Die langen Speere sind wirklich nur für die Dietmarschener Bauern zu gebrauchen und wenn auch die Friesen eher wohlhabend waren werde ich trotzdem einige ärmliche Krieger einpacken, damit das Gefühl für die aktuell eher arme Region Friesland auch auf dem Tisch stimmt.
Nochmals danke und besonders danke Thorulf fürs nachschauen. Sobald meine Figuren angekommen sind werde ich dann das Projekt im richtigen Unterforum starten.
Gruß
Martin
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Das klingt echt nach ner guten Ausgangslage für ne WAB oder Clash of Empire Truppe in 28 mm.
Hab nochmal bei FOG nachgeschaut, aber ausser ne Early Frisian Liste die 1100 AD beginnt hab ich nichts gefunden.
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Eine friesische Gesamtherrschaft gab es dennoch nicht. Von Zeit zu Zeit schwanken die Besitzanspruche zwischen \"Friesischer Freiheit\", Franken- oder Dänenherrschaft.
In dem Bereich solltest Du mE auch mit Deiner Listenauswahl ansetzen - Dänen, Franken oder eine Mischung aus beiden (z.B. Dänen mit Fränkischen Rittern über Mercenaries, auch wenn die WAB Liste das offiziell nicht zuläst). Die langen Speere waren mMn nicht auf Dithmarschen beschränkt (so auch die FoG Liste), zumal Ostfriesland, Oldenburg und Bremen was Gräben, Kanäle und Bäche angeht locker mit Dithmarschen mithalten können. Und dass sie später verwendet wurden, ist zumindest ein Indiz dafür, dass es sie auch schon früher gegeben haben könnte. Wettbewerbe im mit-Stab-über-Graben-springen gibt es jedenfalls heute noch - gerade auch in Ostfriesland.
Bin auf jeden Fall gespannt, was Du Dir einfallen lässt, und würde mich freuen, bei Gelegenheit mal gegen meine Heimat zu spielen.
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Danke Nick,
ich habe, genau wie du es auch vorgeschlagen hast, bereits die Idee mit der \"Steuerung\" über die Listenauswahl angefangen und lass das ganze gerade als Projekt (http://sweetwater-forum.de/index.php?page=Thread&postID=86885#post86885) anlaufen.
Ich habe mir da die Lothringer Liste aus Shieldwall für ausgesucht, da ist mir entsprechender Modell auswahl eingentlich alles drin was man so braucht.
Den langen Speer habe ich leider nicht als besonders erwähnte Waffe gefunden, habe aber bisher auch noch nicht so viel gelesen. Es erscheint mir zwar plausibel, das ein Hirte oder Bauer, der einen Stab zur Fortbewegung braucht, diesen auch als Waffe einsetzen wird, da der Nutzen sich aber nach meinem bisherigen Erkenntnisstand nicht über den eines Speers erhoben haben wird behandel ich diesen Stab einstweilen wie einen Speer. Ich plane eine 15er Gruppe mit langen Speeren in Skirmishformation um so etwas darzustellen.
Ein Spiel lässt sich, wenn bei mir etwas an Figuren steht sicher mal organisieren.