@Scarface,
wie konkret hĂ€ttest du es denn gerne? Soll ich sĂ€mtliche Beispiele einzeln nennen? Da wir gerade beim Thema Kavallerie sind. Da wirft Zamoyski die Begriffe fĂŒr die VerbĂ€nde dermaĂen durcheinander, dass der uneingeweihte Leser völlig verwirrt wird. Sein Vorschlag, wie man es mit der Kavalleriereserve Murats besser hĂ€tte machen können offenbart ein gehöriges MaĂ an Unkenntnis der Thematik. Er meint nĂ€mlich, man hĂ€tte doch diese VerbĂ€nde besser in Brigaden und Divisionen einteilen und auf die Infanteriekorps verteilen sollen, um sie besser versorgen zu können. Nun, logischerweise war die Kavalleriereserve natĂŒrlich in Korps, Divisionen und Brigaden eingeteilt, wobei dem Autor der Unterschied zwischen diesen Strukturen nicht so ganz klar zu sein scheint, andererseits besaĂen die Infanteriekorps selbst bereits eigene KavallerieverbĂ€nde bis zu DivisionsstĂ€rke. Dieser Ausflug in den Bereich der militĂ€rischen Strukturen wirkt schon reichlich dilletantisch.
Die französische Kavallerie hatte grundsĂ€tzliche Probleme, auch unabhĂ€ngig von den Pferdeverlusten in Russland. Bis dahin war sie nur in der Lage gewesen genĂŒgend Pferdeersatz zu bekommen, weil sie stĂ€ndig neue erbeuten konnte. So wurden die norddeutschen Gebiete mit ihrer reichen Pferdezucht vereinnahmt, Polen war auch hilfreich, 1805 und 1806 wurden groĂe Mengen Pferde der geschlagenen österreichischen, preuĂischen und sĂ€chsischen Armeen eingegliedert. Gerade die Dragonerregimenter bis hin zur Garde hĂ€tten sonst kaum noch beritten gemacht werden können. Zwischen 1809 und 1812 konnte die KĂŒrassierwaffe in Deutschland saniert und ausgebaut werden. 1813 war die französische Kavallerie dann nicht nur mit den horrenden Verluste in Russland konfrontiert, sondern sie hatte auch ihre ĂŒblichen Ersatzquellen weitgehend verloren.
Einige ihrer Probleme waren auĂerdem hausgemacht. Die Ausbildung und die Pferdepflege waren hĂ€ufig unter aller Sau. Kein Problem, wenn man sich ausgebildte MilitĂ€rpferde nach Belieben erbeuten kann, nur wenn das nicht mehr der Fall ist, dann bricht das System zusammen. Die LeistungsfĂ€higkeit der französichen Kavallerie war wohl generell recht mĂ€Ăig. Schneller als im Trab bewegte sie sich selten, einerseits weil die Pferde zu wenig gepflegt waren, andererseits wegen der mangelnden Ausbildung, weil sonst die VerbĂ€nde auseinanderbrachen. Das fĂŒhrte dann zur Zusammenfassung immer gröĂerer VerbĂ€nde, die dennoch nicht die gewĂŒnschte Wirkung entfalten konnten.
Die EffektivstĂ€rke wird in der Forschung keineswegs pauschal mit der SollstĂ€rke verglichen, weil das im Bezug auf einzelne Schlachten völlig sinnfrei ist. FĂŒr Borodino gibt es durchaus auch Zahlen der IststĂ€rke vor und nach der Schlacht. Warum hat Zamoyski die nicht benutzt und behauptet fĂ€lschlicherweise, die 30. Linie hĂ€tte am Morgen vor der Schlacht volle StĂ€rke gehabt? Das liest sich dann eher wie die ĂŒbliche journalistische Herangehensweise.
Die französische Kavallerie und Artillerie verlor ihre Pferde hauptsĂ€chlich weder durch den Winter noch durch Feindeinwirkungen. Der Hauptgrund war die unzureichende Versorgung bereits auf dem Vormarsch, die ĂŒbrigens Ă€hnlich fĂŒr die Menschen von Napoleons Hauptmacht galt. Als beim RĂŒckzug nochmals viele Pferde wegen fĂŒr den Winter ungeeigneten Beschlags umkamen, waren die meisten Tiere sowieso schon verendet.
Die Erkrankungen Napoleons kann man auch ĂŒberbewerten. Mit zunehmendem Alter dĂŒrfte sich sein Zustand nicht gebessert haben, dennoch war er in der Lage auch nach 1812 noch brilliante Aktionen durchzufĂŒhren.
Wenn ich ein Werk zum Russlandfeldzug wirklich empfehlen kann dann ist es Jörg Titzes \"1812- Die Sachsen in RuĂland\", wo aufgrund von Aktenmaterial und Memoiren die spezifischen Bedingungen dieses Feldzuges herausgearbeitet worden sind. Das ist wesentlich erhellender als so manche Kaffeesatzleserei ohne Sachkenntnis.
GrĂŒĂe
Davout