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Autor Thema: Napoleon & Italien  (Gelesen 4329 mal)

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Shinkansen

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Napoleon & Italien
« am: 18. Oktober 2009 - 14:59:02 »

Irgendwie wundere ich mich darüber, dass Spanien einen großen Freiheitskampf gegen Napoleon geführt hat, genauso wie andere Regionen, aber was ist mit Italien nach 1806? Die Ausgangslage ist; die Bourbonen unter Ferdinand sitzen auf Sizilien und Sardinien, gesichert von der englischen Flotte, das benachbarte Königreich Neapel wird erst von Joseph danach von Murat regiert. Und?
Keine Aufstände? Keine Seegefechte? Keine weiteren amphibischen Landungen zwecks Bindung von Streitkräften? Existierte eine französische Flotte? Existierte eine italienische (neapolitanische) Flotte? Waren dort nur italienische Truppen stationiert oder auch nennenswerte französische Streitkräfte? Wurde versucht die Kontinentalsperre durchzusetzen? Wurden nennenswerte italienische Streitkräfte nach Sizilien evakuiert, bevor die Bourbonen im Königreich Neapel die Macht verloren? Irgendwie finde ich quellentechnisch nichts zu diesen Themen.
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Davout

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Napoleon & Italien
« Antwort #1 am: 19. Oktober 2009 - 08:53:02 »

In Italien war die Situation ganz anders als in Spanien. Der Norden wollte sicher gerne die österreichische Herrschaft loswerden. Die hatte man dann gegen die französische eingetauscht. Ein großer Teil des nordwestlichen Italiens gehörte direkt zum Kaiserreich. Es gab in Italien starke französische Streitkräfte, die in der Regel gegen die Österreicher kämpften.  In der Tat war auch die Royal Navy im Mittelmeer sehr aktiv und unterstützte das bourbonische Sizilien. Nelson hatte sich beispielsweise im Zuge der Niederschlagung eines Aufstandes in Neapel wohl nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Man denke auch an das Gefecht von Maida. Wahrscheinlich kann man sagen, dass die Italiener lieber unter den Franzosen leben wollten als unter irgend einer anderen Herrschaft. Es dienten auch eine Menge Italiener in der französischen Armee und gleichzeitig viele Franzosen in den Truppen der Königreiche Italien und Neapel. Vielleicht muss man dabei auch sehen, dass Napoleon als Italiener angesehen werden konnte, da er diese Wurzeln nicht einfach so verleugnete.
So wie ich das sehe, galten die Franzosen nicht so sehr als Besatzer.
In Spanien hatten sie zum Teil einfach Pech. Seltsamerweise gab es bei der französischen Intervention in den 1820er Jahren nicht solche extremen Reaktionen.
Zu den Flottensachen kann ich jetzt nichts weiter sagen.
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Decebalus

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Napoleon & Italien
« Antwort #2 am: 19. Oktober 2009 - 10:41:43 »

Vielleicht etwas vereinfacht: Napoleon und seine Könige brachten den Fortschritt (ganz wertneutral gemeint).

In Italien hieß Fortschritt: ein eigener Staat, keine Österreicher und Habsburger. Alles Gründe, dass die Italiener (zumindest die Norditaliener) für Napoleon waren.

In Spanien hieß Fortschritt: säkulare Gesetze, keine Macht der Kirche, Stadt statt Land. Alles Gründe, dass die Spanier gegen Napoleon waren. (Es hat ja auch einen Grund, dass Spanien die folgenden 150 Jahre zwei Bürgerkriege über die Frage des Fortschrittes führte.)
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Davout

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Napoleon & Italien
« Antwort #3 am: 19. Oktober 2009 - 12:47:03 »

Fortschritt bedeutete in Spanien auch das Wegfallen der Zollgrenzen zwischen den einzelnen Regionen. Das brachte natürlich die Schmuggler auf die Palme. Da sie ohnehin genug kriminelle Energie hatten, bildeten viele davon Guerillagruppen. Sogenannter \"Freiheitskampf\" hat immer mehrere Seiten.
Auch in Spanien war wohl der Norden dem französischen Einfluss mit seinen Modernisierungstendenzen nicht abgeneigt. Dafür waren einige auch bereit auf Seiten der Franzosen zu den Waffen zu greifen. Spanien sah sich nicht als Nation, was ja heute auch nicht in dem Maße wie in anderen Staaten der Fall ist. Die regionale Autonomie hat einen hohen Stellenwert.

Zu dem Gründen für die spanischen Aufstände zählt auch das Verhalten der Franzosen. Die französische Armee war eine der undiszipliniertesten ihrer Zeit. Andere begingen auch Exzesse, aber nicht so flächendeckend wie die Franzosen. Zudem gab es nur wenig Sanktionen. Da wundert es letztlich keinen, warum 1815 die Nordarmee so schnell zusammenbrechen konnte. Die Kaisergarde war übrigens auch kein großes Vorbild. Als arroganteste Soldaten von allen versuchten sich die Gardisten auch gegenüber ihren Kameraden von der Linie Vorteile zu verschaffen und natürlich genauso gegenüber der Zivilbevölkerung. Dass die Spanier derart ausgeflippt sind, wundert einen da wahrlich nicht.
Davon ausgehend nochmal zu Italien. Die habsburgischen Truppen bildeten eine Art Besatzungsregime und führten sich traditionell auch gegenüber der eigenen Bevölkerung so auf. Da war es am Ende auch egal, wenn man sie gegen die Franzosen eintauschte.
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morty

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Napoleon & Italien
« Antwort #4 am: 19. Oktober 2009 - 16:39:08 »

Naja, also Italien war zu dem Zeitpunkt nicht als Staat zu sehen und pro-Napoleon war man auch nicht...

Eugène, Jerôme und auch Murat hatten alle Hände voll zu tun, um ihren teilweise neuentworfenen Staaten Struktur zu geben...

Ein Königreich Italien existierte zuvor nicht und hatte nach Napoleon in dieser Art und Weise auch keinen Bestand ( vorerst ). Das Königreich Italien Napoleons war immerhin ein Konstrukt aus Sardinien, österreichischen Territorien und Venetien..

Das Königreich beider Sizillien, bzw. Neapel war mehr oder weniger Süditalien wie es auch heute noch ist - der Staat hatte die Oberhoheit, aber die Leute lebten nach eigenen Gesetzen.

Jerôme schafftte IIRC es - wie lustigerweise auch in Spanien - nicht, seinen Einfluß außerhalb Neapels durchzusetzen, und auch Murat rekrutierte einen beachtlichen Teil seiner Armee aus fragwürdigen Subjekten. Die Desertationsrate war dementsprechend hoch. Leute, die für die Armee eines Staates dienen wollten, fanden sich kaum...

 

Man darf nicht vergessen, daß seit der Völkerwanderung Italien ein Fleckenteppich von Staaten, Kleinstaaten bzw. Stadtstaaten war, die sich untereinander bis aufs Blut bekriegten und sich mehr fremd waren als daß sie einem nationalen Gedanen folgten. Die revolutionären Ideen Frankrreichs interessierten in Italien kaum jemand, so lange man nichts an der Gesellschaft änderte. Ein Beweis hierfür könnte quasi sein, daß es nie nennenswerte Freiwilligenverbände gab, die aus Italienern bestanden...

Weiters spiegelte sich dieses mangelnde Nationalgefühl in der Kampfleistung wider... Italienische Verbände glänzten - im Gegensatz zu polnischen Verbänden, zu Beispiel - eher mit durchschnittlichen Leistungen ( wenn überhaupt )

In Sizilien saßen die Bourbonen, die aber eigentlich auch kaum Einfluß über das Land hatten... Im Prinzip verdankten sie ihr Überleben den Briten und der Macht der Navy. Die Briten stellten in weiterer Folge ja eine Sizilienarmee auf, die auch in Ostspanien kämpfte. Auch diese Verbände kann man generell als moderat bezeichnen, eine Einheit mußte sogar wegen Meuterei aufgelöst werden...

Meine Conclusio ist - die in im heutige Italien lebenden Menschen haben sich um Napoleon eher weniger gepfiffen, man wollte eigentlich nur so weiter machen wie zuvor, da war es egal, ob am Thron nun ein Bourbone oder ein Bonaparte sitzt...
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Davout

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Napoleon & Italien
« Antwort #5 am: 19. Oktober 2009 - 20:57:57 »

Das ist etwas allgemein gehalten, eigentlich wollten doch alle einfach weiterleben wie zuvor.
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morty

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Napoleon & Italien
« Antwort #6 am: 20. Oktober 2009 - 01:26:45 »

Naja, wenn wir schon bei allgemein gehalten sind...

Ich wollte ja nichts schreiben, aber Deine Ausführungen erscheinen mir doch ein wenig schwärmerisch...

Begründe bitte was ein habsburgisches Besatzungsregime war?

Wenn Du schreibst, daß ein Großteil Norditaliens die österreichische Herrschaft loswerden wollte, dann sollte nicht unerwähnt bleiben, daß Norditalien aus EIGENSTÄNDIGEN Staaten bestand - Hztgm. Piemont ( das mit Österreich GEGEN die Franzosen kämpfte ), Hztgm. Mailand, Republik Genua, Republik Veneddig...

Deine Betrachtung von Spanien und der französischen Armee ist nicht nachvollziehbar..

Spanien sah sich nicht als Nation? Welchen Beweis kannst Du hierfür bitte anführen? Spanien war wohl über die Jahrhunderte als Nationalstaat gewachsen - die Reconquista hatte in Spanien schon damals die noch unabhängigen Königreiche geeint, wenngleich dies auch schleppend von Statten ging.

Spanien war auf jeden Fall mehr Nation als Italien, und mir fiele auch kein Spanier (!) ein, der gegen Napoleon kämpfte aber nicht für Spanien..

Die Schmuggler als die Basis für die Guerrillas zu sehen, naja... Auch hier fällt mir kein bekannter Guerrillaführer ein, der zuvor Schmuggler gewesen wäre, die bekanntesten Anführer waren auf jeden Fall keine zuvor..

Weiters frage ich ich auch, welche Zollgrenzen weggefallen sein sollten..

Ich verstehe auch die Aussage, daß man in Nordspanien den Modernisierungstendenzen durch französischen Einfluß nicht abgeneigt war, nicht...

In weiten Teilen Nordspaniens herrschte wohl eher rege Guerrillatätigkeit.. Mit dem Wort Modernisierungstendenz kann ich nichts anfangen, ich wüßte auch nicht, was das gewesen sein sollte.

Zitat:

>>Zu dem Gründen für die spanischen Aufstände zählt auch das Verhalten der Franzosen. Die französische Armee war eine der undiszipliniertesten ihrer Zeit. Andere begingen auch Exzesse, aber nicht so flächendeckend wie die Franzosen. Zudem gab es nur wenig Sanktionen. Da wundert es letztlich keinen, warum 1815 die Nordarmee so schnell zusammenbrechen konnte. Die Kaisergarde war übrigens auch kein großes Vorbild. Als arroganteste Soldaten von allen versuchten sich die Gardisten auch gegenüber ihren Kameraden von der Linie Vorteile zu verschaffen und natürlich genauso gegenüber der Zivilbevölkerung. Dass die Spanier derart ausgeflippt sind, wundert einen da wahrlich nicht.<<

Was heißt denn das bitte?? Die Franzosen waren eine Besatzngsarmee, keine Frage. Bis Spanien hatte sich die französische Armee eigentlich relativ gut benommen, die Betonung liegt natürllich auf \"relativ\"...

In Spanien kämpfte man allerdings einen neuen Kampf, auf welchem man nicht vorbereitet war.... Actio est reactio - die Gewaltspirale schaukelte sich beidseitig in die Höhe... Greueltaten gab es, keine Frage, und deren viel zu viele, aber hieraus den Schluß zu ziehen, daß die französische Armee undisziplinert gewesen wäre, ist einfach nur lächerlich... Eine undisziplinierte Armee hätte nie in der Art und Weise agieren können, wie es die Franzosen taten.

Im napoleonischen Europa fürchtete man sich mehr vor disziplinlosen Kosaken denn vor disziplinlosen Franzosen... Den \"schnellen\" Zusammenbruch der Nordarmee der Disziplinlosigkeit zuzuschreiben, ist wohl auch nur eine Theorie.. Ich würde wohl eher einem mangelnden Ausbildungsstand ausgehen. Die Armee war ausgezehrt und hatte einen Großteil an jungen Rekruten..

Ich wußte gar nicht, daß Gardisten die \"arrogantesten Soldaten von Allen waren\" und dadurch die Spanier zum Ausflippen brachten.. Wenn ich dann lesen muß, daß meine Ausführungen allgemein sind ( und hier gebe ich recht - ich hätte natürlich viel ausführlicher sein können ), dann frage ich mich schon....
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Davout

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Napoleon & Italien
« Antwort #7 am: 20. Oktober 2009 - 08:48:33 »

Morty,
die Habsburger waren nicht unbedingt

>Begründe bitte was ein habsburgisches Besatzungsregime war?

Ganz einfach, die Präsenz der Österreicher außerhalb der habsburgischen Kernlande kam bei der Bevölkerung nicht unbedingt gut an. Dazu kam noch der Zustand der Vielvölkerarmee, was die Integration nicht gerade vereinfachte. Später ging das alles dann ganz in die Brüche aber das gehört nicht hierher.

>Wenn Du schreibst, daß ein Großteil Norditaliens die österreichische Herrschaft loswerden wollte, dann sollte nicht unerwähnt bleiben, daß Norditalien aus EIGENSTÄNDIGEN Staaten bestand - Hztgm. Piemont ( das mit Österreich GEGEN die Franzosen kämpfte ), Hztgm. Mailand, Republik Genua, Republik Veneddig...

Ein Gutteil davon gehörte aber noch zum \"Heiligen römischen Reich\" unter habsburgischer Führung, dessen Fürsten es fast alle aufgelöst sehen wollten oder zumindest nicht viel für dessen Erhalt beitrugen.

>Spanien sah sich nicht als Nation? Welchen Beweis kannst Du hierfür bitte anführen? Spanien war wohl über die Jahrhunderte als Nationalstaat gewachsen - die Reconquista hatte in Spanien schon damals die noch unabhängigen Königreiche geeint, wenngleich dies auch schleppend von Statten ging.

Da kannst du auch heute noch Spanier fragen. Die Regionen spielen eine weit größere Rolle als das Land als ganzes. Von Nationalstaat kann damals keine Rede sein und die Reconquista lag ja auch schon in mythischer Ferne (nicht jedoch, wenn man damit Formen von Fremdenhass legitimieren konnte).

>Die Schmuggler als die Basis für die Guerrillas zu sehen, naja... Auch hier fällt mir kein bekannter Guerrillaführer ein, der zuvor Schmuggler gewesen wäre, die bekanntesten Anführer waren auf jeden Fall keine zuvor..

Natürlich waren die Führer irgendwelche politisch ambitionierten Leute. Nur, was meinst du denn bitte, wer die breite Basis für so eine Guerillabewegung stellte? Das Banden- und Schmugglerwesen war auch im Frieden in Spanien nicht ohne. Gewisse Gemeinsamkeiten hat die Sache auch mit dem Tiroler Aufstand. Der wäre wohl auch nicht zeitweise so erfolgreich gewesen, wenn es nicht so viele freiheitsliebende Wilderer gegeben hätte. Das ist alles eine Frage des Know-hows. In anderen, ich sage mal \"zivilisierteren\" Regionen, die auch nicht weniger unter französischer Herrschaft litten, gab es solche Aufstände bezeichnenderweise nicht. Warum wohl?

>Weiters frage ich ich auch, welche Zollgrenzen weggefallen sein sollten..

Spanien war eine Ansammlung von Königreichen unter einer Krone etc. genau wie die anderen vornationalen monarchischen Staaten. In Frankreich fielen diese Grenzen auch erst mit der Revolution und die hatten auch einen König und einen vermeintlich effektiven Zentralstaat. Ich erinnere daran, dass der deutsche Zollverein erst Jahrzehnte nach Ende der napoleonischen Kriege gegründet wurde. Es gab damals eben keine EU, wo man lustig zollfrei einfach seine Waren verschieben konnte.

>Ich verstehe auch die Aussage, daß man in Nordspanien den Modernisierungstendenzen durch französischen Einfluß nicht abgeneigt war, nicht...

Stichwort Afrancesados (=spanische Unterstützer Frankreichs). Aus ihnen rekrutierte sich u.a. das \"Joseph Napoleon\"-Regiment. Die Leute wollten einfach die überkommenen Strukturen nicht mehr und strebten eine bürgerliche Orientierung wie in Frankreich an. Das hatten natürlich nicht zuletzt wirtschaftliche Gründe. In manchen Regionen Nordspaniens war es übrigens relativ ruhig.
Ganz wichtig erscheint mir hier zu erwähnen, dass der Spanienkrieg keineswegs einfach nur ein nationalerBefreiungskrieg gegen Invasoren war, der vom verbündeten Großbritannien unterstützt wurde. Es war auch ein Bürgerkrieg. Als Auslöser sind da die bereits vor dem französischen Einmarsch die Thronstreitigkeiten und die Krise im Königshaus zu nennen.

>Was heißt denn das bitte?? Die Franzosen waren eine Besatzngsarmee, keine Frage. Bis Spanien hatte sich die französische Armee eigentlich relativ gut benommen, die Betonung liegt natürllich auf \"relativ\"...

Das bezweifle ich. Die Franzosen waren unter den Zeitgenossen besonders gefürchtet. Man kann es garnicht so recht festmachen, ab wann die Disziplin besonders aus dem Ruder lief.
Die Spanienveteranen galten als die Schlimmsten aber die anderen waren selbst schlimm genug. Wahrscheinlich lag dieses Disziplinproblem noch in der Revolutionszeit begründet als Offiziere gewählt werden konnten und viele aus dem Mannschaftsstand aufstiegen. Der Respekt gegenüber Vorgesetzten war daher ziemlich gering und das sparte zuweilen nicht mal den Kaiser aus, der seine Leute mit Vergünstigungen bei der Stange halten musste. Dem gegenüber waren die altmonarchischen Armeen zwar häufig taktisch rückständig, während sie im Gegenzug ihre Truppe besser im Griff hatten. Dazu kam noch, dass die Korruption in der französischen Armee extreme Formen annahm. Im Russlandfeldzug verhungerten beispielsweise bereits auf dem Vormarsch Soldaten. Gründe dafür waren nicht nur das zu schnelle Vorrücken, sondern auch die korrupte Verwaltung. Kein Wunder, dass rücksichtslos geplündert werden musste. Zusätzlich fühlten sich die französischen Soldaten bis um 1812 stets als Sieger und machten entsprechende Ansprüche geltend.

>In Spanien kämpfte man allerdings einen neuen Kampf, auf welchem man nicht vorbereitet war.... Actio est reactio - die Gewaltspirale schaukelte sich beidseitig in die Höhe... Greueltaten gab es, keine Frage, und deren viel zu viele, aber hieraus den Schluß zu ziehen, daß die französische Armee undisziplinert gewesen wäre, ist einfach nur lächerlich... Eine undisziplinierte Armee hätte nie in der Art und Weise agieren können, wie es die Franzosen taten.

So kann man das nicht sagen. Im Bürgerkrieg in der Vendee hatten französische Truppen durchaus Erfahrungen mit solchen Kampfesweisen. Dass die französische Armee undiszipliniert war, da waren sich die Zeitgenossen einig. Im Gefecht ging es gerade so, da war man aufeinander angewiesen, sonst lief das aber recht unkontrolliert, um es mal so zu sagen.

>Im napoleonischen Europa fürchtete man sich mehr vor disziplinlosen Kosaken denn vor disziplinlosen Franzosen...

Da liest man aber Quellen, die das Gegenteil behaupten.

>Den \"schnellen\" Zusammenbruch der Nordarmee der Disziplinlosigkeit zuzuschreiben, ist wohl auch nur eine Theorie.. Ich würde wohl eher einem mangelnden Ausbildungsstand ausgehen. Die Armee war ausgezehrt und hatte einen Großteil an jungen Rekruten..

Wie groß war denn der Anteil der Rekruten wirklich? Ich würde eher sagen, dass die noch unausgerüstet im Depot hockten. Man denke nur an die 2. berittenen Gardechasseurs, eine Einheit der Jungen Garde. Aus Pferdemangel konnte sie nicht mit ausrücken. Wahrscheinlich hatte die recht kleine Nordarmee noch den höchsten Anteil gedienter Soldaten aller Armeen des Kaiserreichs. Man braucht dabei nicht dem Irrtum zu unterliegen, dass die alltgedienten Leute die besten Soldaten sind. Sie wissen vielleicht besser wie es läuft, sind besser ausgebildet und haben Erfahrung. Genau da liegt aber das Problem, denn sie wissen auch besser, wie man sich vor Gefahren drückt. Mit jungen und dummen Jungen konnte man schon immer leichter Krieg führen. Höchst selten ist eine der antinapoleonischen Armeen nach einer Niederlage bereits auf dem Schlachtfeld so zusammengebrochen wie die französische bei Waterloo.
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Skaby

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Napoleon & Italien
« Antwort #8 am: 29. Oktober 2009 - 12:50:11 »

Als jemand der sein Abitur in Italien gemacht hat, kann ich Davout nur zustimmen.
Allerdings sollte man zwischen Nord und Süditalien trennen.

Erstmal für Norditalien:
Napoleon wird heute noch als \"Befreier\" gefeiert und Vorreiter der nationalen Unabhängigkeit betrachtet. Immerwieder wird erwähnt, dass General Lecchi das italienische Korps in Russland befehligte und angesehener Offizier war.
Die italienische Armee zieht keine Traditionen aus dieser Zeit mehr, weil sie mit der Rückehr der Piemontesen komplett neugeordnet wurde - und wahrscheinlich auch, weil Napoleon kaum Wert auf eine Trennung zwischen Franzosen und Italiener legte (viele italienischen Regimenter trugen einfach die französischen Regimentsnummerierung).
Die moderne Italienische Fahne und das noch aktuelle BGB haben ihren direkten Ursprung in dieser Zeit.

Süditalien ist schwerer zu schildern:
Die Süditaliener die sowieso \"für\" Napoleon waren, waren meistens auch \"für\" ein vereintes Italien und haben sowohl zur Zeit Napoleons, wie auch in den folgenden Jahrzehnten lieber im Norden versucht Einfluss zu nehmen (sei es als Soldaten, sei es als Schriftsteller, Politiker oder was auch immer).
Die Gegner Napoleons sind nach Sizilien geflohen, zu den Briten.
Die restlichen sind sozusagen die \"Gleichgültigen\", die einem Herrscher mehr oder weniger gedient haben. Dadurch, dass sie verhältnismäßig weniger \"Begeisterte\" Kameraden zur Seite hatten, waren sie eher weniger auffällig.

Grundsätzlich ist mir aber nur eine gewisse Zustimmung für Napoleon bekannt, da soziale und wirtschaftliche Verhältnisse verbessert wurden - in der Tat, in den 1820er Jahren fingen Italienweit Aufstände gegen die zurückkehrten Herrscher an.
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Shinkansen

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Napoleon & Italien
« Antwort #9 am: 12. Dezember 2009 - 14:33:49 »

Vielen dank für die bisherigen Beiträge. Ich glaube, ich habe etwas gefunden zu den Aktionen zwischen Italien (Frankreich) und Sizilien (England)

Als die dritte Koalition ins Leben gerufen wird, landet 1805 ein britisch-russisches Heer (Was wird eigentlich aus den Russen?) in Neapel, doch nach der Schlacht von Austerlitz erobern 1806 die Franzosen das Königreich beider Sizilien und Ferdinand verlegt seinen Regierungssitz nach Palermo. Joseph Bonaparte wird König der französisch besetzten Gebiete. Die neapolitanischen Truppen werden in der Schlacht von Campo Tenese (März 1806) geschlagen, Teile werden von der englischen Flotte nach Sizilien evakuiert. Eine englische Landung auf Kalabrien führt zu einem anfänglichen Erfolg (Schlacht von Maida Juni 1806), die englischen Truppen ziehen sich dann aber wieder zurück.

Die Insel Capri wird im Januar 1806 von den Franzosen besetzt, im Mai von den Engländern wieder zurückerobert, im Jahre 1808 unter Murat fällt es wieder an die Franzosen, da die englische Entsatzflotte nicht rechtzeitig eintrifft. Verbleibt dann bis 1815 unter französischer Herrschaft.

Im Jahre 1809 groß angelegte englische Expedition gegen Neapel und Kalabrien, doch werden letzten Endes nur die Inseln Ischia und Procida erobert, da Murat schnell genug bedeutende Streitkräfte in und um Neapel herum zusammenziehen kann.

Im Jahre 1810 sammelt Murat Truppen in Kalabrien, eine Invasion Siziliens wird befürchtet und England verlegt im Gegenzug Truppen von Malta und Gibraltar nach Sizilien. Im Herbst Landungsversuch französischer Truppen auf Sizilien bei Mili, welcher aber wegen starker Gegenwehr abgebrochen wird.

Ab 1811 zunehmende Verlegung der englischen Truppen von Sizilien nach Spanien, da das französische Lager auf Kalabrien abgebrochen wird.

Also jede Menge Landungsunternehmen, kleinere Raids, Inseleroberungen usw. hier würden mich nähere Details interessieren, falls jemand darüber etwas finden kann.
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Davout

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Napoleon & Italien
« Antwort #10 am: 14. Dezember 2009 - 08:15:37 »

Zu den Russen: Die waren übrigens damals noch auf Korfu stationiert. Überhaupt war die russische Armee und Flotte gerade im Mittelmeerraum recht aktiv.
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Koppi (thrifles)

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Napoleon & Italien
« Antwort #11 am: 14. Dezember 2009 - 21:26:09 »

Hallo Shinkansen,

 

schau Dir doch mal die entsprechenden Kapitel in Beamishs Geschichte der KGL an:

 

http://books.google.de/books?id=iWoOAAAAQAAJ&printsec=toc&source=gbs_summary_r&cad=0#v=onepage&q=italien&f=false
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http://www.thrifles.blogspot.com/

 http://www.dminis.com/thrifles/galleries/

\" ... Artillerieeinheiten der wichtigsten Nationen (Preußen, Österreich, Russland, Großbritannien ...) sind \"gefärbt\". Das Holz der Kanonen ist bei den Preußen z.B. blau, weil das die Farbe der Nation im Spiel ist (grün für Russland usw.). Das alles sieht scheiße und spielzeugmäßig aus...\"
Zitat aus einer Besprechung von Napoleon Total War