Nach einiger Zeit der Stichpunktesammlung hier nun mein
Beitrag, damit die Geschichte nicht immer nur aus der Sicht der Sieger niedergelegt
wird
In der Tat eine sehr fesselnde Kampagne, die Zeit war gut
investiert. Ich finde das Grundkonzept lohnt eine Weiterverfolgung. Einige Dinge
lassen sich verbessern, Vorschläge und meine Sicht auf die Elsass-Kampagne im
Folgenden:
Ich habe besonders das rollenspielerische Element und den
Fog of War an der Kampagne genossen (Hindu, verzeih mir die nächtlichen Gelage
mit dem kriegsgefangenen de Pastis) und ich denke, dass es auch genau das ist, was
sich zu verfolgen lohnt. Vermutlich gibt es ausreichend computergestützte
online-Kampagnensysteme, bei denen man gegen mehr oder weniger gute AI oder mehr
oder weniger nette menschliche Mitspieler antreten kann („vermutlich“ deshalb,
weil es mich nicht wirklich interessiert).
Gründe der Niederlage:
Neben erheblichen Kommunikationsmängeln (s.u.) vermutlich
eben diese Rollenspielfixierung. Ich gefiel mir in der Rolle des
Reitergenerals, auch wenn mir hätte klar sein müssen, das Reiter allein nicht sonderlich
gut geeignet sein würden, um Dörfer oder gar Städte zu erobern/halten. Die
Regeln waren recht eindeutig darin, dass die Vorteile für rein berittene
Kontingente sehr begrenzt gehalten sein würden. Sei´s drum.
Mein Befehl seitens Mercy lautete dann, Offenburg im
Alleingang zu nehmen, woraufhin ich um Unterstützung bat.
Ich hatte Mercy in Runde 4 mitgeteilt, dass ich für die
„sexta“ den Sturm auf Offenburg, zu spät mitgeteilt, wie sich zeigte. Wir haben uns in einer wilden
Mischung aus Luther-Deutsch und Küchenlatein munter ausgetauscht, also
eventuell auch noch missverstanden. Gut dass ich mich nicht auch noch an
Bayrisch versucht habe!
Mir war von Beginn an klar, dass der Feind vermutlich früher in Offenburg sein würde, deshalb auch meine Bitte um ein gemeinsames Vorgehen.
Was für mich aber nicht abzuschätzen war, waren die Effekte von Verschanzungen,
die Schwächung durch Eilmärsche und dergleichen.
Undenkbar allerdings war für mich, dass bayrische Elite-Kürassiere
hinter Schanzen absteigen oder gar selber Befestigungen aufwerfen sollten, dann
lieber ruhmreich angreifen!
Hier bin ich dann doch beruhigt, dass Strands Aufklärung
nicht so gut war wie es den Anschein hat. Werth lag schon im Zug 4 direkt vor
Offenburg, allerdings noch damit beschäftigt zwei Tercios auszuheben und auf
average zu drillen.
Der Grund für dieses Vorgehen ist zweischichtig: Zum Einen
weiß ich, dass der Ort ohnehin bereits feindlich besetzt ist, habe aber nur
eine Einheit Kürassiere und einmal Dragoner. Dabei aber ausreichend Geld, um Infanterie
auszuheben, das muss ich dann auch!
Was mich (uns) zum Anderen rückblickend betrachtet doch mehr
als gedacht behindert hat, war mein Missverständnis aber auch intrinsische
Schwächen des Kuriersystems: so war ich anfangs (bis zur Runde 5!) davon
ausgegangen, dass Kuriere ausschließlich mit der Abgabe des Befehlsblattes (für
die Unbeteiligten: das Kurierfeld war ein Bestandteil des Befehlsblatts) verschickt
werden konnten, wodurch zwangsläufig 1-2 Runden Verzögerung eintreten, bis
meine Mitspieler reagieren können.
Ist mir leider erst zu spät aufgefallen, dass hier
offensichtlich etwas an mir vorbeiläuft. (Die Botenabgabe mit dem Befehlsblatt
erschien mir aber auch zu logisch. Wenn man das gespielte System ausreizt,
müssten alle bis ultimo am Abgabetag warten, um mit Ihren Befehlen oder Boten
noch auf andere Kuriere reagieren zu können – das kann nicht im Sinne des
Spielleiters sein, dass er kurz vor Mitternacht noch Botenreiter-e-mails
verteilen muss, oder ?( ?)
Analog dazu war mir auch nicht klar, wie ich mit meinem
Oberbefehlshaber hätte kommunizieren können, selbst als wir uns in der zweiten
Runde auf dem selben Feld (Kenzingen) befanden. Wir sind dann mehr oder weniger
zufällig gemeinsam nach Norden gezogen.
Hier war der Fog of War in dieser Situation eindeutig zu
dicht, ich bin mit meinem Oberbefehlshaber im selben Feld, wir wissen aber
beide nicht über die Zusammensetzung der verbündeten Kontingente?
Wir sind in der dritten Runde auf dem selben Vormarschweg
und in der vierten Runde attackiert mein OB zu meiner Überraschung Offenburg,
klar war das ein Abstimmungsproblem – nur mir war nicht klar, wie wir uns
besser hätten abstimmen können.
Die Beschreibung hierzu war eher kryptisch – dass meine
Nachricht sicher ankommt ist ein sehr begrenzter Vorteil. Wenn ich mit meinem
Oberbefehlshaber zusammen vorrücke, sollte ich auch einen intensiven Dialog –
sprich mehr als eine Botschaft - mit ihm führen können.
In beiden Fällen mein Fehler, ich hätte ja bei Sorandir
nachfragen können, aber auch ein Anlass in den Regeln diese Fälle klarer zu
definieren, aber dafür ist ein Probespiel ja nun da. In jedem Fall ein Exempel
wie stark sich funktionierende oder eben nicht funktionierende Kommunikation
auf eine Kampagne auswirken können – dies war sicher der Knackpunkt auf der
rechtsrheinischen Seite.
Die Geschichte des tollen van Loon war schon mehr nach
meinem Geschmack.
Van Loon ist mit einer Einheit leichter Reiterei schnell von
Kenzingen über Rhinau nach Straßburg vorgestossen. Da klar war, dass er die
Stadt nicht würde halten können, rückte er weiter nach Norden vor. Sufflenheim
schien zu stark verteidigt, deshalb erfolgte in der sechsten Runde der Angriff
auf Hagenau, der recht erfolgreich war und bei dem der Kommandierende de Pastis
in Gefangenschaft van Loons geriet. Durch einen in Folge gefangenen Kurier war
bekannt geworden, dass de Enghien Straßburg verliess und in Gewaltmärschen nach
Norden eilte, um Hagenau zurückzuerobern. Reserven wurden also von Strassburg
abgezogen – mehr konnte ich nicht erreichen. Van Loon überliess Hagenau der
Bürgerwehr und einer eilig ausgehobenen Einheit Musketiere, setzte sich aber
selber mit dem Gefangenen nach Norden ab.
Aus meiner Sicht machte eine intensivere Verteidigung wenig
Sinn. Schließlich konnte ich so Sufflenheim noch nehmen, in Hagenau hätte ich
mich mit leichter Reiterei und einer Einheit poor Musketiere gegen den
Haupttrupp des Conde verteidigen müssen.
Habe ich das richtig verstanden, dass die „Erschöpfung“ nach
dem erforderlichen Gewaltmarsch auf Hagenau, die Truppen nicht beim Sturm auf
die Stadt behindert hat, sondern erst in der folgenden Runde beeinträchtigt
hätte? Das ist unlogisch, oder?
Wenn man eine ähnliche Kampagne noch einmal auflegen wollte
sind dies meine Tipps zur Verbesserung:
- Das
Wichtigste: (Hauptverbindungs-)Strassen! Entweder folge ich diesen, mit
dem Risiko genau dort auch auf den Feind zu treffen, oder ich arbeite mich
mühsam über Nebenstrecken. So gab es z.B. drei gleichwertige Verbindungsstrecken
zwischen Hagenau und Sufflenheim. - Unterschiedliche
Bewegungsweiten für Kavallerie, Infantrie und Artilleriekontingente und
dann unterschieden nach Hauptverbindungsstrassen und
Nebenstrecken/Querfeldein wäre sinnvoll. - Beide
Seiten haben ja schnell gemerkt, dass verschanzte Truppen in den
Ortschaften der Schlüssel zum Erfolg sind, für die Kaiserlichen war es der
deutlich schmerzhaftere Lernprozess, aber alles in Ordnung. Nur - wenn Verschanzungen entscheidend
sind - dann muss ich auch die Möglichkeit haben, etwas dagegen zu tun,
sonst gibt es nur ein Hetzen, um die Städte zu besetzen und sich
einzugraben. Im weiteren Spielverlauf wird dann vermutlich nicht mehr viel
passieren. Deshalb sollte es meines Erachtens auch (mindestens) ein
Gegenmittel geben: unterbrochene rückwärtige Verbindungslinien,
Versorgungsprobleme etc. Hier konnte es einem grad egal sein, ob der
Gegner im Rücken stand, das hatte allenfalls psychologischen Wert – siehe
van Loon und Conde. - Ein
General pro Spieler reicht aus, zur Entlastung des Spielleiters, aber auch
weil viel Fog of War sonst verloren geht. Meine Avantgarde im Norden des
Elsass hatte letztlich denselben Informationsstand wie de Werth östlich
des Rhein und konnte ihm sogar Geld aus der Eroberung von Hagenau zukommen
lassen. - In
diesem Sinne sollte auch unbedingt die Kommunikation über Kuriere und
ausschließlich über den Spielleiter beibehalten werden, bei direktem
e-mail Austausch macht es immer weniger Sinn, überhaupt mehr als einen
Spieler pro Seite zu haben. - Kuriere
sollten umso länger brauchen und umso größere Chancen haben verloren zu
gehen, je weiter der Empfänger der Nachricht entfernt ist (evtl. gab es
hierfür aber Regeln?). Bei Multiplayer Tabletops finde ich es gut, wenn
sich die Kuriere auch physisch über die Platte bewegen, evtl. könnte man
auch hier Kurieren eine Bewegungsweite zuweisen? Zudem fände ich es
interessant Kuriere kaufen zu können, zu müssen, statt stumpf mit einem
Kurier pro Runde zu agieren. - Ein
eindeutiges Zeitsystem wäre hilfreich (Monate vermutlich zu lang, Wochen?,
am schönsten wäre aus dem Rollenspielaspekt ein Feiertagskalender) - Zu
den wirtschaftlichen Aspekten: ist o.k., allerdings würde ich nach meinem
Geschmack eher die Startformation üppiger ausstatten und nur begrenzte
Rekrutierungen/Wiederauffüllungen zulassen. - Das
recht einfache „Wiederauffüllen“ (keine Rekrutierungsaktionen, keine
Drillaktionen) von Einheiten nach einer Schlacht erscheint mir etwas weit
hergeholt, wo soll ich denn mitten in der Kampagne so einfach
Elite-Kürassiere und entsprechende Pferde herbekommen, oder Geschütze,
sofern ich diese nicht erobert habe? Das muss mehr als nur eine Frage des
Geldes sein. - Meine
Kenntnis des 30jährigen Krieges ist begrenzt, aber ich würde erwarten,
dass beim erstmaligen Brandschatzen einer Stadt wie Strassburg deutlich mehr
abfällt als beim Erheben von Kontributionen in einem Dorf, dass im Lauf
des Spiels bereits mehrfach von Überfällen und Einquartierungen
ausgeblutet wurde? Oder hat van Loon nicht nachdrücklich genug bei den
Stadtoberen vorgesprochen :skull: ? - Fog
of War: die Sichtweite meines Kontigents sollte davon abhängen, wie viel
leichte Reiterei ich mitführe, die Sichtbarkeit des Kontigents andererseits
davon, wie groß es ist und wie viel Artillerie und Troß mitgeführt werden
(müssen). - Die
Karte muss eindeutig definiert sein, kann ich z.B. direkt am Nordwestufer
des Rheins von L7 nach M7 gehen oder muss ich einen Umweg über L6 machen?
(hat aber vermutlich hier keine Rolle gespielt).
Eine lange Liste, die nicht darüber hinwegtäuschen soll, dass
die Kampagne auch so schon absolut spielbar war, hier geht es mir um den
Feinschliff.
Nochmals vielen Dank an Sorandir für seine unermüdliche Spielleitertätigkeit! :thumbsup: :thumbsup: :thumbsup: