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Waffengattungen napoleonisch?
Riothamus:
Wenn man sich die Truppentypen der Zeit zunächst allgemein näher bringt, und dann die Besonderheiten der einzelnen Nationen betrachtet ist es gar nicht mehr so verwirrend. Die einzelnen Nationen glichen ihr Militär nämlich in gewisser Weise dem französischen Muster an. Die Unterteilung Infanterie, Kavallerie und Artillerie setze ich als bekannt voraus. Bei der folgenden Übersicht wiederhole ich einige Informationen meiner Vorposter.
Infanterie:
Diese bestand im Prinzip aus der Linieninfanterie und der leichten Infanterie. Hinzu kamen wenig ausgebildete oder irregulär aufgestellte Truppen, deren Wert und Ausbildung uneinheitlich waren. Dazu kamen Einheiten, die als besondere Elite verstanden werden müssen.
Die Bataillone der Linieninfanterie waren, wie der Name sagt, die Einheiten auf denen die Hauptlast der Schlacht lag. Sie sollten im Feuergefecht standhalten und im Sturm die Entscheidung bringen. Die Benennung erfolgte also nach der vornapoleonischen Taktik. Soldatentypen bei der Linieninfanterie:
Der einfache Linieninfanterist war nach seiner Waffe, der Steinschlossflinte als Füsilier benannt. In einigen Heeren blieb die traditionelle Bezeichnung Musketier, nach der älteren Muskete, bei der durch eine Lunte der Schuss ausgelöst wurde, bestehen. Hierzu gehörte z.B. Preußen.
Allerdings gab es schon seit der 2. Hälfte des 17. Jh. einen weiteren Typus von Soldat in den Linienregimentern, den Grenadier. Die Grenadiere standen an den in der Lineartaktik besonders exponierten Flügeln der Regimenter und sollten mit ihren Granaten feindliche Formationen in Unordnung bringen. Später entwickelten sich ihre Aufgaben unterschiedlich. Bei den Franzosen bildeten die Grenadiere zur Zeit Napoleons eine Flankenkompanie des Bataillons und waren im Gegensatz zu den Füsilieren mit einem Säbel bewaffnet. Bei Preußens wurden die Grenadiere seit Friedrich dem Großen aus ihren Stamm-Regimentern herausgelöst und bildeten eigene Bataillone für den Kampf in der Linie. Entsprechend ihres Status als Elite wurden sie für gefährliche Aufgaben, z.B. an den Flanken einer Linie eingesetzt. In den Befreiungskriegen bildeten die Grenadiere bei den Preußen schließlich eigene Brigaden und wurden 1814 zu den Grenadierregimentern Kaiser Alexander und Kaiser Franz zusammengefasst, die bei der Garde standen, wie mir Davout neulich hier im Forum erklärte. Auch Napoleon hat mitunter die Grenadiere zu eigenen Einheiten zusammenziehen lassen.
Ein weiterer Soldatentypus kam mit den Voltigeuren in der napoleonischen Zeit zur Linieninfanterie. Um die Tirailleur-Taktik umzusetzen gehörte zu den Französischen Regimentern neben 4 Füsilierkompanien und einer Grenadierkompanie seit 1805 auch eine Voltigeurkompanie. Wie die Grenadiere trugen auch diese Säbel. (Die Kompanieanzahl war zu verschiedenen Zeiten verschieden.) In anderen Armeen sollte das dritte Glied die Aufgaben des Plänkelns übernehmen. In Preußen teilte man den Bataillonen von 1813 bis 1815 eine Anzahl freiwilliger Jäger zu.
Wenn man die in den beiden Vorposts beschriebenen Französischen Sappeure hinzunimmt, waren die Infanteriebataillone der Zeit irgendwie schon kleine Truppenverbände.
Im Gegensatz zur Linieninfanterie wurden die Einheiten der leichten Infanterie besonders zum Kampf in der aufgelösten Ordnung ausgebildet, wie Banana Joe und Severus schon darlegten, war die französische leichte Infanterie analog zur frz. Linieninfanterie aufgestellt: die 4 Kompanien Chasseurs entsprachen den Füsilieren, die Kompanie Carabiniers den Grenadieren und die Kompanie Voltigeure - nun, den Voltigeuren. In Preußen wurde je ein Bataillon Füsiliere, wie die leichten Infanteristen dort hießen mit 2 Bataillonen Musketieren zu einem Regiment zusammengefasst. Wie die französische leichte Infanterie wurde sie schwerpunktmäßig als Tirailleure ausgebildet. Und wie bei der Französischen leichten Infanterie wurden sie dann doch oft wie Linieninfanterie eingesetzt. Beide verstanden sich in gewisser Weise als Elite.
Neben dieser modernen leichten Infanterie gab es wie zuvor weiterhin leichte Infanterie, die mit gezogenen Läufen ausgestattet war. Napoleon selbst stand diesen allerdings ablehnend gegenüber. Da die Kugel in den Lauf gehämmert werden musste, konnten diese Scharfschützen keine hohen Schussgeschwindigkeiten erreichen. Dies wird in den Sharpe-Filmen über die britischen 95th Rifles übrigens falsch dargestellt. In Preußen waren dies traditionell die Jäger. 1806-1814 gab es dort 2 Jägerbataillone, 1815 wurde ein weiteres aufgestellt. 1808-1815 stellten die Preußen, die traditionell knapp an leichten Truppen waren, noch 3 Schützenbataillone auf.
Die damaligen Staaten waren nicht nur knapp an Geld, sondern auch an Soldaten. Daher suchten sie nach Wegen, mehr Soldaten aufstellen zu können. In Frankreich und England gab es z.B. Regimenter aus Ausländern (England: Kings German Legion; Frankreich: Schweizer, Iren, Polen; Preußen: Ausländerbataillone als Freikorps), die in Frankreich der Linieninfanterie entsprechen sollten, mitunter als Elite galten.
In Preußen gab es in diesem Bereich mannigfaltige Erscheinungen. Dort wurden die Reservisten in eigenen Bataillonen zusammengefasst. Hierzu steuerten die Briten Uniformen bei. Auch wurden französische Beutestücke verwendet. Eingesetzt wurden die Reservebataillone als Linieninfanterie.
Dann wurde in Preußen die Landwehr aufgerufen, also diejenigen die eigentlich nicht mehr, bzw. noch nicht der Wehrpflicht unterlagen. Diese Truppen mussten von den Kreisen ausgerüstet werden. Sie sollten sowohl als Linieninfanterie als auch als Tirailleure ausgebildet werden. Dies hatte zunächst unterschiedlichen Erfolg. Die Mehrheit soll sich schließlich bewährt haben.
Auch die schon erwähnten freiwilligen Jäger waren für die Preußen eine Möglichkeit zu sparen: Wer es sich leisten konnte, war verpflichtet sich zu melden und selbst auszurüsten. Auch hier war der Ausbildungsstand uneinheitlich.
Dann wurden in Preußen im Ernstfall sogenannte Freikorps angeworben. Diese sollten ursprünglich die leichte Infanterie ersetzen. Hierzu bekam wie zu Zeiten der Söldnerheere ein Offizier Auftrag oder Vertrag. Grundbesitzer sollten die Kosten tragen. Hierhin gehört das berühmte Lützowsche Freikorps, dessen Reste 1814 zu normalen Infanterie- und Kavallerieeinheiten umgewandelt wurde. (Im Prinzip sollten diesem Freikorps ehemalige Preußische Untertanen aus Westfalen und dem Rheinland beitreten.)
Eliten
Auch wenn sich einzelne Einheiten (Lützowsches Freikorps) oder ganze Truppentypen (die französische leichte Infanterie, die preußischen Grenadiere) als Elite verstanden, so sind hier doch in erster Linie die Garden zu nennen. Diese folgten den jeweiligen Traditionen und den Vorlieben der Monarchen. In Preußen galten etwa 1 oder 2 Regimenter, bzw. Bataillone eines Truppentyps als Garde. In Frankreich wurden die Gardisten aus der gesamten Streitmacht ausgewählt. Eine Beschreibung findet sich hier im Wikipedia-Artikel zum Heer Napoleons.
Damit es nicht zu lang wird, folgt die Kavallerie in einem eigenen Post.
EDIT: Hatte ganz die angefragten Sappeure vergessen. Und die Garden. Ich habe vornehmlich Preußen als Beispiel gewählt, da ich mich bei den anderen Heeren wesentlich schlechter auskenne.
Riothamus:
Kavallerie:
Die Regimenter waren zum Einsatz in Esquadronen (Schwadronen) geteilt. Im Prinzip teilte sich die Reiterei in die schwere Schlachtenkavallerie und die leichten Reiter. Einige Truppen waren für beide Aufgaben ausgebildet. Die Aufgaben der leichten Kavallerie waren vielfältig: Patrouille, Geleitschutz, Aufklärung, u.s.w..
Neben dieser Aufteilung nach der generellen Funktion gab es noch eine Aufteilung nach Ausrüstung, z.B. Kürassiere mit ihrem Kürass gegenüber schweren Dragonern mit ihrer an die Infanterie angelehnten Uniform ohne Panzer, sowie Benennungen nach Tracht und Tradition. (Z.B. leichte Dragoner/Husaren/Jäger/Chevaulegers)
Kürassiere:
Dies war im Prinzip die schwere Schlachtenkavallerie. Je nach Nation trugen sie einen Kürass. Nach 1806 bekamen sie z.B. in Preußen erst 1814 aus der Französischen Beute wieder Kürasse. Das war nämlich schon immer eine Frage des Geldes, nicht der Mode. Hierher gehören auch die verschiedenen Karabiniere.
Dragoner:
Dragoner waren ursprünglich berittene Infanteristen. Je nach Armee entwickelten sich diese unterschiedlich: Sie konnten zur schweren Kavallerie gerechnet werden wie in Preußen, aber es gab in anderen Armeen auch leichte Dragoner. In England gab es sogar schwere, mittlere und leichte Dragoner.
Husaren:
Dies waren im Prinzip die klassischen leichten Reiter. In Preußen waren sie aus Geldmangel auch als Schlachtenkavallerie ausgebildet.
Auch Jäger gab es bei der leichten Kavallerie. Ihre Uniform war einfach billiger als die der Husaren.
Lanzenreiter:
Auch diese konnten als leichte oder schwere Kavallerie gelten. In Preußen zählten sie zu den leichten Reitern, wurden aber regelmäßig als schwere Reiter eingesetzt; dort gab es Ulanen-Regimenter und bei der Garde eine Kosaken-Esquadron genannte Einheit. Auch die preußische Landwehrkavallerie war mit Lanzen ausgerüstet. Ebensolches gilt für die Reiter der zeitweise bestehenden National-Kavallerie-Regimenter der Preußischen Provinzen. (Und natürlich wurden auch sie als Schlachtenkavallerie eingesetzt.) Hier gilt es zu beachten, ob eine Einheit im schwierigen Umgang mit der Lanze genügend ausgebildet war. In Frankreich gab es die chevau-légers lanciers und auch dort wurden sie als Schlachtenkavallerie eingesetzt. (Hier muss man aufpassen: Chevaulegers kann auch Dragoner meinen, die Aufgaben der leichten Reiter erfüllten.) In Österreich wurden Lanzenreiter eher als leichte Reiter eingesetzt.
Weitere Bemerkungen zur Preußischen Kavallerie:
Die Kavallerie der Preußischen Freikorps war verschieden ausgerüstet, meist wohl als Lanzenreiter, Ulanen oder Husaren. Auch den preußischen Kavallerieresquadronen waren (berittene) freiwillige Jäger zugeordnet.
Die Preußen hatten, der Vollständigkeit halber sei dies gesagt, noch ein berittenes Feldjägerkorps, welches nur aus Offizieren bestand.
Artillerie:
Die Feldartillerie bestand aus Fußartillerie und berittener Artillerie. An Feldgeschützen hatten nur kleinere bis mittlere Kaliber überlebt. Zu unterscheiden sind somit Kanonen für den direkten Schuss und Haubitzen, die auch als Wurfgeschütze eingesetzt werden konnten. Mörser als reine Wurfgeschütze hatten meist größere Kaliber. Und auch die britische Raketenartillerie wird bekannt sein.
Train und Pioniere
Zu den Pionieren kann ich mich nur bezüglich der Preußen äußern. Dort gab es Pioniere, Mineure und Pontoniere in eigenen Korps. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob die Pontoniere 1806 überstanden.
Wie schon geschrieben, habe ich die jeweiligen Preußischen und Französischen Beispiele eingefügt und mich bei den anderen Nationen zurückgehalten. Dennoch gibt dies einen Überblick der damals vorhandenen Truppen. Denn auch die russischen Kosaken z.B. waren Lanzenreiter.
hallostephan:
Hallo,
genau das wollte ich gerne hören, vielen Dank!
Hab zwar auch etwas Halbwissen, aber genau deshalb fragte ich ja!
Also ich habe Österreicher und auch Mexikaner( hossa) und Preussen und Russen in 28 und 25mm ,so dass es mal Zeit wurde, meine Truppen kennenzulernen!
Ich hab mir die letzten beiden Texte mal zwischenkopiert für späteres Nachlesen(der Siebkopf)
Also vielen Dank und mfg Stephan
Davout:
Die Frage ist so allgemein, dass man sie nicht umfassend beantworten kann. Da müsste schon konkreter gefragt werden, um welche Figuren mit welchem Ziel es eigentlich geht. Das Ding mit den napoleonischen Truppengattungen ist, dass sie sich häufig nur durch die Uniformierung abgrenzen lassen und manche von ihnen eigentlich völlig sinnentleert sind, wenn man mal vom Prestige absieht. Leichte Infanterie gab es z.B. in Frankreich nur dem Namen nach, in der Realität hatten die eine Einheitsinfanterie, von der die \"leichten\" Regimenter vielleicht etwas häufiger in der leichten Rolle eingesetzt wurden. Das wars dann aber auch schon. Manche Armeen stellten auch Gattungen auf, deren Zweck sich nicht erschließt, höchstens um die Truppe billiger unterhalten zu können wie bei den russischen berittenen Jägern.
Auf die genannten Erläuterungen gehe ich jetzt nicht einzeln ein, da ist auch nicht alles richtig.
Grüße
Gunter
hallostephan:
Hi, danke, aber ich meinte vorhin schon, dass mir die Antworten ausreichen! Wenn ich mal was spezielles wissen möchte, frag ich nochmal, wollte ich aber nicht, sondern eben allgemein! Also vielen Dank nochmal, es ist genug für meine Zwecke, mfg Stephan
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