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The Guardian: Is Cameron\'s Britain what we fought for in the war?

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Thomas Kluchert:
Ich bin in der Tat nicht allzu firm, was die aktuellen innenpolitischen Ereignisse in UK betrifft. Allerdings weiß ich, dass Politik ein komplexes Geschäft ist. Schwarz-Weiß-Zeichnungen, die gern von Menschen vorgenommen werden, entsprechen in keinster Weise der politischen Realität. Es gibt eben keine \"Guten\" und \"Bösen\" in der echten Welt jenseits des Stammtischs - auch wenn die meisten das nicht wahrhaben wollen. Bestes Beispiel ist die Agenda 2010, die je nach politischem Standpunkt entweder eine Menschenrechtsverletzung darstellt oder geradezu wundersame Regenerationskräfte hervorgerufen hat (mal die Extreme übertrieben dargestellt, ohne das Fass aufmachen zu wollen).

Da du ja gern einen etwas belehrenden Ton drauf hast, rate ich dir, dich mal mit der Geschichte zu beschäftigen. Solche Sprüche wie \"die City of London und ihre Handlanger\", womit du sicher die Finanzindustrie meinst, haben einen ganz üblen Nachgeschmack. Die Wirklichkeit ist dann doch ein bisschen komplizierter.

Goltron:
Danke, das drückt genau aus was ich mir auch denke.

AndréM:
Ich beschäftige mich recht lang schon mit Geschichte und aktueller Politik, mach dir da keine Sorge.

Und klar ist nicht alles Schwarz und Weiß, aber manche Dinge kann man beim besten Willen nicht mehr als Gut ansehen, wenn sie in Richtungen gehen, die den Menschen deutlich sichtbar ihre Freiheiten nehmen. Oder übertragen gesagt: Dieben die Hände abhacken mag zwar eine effektive Bestrafung sein, damit derjenige mit den eigenen Händen nicht klaut, aber viel Gutes kann ich daran nicht wirklich sehen und es hätte bessere Lösungen gegeben. CCTV ist ja inzwischen nur noch eine der harmloseren Auswirkungen einer Politik, die immer mehr am normalen Menschen vorbeigeht.

Was die City of London angeht: Da gibt es genügend Londoner die auch nicht sonderlich von deren Vorgehen und die Unterstützung durch die Politik begeistert sind und diejenigen finden noch deutlich schärfere Worte. Aber nicht weil sie so gern am Stammtisch drüber reden, sondern weil sie teils täglich von deren Auswirkung betroffen sind. CoL hat sich zu einem Staat im Staat entwickelt, der seine eigenen Gesetze hat und indirekt auch macht und sowas sollte einen zumindest die Ohren aufstellen lassen. Und so kompliziert ist die Wirklichkeit gar nicht, denn man kann sich wohl denken, wie jemand entscheiden wird, der z.B. im Vorstand einer Versicherung oder Bank hockt, wenn es darum geht, Gesetze zu verabschieden die entweder dem Bürger oder den Banken die Schulden der Bankenkrise aufladen sollen. Bei einigen wenigen solchen Leuten wäre das noch kein Problem, aber man sehe sich die Zusammensetzung der beiden Häuser mal an. Da kann man sich schnell ausrechnen wer auf Dauer die Gewinner und verlierer sein werden.

Davout:
Man sollte nicht vergessen dass die negativen Elemente der modernen Wirtschaft bereits in historischer Zeit typisch für GB waren: Enteignung und Vertreibung, internationale Konzerne mit gewaltiger politischer Macht, Finanzspekulation ohne Ende, der Staat als Handlanger von Marktinteressen bis hin zum gewaltsamen Erschließen von Drogenmärkten, Piraterie usw. Man möchte meinen, dass es im Vergleich zu heute sogar schon sehr viel schlimmer war. Vom Grundprinzip her hat sich bis heute allerdings nichts geändert und wie schlimm es noch werden kann im Informationszeitalter, wer weiß...

Grüße

Gunter

Riothamus:
Wir reden von einem Land, welches keine geschriebene Verfassung hat und ablehnt seinen Bürgern Grundrechte zu garantieren, Kopfsteuern eintreibt, \'asoziales Verhalten\' unter Strafe stellt, seine Bürger bespitzelt und in dem die Politiker es als Errungenschaft ansehen, der Presse vorschreiben zu können, was sie schreibt.

Aber all das wurde in der Vergangenheit durch Anderes relativiert, z.B. das Zusammenstehen als Nation, was besonders stark während des Krieges und in der Nachkriegszeit empfunden wurde. Dies und anderes hat sich geändert. Da muss sich zeigen, wie stark das System ist, die Herausforderungen der Zukunft auszuhalten, und ebenso, wie es geändert wird. Das britische Gesundheitssystem war z.B. eine Folge der angesprochenen Solidarität, heute wird es wirtschaftlich betrachtet und man versucht die Kosten zu deckeln.

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