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Epochen => Frühes Mittelalter bis zur Renaissance => Thema gestartet von: DonVoss am 23. April 2012 - 11:19:30

Titel: Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
Beitrag von: DonVoss am 23. April 2012 - 11:19:30
Was sind eigentlich die Unterschiede der Waffen in dieser Zeit?
Reichweiten, Durchschlagskraft, Ladezeit?

Ich will gerade ein paar kleine Skirmishregeln aufpolieren und suche etwas fundierte Infos zu diesen Waffen.
Was konnte man schneller laden: Armbrust oder Muskete, wer schoss weiter und so...

Meine englisch geprägte Wargamerbildung erklärt den Bogen natürlich zur Wahnsinnswaffe (Rüstungsduchschlag, superschnell im Nachladen, Klasse Reichweite), die allem überlegen ist. Aber warum wurde er dann von den Feuerwaffen verdrängt?

Erleuchtet mich,
DV... :)
Titel: Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
Beitrag von: Koppi (thrifles) am 23. April 2012 - 11:43:42
Es gibt Untersuchungen, dass der Langbogen definitiv effektiver war als sogar die Muskete. Entscheidend für den Siegeszug der Feuerwaffe, war allerdings die Tatsache, dass relativ unausgebildete und schwache Soldaten diese bedienen konnten. Die effektive Nutzung des Langbogens erforderte ein sehr langes Training. Dies begann im Grunde schon in der Kindheit. In England gab es quasi \"Bogenclubs\", die dies förderten. Heinrich VIII. War z.B. Auch noch ein absoluter Anhänger des Langbogens.
Die Armbrust war eine sehr effektive Waffe für das direkte Schießen. Sie wurde allerdings nicht für den indirekten Beschuss verwendet. Hier war der Bogen gefragt. GW hat da in seinem HDR Regelwerk die sehr schöne Regel der Pfeilsalve zur Unterscheidung. Dass die Armbrust allerdings eine immense Durchschlagskraft hatte, zeigt allein die Tatsache, dass sie bereits im Mittelalter verboten werden sollte. War ja auch unfair, wenn so ein Bolzen eine Rüstung zerschlagen konnte.
Die Armbrust war allerdings auch wesentlich schwieriger zu laden. Hier benötigte man schon entsprechende Kraft, was dazu führte, dass der Lademechanismus auch immer mehr verfeinert wurde (z.B. Seilwinden).
Die Feuerwaffe war in dieser Zeit noch sehr ungenau. Im Grunde nichts anderes als ein Eisenrohr, in das die richtige !!!! Menge Pulver gestopft werden sollte. Dann die Kugel drauf, anzünden und ruummmms; wenn alles gut ging.
Nachteil: Ungenau, oftmals explodierten diese Waffen, waren also auch für den Schützen extrem gefährlich. Ladezeit schneller als bei der Armbrust, aber ich wiederhole ... Sehr gefährlich (ein in unseren Kreisen ja bekanntes Opfer einer solchen Waffe ist ja M.Perry. Für mich immer noch beeindruckend, wie er dieses Handicap meistert).
Wenn eine solche Waffe traf, richtete sie auch entsprechendes an. Aber in dem von Dir genannten Zeitraum, wäre es regeltechnisch interessant eine Zufallsnummer aus dem Beschuss zu machen, der dann - wenn getroffen wird, aber auch effektiv ist. Bei einer gewürfelten 1 - ich würde sogar noch die 2 dazunehmen - explodiert allerdings das Ding.
Titel: Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
Beitrag von: HeinzKnitz am 23. April 2012 - 11:44:25
Zitat
ist. Aber warum wurde er dann von den Feuerwaffen verdrängt?
Hallo Oli,

Nachteile beim Langbogen:
Das beste Holz (Eibe) war Importware aus Spanien, somit teuer.
Bogenbauer waren teure Facharbeiter (die nicht Nachts arbeiten durften, da Arbeit bei trübem Funzellicht
die Qualität der Bogen mindern könnte)
Bogenschützen begannen ihr Training im Kindesalter von ca. 8 Jahren, um später einen Kriegsbogen ziehen
zu können, somit war der Nachschub an tauglichen Schützen begrenzt

Jeder Dorfschmied kann ein Eisenrohr auf einemn Knüpper fixieren und der passende Dorfdepp
binnen kürzester Zeit lernen, wo bei der Wumme das böse Ende ist.

Es gab während der Napoleonischen Kriege ernsthafte Überlegungen den Langbogen wieder als
Kriegswaffe einzuführen (lt. Philips Haythornthwaite) das scheiterte jedoch an o.g. Gründen.

Noch was für die Miniaturengestaltung wenn man es ganz genau nehmen will: wahrscheinlich haben die Bogenschützen keine Eisenhüte mit Krempe getragen weil die Sehne hängenbleiben würde, auch wenn die Schußhaltung damals anders
war als heute. Erfahrungsgemäß stört schon eine weiche Mütze mit Krempe oder Schirm beim Schuß.

Hoffe das hilft,
Gruß,
Heinz
Titel: Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
Beitrag von: Driscoles am 23. April 2012 - 13:28:19
Hallo,

mein bescheidener Beitrag ist folgender :
Ich habe erst vor kurzem eine Doku gesehen in der versucht wurde ein Stück Stahl - mit einem Bodkin Pfeil - zu durchschlagen das eine vergleichbare Qualität des  Plattenrüstungsstahls aus dem 15. Jahrhundert  hatte. Es gelang mehrfach nicht.

Ein damaliger Bogen hatte sicherlich eine größere Reichweite als eine Armbrust aus gleicher Zeit.
Keine Ahnung wie weit eine Arquebuse geschossen hat.
Titel: Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
Beitrag von: Poliorketes am 23. April 2012 - 13:58:05
gegen den Bogen sprechen Ausbildung, Platzbedarf beim Schießen und was immer vergessen wird die lange Vorbereitungszeit. Armbrust oder Arkebuse sind natürlich aufeendigrr zu Laden. Aber sie können geladen getragen werden. Ein dauernd gespannter Bogen taugt nicht lange.
Titel: Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
Beitrag von: florian zu fuessen am 23. April 2012 - 14:13:51
Also zu dem was schon geschrieben wurde lässt sich nicht mehr viel hinzufügen. Aber wenn du die Regeln aufgefrischt hast, würden die mich durchaus interessieren. Die Perry Söldner stehen hier auf meinem Tisch.
Titel: Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
Beitrag von: Decebalus am 23. April 2012 - 16:57:17
Ich glaube die moralische Wirkung der Feuerwaffe ist nicht zu unterschätzen. Eine Feuersalve stoppt einen Angriff nicht wegen der Toten sondern wegen Lärm und Feuer.
Titel: Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
Beitrag von: DonVoss am 24. April 2012 - 21:44:16
Super, danke JUngs für die Antworten.

Zitat
Aber wenn du die Regeln aufgefrischt hast, würden die mich durchaus interessieren.

Da ich nicht mit nem Punktsystem arbeite wird es wohl auf darauf hinauslaufen, dass ich die Waffen balancen muss.
Es werden also wohl nicht so toll ausgebildete Bogenschützen sein, dafür kriegen die Arnbruster Pavaisen etc.
Schlecht ausgebildete Bogner wurde ja z.B. mit miesem Ergebnis von den Franzosen am Ende es 100J.-Krieges eingesetzt.

DV
Titel: Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
Beitrag von: Draconarius am 25. April 2012 - 16:12:54
Zitat von: \'thrifles (Koppi)\',\'index.php?page=Thread&postID=108844#post108844
Es gibt Untersuchungen, dass der Langbogen definitiv effektiver war als sogar die Muskete.
Zitat von: \'HeinzKnitz\',\'index.php?page=Thread&postID=108845#post108845
Es gab während der Napoleonischen Kriege ernsthafte Überlegungen den Langbogen wieder als
Kriegswaffe einzuführen (lt. Philips Haythornthwaite) das scheiterte jedoch an o.g. Gründen.

Sind derartige Überlegungen nicht teilweise auf der Insel im Nachhinein entstandene Heroisierungen? Erfolge haben die Langbögen auch gegen Frankreich nicht automatisch garantiert, und in Italien gab es zwar auch die Langbogenschützen als Söldner, hervorgetan hatten die sich da aber scheinbar auch nicht wirklich.
Titel: Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
Beitrag von: Koppi (thrifles) am 27. April 2012 - 00:04:47
Natürlich sind dies Betrachtungen englischer Historiker. Immerhin ist die Langbogentradition ja auch hier am stärksten vertreten gewesen. Von einem deutschen Autor würde ich auch eine solche Thematisierung nicht erwarten. Ob es sich dabei um die typische Heroisierung des Azincourt Syndroms handelt, würde ich nicht unbedingt unterstellen. In diesen Untersuchungen wurde nur die Effektivität eines geübten Bogenschützen dargestellt, eben im Vergleich zur frühen Schusswaffe.
Der Hinweis auf diese Untersuchung sollte nur dazu dienen, dass man eine Betrachtung der Effektivitäten verschiedener Schusswaffen aus der Zeit heraus zu erklären versucht, und nicht aus heutiger Sicht. Zwischen 1450 und 1500 war eben der Langbogen und die Armbrust noch die bessere Waffe, nicht das Schießrohr.
Titel: Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
Beitrag von: Sir Leon am 03. Mai 2012 - 22:19:55
Die ersten Feuerwaffen waren in der Herstellung auch sehr einfach und deutlich billiger als andere Schusswaffen. Damit konnte man in sehr kurzer Zeit sehr viele Soldaten ausrüsten, ohne diese groß trainieren zu müssen. Masse kann Klasse eben durchaus besiegen. ;)
Titel: Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
Beitrag von: virago am 03. Mai 2012 - 23:09:31
In einem Artikel in der Wargames Illustrated wurde mal eine sehr schlüssige Argumentation PRO Armbrust geliefert, das ging ungefähr so:
Die bereits genannten Gründe was ewig lang dauernde Ausbildung und Versorgung mit geeignetem Material angeht, sind natürlich auch nicht zu verachten (sind aber bei der rein taktischen Betrachtung für ein Skirmish-Regelwerk eher egal)
Titel: Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
Beitrag von: Draconarius am 04. Mai 2012 - 00:07:54
Zitat von: \'thrifles (Koppi)\',\'index.php?page=Thread&postID=109169#post109169
Der Hinweis auf diese Untersuchung sollte nur dazu dienen, dass man eine Betrachtung der Effektivitäten verschiedener Schusswaffen aus der Zeit heraus zu erklären versucht, und nicht aus heutiger Sicht. Zwischen 1450 und 1500 war eben der Langbogen und die Armbrust noch die bessere Waffe, nicht das Schießrohr.
Aber die Untersuchung erklärt doch nicht aus der Zeit heraus. Würde sie aus der Zeit heraus erklären, dann müsste sie - trotz nicht zu leugnender Effektivität von Langbogen (und Armbrust) - letztlich doch auch feststellen, dass der Langbogen in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts alleine nicht mehr so entscheidend war und dass den Feuerwaffen ausreichend Entwicklungspotential zugebilligt wurde, so dass sie - trotz aller angeblichen und tatsächlichen Nachteile - weiterentwickelt wurden.
Titel: Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
Beitrag von: Longshanks am 04. Mai 2012 - 08:12:33
Laut Delbrück und Dan Carlin (der sich wiederrum auf Delbrück bezieht) ist der, schon genannte, Vorteil der Feuerwaffen das man in rel. kurzer Zeit (ein paar Wochen) einem Bauern halbwegs beibringen kann eine Schusswaffe zu führen, während die Ausbildung eines Langbogners Jahre benötigt.
Im Vergleich zur Armbrust ist das Herstellen und \"en masse\" ausrüsten besagter Bauern günstiger als die aufwändiger herzustellende Armbrust (wobei sich das später zur Muskete hin relativiert, aber die Schusswaffen dann auch besser werden)

Es sind also mehr logistische und strategische Gründe warum die Feuerwaffe nach und nach alles verdrängt hat. Der Podcast mit Bezug auf dieses Thema: http://dancarlin.com/dccart/index.php?main_page=product_music_info&cPath=1&products_id=128

D.h. so ein frühes Feuerrohr dürfte auf dem Schlachtfeld wirklich die schlechste Wahl sein, dafür könnte man sie aber in größerer Zahl (oder wenn man mit Punkten arbeiten will: günstiger) verfügbar machen.

@Draconarius (http://sweetwater-forum.de/index.php?page=User&userID=555): Soweit ich weiß stieg in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts der Prozentuale Anteil Schützen im Vergleich zu den restlichen Truppentypen rasant an, was, dank den günstiger und schneller aufzustellenden Rohrschützen, jetzt einfacher zu realisieren wahr.

Auszug aus der Wikipedia zum Thema Handrohr:

Taktische Nachteile, strategische Vorteile

Obwohl die Handrohre den Langbögen und Armbrüsten (http://de.wikipedia.org/wiki/Armbrust)
in Handhabung, Zielgenauigkeit und Schussfrequenz (Handrohr: 1
Schuss/Minute; Armbrust: 2 Schüsse/Minute; Langbogen: 12 Schüsse/Minute)
taktisch (http://de.wikipedia.org/wiki/Taktik_%28Milit%C3%A4r%29) unterlegen blieben, eroberten sie dennoch ihren Platz in den Waffenarsenalen der mittelalterlichen Kriegsherren (http://de.wikipedia.org/wiki/Kriegsherr). Strategische (http://de.wikipedia.org/wiki/Strategie_%28Milit%C3%A4r%29)
Gründe dafür waren die niedrigen Produktionskosten (20× billiger als
eine Armbrust), die einfache (innerhalb eines halben Tages mögliche)
Herstellung und die damit erleichterte Massenproduktion. Zudem verlangte
die Verwendung nur wenige Tage Schützenausbildung: Bei Bedarf waren
große Schützenkontingente in kürzester Zeit rekrutierbar, die zudem
einen geringeren Sold (http://de.wikipedia.org/wiki/Sold) bezogen als die in langen Jahren ausgebildeten Langbogen (http://de.wikipedia.org/wiki/Langbogen)-Spezialisten.


just my 2cts
Titel: Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
Beitrag von: DonVoss am 04. Mai 2012 - 09:43:55
Thanx, assi, für die Zusammenfassung.
Jetzt muss ich noch sehen, wie ich das in meine Regeln gequetsch kriege... 8o

DV
Titel: Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
Beitrag von: Longshanks am 04. Mai 2012 - 10:27:02
Nur als Idee:
Ich fand die Operation Squad Lösung für \"miese\" Schützen (Partisanen, Volkssturm, etc) ganz ansprechend. Sie werden in dreier Gruppen zusammengefasst die aber wie ein Mann agieren (= drei Schüsse), aber bei einem \"Schadenspunkt\" komplett als Verlust entfernt werden. (Einer geht über die Wupper, die anderen lassen die Flinten fallen und rennen weg)

Das könnte man so übersetzen das drei Handrohrschützen dem Wert eines Langbogners entsprechen.
Titel: Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
Beitrag von: DonVoss am 04. Mai 2012 - 13:21:29
Mein Problem ist, dass die Truppen im Prizip schon bemalt sind.
Ich habe jeweils kleine 4-5 Mann-Trupps für Armbrüste, Musketen und Bögen.

Ich werde also die vernichtende Wirkung des Bogens nicht abbilden können, sonst wollen alle nur Bogenschützen spielen.
Dafür werde ich wie angesprochen, die Ausbildung der Bogenschützen reduzieren (es gab auch Bogner die es nicht drauf hatten) und den naderen Truppen bessere Zusatzsachen wie Pavaisen geben.

DV
Titel: Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
Beitrag von: Longshanks am 04. Mai 2012 - 13:53:24
War auch nur ein Vorschlag :)

Und noch ein Vorschlag:

Bogner: Hauptmerkmal: Beste Allround Wahl
-- Höchste Reichweite, hohe RoF, mittlerer Schaden
Armbrustler (mit Pavise): Hauptmerkmal: Hält mehr aus als ein Bogner
-- Nicht soviel Reichweite und RoF wie der Bogner, mittlerer Schaden
Handrohrschützen: Hauptmerkmal: Schrotfline
-- Hält weniger aus als ein Bogenschütze ( = geringerer Disziplin als der Berufssoldat und keine Pavise), geringste Reichweite, geringste RoF. Auf kurze Entfernung hoher, sonst niedriger Schaden
Titel: Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
Beitrag von: Draconarius am 04. Mai 2012 - 15:03:31
Ich wurde ausgeloggt und mein Beitrag gefressen  :thumbdown: , daher nochmal in Kurzform  :thumbup:

Zitat von: \'assi\',\'index.php?page=Thread&postID=109688#post109688
Laut Delbrück und Dan Carlin (der sich wiederrum auf Delbrück bezieht) ist der, schon genannte, Vorteil der Feuerwaffen das man in rel. kurzer Zeit (ein paar Wochen) einem Bauern halbwegs beibringen kann eine Schusswaffe zu führen, während die Ausbildung eines Langbogners Jahre benötigt.
Naja, über Delbrücks Gedanken liegt auch bald der Staub eines Jahrhunderts, die Forschung sollte da schon weiter sein. Ich würde nicht davon ausgehen, dass man einfach einen Bauern eine Waffe in die Hand drückt, mit der er die bestehende soziale Ordnung über den Haufen schießen kann wenn er gleichsam einem levee en masse damit ausgestattet wird. Schon die Armbrust war im Grunde eine Waffe von Städtern, Söldnern, Gefolgsleuten - nicht von Bauern. Ähnlich wird es wohl doch auch mit den frühen Feuerwaffen sein - die Fundorte waren Burgen und Städte.
Zur Effektivität ist der englischsprachige Wikipedia-Artikel zur Arkebuse recht interessant. Er führt neben den bekannten Vor- und Nachteilen eben auch weitere Faktoren interessante Faktoren an. Recht interessant finde ich den Aspekt, dass die Ausbildung einfacher ist, weil man weniger Muskelmasse zur Nutzung der Waffe antrainieren und wegen des geringeren Kraftbedarfs des Schützen theoretisch konstanter schießen kann. Aber auch der Aspekt, dass einzelne Bestandteile wie Pulver, Munition und Herstellung doch nicht so simpel sind.  ;)

Zitat von: \'assi\',\'index.php?page=Thread&postID=109688#post109688
Soweit ich weiß stieg in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts der Prozentuale Anteil Schützen im Vergleich zu den restlichen Truppentypen rasant an, was, dank den günstiger und schneller aufzustellenden Rohrschützen, jetzt einfacher zu realisieren wahr.
Das war doch ein längerer Vorgang? - Generell wohl Zunahme der Infanterie, und im 16./17. Jahrhundert eine Zunahme des Anteils an Schützen im Verhältnis zu Soldaten mit Nahkampfwaffen, bis dann um 1690/1700/1710 die Piken gänzlich ausgemustert wurden.  ?(
Titel: Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
Beitrag von: Longshanks am 07. Mai 2012 - 15:50:39
Sorry hatte am We besseres zu tun :)
Zitat von: \'Draconarius\',\'index.php?page=Thread&postID=109724#post109724
Zur Effektivität ist der englischsprachige Wikipedia-Artikel zur Arkebuse recht interessant. Er führt neben den bekannten Vor- und Nachteilen eben auch weitere Faktoren interessante Faktoren an. Recht interessant finde ich den Aspekt, dass die Ausbildung einfacher ist, weil man weniger Muskelmasse zur Nutzung der Waffe antrainieren und wegen des geringeren Kraftbedarfs des Schützen theoretisch konstanter schießen kann. Aber auch der Aspekt, dass einzelne Bestandteile wie Pulver, Munition und Herstellung doch nicht so simpel sind. ;)

Eben: Die körperliche Ausbildung und jahrelange Erfahung ist etwas das man nicht einfach so schnell herstellen und eine Armbrust die 80x (oder sgaen 50x) soviel kostet wie ein Feuerrohr muß erstmal 50x so gut sein damit sich das ganze wieder lohnt.
Das Rohstoff Problem ist bei allen Schußwaffen vorhaden: Gutes Eibenholz für Bögen ist zB u.U. auch schwer zu beschaffen und damit keins explizit gegen Feuerwaffen.

Zitat von: \'Draconarius\',\'index.php?page=Thread&postID=109724#post109724
Das war doch ein längerer Vorgang? - Generell wohl Zunahme der Infanterie, und im 16./17. Jahrhundert eine Zunahme des Anteils an Schützen im Verhältnis zu Soldaten mit Nahkampfwaffen, bis dann um 1690/1700/1710 die Piken gänzlich ausgemustert wurden. ?(
Schusswaffen spielen von 750 vChr (griechische Phalanx) bis, ..sagen wir, 1300 (walisischer Langbogen) n.Chr eine Nebenrolle auf dem Schlachtfeld (osmanische Bogenreiter/Hunnen usw. mal ausgenommen, aber ich gehe davon aus das wir hier auch von westlichen Armeen reden) und werden innerhalb von 300/400 Jahren Kerneinheiten. Ich würde das rasant nennen.

Zitat von: \'Draconarius\',\'index.php?page=Thread&postID=109724#post109724
Ich würde nicht davon ausgehen, dass man einfach einen Bauern eine Waffe in die Hand drückt, mit der er die bestehende soziale Ordnung über den Haufen schießen kann wenn er gleichsam einem levee en masse damit ausgestattet wird. Schon die Armbrust war im Grunde eine Waffe von Städtern, Söldnern, Gefolgsleuten - nicht von Bauern. Ähnlich wird es wohl doch auch mit den frühen Feuerwaffen sein - die Fundorte waren Burgen und Städte.
Ok, Bauer war vielleicht ein unglücklicher Ausdruck. Im Endeffekt ein normaler Kriegsknecht ohne die jahrelange Ausbildung/den Lebensstil eines, beispielsweise, englischen Bogners der seitdem er stehen kann einen Bogen in der Hand hatte. (Es gab doch m.W.n. sogar untersuchungen die an Überresten englischer Bogenschützen Knochenveränderungen nachweisen konnten, die auf die starke beanspruchung und trainierung des \"Abzugarms\" hinweißen).
Diese Spezialisten waren schlicht und ergreifend nicht unbegrenzt verfügbar, während der Arbbrustler und Feuerwaffenträger innerhalb ein paar Wochen alles lernen konnte was er wissen mußte. Dazu ist das Feuerschießgerät, wie geschrieben, deutlich günstiger in der Anschaffung als die Armbrust.
Zitat
Naja,
über Delbrücks Gedanken liegt auch bald der Staub eines Jahrhunderts,
die Forschung sollte da schon weiter sein.
Ok, kannst Du das mit einem Beispiel aktueller Forschung untermauern, bzw. die Neuerungen rausdeuten?
Titel: M. Perry
Beitrag von: Kniva am 08. Mai 2012 - 07:39:54
Zitat
Sehr gefährlich (ein in unseren Kreisen ja bekanntes Opfer einer solchen Waffe ist ja M.Perry.

Ich oute mich jetzt mal als unwissend: Was ist damit gemeint bzw. was ist passiert?

Gruß

Kniva
Titel: Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
Beitrag von: Longshanks am 08. Mai 2012 - 07:46:16
Der hat bei einer Reenacting Vorstellung seine rechte Hand verloren als eine Kanone zu früh losging (die Hand ist wohl mitsamt dem Ladestock weggeflogen). Coolerweise hat er es geschafft auf seine linke Hand zu wechseln und kann weiter arbeiten.

http://en.wikipedia.org/wiki/Alan_and_Michael_Perry
Titel: Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
Beitrag von: Draconarius am 08. Mai 2012 - 17:23:10
Hatte auch ein paar andere Sachen zu tun - oder: Sollte ich besser tun. ^^ ;) Ist letztendlich wohl Interpretationssache wie man das ganze mit den Langbögen und Co. sieht.

Zitat von: \'assi\',\'index.php?page=Thread&postID=109958#post109958
Eben: Die körperliche Ausbildung und jahrelange Erfahung ist etwas das man nicht einfach so schnell herstellen und eine Armbrust die 80x (oder sgaen 50x) soviel kostet wie ein Feuerrohr muß erstmal 50x so gut sein damit sich das ganze wieder lohnt.
Körperliche Kraft ja. Bei der Erfahrung bin ich mir gar nicht so sicher. Die ersten Feuerwaffen wurden wohl wie auch der Bogen instinktiv (aus der Hüfte heraus) geschossen (suggeriert zumindest ein Reenactor).
Die genauen preislichen Unterschiede zu kennen wäre wohl auch wichtig. Wenn es auf Material und Munition ankommt, dann wird auch entscheidend sein, wo die Produkte hergestellt werden, welches Material dafür verwendet wird, wie viel darin investiert wird. Es gab ja bei jeder dieser Waffen unterschiedliche Herstellungsorte, unterschiedliche Bauweisen, unterschiedliches Material etc.; bei den Feuerwaffen kam eventuell noch eine Innovationshürde dazu. Außerdem muss man ab 1450-1500 wohl auch geänderte wirtschaftliche und fertigungstechnische Rahmenbedingungen berücksichtigen.


Zitat von: \'assi\',\'index.php?page=Thread&postID=109958#post109958
und werden innerhalb von 300/400 Jahren Kerneinheiten
Rasant würde ich die Entwicklung von 1500 bis 1700 nennen. Bei den Landsknechten hatte um 1500/1520? ca. 1/8 des Fähnleins Arkebusen, um 1700 hatten es eigentlich alle Infanteristen eine Muskete.

@Bauern/Kriegsknechte:
Neben den Lehensaufgebot - in Frankreich neben den Bauern auch dienstpflichtige Adelige, also keineswegs nur Amateure – gab es ja auch noch Soldtruppen oder anderweitig dienstpflichtige Truppen, die wegen der Restriktionen, die das Lehensaufgebot mit sich brachte, im 14. Jahrhundert wohl zunehmend beliebter wurden. Also sind die Langbogenschützen wohl Aspekt einer generellen Professionalisierungswelle?


Zitat von: \'assi\',\'index.php?page=Thread&postID=109958#post109958
Ok, kannst Du das mit einem Beispiel aktueller Forschung untermauern, bzw. die Neuerungen rausdeuten?
Teils Antwort, teils Gegenfrage: Wieso sollte eine Wissenschaft, die im Verlauf dieser bald 100 Jahre in ihrer Gesamtheit unterschiedliche Prägungen und Trends (sozial-, mentalitäts- und kulturgeschichtlich) erfahren/durchgemacht hat, die im Fall der Kriegs-/Militärgeschichte nicht nur operationsgeschichtlichen Fragestellungen folgt, die gerade in der hier besprochenen Thematik durch (experimental-)archäologische Erkenntnisse ergänzt wurde und die schließlich mehr Zeit zur Quellenrecherche hatte und neue Interpretationsweisen zur Analyse dieser entwickelt hatte, nicht weiter sein?
Es gibt ja mittlerweile auch einige deutsche Wissenschaftler , die sich mit dem Thema \"Kriege/bewaffnete Konflikte\" im Mittelalter beschäftigen. Einstiegsliteratur gibt es da von Prietzel und Clauss, kann ich mal raussuchen, wenn Interesse besteht.

Bei Delbrück selbst kommts halt immer drauf an, wo und in welchen Zusammenhang er das schreibt. Ich selbst kann seiner Quelleninterpretation nicht immer oder nur bedingt zustimmen.
Titel: Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
Beitrag von: Conan am 08. Mai 2012 - 18:08:40
Ich hatte zu dem thema mal gelesen, dass wohl das Bogenschiessen als Sport in England aus der mode kam, weswegen fähige Langbogenschützen Mangelware wurden.
Zudem waren die Bögen mit dem Aufkommen stärkerer Rüstungen und den Pavisen weniger effektiv.
Titel: Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
Beitrag von: Longshanks am 08. Mai 2012 - 18:50:52
Zitat von: \'Draconarius\',\'index.php?page=Thread&postID=110032#post110032
Es gibt ja mittlerweile auch einige deutsche Wissenschaftler , die sich mit dem Thema \"Kriege/bewaffnete Konflikte\" im Mittelalter beschäftigen. Einstiegsliteratur gibt es da von Prietzel und Clauss, kann ich mal raussuchen, wenn Interesse besteht.




Nur ein Zweizeiler weil ich nebenbei den kleinen Drachen füttere: Ich jage Prietzel und Clauss mal durchs Amazon Suchfenster, danke schonmal. Ansonsten würde ich Dir mal Guns & Horses ans Herz legen, man kann von Dan halten was man will, aber 2$ ist er wert. http://dancarlin.com/dccart/index.php?main_page=product_music_info&cPath=1&products_id=128
Titel: Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
Beitrag von: xothian am 08. Mai 2012 - 21:25:58

Zitat
man kann von Dan halten was man will, aber 2$ ist er wert.
nein ist er nicht, mir muesstest du erst was zahlen damit ich mir hardcore history reinziehe ;)

aber guns vs horses ist sicherlich ein hauptgrund fuer die erfolgsgeschichte der feuerwaffe

ciao chris
Titel: Bogen, Armbrust Und Arquebuse 1450-1500
Beitrag von: Donner am 09. Mai 2012 - 01:33:39
Ich hätte auch noch ein paar Überlegungen.

Die wichtigen Vor- und Nachteile der Waffen wurden schon sehr gut erläutert. Man sollte aber ein bisschen aufpassen mit den gängigen Wahrheiten, dass ein jahrelang trainierter englischer Gardebogenschütze, dem mit einer billigen Büchse ausgerüsteten Bauern überlegen sein muss. Natürlich muss man sich zuerst auf eine Zeit einigen. Während des hundertjährigen krieges gab es auch schon Büchsen, aber die waren wohl das, was Kanonen bei WHFB sind... :D Ich komme natürlich wieder mit den Burgunderkriegen: Bei Grandson (1476) fand genau das oben beschriebene Duell zwischen burgundischen Langbognern und schweizer Büchsenschützen statt und es wird von etlichen Toten und Verletzten auf beiden Seiten berichtet.

Wenn man sich den besagten Shootout in der Theorie (natürlich als Laie) mal vor Augen führt und dann eben solche Zahlen wie 12 vs 1 Schuss pro Minute in den Gedankengang einbaut, kommt man halt zu einem Bild, das sicherlich oft zutraf, aber keineswegs stimmen musste. Die Reichweite, Präzision und vorallem die Sperrfeuerwirkung von massiven Büchseneinsätzen, scheint sehr hoch gewesen zu sein. Jedenfalls habe ich diesen Eindruck immer wieder beim lesen von Schlachtberichten erhalten. Bei Grandson feuerten die Schweizer übrigens aus einer leicht erhöhten Position, jedoch auf offenem Feld auf die burgundischen Langbogenschützen.

Noch ein paar zeitgenössische Zahlen vom \"grossen Zürcher Freischiessen\" anno 1504:

Dort wurde mit der Armbrust auf 90m Entfernung auf Scheiben geschossen, deren Kreise bloss einen Durchmesser von 1,5cm, 3,5cm und 13,5cm hatten. Die Dinger waren also absolute Präzisionswaffen wenn es darauf ankam. Die Wucht dieser Waffen muss sagenhaft gewesen sein. Im historischen Museum in Bern sind Schädel ausgestellt, die von Armbrustbolzen komplett \"durchflogen\" wurden. Ich möchte nicht wissen wie die Köpfe vor über 500 Jahren ausgesehen haben, als es passiert ist; die Schäden am Hinterkopf sind absolut verheerend!

Zurück zum Freischiessen:

Mit der Büchse wurde aus einer Entfernung von 220(!) Metern auf Scheiben mit einem Durchmesser von 150cm geschossen. Die Sperrfeuerthematik lässt grüssen. Das Einsatzspektrum der Büchsen war also sicher nicht nur der billigen Herstellung und der einfachen Handhabung geschuldet, das Ding konnte wirklich was, wenn ein paar Faktoren mitspielten.

Zum Bogen möchte ich nichts konkretes sagen, das Ding ist und bleibt ein Rätsel für mich. Um aber den Bogen (hi hi, Wortspiel!) zu den Burgunderkriegen zu spannen: Professor Grandjean hat 1976 anlässlich der 500 Jahr Feier zur Schlacht bei Murten sehr detaillierte Forschungsergebnisse in einem Kolloquium veröffentlicht. Dort herrscht der Tenor vor, dass der Langbogen schon sehr viel von seinem Terror eingebüsst hatte. Die Durchschlagskraft reichte offenbar nicht immer aus, um Rüstungen zu durchschlagen. Die (oft sehr detailverliebten) Schilling Chroniken zeigen Opfer von Bogenpfeilen, welche Treffer an heilklen ungeschützten Stellen erhalten haben. Auch die Schlachtplanung bei Murten trug den Bogenschützen offenbar kaum Rechnung, obwohl man genaustens über das Heer Karls im Bilde war. Das ganze tönt jetzt villeicht etwas arg gesucht, aber ich finde die Burgunderkriege höchst interessant, wenn es um diesen Mythos geht. Die Quellenlage ist wirklich fantastisch und es gibt sehr viele verifizierte Schilderungen und Augenzeugenberichte über den Einsatz von allen möglichen Waffen und deren Einsatzarten.

Man möge mir die üble Rechtschreibung verzeihen