Sweetwater Forum

Sweetwater Forum

  • 29. April 2024 - 06:43:16
  • Willkommen Gast
Erweiterte Suche  

Neuigkeiten:

Autor Thema: Kurzreview: Condottiere. The Dogs of War by Frank Chadwick  (Gelesen 510 mal)

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Neidhart

  • Bürger
  • ****
  • Beiträge: 1.143
    • 0

The Dogs of War
Renaissance Mercenary Warfare Game Rules& Campaigns
by Frank Chadwick

Bevor ich etwas zum Buch schreibe, möchte ich ausdrücklich festhalten, dass ich bisher die Regeln nicht austesten konnte. Die Betrachtung des Regelteils ist deshalb mit vorsicht zu genießen.

Das Buch selber ist ein Hardcover und genügt den höchsten Ansprüchen an Regelbücher. Fadenbindung, dickes Papier und durchgehende Vollfarbigkeit sind inzwischen zwar fast Standart, aber dennoch Qualitätsmerkmale. Dass es auch anders geht zeigt das SAGA-Heftchen, Condottiere ist aber auf jeden Fall mit WAB2 oder Hail Caesar vergleichbar. Die Fotos im Buch sind alle sehr schön und haben auch immer den richtigen Fokus, man erkennt alles.

Warum also ein Review und nicht einfach ein \"Top, kaufts!\"? Das liegt am Schwachpunkt des Buches, dem fehlenden Etwas. Beim durchblättern oder auch genauerem lesen fehtl immer eine Kleinigkeit. Das fängt beim historischen Hintergrundteil an und zieht sich durch die Regeln bis zum Appendix.

Der historische Hintergrundsteil bietet einen kurzen Überblick über die Borgia und Sforza, dazu kommen dann noch ein paar Seiten über berühmte Condottieri und die Definition mit Bezug auf Jacob Burckhardt, insgesamt 9 Seiten. Insgesamt passt das, man kriegt ein Schnipsel um sich selber weiterzuinformieren, aber eine kurze Einordnung, die über Andeutungen hinaus geht, der italienischen Städtewelt in den europäischen Kontext wäre hier gut gewesen.

Die Regeln selber fangen sehr gut an. Keine Profilwerte, sondern wenige Fertigkeiten und Ausrüstungen. Seine Truppe wählt man über definierte Einheiten, denen ein Punktwert zugeordnet ist. Deutsche und Französische Ritter kosten 8 Punkte, städtische Milizen 2 Punkte. Eine \"Standardtruppe\" besteht aus ca. 40 Punkten.
Basierung ist 20x50mm für Reiter und 20x20 für Infantrie, eigentlich hätte man auch 25x50 für die Reiter lassen können und ich sehe keinen Grund, warum das Spiel nicht funkionieren sollte wenn beide Spieler ihre Reiter etwas größer basieren.
Die vorgeschlagenen Tischgrößem sollen alle gleich gut sein und reichen von 4x6 Fuß bis 6x10. Die Bewegungsreichweiten sind nämlich recht üppig, bis zu 24\" für Kavallerie und immerhin noch 12\" für Infantrie. Ein Spielzug läuft alternierend ab. Erst gibt Spieler A Befehle aus, dann B. Dann bewegt sich Spieler A, dann B. Dann folgt der Kampf. Die Abfolge ist also anders als bei WAB und Co. Bei der Bewegung gibt es nicht viel Neues, wer andere einzelbasierte 28mm Massenskirmishs kennt, wie WAB oder CoE erlebt hier Standardkost. Einzig die Vergabe der Befehle ist etwas anders, es werden vom General Befehle per Karten vergeben, dann können einzelne Einheiten mit Sonderfertigkeiten sich selbstständig Befehlskarten geben. Die Position des Generals ist dabei ganz wichtig, da er nur Befehle im 12\" Umkreis erteilen kann. Es muss also entweder eine Gruppierung um den Condottiere gehalten werden oder man spielt auf Risiko, da Einheiten ohne Einheitenführer oder Sichtlinie zu anderen Einheiten oder dem General können vom Tisch fliehen, besonders gefährlich ist dies im Nahkampf.
Das Kampfsystem ist interessant, da es nach Waffenreichweiten unterscheidet um die Schlagreihenfolge festzulegen. Erst Fernkämpfer, die sich nicht bewegt haben, dann Piken, dann Lanzen und Hellebarden, dann Schwerter und zuletzt Fernkämpfer die sich bewegt haben. Verluste werden mit Würfeln und Spielkarten ermittelt. Wobei nicht jeder erwürfelte Treffer auch ein Verlust ist, Modelle können auch einzeln fliehen oder benommen hinter die Einheit verschoben werden.

Die Regeln machen einen soliden Eindruck, allerdings ist manches unklar und muss erst durch überlegen erschloßen werden. Ich habe außerdem nicht gefunden, wie man den Condottiere ausschalten kann, da er allen Einheiten ausweicht und nicht als Ziel gewählt werden kann. Eigenlich kein Problem, es wird aber erwähnt, was passiert wenn er ausgeschaltet wird.
Wenn man sich die Regeln anschaut ist es unablässig, sich zuerst einen kurzen Überblick über die im Buch abgedruckten und benötigten Karten zu verschaffen. Die Karten kann man kopieren oder auf der Foundryseite herunterladen.

Die Armeeauswahl und der enthaltene Armeegenerator für Solospiele (es gibt aber kein Reaktionssystem für Solospieler, diese Option müsste man sich also selber überlegen, das System wäre dabei, nach Meinung des Autors, aber leicht zu handhaben) sind ein Witz. Da keine Unterscheidung in der Zeit gemacht werden und die Auswahlen recht willkürlich erscheinen sollte man entweder akzeptieren, dass man nach der reinen Liste nur Fantasy spielt (Pistolenreiter und Flügelhussare gegen englische Langbogenschützen), oder man stellt sich seine Truppe nach eigenem Wissen zusammen. Unablässig ist es dabei auch Truppen aus dem Appendix zu benutzen, da man zB. ansonsten leichte Reiter nur mit Wurfspeeren bekommt.

Das weitere Zusatzmaterial ist sehr gut. Ein langer Malguide und Marker für Verluste, wild gewordene Bauern, eine Furt oder Tross Elemente sind enthalten, genauso wie einige Fahnen.

Insgesamt zeigt das Buch, wie ein super Renaissance Regelwerk aussehen könnte. Leider sind die Regeln nicht ganz ausgereift. Sie scheinen nicht viel schlechter als andere, aber ich sehe keinen Grund dafür sie auszuprobieren, wenn ich mindestens ein anderes System mit einzelbasierten Figuren bereits beherrsche. Evtl. lohnt es sich die Ideen aus dem Kampagnenteil oder die Idee, wie der General behandelt wird für Spiele in der Zeit auf das gewählte System zu übertragen. Zudem krankt es etwas daran, dass anscheinend eine Definition von Condottiere genommen wurde, die ca. Anfang 14.- Ende15.Jh meint. Dazu passen allerdings nicht die ganzen Bilder von Landsknechten und die von Foundry verkaufte Range. Die italenischen Truppen sind teils sehr ungenau rescherchiert, was nicht verwundert, wenn man sich die sehr schwache \"Suggested Reading\" Sektion anschaut. Ospreytitel sind denke ich jedem, der bei Foundry einkauft bekannt und die restliche Literatur ist entweder alt oder zuunspezifisch. Es wird zwar das Ospreybuch zu Landsknechten erwähnt, nicht aber das zu den Condottiere! Zudem wären Links zu den frei im Internet verfügbaren Texten gut gewesen, so wie evtl. Links zu Digitalisaten von Büchern aus der Zeit. Einen Pluspunkt gibt es für die Erwähnung des Film The Prince of Foxes.

Eine Kaufempfehlung (aber nur in einer Aktion, leider nicht für 30€) für alle, die ein zusätzliches hübsches Buch im Regal haben wollen, es sind mehr Landsknechtbilder als Condottiere drin, also eher für den 1500+ interessierten als für  jemanden, der sich für die Hochzeit der Condottiere begeistert. Ein Review, mit Diskussion, in der auch Frank Chadwick mitwirkt gibt es auf TMP. Hier sagt Chadwick, was für ihn das Herzstück des Buches ist, das Kampagnensystem. Und dieses System scheint auch ganz gut für die Zeit zu funktionieren, genaueres könnte man nur nach einem Test sagen.

Noch ein Wort zu der Range von Foundry. Die Bilder im Buch sind teils irreführend und die Founryrange ist eher für Landsknechte passend als für Condottiere, besser sind da die Perryfiguren, wie sie in diesem Beitrag von D3mo gezeigt werden.
« Letzte Änderung: 01. Januar 1970 - 01:00:00 von 1341311885 »
Gespeichert