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Autor Thema: Victrix Athener  (Gelesen 6433 mal)

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xothian

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Victrix Athener
« Antwort #15 am: 04. Juli 2013 - 10:14:37 »

ha, advocatus diaboli ;)
Zitat
ABER: warum werden in praktisch allen Darstellungen klassische Hopliten mit dem Speer über dem Kopf dargestellt und nicht mit Speer in Hüfthöhe?
Zitat
Noch eine ergänzende Bemerkung...im Gegensatz zu den meisten heutigen Künstler waren die damaligen Künstler/Handwerker in den Stadtstaaten selber Hopliten.
Viele dürften selber als Hopliten auf dem Schlachtfeld gestanden sein. Ich bin mir sicher, dass die genau wussten was sie da malten.
um so interessanter dann dass der pauschalismus nicht so ganz korrekt ist
ich kenne und habe hier in buechern einiges an klassischen darstellungen (ca400BC) von hopliten welche mit dem speer in unterarm kaempfen/praesentieren, sogar achilles kampf gegen hektor in beiden varianten

Zitat
einer neueren Publikation gestolpert, die versucht entgegen neueren Hypothesen des eher offenen, Mann gegen Mann Kampfes, die traditionelle Sichtweise der Phalanx als geschlossenen, langsamen Körper erneut zu betonen sowie die zentrale Bedeutung des Hoplon und des othismos bestätigt.
das ist eigentlich der schluessel in der ganzen debatte
was ich persoenlich ganz interessant finde ist die darstellung von epheboi und anderen in \"trainingstaenzen\" unter waffen in ruestung
neben vielen guten darstellungen mit dem schwert/dolch weis ich von keiner die eine reihe hopliten in \"impi\"manier mit speer in kopfhoehe praesentiert aber welche den speer in unterarm zeigen, ansonsten gibt es darstellungen von zweikaempfen die beide speerhaltungen aufweisen was auch sinnig ist und beweist das beide kampfhaltungen trainiert wurden.

wie gesag, nur etwas advocatus ;)

hab mir selbst da keine feste meinung dazu gebildet, aber freu mich auf die von dareios angesprochene publikation :)
in der kampfweise aufeinanderprallender schlachtreihen mit engem koerperkontakt kann ich mir den ueberkopf speer nur in der anfangsphase vorstellen und dann ein ziemliches druecken und stechen mit dem schwert/dolch

ciao chris
« Letzte Änderung: 01. Januar 1970 - 01:00:00 von 1372926108 »
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Razgor

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Victrix Athener
« Antwort #16 am: 04. Juli 2013 - 10:32:23 »

Stimme zu.

Ich bin mir sicher, dass beide Kampfhaltungen trainiert wurden. Kommt eben auf die jeweilige
Situation an, wie man den Speer sinnvoll halten und zustechen kann. Im Zweikampf kann es Sinn
machen den Speer an der Hüfte zu halten um in einer geraden Linie oder von unten oder gegen
die Beine zuzustechen. Bei einem Reiterangriff werden die Hopliten die Speere auch wohl eher
von unten gehalten haben.

Im gnadenlosen Gedränge Phalanx gg. Phalanx wäre es wohl eher gefährlich die Hüfthaltung
einzunehmen, wenn hinter dir 4-10 Reihen kräftiger Typen drücken und drängen. Ich glaube, da
hat man alle Hände voll zu tun nicht zerdrückt zu werden.
« Letzte Änderung: 01. Januar 1970 - 01:00:00 von 1372928944 »
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Kniva

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@Greymouse
« Antwort #17 am: 04. Juli 2013 - 12:30:15 »

Zitat
ABER: warum werden in praktisch allen Darstellungen klassische Hopliten mit dem Speer über dem Kopf dargestellt und nicht mit Speer in Hüfthöhe? Sorry, diesbez. hilft es dann imo auch nicht wenn man mithilfe von experimenteller Archäologie beweist, daß alternative Haltungen möglich oder sogar effizienter/bequemer waren... Ein moderner Künstler schafft es vielleicht auch nicht ein Gewehr 100%ig korrekt darzustellen, aber wie man beim Schießen hält, bringt er schon halbwegs korrekt zusammen.

Entschuldige, aber der Umstand, dass auf Vasenmalereien etwas in einer bestimmten Art dargestellt wurde, ist definitiv kein Beweis, dass es so war. Es gibt gerade aus der klassischen Zeit Darstellungen von griechischen Kämpfern, jeder ausgestattet mit (in Proportion zum restlichen Körper) einem mindestens 70 cm langen Phallus - was sagt mir das jetzt über die Physiognomie der alten Griechen? :D

Ich kann nur davor warnen, alles, was ein antiker Geschichtsschreiber geschrieben oder ein Künstler bildlich verewigt hat, 1:1 anzunehmen und als Tatsache anzusehen. Als Historiker muss man nicht alle Quellen auswendig kennen und herunterbeten können - man muss sie kritisch hinterfragen. Gleiches gilt auch für den Kunsthistoriker.
Ich empfehle Dir sehr, mal kunsthistorische Vorlesungen an einer Universität zu besuchen. Ist gerade auch für Historiker sehr interessant.
Die bildliche Darstellung jener Zeit (bis hinein in die Rennaissance) diente nicht unbedingt der Darstellung dessen, was war. Die Körperhaltung könnte (und wird es auch in Deinem Beispiel) durchaus eher Bewegung, Action und Dramatik darstellen sollen.

Auch hat man gerade in der bildlichen Darstellung ganz stark mit Symbolik gearbeitet - etwas, was uns heute verlorengegangen ist und dessen Bedeutung nur dem klar wird, der sich intensiv mit diesen Themen beschäftigt.
Ein Beispiel:
In der darstellenden Kunst werden griechische Krieger fast immer mit nackten Füßen dargestellt. Daraus haben z. B. viele Zinfigurenhersteller geschlossen, dass das so war, und ihre Figuren entsprechend gestaltet.
Als Historiker frage ich mich, weshalb griechische Bürger, die im Frieden mit Schuhen über die Agora ihrer Polis wandeln, im Krieg ohne Schuhe in unwirtlichem Gelände z. T. hunderte von Kilometern (in Alexanders Fall: tausende) zurücklegen?
Der Kunsthistoriker gibt Dir darauf die Antwort, nämlich die, dass die Darstellung von Kriegern mit nackten Füßen deren Heroismus betonen sollte.
Das mag für uns heute komisch klingen - in jener Zeit HATTE man eben bestimmte Symbole (oder Farben mit entsprechender Bedeutung).

Ergo: NATÜRLICH hatten griechische und makedonische Krieger Schuhe an den Füßen (von ganz armen Schweinen vielleicht mal abgesehen).


Aaaalso:
Bevor man argumentiert, dass dies oder jenes mal wo abgebildet oder von dem oder dem antiken Geschichtsschreiber behauptet wurde, bitte erst mal kritisch den Wert und den Hintergrund der Quelle hinterfragen.
Ich meine, Herodot hat auch geschrieben, dass Xerxes mit über 10 Millionen Soldaten gegen Hellas zog. Das nimmt kein Mensch, der klar denken kann, ernst, obwohl es vom \"Vater der Geschichtsschreibung\" stammt!  ;)

Gruß

Kniva
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Razgor

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Victrix Athener
« Antwort #18 am: 04. Juli 2013 - 13:07:32 »

Zitat von: \'Kniva\',\'index.php?page=Thread&postID=142059#post142059
Entschuldige, aber der Umstand, dass auf Vasenmalereien etwas in einer bestimmten Art dargestellt wurde, ist definitiv kein Beweis, dass es so war. Es gibt gerade aus der klassischen Zeit Darstellungen von griechischen Kämpfern, jeder ausgestattet mit (in Proportion zum restlichen Körper) einem mindestens 70 cm langen Phallus - was sagt mir das jetzt über die Physiognomie der alten Griechen? :D

Stimmt ja auch. Aber warum nur auf die \"alten\" Griechen beschränken ? Also bitte...  :thumbsup:    :P

Spaß beiseite...

Das ist übrigens gar nicht so einfach bei einer geschlossen Phalanx, und der Größe der Aspis, einen Speer richtig zu nutzen.
Ich hatte die Gelegenheit mal so eine griechische Aspis zu halten, das Teil ist groß und schwer. Im Netz gibt es dazu einige
interessante Videos. Z.B. hier sieht man, wie so ein Zusammenprall von Phalanxen gewesen sein könnte, ab 1:23:

http://www.youtube.com/watch?v=EL3-GpZQdS4

Mit dem Schild deckt man die offene (linke) Seite des linken rechten Nebenmannes. Die Aspis ist so groß, dass einfach kein Platz in einer
engen Phalanx ist mit einem Speer von rechts zuzustechen. Wenn überhaupt dürfte das in der Anfangsphase des Zusammenpralls
von oben passiert sein. Oder man hatte eine offenere Formation, bei der der Nebenmann rechts etwas weiter weg war. So dass
man überhaupt Platz hatte rechts vom Schild mit dem Speer zuzustechen. Und hier im Video ist es jeweils nur 1 Reihe Hopliten.
Ich echt waren das natürlich viel mehr. Die Hintermänner haben nicht gestochen oder so, da war eh kein Platz dafür da.
Die haben einfach nur mit voller Kraft nach vorne gedrückt.

Übrigens, kein Wunder, dass die andere Seite des Speeres auch eine Spitze hatte. Hat man den Gegner weggedrückt und
liegt dieser auf dem Boden, kann man in der Enge den Speer überhaupt nicht umdrehen um zuzustechen.
Wenn man über einen auf dem Boden befindlichen Gegner trampelt, ist es am einfachsten wenn man den Speer gerade nach oben
hält und mit der anderen Seite einfach nach unten sticht. Sorry, ich hoffe ich habe mich verständlich ausgedrückt.

P.S. Schöne Diskussion übrigens  :)
« Letzte Änderung: 01. Januar 1970 - 01:00:00 von 1372939300 »
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xothian

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Victrix Athener
« Antwort #19 am: 04. Juli 2013 - 13:23:08 »

sehr interessanter punkt mit den \"beiden spitzen\"
Zitat
ist es am einfachsten wenn man den Speer gerade nach oben
hält und mit der anderen Seite einfach nach unten sticht. Sorry, ich hoffe ich habe mich verständlich ausgedrückt.
allerdings ist das eigentlich nur bewerkstelligbar wenn man den speer unterarm nimmt dass man mit der anderen seite zusticht
... in \"wurfspeer\" haltung wird eigentlich nur immer die ein und selbe speerspitze gebraucht, ob nach vorn oder unten
oder versteh ich da was falsch ?

ciao chris
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Kniva

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@Razgor + @Greymouse
« Antwort #20 am: 04. Juli 2013 - 13:43:14 »

Zitat
Stimmt ja auch. Aber warum nur auf die \"alten\" Griechen beschränken ? Also bitte...

Ich fürchte, wir schweifen damit ab und laufen Gefahr, von den Moderatoren wegen unzüchtiger Beiträge verwarnt zu werden ... :D


Zitat
Mit dem Schild deckt man die offene (linke) Seite des linken Nebenmannes.

Du meinst sicher die RECHTE Seite des linken Nebenmannes, da der Schild selbst ja links getragen wurde. Alles andere wäre kompliziert und schlicht nicht möglich ...

Zitat
Die Hintermänner haben nicht gestochen oder so, da war eh kein Platz dafür da.
Die haben einfach nur mit voller Kraft nach vorne gedrückt.

Völlig richtig. Auch in diesem Punkt liest man oft hahnebüschenden Unsinn (gerade in neuerer Literatur), dass nämlich bei Speeren die zweite und dritte, bei Sarissen selbst noch die vierte Reihe mitgemischt haben soll.
Wie soll das gehen?
Theoretisch könnte maximal der in der 2. Reihe am Vordermann vorbei stechen, was ich aber für problematisch halte. Alles, was dahinter kommt, kann nur noch \"drücken\".

Zitat
P.S. Schöne Diskussion übrigens  

Stimmt!

Zitat
Der direkte Körperkontakt wurde ausdrücklich gesucht. Die Schlachtlinien prallten gegeneinander und das Aufbrechen der
gegnerischen Phalanx erfolgte vor allem durch drücken/schieben (othismos) und den direkten Nahkampf.

Ja und nein. Wenn ich wirklich den Körperkontakt suche, nutze ich keinen Speer, der weit in den Gegner hineinragt. Dann nehme ich NUR den Dolch - wie es die Römer taten. DIE suchten wirklich den Körperkontakt.
Der Speer soll schon auf Entfernung dem Feind Verluste zufügen und DADURCH die gegnerische Schlachtreihe (muss ja nicht immer eine Phalanx sein) durcheinanderbringen. Erst JETZT erfolgt der Aufprall mit dem von Dir beschriebenen Drücken/Schieben. DABEI hast Du aber nicht wirklich mehr die Gelegenheit, Deinen Speer hoch über dem Kopf zu schwingen und auf die Gesichter Deiner Gegner zu zielen. Du musst Dich mit ganzer Kraft gegen Deinen eigenen Hoplon stemmen .


@Noch zu Greymouse:

Zitat
ABER: warum werden in praktisch allen Darstellungen klassische Hopliten mit dem Speer über dem Kopf dargestellt und nicht mit Speer in Hüfthöhe? Sorry, diesbez. hilft es dann imo auch nicht wenn man mithilfe von experimenteller Archäologie beweist, daß alternative Haltungen möglich oder sogar effizienter/bequemer waren...

Du gehst davon aus, dass man Geschriebenes/bildlich Dargestelltes so nehmen muss, wie es kommt, dass es so war, wie es beschrieben wurde. Die (experimentelle) Archäologie kann dem geschriebenen Wort/dem Bild nicht das Wasser reichen.

Das Gegenteil Deiner Aussage ist der Fall.
Das geschriebene Wort ist - wie die bildliche Darstellung auch - immer sehr kritisch zu betrachten. Woher hatte der Autor/Künstler seine Information? War er dabei? Will er die \"Wahrheit\" schreiben oder Propaganda? Will er künstlerisch wertvoll (in den Augen seiner Zeitgenossen) arbeiten oder realistisch genau?

Erst durch die experimentelle Archäologie - oft aber auch schon mit klarem Menschenverstand - kommt man zu dem Schluss, dass es so nicht gewesen sein kann, weil es z. B. physikalisch gar nicht geht. Und die Gesetze der Physik galten 450 v. Chr ebenso wie 2013 n. Chr ....

Oder umgekehrt beweist die (experimentelle) Archäologie, dass es doch stimmt, was der Autor vor 2.500 Jahren beschrieben hat.

Ich hatte im letzten Jahr das Vergnügen, Urlaub in Burgund zu machen, wo ich Alesia besuchte. Die dort arbeitende Gruppe von Experimentalarchäologen hatten, wie ich fand, Erstaunliches über die Römer zutage gebracht, was ich in der Form nicht wußte und was in der Literatur sich seit \'zig Jahren vermutlich falsch festgesetzt hat.

Im Übrigen verdanken wir es gerade der (hier: nicht-experimentellen) Archäologie, dass in neuester Zeit die überlieferten historischen Quellen aus der Antike von der historischen Forschung neu bewertet werden, so z. B. hinsichtlich des vermeintlichen \"Barbarentums\" bestimmter Völker.

Gruß

Kniva
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Razgor

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Victrix Athener
« Antwort #21 am: 04. Juli 2013 - 13:54:47 »

Zitat von: \'xothian\',\'index.php?page=Thread&postID=142063#post142063
sehr interessanter punkt mit den \"beiden spitzen\"
Zitat
ist es am einfachsten wenn man den Speer gerade nach oben
hält und mit der anderen Seite einfach nach unten sticht. Sorry, ich hoffe ich habe mich verständlich ausgedrückt.
allerdings ist das eigentlich nur bewerkstelligbar wenn man den speer unterarm nimmt dass man mit der anderen seite zusticht
... in \"wurfspeer\" haltung wird eigentlich nur immer die ein und selbe speerspitze gebraucht, ob nach vorn oder unten
oder versteh ich da was falsch ?  ciao chris

Ja korrekt. Das geht nur dann, wenn man den Speer gerade nach oben hält.

Stelle dir eine 4 Reihen tiefe Phalanx in enger Formation vor.
Eng heisst, dass der Hoplit mit der eigenen Aspis die linke Seite des Nebenmannes zu seiner rechten mitbeschützt.

Den Speer an der Hüfte zu führen und von rechts seitlich zu stoßen geht garnicht.
Es ist einfach keine freie Lücke zwischen den Schilden und auch kein Platz. Man kann den Speer nur von oben
führen und von oben zustoßen. Maximal die 2. Reihe kommt von oben auch an den Gegner ran und dann ist
schon schluss und manchmal ist auch das sehr schwierig, da einfach zu wenig Platz ist.
Die 3. und 4. Reihe hat die Aufgabe zu drücken. Die halten den Speer i.d.R. gerade nach oben.

Wenn ein Gegner umfliegt, verwundet wird und zu Boden geht ist er im Gedränge sowieso am Arsch...
du wirst getreten, geschlagen von Freund und Feind. Die 2., 3. und 4. Reihe wartet nur darauf, um dich mit dem
Speer (vorzugsweise mit der unteren kleineren Speerspitze, in dem Gedränge kann man den Speer sowieso nicht
umdrehen) zu erstechen. Oder wenn der Speer weg ist mit dem Schwert oder Dolch zu verwunden und zu
erstechen. Solltest du das überleben, warten dahinter die Leichtbewaffneten um dir den Garaus zu machen,
wenn du Glück hast dich gefangen zu nehmen...

Ist eine Phalanx gebrochen oder flankiert, wird sie von der Lücke oder Flanke aufgerollt. IdR. war die Schlacht
damit verloren und die Überlebenden liefen weg. Das interessante ist, dass die eigentlichen Verluste wärend der
Flucht erlitten wurden und weniger im Phalanx-Kampf. Und da niemand mit dem schweren Schild, der Aspis, schnell
laufen kann, hat man dieses weggeworfen. Kamst du nach der Schlacht ohne Schild nachhause, wusste jeder, dass
du geflüchtet bist. Deshalb es auch der spartanische Spruch:  Ἢ τὰν ἢ ἐπὶ τᾶς, Èi tàn èi èpì tàs
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Razgor

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Victrix Athener
« Antwort #22 am: 04. Juli 2013 - 13:56:22 »

Zitat
Zitat Mit dem Schild deckt man die offene (linke) Seite des linken Nebenmannes.

Zitat
Du meinst sicher die RECHTE Seite des linken Nebenmannes, da der Schild selbst ja links getragen wurde.
Alles andere wäre kompliziert und schlicht nicht möglich ...

Kniva, sorry. Ich meinte die linke Seite meines rechten Nebenmannes.
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Kniva

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Totale Verwirrung ...
« Antwort #23 am: 04. Juli 2013 - 14:13:47 »

Zitat
Kniva, sorry. Ich meinte die linke Seite meines rechten Nebenmannes.

Einer von uns beiden hat gerade einen Blackout ...  ;(

Du trägst den Schild am Schildarm, und das ist der linke. Korrekt?

Damit deckst Du, wenn Du nach vorne gewandt stehst (die Hopliten standen seitwärts gewandt, also linke Schulter zum Feind, rechte eher nach hinten - aber lassen wir das mal hier beiseite), Deine linke Körperhälfte vollständig, Deine rechte nur zum Teil. Richtig?
Du hast also eine Durch Deinen eigenen Schild völlig gedeckte linke, aber eine nur zum Teil gedeckte rechte Körperseite.

Deinen beiden Nebenmännern geht es ebenso.
Wenn ich als Hoplit links von Dir stehe, ist meine linke Körperhälfte (an die Du nicht herankommst, es sei denn, wir schauen in genau entgegengesetzter Richtung) durch meinen Schild gedeckt (brauche hier also keine Fremddeckung), meine rechte Seite (die an Deine linke Schulter anschließt) ist ungedeckt. Diese RECHTE Seite von mir schreit geradezu nach DEINEM Schild.

Stehe ich rechts von Dir, decke ich mit meinem Schild DEINE rechte, ungeschützte Flanke. MEINE linke Flanke IST ja durch meinen Schild gedeckt, die brauchst (und kannst) Du nicht schützen.

Okay?

Gruß

Kniva
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Razgor

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Victrix Athener
« Antwort #24 am: 04. Juli 2013 - 14:57:12 »

Linker Arm trägt den Schild, genau.
Der Schild ist so groß, dass er deinen Nebenmann zu deiner Rechten überlappt.
Dadurch ist dein rechter Nebenmann komplett durch dein Schild UND sein Schild gedeckt
und sicher.

Aber du selber bist an deiner linken Körperhälfte nicht komplett gedeckt.
Deshalb ist man an der rechten äußersten Flanke einer Phalanx am sichersten, dein
Gegner gegenüber aber am verwundbarsten.

Wenn du aber ganz links stehst, dann ist deine linke Flanke offen, da kein Nebenmann mehr ist.
Jemand braucht nur von der Seite zu kommen und kann dich abstechen.

Die Spartaner haben in einer Phalanx traditionell immer die (sichere) rechte Flanke übernommen,
die sogenannte Angriffsflanke. Gegenüber war die \"schwache\" Seite des Gegners.

Es geht natürlich auch anders...
Schau dir mal die Schlacht von Leuktra an. Die Thebaner verweigerten (gegen jede Tradition) ihre
rechte Flanke und bauten dafür an ihrer linken Flanke eine Phalanx mit der Tiefe von 50 Reihen auf
(also genau gegenüber der starken Spartanischen Flanke. Das Ergebnis war, dass sie durch den
Othismos (also den schiebenden Druck) die eigentlich starke spartanische Flanke wegfegten und
dadurch die Schlacht gewannen  :)

Zu deiner Bemerkung Speere und Othismos, neige ich eher dazu das eigentlich schlachtentscheidende
Moment im Druck einer Phalanx zu sehen und weniger in der Speer-Bewaffnung. Ich finde diese Passage
ganz interessant:

Zitat
Was passierte dabei? Gab es eine Zeit flexiblen Lanzenkampfs, wie Herodot und Thukydides das schildern oder kam es sofort nach ein, zwei Stichen auf gut Glück zum Zusammenprall, wie Xenophon es schildert? Dieser othismos mit dem nachfolgenden Geschiebe scheint auf jeden Fall das gewesen zu sein, was über Sieg und Niederlage - wenn nicht des gesamten Heeres, so doch der einzelnen opponierenden Kontingente - entschied.

Die von hinten drängenden Reihen lassen es plausibel erscheinen, dass der Zusammenprall sofort erfolgte und die Lanzen diesen eher ermöglichen sollten, als vermeiden. Nach dem Zusammenstoß war der Lanzengebrauch wegen der Enge eingeschränkt. So war das Ziel, den Gegner aus der Formation zu schieben. Die fünfzig Mann tiefen Reihen der Boiotier, die bei Leuktra 371 und Mantineia 362 die Spartaner schlugen, hätten keinerlei Vorteil geboten, wenn es nicht auf das Schieben, sondern den Lanzenkampf angekommen wäre.

Das Schieben erforderte nicht einmal, Gegner zu töten, auch wenn das hilfreich war. Die Spartaner bemühten sich nun, die Reihen des Gegners aufzubrechen. Dass sie das auch dadurch versuchten, in der Enge des Geschiebes einzelne Feinde zu töten, lässt sich möglicherweise an ihren auffallend kurzen und geraden Schwertern ablesen, die auch im Gedränge durch kleine Lücken des gegnerischen Schildwalls hindurchgestoßen werden konnten. Es reichte aber auch, wenn der Schildwall durch das Schieben allein aufbrach, dann konnte aus den hinteren Reihen mit den Lanzen auf den Mann neben der Lücke eingestoßen werden.

Die Spartaner sorgten sich auch schwerpunktmäßig darum, dass ihre eigene Linie nicht aufgebrochen wurde. Dazu diente z.B., dass sie fliehende Feinde nicht verfolgten, weil das die eigene Formation aufgelockert hätte, dass sie langsam und im Takt von Flöten marschierten und dass sie anscheinend exzessiv Bewegungsmanöver in der Formation übten und in hohem Maße beherrschten. Das bürgerliche Ethos der Spartaner, das die Gemeinschaft über den Einzelnen stellte, tat ein übriges und sorgte dafür, dass keiner aus der Reihe tanzte. Der thebanischen schiefen Schlachtordnung hatten die Spartaner aber schließlich nichts mehr entgegenzusetzen; sie war das non-plus-ultra, wenn es darum ging, den Gegner aus seiner Formation zu schieben und dann niederzumachen.

http://lakedaimon.piranho.de/heer/phalanx3.html

Aber gut, reine Theorie, da man nicht selber dabei war... ;)
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xothian

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Victrix Athener
« Antwort #25 am: 04. Juli 2013 - 15:22:30 »

:thumbsup: auch wenn ich ein alter thukydides fan bin schlag ich mich auf xenophons seite
Zitat
Die Spartaner sorgten sich auch schwerpunktmäßig darum, dass ihre eigene Linie nicht aufgebrochen wurde. Dazu diente z.B., dass sie fliehende Feinde nicht verfolgten, weil das die eigene Formation aufgelockert hätte, dass sie langsam und im Takt von Flöten marschierten und dass sie anscheinend exzessiv Bewegungsmanöver in der Formation übten und in hohem Maße beherrschten. ... dass keiner aus der Reihe tanzte.
... das ueben wir jetzt mal ;)


ciao chris
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Mehrunes

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Victrix Athener
« Antwort #26 am: 04. Juli 2013 - 19:17:58 »

Also in dem Video sieht man doch IMO ganz gut, dass ein leicht eingedrehter Körper mit dem Apsis vor sich eigentlich gar nicht DIE eine ungeschütze Seite hat. Ich finde dass macht auch Sinn, so hat man nämlich den erforderlichen Druck hinter dem Schild und ist erstmal für sich selbst verantwortlich. Das Überlappen schützt dann beide Seiten eines jeden gleichermaßen, aber die Kampfdoktrin muss sich nicht darauf verlassen, dass der Nebenmann zu einem großen Teil dafür verantwortlich ist, einen zu beschützen. Ich glaube das passt auch nicht zu dem psychischen Stress eines antiken Nahkampfes. Wenn derjenige, der mich aufspießen will, grade mal 30cm von mir entfernt ist, dann will ich mich erst mal selber so gut wie möglich schützen und mich nicht auf den Schreiner aus \'nem anderen Viertel verlassen müssen.
Die beiden Flankenmänner haben dann jeweils die \"Arschkarte\", dass die linke Flanke als schwächer erachtet wurde, liegt für mich eher an der eingedrehten Haltung und der damit verbundenden Sicht, als dass irgendwie das Schild nicht zentral geschützt hätte.

Ich glaube allerdings auch dass für einen solchen Schildwall die Überkopfhaltung deutlich geeigneter ist, den Unterarmstoß kann ich mir dabei in offeneren Kämpfen auch gut vorstellen.

Neidhart

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Victrix Athener
« Antwort #27 am: 04. Juli 2013 - 23:57:14 »

Sehr schöne Diskussion hier, da will man gleich ein paar Hoplliten kaufen.

Zur Diskussion kann ich eigentlich nichts mehr beifügen, allerdings fande ich den History Channel link ganz unterhaltsam (der Speer hat eine Spitze am hinteren Ende um ihn besser in den Boden stecken zu können, alles klar...)
Ich bin der Aufforderung gefolgt und habe mal osthismos gegoogelt. Ganz gut finde ich den Ansatz, der in diesem Blog vertreten wird. Hier wird vorallem der Schwerpunkt darauf gelegt, dass eine Gruppe von Menschen anders drücken muss als eine Einzelperson. Die meisten kennen ja sicher das Kinderspiel, bei dem einer gegen eine Wand drückt und hinter ihm eine Reihe von Leuten gegen die Schultern drückt. Wenn die Reihe richtig steht, können alle soviel drücken, wie sie wollen, der erste wird nie nachgeben, da die Kraft der Drückenden sich verteilt und nicht auf über den Vordermann hinaus geht, beim ersten kommt also kaum mehr Druck an, schlecht wenn man so jemanden umwerfen will. Leider kann ich nichts zu dem Verfasser sagen, kann auch sein, dass es kompletter Blödsinn ist.

Bei der Speerhaltung würde ich für Überkopf plädieren, an der Hüfte oder jede andere Art aber im Geplänkel möglich, da man hier Platz hat und nicht so stark auf die eigenen Leute angewiesen ist.

Und jetzt muss ich los, 6mm oder 10mm welche Hopliten kaufe ich bloß?
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Razgor

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Victrix Athener
« Antwort #28 am: 05. Juli 2013 - 01:05:30 »

Was überlappende Schilde angeht, habe ich ein nettes Trainingsvideo gefunden
von einer australischen Gruppe...ab 1:58 kann man das sehen. Das ganze Video
ist aber interessant. Die Befehle sind auf griechisch, aber ob sie so überliefert sind
kann ich nicht beurteilen.

http://www.youtube.com/watch?v=Xb6VV2E5gQk
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Dareios

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Victrix Athener
« Antwort #29 am: 05. Juli 2013 - 05:53:47 »

Moin,

danke für den Blog Link. Der Blogger ist Insektenkundler und forscht in Sachen Gruppenverhalten. Damit ist er zwar kein Historiker, wie er auch einräumt, er sieht dennoch Potential in seinem Ansatz, menschliches Gruppenverhalten auf antike Kampfweise zu übertragen. Ich finde seine Hypothese interessant und definitv im Bereich des Moeglichen. Schön auch, dass es zwei verschiedene Forschungsmeinungen zu verbinden sucht.

Der Videoclip ist auch interessant, leider jedoch natürlich nur Theorie, da der eigentliche Kampf nicht nachgestellt werden kann. Da ist das auf dem Blog verlinkte Video einer Mittelalterkampfgruppe interessanter. Zumindest was Gruppendruck etc. anbelangt.

Ich kann mir schon vorstellen, dass man sich erstmal langsam angenaehrt hat. Aspides überlappend und Speere erhoben. Es folgt ein Austausch von Speerstoessen und eventuell ein Aufbrechen der engen Schlachtordnung zu Gunsten groesserer Bewegungsfreiheit und dem Einzelkampf. Insbesondere, wenn der eigene Speer unbrauchbar wurde. Automatisch, da man nach und nach zu den Stossdolchen wechselt, oder auf Befehl, wird dann die Schlachtreihe wieder geschlossen und der osthimos beginnt. Hier kein langer Spurt, sondern Ueberbrueckung der wenigen cm zum Feind. Die hinteren Raenge ruecken nach und die gesamte Phalanx steht Bauch an Ruecken und das Druecken beginnt. Der Aspis ermoeglicht den Hopliten zu atmen. Hier gewinnt nun wirklich derjenige, der mehr Druck aufbauen kann. Unterstuetzend kann mit dem Stossdolch oder auch dem Speer ueberkopf der Gegner in Unordnung gebracht werden. Irgendwann gibt eine Seite nach und rennt.
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