32 oder 34.000 Mann sind zwei schwache Korps. Korps hatten 1813 so um die 20.000 Mann. Natürlich waren 1814 die Korps noch kleiner und praktisch die Armeen Napoleons in Korpsstärke...
Thielemann hatte auch nach dem 19. Juni historisch betrachtet noch ausreichend Truppen und sein Korps war sicherlich noch nicht zerschlagen. Etwas über 3.000 Verluste gibt Wikipedia an.
Die Frage ist, was Blücher gesamtstrategisch noch gegenüber Napoléon ausrichten soll? Seine Armee ist noch ziemlich intakt und er kann darauf rechnen, dass in den nächsten 2 Wochen die Armeen der Russen und Österreicher den Rhein erreichen. Das Einzige, worauf also seine Absichten sein sollten ist eine Vereinigung mit der geschlagenen Armee Wellingtons anzustreben. Selbst bei höheren Verlusten dürften beide Armeen gemeinsam immernoch ein gewisses nummerisches Übergewicht gegenüber Napoléon haben und mit den verhältnismäßig wenigen Truppen (in Relation zu dem, was im Anmarsch war) banden beide Kommandeure Napoléons mit Abstand stärkste Kräfte. Eine Entscheidungsschlacht zu suchen musste also Napoléon viel wichtiger sein als Blücher und Wellington, denen es genügte auf Zeit zu spielen. Wenn Blücher das nicht einleuchtete, wird es wenigstens Gneisenau klar gewesen sein.
Beide Armeen sollten also einen Weg finden sich bis Brüssel durchzuschlagen, was mir durchaus denkbar scheint.
Bewertung der Schlacht:
Wellingtons Plan war mir nicht ganz offensichtlich. Er hatte halt eine verführerisch gute Position und verstärkte seine Schwachpunkte, wenn es nötig wurde. Letztlich hat es diesmal nicht gereicht.
Blücher erreichte das Schlachtfeld zu spät und verzettelte sich obendrein gegen schwache Kräfte Milhauds. Die Geschichtsschreibung des 19. Jh. hätte wohl eine unverständliche Vorgehensweise der preußischen Führung vorgeworfen - außer vielleicht deutsche wohlwollende Historiker. Sich mit einer Armee mit 3 Korps von nem Haufen Kürassieren und ein paar verschanzten Infanteristen aufhalten lassen!
Napoléon hat durchdacht agiert und sich flexibel den neuen Bedingungen angepasst. Als es durch die Mitte zeitweise zu einer Art Patt kam, hat er anders als der historische Empereur stärker noch auf die Umgehung bei Hougomont gesetzt. Selbst von Blücher hat er sich nicht irritieren lassen, wobei er in dem Sektor auch massiv viel Glück hatte, dass die paar Trüppchen ein ganzes Korps aufhielten!
Eine unterhaltsame Schlacht, wenn sie mir persönlich auch etwas zu stringent und optionslos vorkam. Napoléon setzt halt bei Waterloo aus bekannten Gründen auf die Brechstange und es gibt für mich auch aus der napoleonischen Zeit unzählige interessantere Schlachten von der taktischen Perspektive her (Austerlitz z.B. oder Auerstedt - wobei ich mich da frage, wie man die besonderen Bedingungen einbauen kann)...
Schön und detailverliebt präsentiert und breit ausgewälzt. Danke für Deine Mühen, M.Davout!