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Der Pub => An der Bar => Thema gestartet von: WCT am 27. November 2011 - 16:33:36

Titel: SPrache im 18.Jh
Beitrag von: WCT am 27. November 2011 - 16:33:36
Hi,
Ich wollte mal Fragen, was euch zum Thema SPrache/Reden im ausgehenden 18. Jahrhundert einfällt.
Gibt es einen bestimmten systematischen Aufbau, welche Stilmittel sind Pflicht usw. ?

Gruß
citoyen WCT
Titel: SPrache im 18.Jh
Beitrag von: Poliorketes am 27. November 2011 - 17:11:51
Lies die Klassiker, gerade die jungen Schiller & Goethe sollten ideal sein, um ein Gefühl zu bekommen.
Titel: SPrache im 18.Jh
Beitrag von: xothian am 27. November 2011 - 17:20:41
... franzoesisch ? ... ;)

cheers chris
Titel: SPrache im 18.Jh
Beitrag von: WCT am 27. November 2011 - 17:42:44
Danke allerdings ging es mir mehr um die Reden als die Literatur..am besten natürlich frz. ! :vinsent:
Titel: SPrache im 18.Jh
Beitrag von: Decebalus am 28. November 2011 - 13:28:55
Zitat von: \'xothian\',index.php?page=Thread&postID=98938#post98938
... franzoesisch ? ... ;)

cheers chris

Tatsächlich findest Du auch in das Deutsch im 18. Jahrhundert in den gehobenen Kreisen (Adel!) sehr viel Französisch eingestreut. (Ungefähr so, wie wir heute laufend Englisch verwenden.)

Und die Sprache betont stärker Hierarchien. Umständliche, ehrerbietende Anredeformeln. Kinder siezen ihre Eltern, Untergebene werden mit \"Er\" angeredet, etc.
Titel: SPrache im 18.Jh
Beitrag von: xothian am 28. November 2011 - 13:46:54
hmmm das ist eine sehr schwierige frage wenn du dich auf die gesprochene aber konstruierte rede beziehst, da das meiste material was zur verfuegung steht eben nicht \"live\" deklamiert wurde ... vielleicht mal zb nach reden von washington oder dem sonnenkoenig etc suchen und analysieren
hier schreibt jemand auch was dazu in seiner magisterarbeit http://tobias-lib.uni-tuebingen.de/volltexte/2008/3221/pdf/Magisterarbeit.pdf

ansonsten wuerd ich den chiasmus fuer eines der wichtigsten stilmittel halten ... von schiller goethe ueber voltaire fliegt einem der staendig um die ohren ;)

ciao chris
Titel: SPrache im 18.Jh
Beitrag von: Pappenheimer am 17. Juli 2013 - 16:04:14
Ist zwar ein Uraltthread, aber ich habe mich damit recht viel beschäftigt. Natürlich können die Romane und Theaterstücke der Zeit nur einen kleinen Abglanz von dem geben, wie damals gesprochen wurde. Gerade Schiller und Goethe finde ich allerdings ungeeignet. Dann doch besser von Lenz \"Die Soldaten\". Da merkt man gleich, dass der Autor nicht nur irgendwie auf Drogen (oder im Kopf nicht ganz richtig, was sich ja auch bewahrheitete) war, sondern sich auch gerade bei den Reden um einen weit größeren Realismus als viele Zeitgenossen bemühte. Daneben fällt mir auf Anhieb nur \"Minna von Barnhelm\" ein, wo ich die Sprache für das 18.Jh. recht glaubhaft finde, v.a. weil dort eher gelungen Unterschiede zwischen Ober- und Unterschicht auftauchen. Am besten sind natürlich hautnahe Zeugnisse wie Protokolle von Aussagen vor Gericht oder ähnliches, worin sich bisweilen auch der recht extreme Gebrauch der Dialekte widerspiegelt. Selbst manche Briefe sind nicht ganz frei davon. Sicherlich eher zu geschliffen sind Beispieldialoge in zeitgenössischen Wörterbüchern bzw. Sprachlernbüchern. Da merkt man teilweise, dass sich die Autoren nicht unbedingt in die fremde Sprache hinein versetzen konnten. Nach meiner Erfahrung hat jedenfalls nur ein kleiner Teil ähnlich wie Friedrich II. mit Fremdwörtern in deutschen Sätzen um sich geworfen. Das wird auch dadurch deutlich, dass Edikte und dergleichen, welche zum Lesen durch die einfache Bevölkerung bestimmt waren (es gab ja auch Regionen mit sehr hohem Alphabetisierungsgrad, wo zumindest die bäuerliche Schicht lesen konnte), eher zurückhaltend mit lateinischen oder französischen Ausdrücken umgehen.

Im Grunde lese ich neben Fachliteratur seit Jahren nur noch Theaterstücke (v.a. August von Kotzebue) und Romane (alles mögliche) aus der Zeit.
Titel: SPrache im 18.Jh
Beitrag von: Neidhart am 17. Juli 2013 - 23:57:15
Zu dem Thema habe ich eine interessante Leseempfehlung:
Nie war es herrlicher zu leben. Das Geheime Tagebuch des Herzogs von Croÿ. Hg. Hans Pleschinski.

Einfach zu lesen, relativ nahe an der Sprache, auch wenn bei der Übersetzung einiges geglättet wurde. Das Buch ist, wie sollte es auch anderes sein, eine Auswahl an interessanten Teilstücken aus den Aufzeichnungen. Mir hat besonders die Beschreibung der Fahrt des Kaisers durch Frankreich gefallen. Wie die Franzosen darauf reagiert haben, dass der römisch-deutsche Kaiser durch ihr Land fährt und wie sich die Edelleute dann vor der Tür drängeln um einen Blick auf ihn zu werfen.
Man erhält zwar einen Ausblick aufs Französische, allerdings ist Französisch ja \"die\" Sprache der Zeit.

Ansonsten kann ich mich nur Pappenheimer anschließen und nehme das als Anlass morgen mal ein paar gelbe Hefte hervorzukramen, Danke dafür.
Titel: SPrache im 18.Jh
Beitrag von: Draconarius am 18. Juli 2013 - 07:13:28
Zitat von: \'Pappenheimer\',\'index.php?page=Thread&postID=142995#post142995
Am besten sind natürlich hautnahe Zeugnisse wie Protokolle von Aussagen vor Gericht oder ähnliches, worin sich bisweilen auch der recht extreme Gebrauch der Dialekte widerspiegelt.

Die sind aber nur dann hautnah, wenn es um die Sprache der Schreiber geht, die die Aussagen ja in eine \"Protokollform\" pressten und dann noch die Aussagen formelhaft und in ihrer \"Gerichtssprache\" wiedergaben. Dass Mitglieder von Handwerk, bäuerlichen und unterbäuerlichen Schichten und den sozial tiefstehenden städtischen Schichten schrieben, ist eigentlich eine Seltenheit. Bei den entsprechenden Schriftstücken, die ich schon gelesen habe, hat man es in jedem Fall entweder am Sprachstil oder an der ungeübten Schrift gemerkt.
Titel: SPrache im 18.Jh
Beitrag von: Pappenheimer am 18. Juli 2013 - 17:31:03
Zitat von: \'Draconarius\',\'index.php?page=Thread&postID=143036#post143036
Die sind aber nur dann hautnah, wenn es um die Sprache der Schreiber geht, die die Aussagen ja in eine \"Protokollform\" pressten und dann noch die Aussagen formelhaft und in ihrer \"Gerichtssprache\" wiedergaben. Dass Mitglieder von Handwerk, bäuerlichen und unterbäuerlichen Schichten und den sozial tiefstehenden städtischen Schichten schrieben, ist eigentlich eine Seltenheit. Bei den entsprechenden Schriftstücken, die ich schon gelesen habe, hat man es in jedem Fall entweder am Sprachstil oder an der ungeübten Schrift gemerkt.
Generell ist es natürlich so wie Du sagst. Wer da schrieb, das waren Ratsschreiber, Gerichtsdiener oder ähnliches, in der Regel wohl studierte. Bei den Beispielen, die ich bis jetzt las, hatte ich aber schon den Eindruck, dass recht gut der Unterschied in der sprachlichen Ausdrucksweise zwischen den Zeugen, Angeklagten etc. und den Amtspersonen rüber kam. Besonders krass ist natürlich der Gegensatz zu den Zitaten von Gutachten und ähnlichem, welche oft 100 % auf Latein gehalten waren.

So wie ich das kannte, hat eigentlich immer ein Schreiber alles aufgesetzt und dann wurde es mit Unterschriften der Zeugen evtl. beglaubigt. Manchmal ähnelte die Schrift der Unterschriften schon sehr dem Geschriebenen, aber das kann wohl auch täuschen. Es war nunmal so, dass das Kurrent in einem gewissen Zeitschnitt halt recht einheitlich geschrieben wurde, einheitlicher als heutige Handschriften sind.

Eigentlich schade, dass damals die ländliche Unterschicht garkeinen Anlass hatte, Briefe oder sowas zu schreiben. Man blieb doch überwiegend in seinem Kreis in der Gemeinde und hatte es kaum nötig mit Leuten von außen zu verkehren.

Beim Tagebuch des Herzogs von Croy kamen doch garkeine wörtlichen Reden vor oder irre ich da? Ich frage mich ja immer wieder, ob sich die französischen Adeligen eher selten oder eher häufig so geschliffen ausdrückten wie in den Nachlässen berühmter Briefeschreiberinnen oder wie im Roman \"Gefährliche Liebschaften\" die Briefe gehalten sind.
Titel: SPrache im 18.Jh
Beitrag von: Neidhart am 18. Juli 2013 - 20:26:20
Was bei den Tagebüchern des Herzogs auf eine, halbwegs zeitgenössische Sprache schließe  lässt, ist, dass er die Tagebücher nur für sich geschrieben hat. An direkte Sprache erinnere ich mich jetzt nicht, häufig werden aber Gespräche indirekt wiedergegeben, aber bitte nagel mich nicht darauf fest.
Ich hatte das Glück Herrn Pleschinski über seine Idee und seine Arbeitsweise befragen zu können. In der Runde kam dann auch die Frage auf, wie es um die \'Natürlichkeit\' stünde, dabei kam heraus, dass die Sprache, nach allem was man weiß, nahe an der Sprache der Zeit ist. Richtig arbeiten könnte man wahrscheinlich nur mit einer edierten Ausgabe, die gibt es leider nicht und wird es wohl auch nicht geben.

Man muss für die Zeit am besten ein Person finden, die schreiben kann, aber nicht in einem schriftsprachlichen Umfeld verortet ist. Ich glaube aber dieser ideale Zustand lässt sich nicht erreichen, auch heutige Kurznachrichten im Internet (wohl die günstigste jemals verfügbare Art der Schriftlichkeit und teils weit weg von allem Wissen um Sprache/Schrift) unterliegen ja einer gewissen Formalisierung und weichen von unserer gesprochenen Sprache ab.