Die Frage wäre dann was überhaupt aus ethischen gründen spielbar ist ?
Es bedürfte schon einer triftigen Argumentation, die ich gespannt wäre, zu lesen, um das Spielen mit Figuren als moralisch relevante Handlung zu bezeichnen oder als solche zu verdammen.
Aber was passiert, wenn denkende, neugierige Menschen mit Figuren spielen? Sie sprechen über die Kontexte. In diesem Gespräch über die Kontexte sind wir als mündige Menschen verantwortlich, denn hierin liegt eine Chance zur Aufklärung und Förderung eines Bewusstseins für Geschichte. Das Wissen um die Schrecken des Krieges nicht zu vergessen und auszublenden, finde ich hierbei wichtig. Das muss nicht an jeder Stelle erwähnt werden, ich finde es aber merkwürdig und eventuell gefährlich, wenn es sehr wenig bis garnicht vorkommt. Denn dann könnten sich Leute, die durch welche Sozialisation auch immer nicht anderweitig mit dem größeren Kontext beschäftigen, in einer Blase lebend, ein sehr reduziertes Bild von Geschichte und Krieg entwickeln und kultivieren. So könnte von manchem auch wieder leichtfertiger einem neuen Krieg in der realen Gegenwart zugestimmt werden.
Ist man sich grundsätzlich der Schrecklichkeit echten Krieges, ob in der Vergangenheit oder heute, bewusst, dann bleibt es
1. eine Frage des Geschmacks und
2. vielleicht auch eine Frage der Art, wie man TT spielt, wovon abhängt, wie jeder für sich entscheidet, etwas spielen zu wollen, oder nicht.
Das Wort Geschmack ist vielleicht nicht das Beste, aber ich meine hiermit, dass es nicht moralisch relevant ist, sondern jeder hier anders entscheidet und dies auch unproblematisch ist.
zu 1. Hierbei kann, wie z.B. von Antipater ausgeführt, zeitliche Nähe und der Konflikt mit bzw. die Anwendbarkeit heutiger Moralvorstellungen eine große Rolle spielen. So habe ich z.B. keine Lust, Konflikte des 20. Jahrhunderts oder später zu spielen, was bei bestimmten Szenarien besonders der Fall wäre.
zu 2. Hiermit meine ich, wieviel Kopfkino oder Identifikation für jeden Spieler jeweils Teil des Spielens ist. Ich kann mir Leute vorstellen, die einfach zocken und sich auch nicht mit dem Hintergrund eines Konfliktes beschäftigen wollen und für die die Minis zwar cooler aussehen, aber nicht mehr sind, als Schachfiguren. Das wäre okay und ich wäre bei so einem Spielertyp weniger überrascht, wenn er einfach jeden Konflikt spielen könnte, ohne da irgendwelche Hemmnisse zu haben.
Es ist auch denkbar und sehr wahrscheinlich, dass dieses Maß an Befangenheit schwankt, je nach zeitlicher und kultureller Nähe des Konfliktes.
Fazit: Das Spielen selbst kann für mich nicht problematisch sein, die Art, wie wir im Kontext aber über Konflikte sprechen bzw. diese darstellen (auch in Regel- und Hintergrundbüchern), sehr wohl. Z.B. wenn wir selbst gewisse Rassismen oder Verherrlichungen von Krieg unreflektiert transportieren.
Gruß
Felix