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Autor Thema: Ethik und Wargaming  (Gelesen 8858 mal)

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Antipater

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Ethik und Wargaming
« Antwort #15 am: 11. September 2015 - 10:10:39 »

Ohne selbst mitmischen zu wollen, zwei Aussagen finde ich wichtig:

Zitat von: \'Goltron\',\'index.php?page=Thread&postID=201606#post201606
Zitat
Spielt die zeitliche Nähe eine Rolle bei der moralischen Einschätzung?
Natürlich! Je näher desto eher kann man unsere heutigen Moralvorstellungen anwenden.

Schlimmer noch, wir WISSEN, dass die Werte (nicht unbedingt die Moral) der sogenannten westlichen Welt schon in jüngerer Vergangenheit gegolten haben. Und deshalb sind wir umso schockierter, wenn gegen diese Werte – egal ob unwissentlich oder absichtlich – verstoßen wurde und wird. Das Naziregime etwa ist schließlich aus einer Gesellschaft hervorgegangen, die der unseren zumindest wesensähnlich ist. Wir WISSEN also – obwohl Opa natürlich niemals nicht ein Nazi war –, dass uns mit dieser Vergangenheit viel mehr verbindet als uns die aus ihr erwachsenen Gräuel von ihr trennen.
Für weiter zurückliegende Epochen fehlt uns schlicht der unmittelbare Vergleich, und uns fällt sogar viel eher das Trennende, Andersartige auf. Vor dem Hintergrund dieser eben andersartigen Wertmaßstäbe bringen wir auch mehr Verständnis für eventuelle \"Folgeerscheinungen\" auf. Einen \"Genozid\" kann es etwa bei den Römern nicht geben, weil ihnen damals nicht nur die \"technischen Mittel\" unserer Zeit fehlten, sondern vor allem weil, soweit erkennbar, die Leute auch ganz anders tickten, ihnen entsprechende Vorstellungen, Begriffe, Maßstäbe fehlten. Das macht tatsächliche Grausamkeiten nicht besser; aber die dazwischen liegenden Veränderungen machen es unmöglich und sogar unlauter, direkte Vergleiche anzustellen. Sich in Beziehung mit Vergangenheit zu setzen, hat nämlich nichts mit Aufrechnerei oder persönlicher Betroffenheit zu tun. Auch wenn\'s schwer fällt.


Zitat von: \'Goltron\',\'index.php?page=Thread&postID=201606#post201606
Das das im Ausland gut ankommt mag auch an einer Verbindung von Unbetroffenheit und Unwissen liegen. Als Deutscher ist man durch die Aufarbeitung der Vergangenheit etwas Befangen und darauf können wir durchaus Stolz sein finde ich.

Dem möchte ich mich einfach und vorbehaltlos anschließen. Im sehnsüchtigen Blick auf das \"unverkrampfte\" Ausland wird das als Errungenschaft allzu gern vergessen.
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Florian

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Ethik und Wargaming
« Antwort #16 am: 11. September 2015 - 10:51:23 »

also in weiten teilen kann ich mich antipater da anschließen. näher liegende konflikte, deren politische hintergründe gar noch bis heute bestand haben lassen einem natürlich weniger chance zur distanzierten betrachtung als etwa die kriege zwischen rom und karthago (so grausam diese waren).

ich spiele etwa seit langem SCW und habe eine große repubikanische truppe beisammen. als ich irgendwann beschloss, die nationalistisch/faschistische gegenseite auch zu sammeln - damit ich nicht immer auf mitspieler angewiesen bin, die das sammeln - musste ich mich wirklich überwinden diese zu bemalen. ich finde diese leute verachtenswert und ihre politik wirkt ja bis heute fort.
ich habe über den SCW einen teil meiner magisterprüfung gemacht. ich weiß, dass es hunderttausende opfer unter der bevölkerung (auch noch weit nach dem krieg) gab. ich weiß, dass es fast alle damals beteiligten parteien und gruppen heute in spanien noch gibt (und natürlich auch in deutschland, was unsere nazis angeht, die ja auch mitgemischt haben) und dass es z.b. im baskenland auch immer noch gewalt gibt, die ihre wurzeln in diesem konflikt hat. ich weiß, dass dieser konflikt in spanien noch nicht aufgearbeitet ist und dass es viele opfer des franco-regimes gibt, die es befremdlich finden könnten, dass ich den SCW mit spielzeugsoldaten nachstelle.
dennoch habe ich die minis schließlich bemalt, spiele aber zugegebener maßen immer noch viel lieber die republikaner. aber ich habe keine probleme damit das szenario zu spielen. eins ist nämlich auch war: unter wargamern bin ich auf viel mehr menschen getroffen, die eine vorstellung davon haben, was damals in spanien passiert ist. und bisher hat keiner davon dabei irgendeine reaktionäre freude am sieg der nationalisten gezeigt. heiß also: wargaming scheint hier eher zur aufklärung über einen gern vergessenen teil der neueren europäischen geschichte beizutragen, was schonmal gut ist.

und was natürlich irgendwie auch stimmt: mindestens auf dem tisch kann ich manschmal die franco-nationalisten rennen sehen. und das ist doch auch schon mal ganz schön. ^^
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Maréchal Davout

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Ethik und Wargaming
« Antwort #17 am: 11. September 2015 - 11:11:52 »

Zitat von: \'Blüchi\',\'index.php?page=Thread&postID=201619#post201619
Die Frage wäre dann was überhaupt aus ethischen gründen spielbar ist ?
Es bedürfte schon einer triftigen Argumentation, die ich gespannt wäre, zu lesen, um das Spielen mit Figuren als moralisch relevante Handlung zu bezeichnen oder als solche zu verdammen.

Aber was passiert, wenn denkende, neugierige Menschen mit Figuren spielen? Sie sprechen über die Kontexte. In diesem Gespräch über die Kontexte sind wir als mündige Menschen verantwortlich, denn hierin liegt eine Chance zur Aufklärung und Förderung eines Bewusstseins für Geschichte. Das Wissen um die Schrecken des Krieges nicht zu vergessen und auszublenden, finde ich hierbei wichtig. Das muss nicht an jeder Stelle erwähnt werden, ich finde es aber merkwürdig und eventuell gefährlich, wenn es sehr wenig bis garnicht vorkommt. Denn dann könnten sich Leute, die durch welche Sozialisation auch immer nicht anderweitig mit dem größeren Kontext beschäftigen, in einer Blase lebend, ein sehr reduziertes Bild von Geschichte und Krieg entwickeln und kultivieren. So könnte von manchem auch wieder leichtfertiger einem neuen Krieg in der realen Gegenwart zugestimmt werden.

Ist man sich grundsätzlich der Schrecklichkeit echten Krieges, ob in der Vergangenheit oder heute, bewusst, dann bleibt es
1. eine Frage des Geschmacks und
2. vielleicht auch eine Frage der Art, wie man TT spielt, wovon abhängt, wie jeder für sich entscheidet, etwas spielen zu wollen, oder nicht.
Das Wort Geschmack ist vielleicht nicht das Beste, aber ich meine hiermit, dass es nicht moralisch relevant ist, sondern jeder hier anders entscheidet und dies auch unproblematisch ist.

zu 1. Hierbei kann, wie z.B. von Antipater ausgeführt, zeitliche Nähe und der Konflikt mit bzw. die Anwendbarkeit heutiger Moralvorstellungen eine große Rolle spielen. So habe ich z.B. keine Lust, Konflikte des 20. Jahrhunderts oder später zu spielen, was bei bestimmten Szenarien besonders der Fall wäre.

zu 2. Hiermit meine ich, wieviel Kopfkino oder Identifikation für jeden Spieler jeweils Teil des Spielens ist. Ich kann mir Leute vorstellen, die einfach zocken und sich auch nicht mit dem Hintergrund eines Konfliktes beschäftigen wollen und für die die Minis zwar cooler aussehen, aber nicht mehr sind, als Schachfiguren. Das wäre okay und ich wäre bei so einem Spielertyp weniger überrascht, wenn er einfach jeden Konflikt spielen könnte, ohne da irgendwelche Hemmnisse zu haben.
Es ist auch denkbar und sehr wahrscheinlich, dass dieses Maß an Befangenheit schwankt, je nach zeitlicher und kultureller Nähe des Konfliktes.

Fazit: Das Spielen selbst kann für mich nicht problematisch sein, die Art, wie wir im Kontext aber über Konflikte sprechen bzw. diese darstellen (auch in Regel- und Hintergrundbüchern), sehr wohl. Z.B. wenn wir selbst gewisse Rassismen oder Verherrlichungen von Krieg unreflektiert transportieren.

Gruß
Felix
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Blüchi

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Ethik und Wargaming
« Antwort #18 am: 11. September 2015 - 11:25:24 »

@FELIX  :thumbsup:

Die Ethik ist stehts im Wandel.......schaut man nur mal im Spielwarenladen...thema \"kriegsspielzeug\"


Könnte sein das im tt evtl der Nachwuchs in geraumer zeit fehlt.
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Graf Gaspard de Valois

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Ethik und Wargaming
« Antwort #19 am: 11. September 2015 - 11:45:19 »

Der einzige Konflikt den ich im 20 . Jahrhundert bespielen würde, ist WW2! Trotz der damaligen Vorkommnisse! Andere Konflikte davor oder danach interessieren mich nicht! Zumindest nicht, was das Wargaming betrifft!

Der 2. WK und die damit einhergehenden Folgen bzw. das was damals geschehen ist, war lange Zeit ein Tabu in unserem Land! Deswegen gibt es auch dieses gespaltene Verhältnis zu allem Militärischem!

Es wäre sehr schön, wenn keine Polizei und kein Militär nötig wären und man Probleme gemeinsam und mit gesundem Menschenverstend lösen würde! Allein, ich fürchte das ist leider eine sehr unrealistische Wunschvorstellung, wie die jüngsten Ereignisse zeigen!
 
Was haben wir als Menschheit also aus der Vergangenheit gelernt?
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Ethik und Wargaming
« Antwort #20 am: 11. September 2015 - 11:58:53 »

Ethik und Kriegsspielen. Hm.

Ich selbst muss mich immer wieder Fragen lassen, wie kann man denn als Familienvater und erwachsener Mensch mit Spielzeugpanzern spielen? Meine Antwort: Weils Spass macht!
Wie kann man als aufgeklärter Mensch denn Nazipanzer bemalen?
Weil se hübsch sind.

Ich habe einen Bekannten (Mitte 30, 2 Kinder, Angestellter) der seine deutsche Flames of War Armee im Keller unter Verschluss halten muss, weil seine Frau ihn sonst wahrscheinlich verlassen würde.

Ja, ich habe in all den Jahren auch schon Leute getroffen die keine Russen spielen konnten, weil der Urgroßvater in Stalingrad gefallen ist.
Warum eigentlich?
Warum ist das bemalen von Waffen-SS-Soldaten moralisch bedenklich?
Warum ist das bemalen von spanischen Nationalisten bedenklich?
Bin ich ein besserer Mensch wenn ich Plastiksoldaten bewege die in amerikanischen Farben bemalt sind? Oder bin ich ein schlechterer Mensch wenn ich Plastiksoldaten in Erbstarn über eine Plastikoberfläche schiebe?

Warum ist es moralisch bedenklich Kreuzzüge zu spielen?

Meine These: Es gibt Leute da draussen die nehmen dieses SPIEL (und nichts anderes ist es nämlich) um Welten zu ernst. Wenn ich bei WAB verliere, prügle ich keine Moslems im Anschluss auf der Strasse.
Oder wenn ich bei Fow mit der 17.SS Panzergrenadierdivision verliere, zünde ich kein Ausländerheim an. Allein dass einem das subtil unterstellt wird in manchen Postings ist schon der Wahnsinn an sich, aber die Diskussion ist nicht neu.

Prinzipiell gilt für mich: Es ist ein SPIEL. Der Sinn und Zweck eines Spiels ist Freude. Klar befasst man sich mit der Geschichte drum herum, oft denke ich mir \"Wahnsinn, das hat ja viele Menschen das Leben gekostet\". Aber mehr auch nicht. Ich kann doch nicht den Anspruch haben die Geschichte durch ein Spiel zu verändern (den Eindruck habe ich bei Manchen, ala, mit Deutschen darf man gar nicht gewinnen).

Wo es bei mir aufhört ist dann übertriebene Gewaltdarstellung oder den exzessiven Greul des Krieges (Hitlerjugend Minis von Warlord z.B.) denn das gehört nicht zum Spiel.

Aber um es mal Provokant zu Formulieren (Ich finde diesen Thread ja gut): Ist das rausschmeissen eines Mitspielers bei Mensch ärgere dich nicht, denn moralisch vertretbar? Sollte man nicht in eine Konversationszone geschickt werden und über das beanspruchte Feld diskutieren?  :D  :D
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Ethik und Wargaming
« Antwort #21 am: 11. September 2015 - 12:05:43 »

Zitat von: \'Dave\',\'index.php?page=Thread&postID=201620#post201620
Hintergrund der Frage sind die entsprechenden Armeelisten bei Flames of war (vgl. Armebücher \"Red Bear\" und \"Grey Wolf\"), in welchen die Deutschen u.a. eine Sicherungskompanie mit Feldgendamerie, Sturmtigern etc. aufstellen kann.

Das war einer der vielen Gründe für mich mit FoW aufzuhören. Der Blickwinkel anderer Nationen ist da unserem gegenüber sehr verschieden (ohne Wertung). Ich für meinen Teil habe da die Konsequenz gezogen. Allerdings hab ich auch WW2 minis der Waffen XX, die ich als solche bemalt habe und auch mit spiele (Bin da wohl entweder selber nicht Konsequent genug), allerdings habe ich meine Einheiten auch immer nach historischen Vorbildern aufgebaut und mich auch intensiv mit ihnen beschäftigt, was sich jetzt anhört wie eine schlechte Ausrede...
noch zum Warschauer Aufstand. Es gibt ein polnisches Brettspiel über die Pfadfinder als Meldegänger während des Aufstandes, in Kooperation mit dem Museum in Warschau entstanden. Ich war erstmal geschockt, allerdings wird so auch nichts vergessen (zumindest in Polen nicht) und man mit Kindern diesen teil der Geschichte disskutieren, erklären.
Schwierige Sache.
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Maréchal Davout

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Ethik und Wargaming
« Antwort #22 am: 11. September 2015 - 12:10:32 »

Zitat von: \'Blüchi\',\'index.php?page=Thread&postID=201638#post201638
Die Ethik ist stehts im Wandel.......schaut man nur mal im Spielwarenladen...thema \"kriegsspielzeug\"
Naja, was in der Gesellschaft als richtig oder falsch bzw. \"Darf man das?\" diskutiert wird, ist nicht immer moralisch relevant.

Man sollte sich fragen, welche Gründe dafür und dagegen sprechen, dass eine Handlung moralisch erlaubt, geboten, verboten etc. ist.
Hier könnte man Kants kategorischen Imperativ heranziehen, wobei der auch anfechtbar ist, weil es nicht immer relevant ist, was wäre, wenn alle etwas machen würden bzw. was wäre, wenn mein Tun zur Maxime einer allgemeinen Gesetzgebung werden würde.
Genereller könnte man eher auf die möglichen Folgen einer Handlung schauen (Folgenethik) oder auf eine zugrunde liegende moralische Pflicht (Pflichtethik).

Relevant könnte die Frage sein, ob wir mit unserem Hobby Militarismus bzw. eine Begeisterung für Krieg fördern. Das scheinen viele außerhalb des Hobbys zu behaupten, aber hier wurden viele gute Argumente dafür angeführt, dass das nicht der Fall ist.
Ich denke, dass eine problembewusste Beschäftigung mit einem Komplex der bessere Umgang ist, als eine Tabuisierung. Interessant ist, dass dieser Diskurs in der Geschichtswissenschaft auch geführt wurde bzgl. Militärgeschichte. In jenem Diskurs wird dem Militär richtigerweise auch für so viele gesellschaftliche und andere Aspekte Bedeutung zugemessen, dass eine Ausparung des Militärischen nur einen lückenhaften bzw. verzerrten Blick auf die Geschichte gewähren könnte.
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Ethik und Wargaming
« Antwort #23 am: 11. September 2015 - 13:35:40 »

Mal sehen, wo fangen wir an...

Ich glaube die Frage nach der Zulässigkeit von Themen im Wargaming ergibt sich aus der sehr konkreten Kombination von Krieg und Spiel in diesem Medium - und den scheinbaren Widersprüchen, die sich damit auftun. In Deutschland haben wir geprägt durch den 2. Weltkrieg und die ständige Gefahr eines nuklearen Holocausts im kalten Krieg eine sehr kritische und im internationalen Vergleich sehr pazifistische Einstellung. Und das ist auch gut so.
Auf der anderen Seite steht das Spiel - ein Wort, das in seiner Verwendung im deutschen eine völlig andere Bedeutung hat, als es im englischen Original als \"game\" gebraucht wird. Im englischen ist ein Game nicht notwendigerweise ein Kinderspiel, ein Medium um Spaß zu haben oder Freude zu erleben - \"Game\" kann auch im Sinne eines Wettbewerbs verstanden werden.\"The Great Game\" zB als historischer Konflikt / Wettbewerb um Vorherrschaft Russlands & Großbritanniens in Zentralasien - oder \"Game of Thrones\", um ein aktuelleres Beispiel zu geben - es gibt einen Guten Grund warum dieser Titel nicht als \"Spiel im den Thron\" übersetzt wurde, nicht nur weils bescheuert klingt, sondern weil es völlig sinnentstellt ist. In Deutschland ist \"spielen\" die Domain von Kindern, Jugendlichen und Nerds. Erwachsene machen \"ernste\" Dinge.
Entsprechend schwingt dem Wort \"Spiel\" in seiner heutigen Benutzung immer eine Form von Verniedlichung oder Mangel an Ernsthaftigkeit mit.

Nimmt man nun ein Thema wie Krieg und bringt das ganze in Verbindung mit Verniedlichung oder Mangel an Ernsthaftigkeit kommt schnell die Assoziation auf, man würde das Thema verharmlosen oder gar glorifizieren.

Vergleicht man die Wirkung von \"Kriegsspiel\" mit anderen Wortlauten wie \"Schlachtensimulation\", \"Strategische SImulation\" oder \"Gefechtssimulation\". Versucht doch demnächst mal statt \"wir spielen mit Plastikpanzern\" zu erläutern, dass ihr \"eine historische Schlacht nachstellt\".
Schon der Klang der Worte erzeugt viel weniger Widerspruch (weil es sich immer um eine Kombination \"ernster\" Themen handelt) als die Verwendung von Krieg und Spiel in einem Atemzug. Und damit entfällt auch die Frage \"darf man das?\".


Soweit erstmal zum Nachdenken, vielleicht später mehr zum Thema \"Spaß haben beim Wargaming vs. ernste historische Simuatlion\".

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Ethik und Wargaming
« Antwort #24 am: 11. September 2015 - 13:44:44 »

Ist ein interessantes Thema.
Was mir hier auffällt ist dass bei den meisten Posts hier schon sehr in die Tiefe gegangen wird und Themenspezifisch argumentiert wird.
In meinen Augen kann man die Diskussion leicht auf eine höhere Ebene ziehen, ohne über die Farbe von Uniformen, oder dem Alter deren Träger zu philosophieren.
Im Grunde gilt für mich beim Wargaming, wie bei allem anderen im Leben auch, ich darf in meinem stillen Kämmerlein, in meinen eigenen vier Wänden machen was ich will, wenn ich dabei niemandem zu nahe trete.
Die moralischen Grenzen und Bedenken eines jeden Einzelnen werden, wenn auch teils ähnlich geordnet, im Detail doch unterschiedlich ausfallen. Ist diese Grenze erstmal abgesteckt, ist diese auch zu respektieren. Ohne weit ausholen zu müssen, bleibe ich mal bei zwei Schauplätzen der Moderne:

- der Erste findet den WK2 mit all den Nazis zu grauenhaft und spielt deswegen lieber Moderne Kriegsführung; da schreit der zweite, dass dieses Thema ihm viel zu nahe geht und er lieber Stukas anmalt; der dritte bekommt da plötzlich große Probleme Nazi zu spielen und um sein Gewissen rein zu halten spielt er halt nur die Russen; darüber kann der vierte nur den Kopf schütteln.
Die Liste liesse sich beliebig fortführen. Alle vier Beispiele sind reale Personen, die bodenständig im Leben stehen und halt ihre moralische Grenze gefunden haben. Was wir jetzt davon halten ist vollkommen irrelevant für die vier.
Aber (und nun kommt der Punkt auf den ich hinaus will), niemand von denen macht mir Vorwürfe daraus, dass ich im WK2 mehrere Seiten sammel und spiele und dazu auch noch einen modernen Konflikt erdacht habe [kleiner Hinweis an dieser Stelle; ich habe einen fiktiven Konflikt für mein Setting zuhause erdacht. Da war ich nämlich an meiner persönlichen moralischen Grenze angekommen].
Solange ich mein Hobby nicht täglich Betroffenen aufzwänge, die durch Krieg und Gewalt irgendeine Form eines Traumas haben, lasse ich mir keine Vorwürfe machen. Ich will doch nur spielen.
Das Beispiel mit der Ehefrau vor der man seine Soldaten verstecken muss mag extrem sein, passt aber an dieser Stelle ganz gut, da es um Respekt und Rücksichtnahme auf moralisches Werteempfinden geht. Jeder hat doch irgend jemandem im Bekanntenkreis, der es irgendwie nicht so toll findet was wir da machen. Dem muss man halt nicht jedesmal damit auf den Sack gehen und gut ist.
Mein persönliches Fazit zu der bisherigen Debatte bleibt; jeder kann für sich selbst entscheiden wo es für ihn zu viel wird, aber dann zieht er sich aus diesem Thema bitte raus und hält anderen nicht den Zeigefinger vor\'s Gesicht.



P.S.: Der Warschauer Militäraufstand ist schon ein interessantes Thema, wenn jemand aus dem Raum Rhein-Main-Neckar Lust hätte den auf Platoonebene zu machen, bitte melden  ;)
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Ethik und Wargaming
« Antwort #25 am: 11. September 2015 - 13:58:29 »

Zitat
Ist das rausschmeissen eines Mitspielers bei Mensch ärgere dich nicht, denn moralisch vertretbar? Sollte man nicht in eine Konversationszone geschickt werden und über das beanspruchte Feld diskutieren?

Interessante Regelerweiterung.

DAs ganze Problem, ob das nun gerechtfertigt ist, Kriegsspiele zu spielen, ist vielleicht eine Frage die entweder aus unbeteiligter Ecke, nämlich von Nichtspielern kommt. Oder antizipierend von Spielern selbst, was zumindest mal ein gewisses Maß an Selbstreflexion erfordert.

Für den Unbeteiligten sieht man eine ansehnliche Ansammlung von Figuren in einer Vitrine oder auf dem Spieltisch, und dann noch vielleicht fragwürdigen Bemalungen, wie etwa Waffen- SS. Was man nicht sieht, ist der andere Teil des Hobbys, die Recherche über die Epoche. Also stellt es sich so dar, dass das Ganze ein Spiel von verkappten Militaristen ist, die pinselschwingend ihre menschenverachtende Ideologie ausleben.

Und nun noch etwas zu dem Teil, ob es bitterböse Fraktionen gibt, deren Darstellung auf dem Spielfeld ein absolutes moralisches NoGo wären.

Woher kommt eigentlich die Idee, dass es einen grundlegenden Unterschied macht, wofür der Soldat kämpft? Soldaten kämpfen und töten. Das taten sie schon immer. Und zwar nicht in fairem Wettstreit um den Besseren zu bestimmen. Sondern schon immer einhergehend mit Plünderung, Vergewaltigung und Massakern an der Zivilbevölkerung. Und für den einfachen Soldaten ging es zu allen Zeiten darum, dass man selbst und seine Kameraden irgendwie heil da raus kam und irgendwie auch seinen Schnitt machte. Ich glaube der grundlegende Fehler ist der, dass man die Anwendung exzessiver Gewalt oft im Nachhinein als Folge irgendeiner ideologischen Verblendung darzustellen versuchte, die natürlich immer der Gegner verursachte. Damit wird aber das Wesen des Krieges verschleiert. Es ist der Krieg selbst, der hemmungslose Gewalt entfesselt. Der Kampf um die nackte eigene Existenz.

Eingedenk dessen kann man sich nun fragen, ob es moralisch verwerflich ist, den Krieg am heimischen Küchentisch aufleben zu lassen. Nein ist es nicht. Es geht beim Tabletop ja nicht darum, den Gewaltexzess wieder in Szene zu setzen und sich am Blutbad zu erfreuen. Sondern darum, historische Taktiken nachzuempfinden. Man spielt nicht die Judenerschießungen durch die SS in der Ukraine oder die Ermordung der polnischen Offiziere in Katyn, oder die Bombardierung von Guernica durch die Legion Condor. Man spielt entweder generische Gefechte oder historische Gefechte zwischen Bewaffneten in einer bestimmten Epoche nach. Das Interesse liegt eindeutig auf dem Funktionieren von Einheiten als taktischer Körper.
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Pedivere

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« Antwort #26 am: 11. September 2015 - 14:00:11 »

hmm, genau
so spezifisch muß die Grundsatzfrage nicht beantwortet werden
Warum spielt man? Um was zu lernen, unabhängig vom Alter. Wenn man also historisches wargaming betreibt ohne das Interesse, was dazuzulernen, dann sollte man Fantasy oder SF spielen oder Computer. Es schadet auch nicht wenn man beim Lernen Spaß hat.
Und das ist eigentlich die moralische Begründung dieses Hobbys. Wenn es mir nicht helfen würde historische Kontexte besser zu verstehen würde ichs lassen.

Sonst landet man aus Versehen ( man sollte sich hüten wargamern pauschal irgendelche Gesinnungen unterzujubeln) und Fahrlässigkeit in der Ignoranzfalle und versteht womöglich nicht, warum andere Menschen mit dem Kopf schütteln wenn man unreflektiert dieses Hobby betreibt. Und das sollte eigentlich keinem erwachsenen Menschen egal sein.

Dann kommt man eigentlich auch aus der Nerdfalle oder der Totschweig-Falle heraus.

So einfach ist es

dann werden auch irgendwelche unpassenden Vergleiche welche Epoche nun schlimmer war auch überflüssig ;) 8)
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« Antwort #27 am: 11. September 2015 - 14:04:48 »

So ein ähnliches Diskussionthema habe ich auch schon mal geführt.

Mich stört nur wenn man, wie Cpt.Armstrong es schon schrieb, den anderen den Finger ins Gesicht stecken muss.
Gab oft genug schon Diskussionen wegen meinen WW2 Deutschen:\"Wie kannst du als Deutscher diese Armee sammeln/spielen/...?\"
Egal, ist ja jedermann selbst überlassen wen oder was er in die Schlacht führen möchte.

Ich finde es, in meinen Augen, nur arg übertrieben wenn man nicht mal Details zeigen darf.
So viele Zeichen sind in D verboten und nicht mal als Modellbauer dürfte ich diese verwenden - außer im stillen Kämmerlein im Waffenschrank eingeschlossen...
Oder auch die Diskussionen wenn Battlefront mal wieder neue Regeln raus bringt und nicht an uns \"böse\" Deutschen gedacht hat und die Swastikas nicht geschwärzt wurden.
Dagegen kann man sich auf Phoenix und N24 Dokus ansehen und sieht die Zeichen ungeschwärzt.

Ich male Swastikas nicht weil ich das 3. Reich verherrliche, sondern weil es historisch korrekt ist.


Anderes Thema, bei dem ich auch oft anecke sind nackte Frauen.
Ich liebe die Minis von Brother Vinni, aber auch dort meint man mir beibringen zu wollen, dass ich sowas weder sammeln noch bemalen soll  :D
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The Desertfox

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Ethik und Wargaming
« Antwort #28 am: 11. September 2015 - 14:11:03 »

Zitat von: \'Hexenmeister76\',\'index.php?page=Thread&postID=201657#post201657
Ich male Swastikas nicht weil ich das 3. Reich verherrliche, sondern weil es historisch korrekt ist

Fehlt da ein Komma? Also du malst keine Hakenkreuze, weil es historisch korrekt ist?
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Pedivere

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« Antwort #29 am: 11. September 2015 - 14:19:16 »

Hexenmeister, was auch immer Du persönlich dazu denkst, Du tust Deiner Hobbyausübung keinen Gefallen wenn Du geltendes recht (Hakenkreuze) oder die Gefühle von Frauen (Miniaturtitten) ignorierst.

Aber mit dem Kopf durch die Wand provozieren ist ja nicht nur auf Wargamer beschränkt ;)
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