Mache ich nun Söldnerkontingente für meine Mogul-Armee aus dem 17. Jh. ist die Chance gar nicht klein, dass niemand hier im Forum viel krassere "Fehler" korrigieren kann, als die Pickelhaube im 2. Weltkrieg. Ein Aspekt vieler exotischerer Themen, die der Don z.B. anpackt (bei Persern für die Napo-Zeit dürfte vielen das Knöpfchenzählen auch schwieriger fallen als beim franz. Füsilier 1815).
Dann merke ich manchmal z.B. der Zeit 1200 v. Chr. gegenüber, dass die Leute da toleranter sind gegenüber künstlerischen oder sonstigen Freiheiten, wäre bei China im 9. Jh. n. Chr. wohl auch so.
Ein Spezialist dieser Epochen findet die "Fehler" aber mindestens genauso irritierend wie die Pickelhaube im 2. Weltkrieg. Das ist ja auch nicht schlimm, ich wollte auf diesen Aspekt nur mal hinweisen, da ich fachlich ja aus der Antike komme und selbst zum klass. Griechenland fällt mir das manchmal auf, Leute wie dich, Rio, ausgenommen. Denn du schreibst auch zu antiken Themen kundig über Detailwissen.
Da ist natürlich auch einiges den Listen geschuldet. Wenn ich eine Liste für "polybianische Römer" von Pyrrhos bis Jugurtha einsetzen kann, dann gab es innerhalb dieser Zeitspanne große Änderungen. Da muss ich mich entscheiden, ob ich etwa die Beschreibung des Polybios gelten lassen will, dass mehr italisch-etruskisch-griechische Aussehen der Römer vor Cannae, genormte Brustplatten und Kettenhemden nach Cannae oder gar das späte Aussehen mit recht kurzen Pila und Kettenhemd zeigen will. Ja, bei einer Basierung für DBA mit mehr Figuren auf einer Base, wäre es eine Überlegung wert, ob man die Basen hierfür aufteilt, um alles zu zeigen. Denn da wohl kaum jemand sich verschiedene Römer für jene Zeitspanne zulegt, sind sie je nach Spiel unpassend. Ich habe mich da für die Römer von Zvezda entschieden, die nach einer Kombination von Polybios mit dem Zensus-Relief vom sogenannten Altars des Domitius Ahenobarbus und einigen anderen Darstellungen gestaltet sind und überlege gerade, ob und wie ich die noch ergänzen soll, um genug für AdG zu haben. Gegen Pyrrhos ist das sicher nicht korrekt. Da sind wir eigentlich schon wieder bei Pickelhaube und Wehrmachtshelm. Aber irgendwo muss man auch die Grenze ziehen. Und bei einer generischen Liste sehe ich es eben so, dass man sich eine passende Zeit heraussucht. Man stellt eben die Armee einer Zeit durch eine mögliche Abbildung dar, evt. auch durch eine idealisierte. Bärenfellgermanen, wie sie Warlord Games anbietet sind vollkommener Quatsch. Aber natürlich kann man auch mal so eine Armee als Beispiel für die Klischees einer vergangenen Zeit zeigen. Okay, da sind die Warlord-Figuren schon eine Mischung aus alten und modernen Faschingsgermanen. Nur muss einem das eben bewusst sein. Genauso bei einer Armee aus Asterixrömern, über die erst recht keiner behaupten wird, sie seien historisch. Das ist sicher nichts für jedes Spiel, aber mal etwas Besonderes.
Dann ist da auch noch die Sache, dass wir wissen, wo wir uns informieren können und das in der Regel auch schnell können, weil wir schon eine grobe Vorstellung haben. Aber nicht jeder interessiert sich soweit für die Geschichte, dass das schon vorhanden ist. Der Osprey-Band von Nic Fields zu dn polybianischen Römern etwa kann einen auch etwas ratlos zurücklassen, weil so ein Heft etwas kurz für so eine Entwicklung ist. Und bei DBA muss man sich schon etwas auskennen, um die Listen überhaupt zu verstehen. Bei DBA 3 sind sie denn auch kommentiert. Leider ist da dann nur eine Möglichkeit erwähnt, obwohl es oft mehr plausible Möglichkeiten gibt. Laut Phil Barker soll das nicht einschränken, das Historische erlaubt sein, aber er hat vergessen es ausdrücklich in den Regeln zu wiederholen und man kennt ja genug Regelfetischisten.
Nun, wenn dann im Netz recherchiert wird, um sich die im Durchschnitt vielleicht 20 € für ein Buch zu sparen und lieber mehr Figuren zu kaufen, ist das natürlich anfällig für Fehlinformationen und Verallgemeinerungen. Der Epic History Kanal unterschlägt für den Krieg 1806/07 mal eben die 20.000 Preußen, die dem König nach der Katastrophe verblieben, fast und die von Blücher aufgestellten 30.000. Graudenz und Colberg sind anscheinend unbekannt. Gut, wegen Colberg wollten sie sich vielleicht nicht in die Nesseln setzen, aber wer lässt schon freiwillig die Geschichte mit Graudenz und Courbière weg, die nicht nur mal ein hieb- und stichfest überliefertes Bonmot gibt, sondern auch wichtig für die Geschichte des Staatsverständnisses ist. Und da reden wir von einer guten Netzquelle. Ja, nicht gut für Historiker aber doch für Wargamer.
Nun, es wird wohl nur helfen, wenn eine Seite mit zuverlässigen Angaben zusammengestellt wird. Doch fürchte ich, dies würde den Verlagen schaden.
Wer die Geschichte mit Graudenz und dem General Courbière nicht kennt, findet die hier:
https://de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Ren%C3%A9_de_l%E2%80%99Homme_de_Courbi%C3%A8re